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Alt 16-08-2005, 13:42   #2527
Benjamin
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Für die Long'is hier empfehle ich dringend einen Stop-Loss. Ich persönlich meine, dass wir erst noch Kurse deutlich unter 1,20 sehen werden (in einigen Monaten), bevor es dann "wirklich" nach oben geht.

Hatte übrigens oben einen weiteren sehr wichtigen Grund vergessen:
Die Zinsdifferenz zwischen USA und Euroland nimmt weiter zu.

Eine weitere interessante Beobachtung zu dem langfristig nach Lehrbuch fälligen Dollar-Crash:
In den letzten vielen Jahren führten massive Wechselkursrutsche von Währungen in westlichen Indutrieländern NICHT zur Erhöhung der Zinsen/der Inflation/der Anleiherenditen, was nach Lehrbuch zu erwarten wäre. Als Grund für die Abweichung wurde genannt, dass die Marktteilnehmer Vertrauen in die jeweilige Zentralbank gehabt hätten, weiterhin eine wirtschaftsorientierte Geldpolitik zu fahren, somit diese erhöhten Risikoprämien nicht eingefordert würden. Falls das wegen der bislang ja ebenso erfolgreich vertrauensbildenden Fed-Politik ebenso käme, dann würden - dieser empirischen Untersuchung zufolge - die Anleiherenditen und Zinsen in den USA eben nicht (massiv) nach oben gehen, US-Anleihen würden also gerade nicht den prinzipiell erwartbaren Kursrutsch erleiden. Folge: US-Anlagen blieben womöglich weiterhin - mäßig? - attraktiv, es käme nicht zu einem Abtauchen der US-Anleihe- und -Aktienkurse, das ganze würde also unter Bedingungen ablaufen, die für die Weltwirtschaft und die USA durchaus verkraftbar sind. Trotz $-Crash also keine Panik. Erstaunlich!!! Ich vermute, dass es schon einen gewissen negativen Effekt hätte, aber eben nicht einen Folge-Crash bei Anleihen und Aktien, der weltweite Folgen hätte. Die Weltwirtschaft würde also unter einigem Stöhnen die Schulden der USA durch den Werteverfall des Dollars bezahlen, aber parallel dazu ihre eigene Wirtschaft recht gut über Wasser halten können. Wie gesagt: Erstaunlich! Ich hatte bislang - dem ökonomischen Prinzip folgend - eher eine "Amageddon is comming in 2006"-Haltung eingenommen. Die Empirie zeigt aber offenbar, dass das eine falsche Erwartungshaltung ist. Vermutliche Erklärung: Die asiatischen und lateinamerikanischen Nationen werden in der Lage sein, durch ihre eigene wachsende Wirtschaftskraft (besonders ab 2006) das zu kompensieren, was durch durch die Reduzierung des USA-Anteiles (ab 2006) wegfällt.

Noch ein Hinweis: Ich habe hier im Thread mein "Timing-Posting" mit Charts verschiedener Währungspaare, darunter auch auch eines ABN-Amro-Basket-Zertifikates (ohne Hebel), das auf einen Werteverfall des Euros gegenüber einigen asiatischen Währungen setzt. https://www.traderboersenboard.de/sho...586#post178586
Damit spekuliert der Anleger darauf, dass die enthaltenen asiatischen Währungen gegenüber dem Euro aufwerten werden. Das Zerti macht wegen der teuren Konditionen nur Sinn als längerfristige Anlage, d. h. wenn diese Aufwertung langfristig schneller verlaufen wird als die vermutete Euro-Aufwertung irgendwann ab dem Low von EUR/USD. Das bedeutet, dass Anlagen in asiatische Werte vermutlich nicht langfristig einen Wechselkursverlust durch eine überproportionale Euro-Aufwertung erleiden werden, sich also heute als Kaufobjekt eignen. Dessen Chartverlauf ist übrigens oft recht ähnlich demjenigen des Kehrwertes von Euro-Dollar, also Dollar/Euro.

Zusammen mit der o.g. empirischen Studie ergibt sich bei mir also insgesamt ein Zweifel, ob ab 2006 der fundamental wie charttechnisch zu befürchtende Dollar-Crash mit (heute noch kaum vorstellbaren Kursen von e-d) kommen wird. Es könnte auch alles verblüffend 'milde' verlaufen für EUR/USD. Charttechnisch kann man sich die verlockende Impulszählung (mit Langfristkursen weit über 2) auch verkneifen und korrektiv den Langfirstchart von EUR/USD angehen. EUR/USD würde dann zu einem längerfristig eher langweiligen Währungspaar; die Musik würde spielen in den Währungspaaren des Dollars mit vielen Ländern in Asien (Malaysia wird besonders genannt), mit Brasilien, Mexiko und z. B. der Türkei. Mal sehen, wann unsere deutschen Banken das erkennen und Hebelzertis auf diese währungspaare herausgeben (für die türkische Lira schon existent, siehe diesen Thread dazu: https://www.traderboersenboard.de/sho...&threadid=9822 ).
Die Hauptlast eines Dollar-Verfalles käme dann also auf die Asiaten (und nicht auf Euroland) zu - die sie ja auch recht gut schultern könnten wegen des Aufbaus ihrer eigenen (Binnen-)Wirtschaft, zu dem sie immer weniger auf den Export in die USA angewiesen sein werden - mit Wachstumsraten immer noch oberhalb derjenigen in Euroland. Gute Zeiten für Asienaktieninhaber!

Erfahrene Börsenspezies sagen allerdings immer mit Recht, man solle sich nicht den Kopf darüber zerbrechen, was der Markt als überübernächstes vorhat, sondern nur eine Bewegung am Stück bewerten und danach schauen, was zu tun ist. Und danach wieder das gleiche, also keine "Markterwartung" für sich bilden, das mache nur anfällig für das Durchhalten von Verlustpositionen. Kann ich nur bestätigen. Kann das oben geschriebene aber trotzdem zum Besten geben, weil ich aktuell noch nicht in einer Währung engagiert bin. Ist halt der Spaß an der Interpretation - und evtl. ja auch noch für einige Leser hier interessant.

Geändert von Benjamin (16-08-2005 um 14:20 Uhr)
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