Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 14-06-2005, 17:33   #198
Stefano
TBB Family
 
Benutzerbild von Stefano
 
Registriert seit: Aug 2000
Ort: Hessen
Beiträge: 8.226
Thumbs up

Die neue Eintracht

Am 30. Juni 2003 titelte die Frankfurter Rundschau auf ihrer zweiten Sportseite: "Die Führungskrise spitzt sich zu". Es ging, wie sollte es anders sein, um Eintracht Frankfurt, es ging um Zoff und Zores. Fußball war zur Nebensache geworden am Tag des Trainingsstarts, weil der damals just in die Bundesliga aufgestiegenen Traditionsklub qualvolle Wochen der Unruhe hinter sich hatte. In einem beispiellosen Akt der Selbstzerfleischung hatten sich die Hauptdarsteller gegenseitig mit Schlamm beworfen. Jeder gegen jeden. Aufsichtsrat Jürgen Neppe gegen Trainer Willi Reimann, Neppe gegen Chef Volker Sparmann, Reimann gegen Vereinspräsident Peter Fischer.

Die Eintracht, fünf Wochen zuvor auf wundersame Weise in den erlauchten Kreis der besten 18 zurückgekehrt, sollte, wie Kapitän Alexander Schur ernüchtert feststellte, "ohne einen Funken Euphorie" in das Unternehmen Bundesliga starten. Für einen für gewöhnlich von einer Welle der Begeisterung getragenen Neuling ist das pures Gift. Zumal die Mannschaft allenfalls zweitligatauglich schien. Die spektakulärste Verpflichtung war die von Geri Cipi. Sparmann fabulierte: "Das Herzstück der albanischen Nationalmannschaft". Eintracht Frankfurt 2003 - ein Bild des Jammers.

Nur zwei Jahre später strahlt der Verein in neuem Glanze, er steht nach einem Jahrzehnt der Depression in den Startlöchern, um in eine große Zukunft aufzubrechen. Binnen zwei Jahren präsentiert sich die Eintracht im neuen Gewand. Die so genannten Rahmenbedingungen stimmen. Der Verein hat zum perfekten Zeitpunkt die Rückkehr in den erlauchten Zirkel geschafft, ein Jahr vor dem größten Ereignis der nächsten Jahrzehnte, der Weltmeisterschaft in Deutschland.

Frankfurt präsentiert sich der Welt

In zwei Tagen, wenn Deutschland gegen Australien das Eröffnungsspiel des Confederations Cup in Frankfurt austrägt, wird die neue Commerzbank-Arena offiziell eröffnet, sie ist ein Schmuckkästchen geworden, ein Fußball-Tempel allererster Güte. Frankfurt präsentiert sich der Welt, und die Eintracht darf wieder mit den Stärksten die Kräfte messen. Die grandiose Atmosphäre im weiten Rund, auch wenn Boss-Heribert Bruchhagen eher skeptisch ist, könnte zu einem Trumpfass im Kampf um den Klassenverbleib werden. 2003, auch dies ein gravierender Unterschied, glich das Stadion eher einer Baustelle. Die Stimmung war entsprechend mau.

In der Stadt ist die Eintracht Gesprächsthema Nummer eins, selten war sie so uneingeschränkt hip und schick, Präsident Peter Fischer nennt sie gerne "sexy". Das neue Stadion garantiert mit den 74 Logen und den insgesamt 3000 VIP-Sitzen zusätzliche Einnahmen - der Etat steigt auf etwa 40 Millionen Euro (2003 waren es 25 Millionen). Die Eintracht ist nicht mehr notorisch klamm, aber sie wirft nicht mit Geld um sich, sondern wirtschaftet kühl kalkulierend und seriös. Dafür steht Finanzvorstand Thomas Pröckl und der Vorstandsvorsitzender Heribert Bruchhagen.

Der 56 Jahre alte Ostwestfale, ein erfahrener Fahrensmann, hat dem Klub schnell seinen Stempel aufgedrückt, er führte ihn in ruhiges Fahrwasser. Bruchhagen garantiert Seriosität, er trifft Entscheidungen mit Weitsicht, hat klare Vorstellungen und ein Konzept, er ist der unumstrittene Chef im Ring. Vernunft regiert. Nach Jahren der Orientierungslosigkeit eine Wohltat.

Eintracht zelebriert Fußball

Bruchhagen, Berater Bernd Hölzenbein und Trainer Friedhelm Funkel basteln an einer schlagkräftigen Mannschaft, das Gerippe steht; zwei, maximal drei Spieler kommen noch hinzu. Die Eintracht ist sportlich gut aufgestellt. Sie hat viele junge, hungrige Spieler in ihren Reihen, die sich verbessern und entwickeln können. Patrick Ochs, Christopher Reinhard, Du-Ri Cha, Jermaine Jones, Christoph Preuß, Alexander Huber und Daniyel Cimen sind Prototypen der neuen Frankfurter Schule. Sie können diesen Verein prägen. Damals, 2003, trat eine alte, perspektivlose und fußballerisch arg limitierte Mannschaft an, die ihr Heil in einer zerstörerischen Grundhaltung suchte. Das war hässlich, unattraktiv und, schlimmer noch, auch furchtbar erfolglos.

Die Frankfurter Elf 2005 spielt Fußball im Wortsinne, sie zelebriert ihn bisweilen - und die Zuschauer lechzen nach dieser unbekümmerten Art des Spiels. Das Team war zum Schluss in der - zu Unrecht- als Klopperliga verschrieenen zweiten Liga der Konkurrenz turmhoch überlegen. In der ersten Klasse, da mehr Wert auf Finesse denn auf Kraft gelegt wird, könnte das spielerische Element noch stärker zum Tragen kommen und den Hessen zum Vorteil gereichen. Zumal die Frankfurter schnelle, konterstarke Spieler in ihren Reihen wissen. Auf überfallartige Gegenangriffe könnte das Spielsystem fußen. Und auf Torwart Markus Pröll, den Fels in der Brandung. Wegen den unterschiedlichen Meinung zu dessen Verpflichtung war 2003 übrigens der Streit eskaliert. q: eintracht.de
__________________
Ciao Stefano

Ich wurde nicht gefragt...ob ich geboren werden wollte...
Ich werde nicht gefragt...ob ich sterben will...
also lasst mich LEBEN...wie ich es will...!
Stefano ist offline   Mit Zitat antworten