In Moskau entsteht mitten in der City ein 612 Meter hoher Wolkenkratzer. Wichtigstes Merkmal: Das Gebäude ist anderthalb mal höher als das amerikanische Empire State Building. Er soll das steingewordene Zeichen des neuen russischen Stolzes werden.
Es gerät mehr und mehr zu einer russischen Marotte: Was auch immer angepackt wird, es muss die Amerikaner übertreffen. Nachdem dieser Tage eine Vakuumbombe explodieren durfte, die die Sprengkraft ihres US-Pendants deutlich übertraf, wurde jetzt in der russischen Metropole der Grundstein für einen Wolkenkratzer gelegt, der anderthalbmal höher als das Empire State Building wird, wie Bürgermeister Juri Luschkow stolz vermerkte.
Freudig planschte er im Zement, als er zusammen mit dem britischen Stararchitekten Norman Foster den Grundstein legte. Der Metropolit Kliment von Kaluga und Borowsk schwenkte sein Weihrauchfässchen und segnete das ehrgeizige Vorhaben. Ort der Veranstaltung: ein ehemaliges Industriegelände an der Moskwa in der Nähe des Regierungssitzes, wo seit zehn, 15 Jahren langsam, aber stetig Moscow City aus dem Boden wächst.
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Das neue Gebäude trägt den Namen Rossija. Es werde – so sagte Moskaus umtriebiger Bürgermeister bei der festlichen Veranstaltung – „zum Symbol Russlands, das in die Zukunft strebt, in die Höhe“. So etwas wie dieses Bauwerk, jubelte der 71-Jährige, „hat es in der Geschichte unseres Staates noch nicht gegeben“.
Der Bau von Rossija entspricht völlig dem neuen russischen Zeitgeist. Mit dem Gefühl, wieder eine gewichtige Rolle in der Welt zu spielen, werden prestigeträchtige Projekte mit patriotischem Anstrich realisiert, die dem eigenen Selbstwertgefühl schmeicheln und den Rest der Welt in Erstaunen versetzen sollen. Ob Nordpol-Tauchfahrt, Bombe oder Wolkenkratzer – es muss Größe symbolisieren.
612 Meter hoch wird der Wohn- und Geschäftsturm, den Foster als dreiseitige Pyramide angelegt hat. Ursprünglich wollte der Brite noch höher hinaus. Einen Kilometer hoch sollte das Prunkstück der Moskauer Architektur werden. Sicherheitsbedenken führten aber zu einer etwas bescheideneren Variante. Trotzdem, so tröstet sich die Moskauer Elite, wird es zu den höchsten Gebäuden der Welt gehören. Nur in Dubai geht ein mit 807 Metern noch höheres Gebäude der Vollendung entgegen.
Knappe Bauzeit für das extreme Gebäude
Moskaus Bürgermeister hat eine sehr knappe Bauzeit vorgegeben. In zwei, höchstens zweieinhalb Jahren soll alles fertig sein. Dabei wird eine Nutzfläche von insgesamt 470.000 Quadratmetern entstehen. Ein Viertel davon wird im unteren Teil für Büro- und Geschäftsräume bereitgestellt. Der mittlere Teil des Turms bleibt einem luxuriösen Fünfsternehotel vorbehalten, während ganz oben Wohnungen für diejenigen entstehen, für die Geld keine Rolle spielt.
Glaubt man den russischen Bauexperten, können die Besitzer der Wohnungen über den Wolken ruhig schlafen. Foster selbst verwies bei der Grundsteinlegung auf die „beispiellose Sicherheit“, die sein Kunstwerk auszeichne. Die verwendeten Materialien widerstehen jedem Feuer, und selbst der Einschlag eines Flugzeugs könne dem Bauwerk nichts anhaben, heißt es.
In drei unterirdische Etagen ziehen Geschäfte und Boutiquen ein. Es gibt direkte Zugänge zur Metro, von den unterirdischen Parkplätzen gelangt man direkt auf den dritten Straßenring, der Moskaus Stadtzentrum umschließt.
Mit dem Rossija-Tower entsteht nun das zentrale Gebäude in einem Ensemble, mit dem sich Moskau ein neues, vom historischen Kern um den Kreml mehrere Kilometer entferntes Geschäftszentrum leistet. Moscow City wächst auf einer Fläche von 90 Hektar anstelle abrisswürdiger Lagerhallen und Industriegebäude. Fehler, wie sie in Tokio oder London gemacht wurden, sollen vermieden werden, versprach der für die neue City verantwortliche Bürgermeisterstellvertreter Jossif Ordschonikidse in einem Gespräch mit WELT ONLINE.
So werde es neben und in den Bürokomplexen auch ein reichhaltiges Angebot an Kultur- und Freizeiteinrichtungen geben. „Keine toten Zonen nach Feierabend“, verspricht Ordschonikidse, „die City lebt rund um die Uhr.“ Eine Ladenschlussdebatte kennt das neue Moskau nicht.
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Welt-online