Für viele war er der Inbegriff heißer Sommerträume: Der Papagallo, der stolz wie ein Gockel am Strand entlang marschiert und Frauenherzen erobert, gehörte seit Jahrzehnten zu Italien wie die Lederhose zu Bayern.
Doch jetzt heißt es wohl Abschied nehmen vom forschen, selbstbewussten Latin Lover, der sich ungefragt auf den Badetüchern unzähliger blonder Touristinnen niederlässt. Eine Umfrage unter 1065 Italienern ergab jedenfalls, dass den Südländern der Mut flöten gegangen ist: Schüchternheit und Zurückhaltung sind von Rimini bis Ragusa an die Stelle gnadenloser Anbaggerei getreten. "Addio Strand-Anmache", titelte die Zeitung "Il Messaggero".
"Das italienische Wort Papagallo steht für einen jungen einheimischen Mann in südlichen Ländern (vor allem Italien), der erotische Abenteuer mit Touristinnen sucht" - so ist es im Lexikon nachzulesen. Die braun gebrannten Strandhelden machten sich aber mittlerweile rar, sagt auch die Bonnerin Martha, die in Italien lebt: "Man spürt die Veränderung. Vor ein paar Jahren war das noch ganz anders, da konnte man nicht mal in Ruhe ein Buch lesen, ohne dass sich gleich ein Macker auf die Liege setzte." Jetzt hingegen gaben immerhin sieben von zehn befragten Männern an, dass sie sich schon allein bei dem Gedanken unwohl fühlen, Frauenherzen am Meeresufer zu erobern.
Ebenso viele Italiener bezeichneten es allerdings als ihren "schlimmsten Albtraum", selbst von einer Frau am Strand angemacht zu werden, womöglich gar von einer ausländischen Touristin. "Der typische Italo-Macho scheint endgültig in Rente gegangen zu sein, und die Anmache am Strand versandet in einem Meer von Schüchternheit, Angst und Verlegenheit", brachte es Raffaele Morelli auf den Punkt. Er ist Direktor der Zeitschrift "Riza Psicosomatica", die die Studie in Auftrag gab.
Wie sieht es also aus an Italiens Stränden? Sicher, noch immer sieht man vereinzelt gestählte Muskelmänner, die am Meeresufer entlang stolzieren und sich von der Damenwelt anhimmeln lassen. Jedoch scheint sich Mamas gute Küche in letzter Zeit durchzusetzen, und viele zeigen ab 30 erste Rettungsringe in der Bauchgegend. Kein Wunder also, dass 65 Prozent bei der Umfrage erklärten, sie fühlten sich in der Badehose überhaupt nicht wohl. 62 Prozent der Männer bezeichneten sich selbst als "schüchtern", immerhin 56 Prozent als "unsicher".
Papagallos wie der berühmte Playboy Maurizio Zanfanti - Il Zanza genannt - gehören zur aussterbenden Art. Er verkörperte in den 70er und 80er Jahren den Mythos des Latin Lovers und zog an der berühmten Adria-Meile die Frauen an wie Honig die Bienen. "Aber die Männer haben eigentlich gar keine Schuld, das generelle Klima ist heute anders", meint er. "Manche versuchen es immer noch bei den Touristinnen, aber die wollen einfach nicht mehr, während sie früher eigens für den Sommer-Flirt nach Italien reisten." Damals, da sei die Küste um Rimini "der Himmel auf Erden" gewesen, sagt Zanfanti. Heute seien die übrig gebliebenen Strand-Matadore eher arme Teufel.
Quelle:
www.fr-aktuell.de
Basta mit der Anbaggerei am Strand
