Zucker-Chart trügt
Von Robert Rethfeld
17.07.2005
Wer bei der Betrachtung von Rohstoffen die Commitment of Traders-(„CoT“)-Daten sowie die Saisonalität außen vor lässt, handelt fahrlässig. In einer Umfrage, die wir anlässlich unseres CoT-Seminars vom vergangenen Donnerstag unter den mehr als 50 Teilnehmern durchführten, gaben mehr als die Hälfte an, die CoT-Daten aktiv in ihre Handelsentscheidungen einzubeziehen. Auch das Thema Saisonalität wurde im Verlauf der Veranstaltung wiederholt nachgefragt. In der Kombination mit dem Preischart sind CoT-Daten und Saisonalität ein wertvolles Instrumentarium.
Wir möchten Ihnen diesen Umstand am Beispiel des Rohstoffs Zucker verdeutlichen. Der Preischart für Zucker zeigt eine kraftvolle, langfristige „W“-Formation. Zudem notiert der Rohstoff aktuell auf einem neuem Mehrjahreshoch.
In Unkenntnis der CoT-Daten und der Saisonalität würde man diesen Chart als uneingeschränkt bullisch bezeichnen.
Nehmen wir den Faktor CoT hinzu. Die Commericals haben den Preisanstieg der vergangenen Wochen genutzt, um ihre Netto-Shortpositionierung deutlich auszubauen (roter Kreis, nächster Chart). Es handelt sich noch nicht um eine Rekordpositionierung, aber dennoch um einen Warnschuss in Richtung Fortsetzung der Aufwärtsbewegung.
Jedoch ist dem CoT-Chart nicht zu entnehmen, wann eine Beendigung oder zumindest Unterbrechung der Aufwärtsbewegung eintreten könnte. An dieser Stelle kommt der Faktor Saisonalität ins Spiel.
Auf dem folgenden Chart ist der saisonale Verlauf von Zucker eingezeichnet. Die rote Linie zeigt den Preisverlauf im Jahr 2005; die anderen Linien zeigen die durchschnittlichen Verläufe seit 1975 sowie diejenigen der letzten zehn und auch fünf Jahre. Die Einbeziehung kurzfristiger Saisonalitätsverläufe stellt eine gute Ergänzung der langfristigen Verläufe dar.
Dies ist im Fall von Zucker besonders auffällig, da der bisherige Jahresverlauf 2005 sich dem Durchschnitt der vergangenen fünf bzw. zehn Jahre annähert, nicht jedoch dem Verlauf der vergangenen 30 Jahre.
Dem Chart entnehmen wir, dass Zucker Ende Juli üblicherweise dem ersten saisonalen Hoch entgegenstrebt.
Fazit: Wenn die Commercials ihre Absicherungen just zu einem Zeitpunkt hochfahren, an dem sich der Zuckerpreis einem saisonalen Hoch nähert, ist Vorsicht geboten. Der Preischart allein liefert diese Informationen nicht.
Robert Rethfeld betreibt seit Mitte 2002 die Website
http://www.wellenreiter-invest.de, eine Onlinepublikation für wirtschaftliche, gesellschaftliche und finanzielle Entwicklungen.
Quelle: instock