28.10.2004:
Hamburger Abendblatt
4:0 - Barbarez wie entfesselt
Hamburg - Sie lagen sich in den Armen, sie sangen triumphierend alte HSV-Lieder und rechneten fieberhaft die Chancen ihres Klubs bis zur Winterpause aus. Die Anhänger des HSV waren versöhnt. Mit dem 4:0-Sieg gegen Freiburg erarbeitete sich die Mannschaft von Trainer Thomas Doll viel des in dieser Saison bereits verspielten Kredits zurück. Das Team spielte nicht nur überzeugend, es begeisterte vor 37 967 Zuschauern in der AOL-Arena. Und ein HSV-Profi hob sich dabei noch hervor: Sergej Barbarez, der als dreifacher Torschütze gefeiert wurde.
Die Mannschaft setzte die Forderungen des Trainers von Beginn an um. Konzentriert, druckvoll und vor allem zielstrebig präsentierte sich die Elf, die in der identischen Besetzung des Auswärtssieges von Dortmund auflief. Das riesige Fanplakat auf der Nordtribüne ("Vergeßt die Angst, die mal war!") hätten die HSV-Anhänger bereits nach fünf Minuten zerreißen können. Ihre Spieler präsentierten sich mutig. Und der Lohn dafür folgte prompt.
Dabei war die frühe Führung fast eine Kopie des Dortmunder Siegtreffers. Emile Mpenza vollendete ein gefühlvolles Zuspiel des Bosniers Barbarez mit einem Rechtsschuß - 1:0 (5.).
Beruhigende Wirkung hatte dieses Tor nur für die Nerven der Zuschauer. Auf die Hamburger Profis, die von ihrem Trainer unermüdlich zum Spiel nach vorne angehalten wurden, wirkte es wie eine zusätzliche Offensiv-Motivation. Im Drei-Minuten-Takt drängte der HSV in den Strafraum, in dem sich die SCF-Abwehr hilflos einem übermächtigen Gegner ausgesetzt sah.
Der HSV-Druck und das Freiburger Chaos zeigten schnell weitere Wirkungen. Als Riether den Japaner Takahara bediente, dessen Sololauf gen SCF-Tor Diarra nur per Foulspiel stoppen konnte, verloren die Badener dank der folgerichtigen Roten Karte auch den letzten Hauch einer taktischen Ordnung (18.).
Der HSV bekam Appetit auf mehr. Mit vielen Ideen und Varianten ließen die Spieler einen Angriff nach dem anderen gen Freiburger Tor rollen. Als Barbarez per Kopf nach einer Flanke von Björn Schlicke das 2:0 markierte (28.), schwappte diese Welle der Begeisterung auch auf den letzten Fan über. Nun ließen die Anhänger La Olà die Runde machen. Sogar die sonst zurückhaltende Haupttribüne feierte mit. Dieser HSV machte Spaß. Einziges Manko der ersten Hälfte: Das Team ging zu glimpflich mit Freiburg um, ließ sich zudem zu oft in die Abseitsfalle - elfmal - locken.
Das verzieh ihnen aber sogar Trainer Doll gern, als er den Start in die zweite Hälfte sah. Ohne zu zögern setzte der HSV nach, als wolle sich das Team den gesamten Frust der vergangenen Monate von der Seele schießen. Und Barbarez setzte seiner Leistung - vielleicht seine beste im HSV-Trikot - noch eine Krone auf.
Erst täuschte er Golz nach einem Zuspiel von Stefan Beinlich eine Flanke vor und schoß den Ball gekonnt am überraschten SCF-Torwart vorbei zum 3:0 ins Netz (51.), dann legte er sein drittes Saisontor nach einer sehenswerten Kombination mit Mpenza und Naohiro Takahara zum 4:0 nach (57.). Nach diesem Treffer lief sogar HSV-Keeper Martin Pieckenhagen zur Jubeltraube auf der anderen Seite des Platzes. Aus den Lautsprechern dröhnte "Das ist wie Fliegen", die Barbarez-Tor-Melodie von Lotto King Karl. Das neue Wir-Gefühl hatte die AOL-Arena gepackt. Daran änderte auch der Fauxpas des eingewechselten Bernardo Romeo (79.) nichts, der allein vorm leeren Tor nur den Pfosten traf.
Der HSV ist bereit zur Aufholjagd. In dieser Form muß sich jeder Gegner, auch der nächste: Bremen, in acht nehmen.
http://www.hsv.de/index.php?id=10109
Hoffentlich hält diese Euphorie ne Weile an