STIFTUNG WARENTEST
Lausiger Service in fast allen Apotheken
Sie beraten schlecht, verkaufen häufig ungeeignete Arzneien: Eine Untersuchung der Stiftung Warentest belegt, dass 90 Prozent der Pillendreher ihren selbst gesteckten Ansprüchen nicht nachkommen. Die Apothekerverbände hatten bisher jede Liberalisierung mit dem Argument abgewehrt, nur sie könnten guten Service bieten.
Berlin - Die Beratung von Kunden und Patienten in den bundesweit rund 21.000 Apotheken lässt nach Angaben der Stiftung Warentest zu wünschen übrig. "In fast 90 Prozent der getesteten Apotheken wurden bei Beratung und Verkauf zum Teil erhebliche Schwächen festgestellt", sagte Hubertus Primus von der Stiftung Warentest am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung der Ergebnisse einer entsprechenden Untersuchung mit. Es gebe eklatante Verstöße gegen die selbst verordneten Beratungsstandards. Zudem seien häufig ungeeignete Arzneien abgegeben worden.
Die Verbraucherschützer haben nach eigenen Angaben in Berlin, Köln und München Testpersonen anonym in Apotheken geschickt. In einem ersten Gespräch habe sich ein Prüfer nach einem Medikament gegen Schnupfen erkundigt. "21 von 50 Beratungsgesprächen waren schlecht", sagte Primus. Offenkundig sähen viele Apotheker einen Fließschnupfen als zu banal an, um ausführlich zu beraten. Ein Drittel der Verkäufer habe dem Kunden zum Kauf wenig geeigneter Kombinationsmittel geraten.
Gravierender waren nach Angaben der Stiftung die Ergebnisse eines zweiten Tests, bei dem eine junge, schlanke Frau nach Abführmitteln gefragt habe. Angaben zu bisher verwendeten Medikamenten sollten bei den Apothekern den Verdacht auf einen Missbrauch von Abführmitteln nahe legen. Trotzdem hätten die Pharmazeuten wichtige Nachfragen unterlassen und nur selten gefragt, wie lange die Kundin bereits entsprechende Mittel genommen habe. Angesichts ähnlicher Testergebnisse aus vergangenen Jahren halte er die Untersuchungsergebnisse trotz der geringen Untersuchungsbreite für zutreffend, sagte Primus.
Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) räumte in einer Reaktion auf die Untersuchung Qualitätsmängel ein, wies aber eine pauschale Verurteilung des Personals mit Blick auf die geringe Zahl der Tests zurück. Warentest habe nur 50 Apotheken geprüft. Der Vorwurf werde aber ernst genommen.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,288088,00.html
