Zum Wahnsinn getrieben
Die gegenwärtige Berg- und Talfahrt an den Börsen kostet wirklich Nerven. Kurzfristig herrschen in der Anlegergemeinde durchaus heterogene Erwartungen vor. Die Anzahl der Optimisten und die der Pessimisten scheint sich in etwa auszugleichen, weshalb wir dieses heftige Hin und Her beobachten. Mittel- bis langfristig hingegen kenne ich nur einen einzigen Anleger, der optimistisch für den US-Dollar und die US-Volkswirtschaft ist. Alle anderen scheinen rabenschwarz pessimistisch zu sein.
Und wer einmal einen Blick in die Geschichte der Börsentendenzen macht, wird unzweifelhaft feststellen, dass eine gute Börse stets nur mit einem steigenden Dollarkurs kompatibel ist. Ein schwacher oder schwächelnder Dollar hat noch niemals zu steigenden Aktienkursen geführt und ist mit diesen auch nicht vereinbar.
Sollte die gegenwärtig vorherrschende Markterwartung, die ein weiteres deutliches Absinken des US-Dollars sieht, also Recht haben, so werden wir nicht mit guten Börsen zu rechnen haben. Doch wenn an der Börse alle einer Meinung sind, so lehrt ebenfalls die Geschichte, dann liegen sie damit zwar durchaus eine Weile richtig, mittel- bis langfristig jedoch völlig schief.
Die gegenwärtig vorherrschende Erwartung, dass die Kurse bis Jahresende oder bis in das nächste Jahr hinein noch steigen können, dann jedoch wieder fallen werden, kann man daher auch durchaus umdrehen: Denn da beinahe alle Börsianer das glauben, ist die Chance (oder auch die Gefahr) sehr groß, dass es genau umgekehrt kommen wird. Doch wer weiß das schon in diesem ewigen Vollwaschgang, "Börse" genannt.
Und während ich das gerade schreibe, denke ich, dass man doch durchaus auf die Idee kommen könnte, dass in manchen Dingen der Islam mit seinem Koran ein unserem westlichen Welt- (und Überwelt-) Verständnis überlegenes Erklärungssystem darstellt. Denn große Teile des ganzen Gezurres an den Börsen kommen aus geliehenem Geld, das gegen Minizinsen in den Umlauf kommt, die sich sehr schnell für ein ganzes Jahr an einem Börsentag verdienen lassen.
Das ist sicherlich auch ganz richtig so und funktioniert ja blendend. Dennoch ist es interessant, was im Koran über das Verbot steht, Zinsen zu nehmen, also Geld verzinslich in Umlauf zu bringen - und es damit "zum Verdienen" zu treiben: "Diejenigen, die Riba (=Zinsen) verschlingen, sollen am Jüngsten Tag nicht anders dastehen als einer, der vom Satan erfasst und zum Wahnsinn getrieben worden ist." An dieser Stelle zeigt sich dann jedoch sehr deutlich, dass das westliche Modell dem Islam bei weitem überlegen ist: Denn was den Koran-Gläubigen erst im Jenseits droht, das erleben wir alle bereits täglich im Diesseits.
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Autor: Bernd Niquet, 11:22 06.10.03