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Alt 16-05-2003, 12:58   #185
Stefano
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Wink

hola,

dat waren noch zeiten

Träumen mit Tony
Ex-Eintracht-Star Yeboah schaut bei den alten Kumpels vorbei und weckt wehmütige Erinnerungen an längst vergangene Tage


Ob das schönste Zitat von Anthony Yeboah tatsächlich von Anthony Yeboah stammt, ist jetzt nicht ganz sicher. Es stand allerdings im Spiegel, der irgendwann in den Neunzigern, als der bullige Stürmer von Eintracht Frankfurt auf dem Höhepunkt seiner Karriere war, eine Geschichte geschrieben hat über den Mann aus Ghana. Darin hat sich der Autor darüber gewundert, dass Yeboah in seinem Häuschen in Hanau so typisch deutsch eingerichtet war, also mit Schrankwand Eiche furniert, Deckchen auf dem Tisch und mit dem Knick im Kissen. Yeboah hingegen fand das alles ganz normal und hat den Schreiberling verständnislos gefragt: "Sollte ich etwa ein Lagerfeuer im Wohnzimmer machen?"
Wie gesagt, es ist nicht ganz sicher, ob der Tony das wirklich so gesagt hat, denkbar aber wäre es. Denn dieses Verschmitzte, dieses Augenzwinkernde hat sich Yeboah bewahrt. Jetzt etwa, da er am Donnerstag mal wieder bei den alten Kollegen von Eintracht Frankfurt vorbeigeschaut und vor allem ein Auge auf seinen probehalber trainierenden Schützling Isaak Boakye geworfen hatte, ist er nach seinen Zukunftsplänen gefragt worden. In Accra, der Hauptstadt Ghanas, baut Yeboah an einem Hotel, das einfach nicht fertig werden will. "Ich muss wahrscheinlich noch einige Jahre spielen", stöhnte er.

Das war natürlich nur Spaß. Tony Yeboah spielt keinen Fußball mehr, zumindest nicht von Berufs wegen. Die Kickschuhe hat er vor einem knappen Jahr weggestellt, nach einer, wie sein Freund und Berater Joachim Leukel sagt, sehr erfolgreichen Saison in Katar. "Die wollten ihn noch länger behalten." 15 Spiele hat der Stürmer da gemacht, für Al Ethead Doha elf Tore geschossen, und hätte Yeboah damals schon gewusst, dass die Scheichs für viele Millionen Dollar eine Handvoll Altstars aus der Bundesliga in die Wüste locken werden, der Tony wäre vermutlich noch mal schwach geworden. "Mit Effenberg, Häßler und dem Andy Möller hätte ich gern noch mal gespielt."
Andreas Möller, Uwe Bein, Uli Stein, Maurizio Gaudino, Jörn Andersen, Heinz Gründel, Jay-Jay Okocha, Manfred Binz - sie alle gehörten zusammen mit Yeboah einst zu jener Frankfurter Mannschaft, die ausgezogen war, Fußball 2000 zu spielen, und so grandios scheiterte. Klaus Toppmöller war damals Trainer, jung, dynamisch, mit großer Klappe, aber erfolgreich. "Du", hat Toppmöller zu Yeboah gesagt, seinerzeit 1993, "du wirst den Torrekord von Gerd Müller brechen." Der Rekord stand bei 40 Treffern, pro Saison wohl gemerkt, die Vorgabe war eigentlich illusorisch, doch Yeboah hat Toppmöller genau richtig verstanden. "Trainer müssen mir das Vertrauen geben, dann bin ich gut." Das hat er am Donnerstag noch mal gesagt, als die Kollegen im Waldstadion sich so furchtbar mühten, die Kugel beim Schusstraining im Netz unterzubringen.

Stepanovic, Toppmöller, Pagelsdorf - das waren Trainer, die "wussten, wie sie mit Tony umgehen mussten." Das Erfolgsgeheimnis des kräftigen Stürmers, inzwischen wahrscheinlich 39 Jahre alt - so genau weiß das niemand -, war immer, dass man ihm den Rücken stärken musste. Dieses Vertrauen hat er mit Toren zurückgezahlt, mit vielen Toren. Und wenn sich Yeboah in der Saison 1993/94 nicht schwer am Knie verletzt hätte, wer weiß, ob er nicht doch an Müllers Fabelrekord gekratzt hätte.

Deutschland, sagte Yeboah, "ist meine zweite Heimat geworden." Hier war er Torschützenkönig, hier war er der erste Afrikaner, der Spielführer einer Bundesligamannschaft war, hier in Frankfurt hat er seine schönste Zeit verbracht, trotz eines Jupp Heynckes, der ihn (und Gaudino und Okocha) einst wegschickte, trotz eines Schatzmeisters Wolfgang Knispel, der ihn bei der Vertragsverlängerung über den Tisch gezogen hatte, weswegen Knispel und der frühere Vizepräsident Bernd Hölzenbein wegen Steuerhinterziehung verurteilt und Yeboah 360 000 Mark Strafe hatte zahlen müssen. "Das war eine neue Erfahrung in meinem Leben."
Yeboah hat viel Lehrgeld zahlen und Steuern nachzahlen müssen, als er aus England (Leeds United) kommend für vier Jahre zum Hamburger SV wechselte. Dennoch hat er lange genug Tore geschossen, um "keine finanziellen Probleme" mehr zu haben. Inzwischen hat sich der ein bisschen kompakter gewordene Yeboah in Kumasi, seinem Geburtsort, eine Fußballschule aufgebaut. "Ich bin dort der Präsident." Er lebt mit seiner Frau und den drei Kindern in Accra und wird dem Fußball immer verbunden bleiben. Mit seiner Schule und einem Auge für Talente, wie jenem Isaak Boakye. Ob der 21-jährige Stürmer zur Eintracht kommt, ist ungewiss. Yeboah aber wird immer zurückkommen können. q-e-hp
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Ciao Stefano

Ich wurde nicht gefragt...ob ich geboren werden wollte...
Ich werde nicht gefragt...ob ich sterben will...
also lasst mich LEBEN...wie ich es will...!
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