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Alt 20-05-2003, 07:50   #194
Stefano
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hola,

Wenn die Nerven keine Streiche spielen
Kurz vor Ultimo bleibt Eintracht Frankfurt im heißesten Aufstiegsrummel erstaunlich cool


200 Stundenkilometer werden es wohl gewesen sein, vielleicht auch 220, die Autobahn war frei, der Beton trocken. Regnen sollte es erst bei der Heimfahrt, aber da war das Schwierigste ja schon geschafft. Ihnen hatte es ganz offensichtlich nicht schnell genug gehen können, auf jeden Fall noch rechtzeitig anzukommen in Oberhausen: Die multifunktionale Fahrgemeinschaft Jürgen Neppe, Aufsichtsratschef, und Peter Fischer, Präsident, auf Dienstreise mit Eintracht Frankfurt, wollte nur nichts verpassen vom Spektakel im Westen. Und waren dann prompt gut zwei Stunden zu früh im Niederrheinstadion. Oder war es die pure Nervosität, die Anspannung, die Angst vor dem Versagen auf den letzten Metern, die das Gaspedal ganz unten hielt?

Und wenn es denn je da gewesen sein sollte, das Fracksausen der Führungskräfte, es sollte allenfalls 20 Minuten dauern. Die Partie war danach bereits entschieden, zwei schnelle Tore des Dauerreservisten Dino Toppmöller machte die Dienstreise zu den heimstarken Oberhausenern zum entspannten Vergnügen.

Vielleicht ist das in der Nachbetrachtung das wirklich Bemerkenswerte an diesem ungefährdeten 2:0-Sieg der Frankfurter. Dass sie den Erfolg mit einer Souveränität und Abgeklärtheit nach Hause schaukelten, die man ihnen eigentlich gar nicht richtig zugetraut hätte. Bis auf Alex Schur, der eine Halbzeit gebraucht hatte, sich mit dieser Drucksituation zu arrangieren, waren die Frankfurter mit einem beeindruckenden Selbstbewusstsein aufgetreten. Da waren keine Beine lahm, keinem war der Magen flau, eher wirkten die Frankfurter Spieler so, als seien sie solche Situationen im Dutzend gewöhnt: sich keinen Fehler zu erlauben. Das machte offensichtlich auch Eindruck bei Anderen, etwa der unmittelbaren Konkurrenz. Björn Schlicke, zentraler Verteidiger bei der Spielvereinigung Greuther Fürth zum Beispiel, sagte im kicker, Eintracht Frankfurt sei im Unterschied zu den Franken, "ein großes Team" - eben weil es auch mit schwierigen Situationen prima umzugehen in der Lage ist.

Eine der Stärken dieser Frankfurter Mannschaft, das hat die jüngste Vergangenheit gezeigt, ist ihre mentale Stabilität. Kurz vor Ultimo bleibt Eintracht Frankfurt ausgerechnet im heißesten Aufstiegsrummel erstaunlich cool. "Wir können uns sehr gut auf den Punkt konzentrieren", hat Eintracht-Trainer Willi Reimann immer dann gesagt, wenn eine Frage zum Nervenkostüm der Eintracht fiel. Er, der Trainer, stellt die Spieler auch dementsprechend ein, so, dass jeder genau weiß, was er zu tun hat. "Eine gute Vorbereitung ist der Schlüssel zum Erfolg", lautet ein Credo des Trainers, dazu gehören auch immer eine intensive Videoanalyse und ein genaues Studium des Gegners. Überraschungen mag Reimann nicht so gern. Er mag Klarheit, Schnörkellosigkeit und ordentliche Arbeit.

Dessen ungeachtet sind sie in Frankfurt gottfroh, dass sie nach all den Irrungen und Wirrungen und wechselnden Tabellenkonstellationen der vergangenen Woche ihr Schicksal in der eigenen Hand haben. Vor mit 25 500 Zuschauern erstmals ausverkauftem Hause wird gegen den SSV Reutlingen ein echtes Endspiel um die Erstklassigkeit angepfiffen, mal wieder. Wie 1999 gegen den 1. FC Kaiserslautern oder ein Jahr später gegen den SSV Ulm, als es in den jeweils letzten Saisonspielen der Bundesliga um hopp oder topp ging. Auch da spielten die Nerven den Frankfurtern keinen Streich. Damals allerdings hatte die Eintracht viel zu verlieren gehabt, dieses Mal hat sie viel zu gewinnen.

"Wir haben jetzt beste Voraussetzungen" , sagt Reimann, "wir gucken nur noch auf uns." Mit einem klaren Sieg könnte eine überraschend gut verlaufene Saison mit dem Aufstieg gekrönt werden. "Diese Position dürfen wir nicht mehr weggeben, und wir müssen noch einmal abrufen, was uns die ganze Saison ausgezeichnet hat: Kampf, Kampf und Kampf", forderte Schur. Und sie werden, wie einst 1999, immer mit einem Ohr in den anderen Stadien sein, wo sich Fürth (in Karlsruhe) und vor allem Mainz (in Braunschweig) ebenfalls mühen, den Sprung ins Oberhaus zu schaffen. Womöglich wird es auf jedes Tor ankommen, womöglich werden die Frankfurter jener Chance des Pawel Kryszalowicz noch mal nachtrauern, der freistehend den Ball nicht im leeren Oberhausener Tor unterzubringen vermochte.

Oder es kommt alles ganz anders, und Fürth steigt noch auf. Ein Greuther 2:0-Sieg und Unentschieden (von 0:0 bis 2:2) von Mainz und Frankfurt würden da schon reichen. Man hat schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen, und angesichts der seltsamen Ergebnisse in jüngster Zeit käme eine neuerliche Wendung nicht mal sonderlich überraschend. Ob das aber die Nerven von Neppe, Fischer und Co. aushalten?
q: e-hp
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Ciao Stefano

Ich wurde nicht gefragt...ob ich geboren werden wollte...
Ich werde nicht gefragt...ob ich sterben will...
also lasst mich LEBEN...wie ich es will...!
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