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Alt 09-03-2007, 15:56   #1
Auf Wunsch gelöscht
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Ein kleiner Überblick

Geplatzte Träume
von Andreas Kurz
Gegen alle Widerstände schuf Julius Fromm die seinerzeit bekannteste Kondommarke Deutschlands. Heute ist er fast vergessen. Zwei Autoren setzen ihm ein Denkmal.

Für Männer vergangener Generationen war es eine der größten Peinlichkeiten, und Ingolf Lück litt sie stellvertretend für viele noch einmal durch. In dem Werbespot von 1990 spielt er einen Studenten, der, sichtlich angespannt, an der Kasse eines Supermarkts steht und verstohlen ein Päckchen an die Kassiererin reicht. Die entpuppt sich als Sketchpartnerin Hella von Sinnen, die sich umdreht und durch den Laden brüllt: "Tina, wat kosten die Kondome?"

Mit diesem Filmchen wollte die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung die letzten Zuckungen des Igitt-und-Pfui-Gefühls beseitigen, das über Jahrzehnte hinweg an dem Kauf von Präservativen klebte. Doch die eigentliche Ehre dafür gebührt weder Lück noch den Bundes-Aidsaufklärern. Die Pionierarbeit hat ein anderer geleistet, an den sich schon lange niemand mehr erinnert. Der Unternehmer Julius Fromm schuf die Voraussetzungen für die industrielle Massenproduktion von Kondomen. Zu einer Zeit, als Bischöfe die Gummis noch für den "Verlust an edelster Volkskraft" verantwortlich machten und andere einen "Schundkampf" gegen sie führten.

Mit ihrem Buch "Fromms - Wie der jüdische Kondomfabrikant Julius F. unter die deutschen Räuber fiel" haben die Historiker Götz Aly und Michael Sontheimer den Präservativpionier aus der Vergessenheit zurückgeholt. Sie erzählen vom ältesten Sohn der jüdischen Einwandererfamilie Fromm, der das Handwerk seines Vaters, eines Tabakrollers, nicht fortführen wollte. Der stattdessen Abendkurse in Chemie besuchte und 1914 in einer Ladenwohnung im Berliner Bötzowviertel begann, Glaskolben in ein Bad vulkanisierten Kautschuks einzutauchen - die Geburtsstunde des modernen Kondoms in Deutschland.

An sich war das Verfahren nicht neu. Goodyear hatte schon 1901 getauchte "Rubber" in den USA fertigen lassen. In Deutschland schaffte das der mittellose Julius Fromm, geboren im Schtetl von Konin, 120 Kilometer östlich von Posen. Er brachte, so die Autoren, "zur richtigen Zeit am richtigen Ort das richtige Produkt auf den Markt". Der Erste Weltkrieg tobte, und die Mannschaften lenkten sich in offiziellen Soldatenbordellen vom Grauen der Schützengräben ab. Zum Eintrittsgeld von einer Reichsmark, Kondome zwingend vorgeschrieben.

Doch es war nicht nur sein Geschäftssinn, der Fromm in den Augen seines Sohns Edgar zu einem genialen Unternehmer machte, es war sein Mut. Präservative waren damals, schreiben Aly und Sontheimer, Schattenprodukte. Sie waren unhandlich, verklebten schnell und trugen mit "Ramses", "Venus" und "Dingsda" Fantasienamen. Für so etwas Anstößiges wie Undichtes wollten nicht einmal die Hersteller offen Verantwortung übernehmen. Da tat Julius F. den entscheidenden Schritt: Er gab dem Unaussprechlichen einen Namen, seinen eigenen: Fromms, mit Genitiv-s und dem Zusatz "Act", vermutlich weil "Fromms Act" internationaler klingt. Eine Marke war geboren.

In Berliner Mundart wurde "Fromms" das, was "Tesa" für Klebstreifen und "Tempo" für Taschentücher ist: ein Markenname, der für die Gattung steht. Auf den Kabarettbühnen sangen sie: "Wenn's euch packt, nehmt Fromms Act." Julius F. wurde mit den Gummis zum Millionär. Bis die Nazis kamen.

Vom "sanften Patriarchen" Julius Fromm können die Autoren nur einen Schattenriss entwerfen. Zeitzeugen gibt es kaum noch. Über vieles, was Fromm hinterlassen hat, ist die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts hinübergewalzt. So bleiben seine Person und sein Charakter den Lesern immer etwas entrückt. Doch entschädigen Aly und Sontheimer mit einer fabelhaften Spurensuche in den Archiven. Stück für Stück setzen sie das Bild eines vergessenen Mannes zusammen, der von den Nazis enteignet, dessen Habe versteigert, dessen Verwandte umgebracht wurden und der es doch nicht erwarten konnte, nach dem Krieg in Deutschland dort weiterzumachen, wo er aufgehört hatte. Obwohl seine Hausbank, die Deutsche Bank, sich an der Plünderung seines Schließfachs beteiligt hatte. Und obwohl Hermann Göring sich Fromms Fabrik unter den Nagel gerissen hatte, um sie gegen zwei Ritterburgen seiner Patentante zu tauschen.

Vier Tage nach Kriegsende versagte Fromms Herz. Man sagt, schreiben die Autoren, er habe sich zu sehr auf die Rückkehr gefreut.

Fromms

Götz Aly, Michael Sontheimer | S. Fischer 2007 | 217 S. | 19,90 Euro | ISBN 978-3100004222.
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Alt 09-03-2007, 15:59   #2
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Exclamation Weil es so lächerlich durchschaubar ist

Klum sortiert die Magersten aus

Erst zu dick, nun zu dünn: 2006 stand «Germany’s Next Topmodel» in der Kritik, Magersucht zu fördern. Nun setzt Moderatorin Heidi Klum alles daran, die neue Staffel zur politisch korrekten Modelshow zu machen.

Letztes Jahr flog in der TV-Show «Germany’s Next Topmodel» eine Kandidatin raus, weil sie laut Moderatorin Heidi Klum zu dick war: Sie wog 52 Kilo bei 1,74 Metern. Dick? Ärzte liefen Amok: Klum fördere mit ihrer «Rippenshow» die Magersucht junger Frauen, hiess es. Auch weltweit tobte die Mager-Debatte: Drei Models starben wegen Unterernährung – und Nicole Richie schockierte mit ihrem ausgehungerten Körper.

Nun ist die neue Staffel der Sendung gestartet – und Heidi ist peinlich darauf bedacht, sich keinen weiteren Imageschaden einzuhandeln. In der Auftaktsendung vom letzten Donnerstag statuierte die 33-Jährige gleich ein Exempel: Eine Kandidatin wurde aussortiert, weil sie «zu dünn» war. Hört, hört. Der Juror und Laufsteg-Trainer Bruce Darnell fragte das Möchtegern-Model pseudo-besorgt: «Isst du auch genug, Kleines?»

Der Sender Pro7 bestätigte, dass man bei «Germany’s Next Topmodel» auf das Thema sensibilisiert sei: «Wenn ein Mädchen zu dünn ist, kommt es nicht weiter. Uns ist wichtig, dass die Kandidatinnen gesund sind», betont Sprecherin Petra Werner. Und der Juror und Make-up-Artist Boris Entrup sagte im Boulevardmagazin «Stern»: «Auch für Models darf das Essen nicht zu kurz kommen.» Na dann, willkommen in der politisch korrekten Modelshow!
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