Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 08-03-2003, 08:27   #97
Stefano
TBB Family
 
Benutzerbild von Stefano
 
Registriert seit: Aug 2000
Ort: Hessen
Beiträge: 8.226
Post

hola,

Einsam auf der Baustelle-Trotz großer Aufstiegschancen bleiben der Frankfurter Eintracht im Waldstadion die Zuschauer weg

FRANKFURT A. M. Das sind die Momente, für die ein Fußballspieler Fußball spielt: Wenn das Stadion tobt, die Fans einen feiern, wenn die Leute "deinen Namen rufen", wenn sie jubeln und klatschen und "dich hochleben lassen". Thomas Zampach weiß das, weiß, was für ein herrliches Gefühl es ist, wenn sich die Härchen auf den Armen aufstellen und es einem kalt den Rücken runterläuft. Er weiß das so genau, weil er dies ein paar Jahre lang hat erleben dürfen bei Eintracht Frankfurt. Thomas Zampach, einst Publikumsliebling, jetzt Fanbeauftragter des Klubs, gehörte zu jenem Team, das 1998 unter Trainer Horst Ehrmantraut den Aufstieg in die erste Liga schaffte. Rolf Heller, Gaetano Patella und Klaus Lötzbeier waren damals, als es nur einen Verein und noch keine Fußball-AG gab, verantwortlich für das Ganze.

Damals, es ist jetzt fünf Jahre her, pilgerten auch noch deutlich mehr Zuschauer ins Waldstadion. Vize Lötzbeier hat einen Blick in die Akten geworfen: In der Saison 1997 / 98 hatte die Eintracht "einen Zuschauerschnitt von 25 145". Das ist enorm, vor allem dann, wenn man den Schnitt aus dieser Runde dagegenhält: Laut Carsten Knoop, dem Pressesprecher der Eintracht, sind zu den bisher elf Heimspielen durchschnittlich 13 500 Zuschauer gekommen. Ein Wert, den auch die Eintracht-Führung als "enttäuschend" einschätzt, selbst wenn sie für diese Saison mit noch weniger - 12 000 - kalkuliert hatte. Sogar gegen Spitzenklubs wie den 1. FC Köln (23 000) und den FC Freiburg (17 500) waren viele Fans zu Hause geblieben. Was verwundert: Immerhin steht der Klub auf einem Aufstiegsplatz, immerhin hat die Elf nach den Querelen in der Sommerpause um die Lizenz eine hervorragende Runde gespielt, immerhin hat sie bisher erst ein einziges Mal zu Hause verloren - und doch bleiben die Zuschauer aus. Gerade 11 300 waren jüngst gegen den Karlsruher SC gekommen.

Ist das Frankfurter Publikum schlicht zu anspruchsvoll und verwöhnt, gar "übersättigt von Fußball", wie Zampach glaubt ? Liegt es an dem wenig komfortablen Stadion, das zu besuchen angesichts gesprengter Blocks, halbfertiger Tribünen und tiefer Baugruben nun wahrlich keinen Spaß macht ? Oder liegt es daran, dass von dieser Mannschaft, die sich redlich müht, der berühmte Funken einfach nicht überspringen will auf die Fans ?

Vieles spricht dafür, dass es ein ganzes Bündel an Gründen ist, das für den Zuschauerschwund verantwortlich ist. Die "Baustelle Waldstadion" schreckt ganz sicher ab, das Fehlen eines festen Platzes, selbst für die knapp unter 6000 Dauerkartenbesitzer, dürfte störend sein, dazu gibt es seit einiger Zeit die Spiele der zweiten Liga live nicht nur im DSF, sondern auch in Premiere. Dazu kommt die allgemeine wirtschaftliche Lage, die es bisweilen schwierig macht, 25, 30 oder 35 Euro für einen Sitzplatz auszugeben; Fahrt- und sonstige Nebenkosten mal ganz ausgeklammert. Zumal nach einer von Eintracht Frankfurt in Auftrag gegebenen Studie lediglich neun Prozent der Stadionbesucher aus der Stadt kommen, alle anderen aus dem Umkreis von 120 Kilometern. Und schließlich ist es nicht immer ein reines Vergnügen, den Frankfurter Fußballern bei der Arbeit zuzusehen.

"Das Gezackere bei AG und Verein", die vielen Querelen hinter den Kulissen, hätten genauso Fans gekostet, findet Fansprecher Andreas Hornung, wie "der Frust vom Sommer, der noch tief sitzt." Drei bis 4000 Fans fehlten wohl pro Spiel. Allerdings sieht Hornung die Schwierigkeit eher bei den Heimpartien, "auswärts ist es wie immer", 1000 Fans begleiten die Mannschaft in der Regel nach Lübeck und Burghausen. Darüber hinaus meldet die Eintracht, dass die VIP-Räume nahezu ausverkauft sind.

Das Problem ist also das so genannte "Wechselpublikum", das nur dann kommt, wenn es sich unterhalten will, wenn ein Event ansteht. Das aber bietet der Frankfurter Fußball derzeit nicht, der Funke springt nicht auf das Publikum über. Die Mannschaft spielt für ihre Verhältnisse sehr erfolgreich, doch von Begeisterung, Enthusiasmus oder gar Inbrunst spürt man nicht viel. Es fehlen auch die Typen, die dieses Gefühl unter den Besuchern auszulösen in der Lage wären. 1998 konnten die Fans noch Persönlichkeiten wie Zampach, Weber, Epp, Brinkmann, Janßen, Hubtschew zujubeln und einem Trainer, Horst Ehrmantraut, der Kultstatus erlangte.

Heute fällt bisweilen die Identifikation schwer. "Die Erwartungshaltung", findet Knoop, "ist in Frankfurt sehr hoch." Auch er räumt ein: "Die Euphorie fehlt", anders als etwa in Köln oder Mainz, wo die Stadien voll sind. Vielleicht hat sich die potenzielle Eintracht-Klientel aber auch damit abgefunden, dass ihr Verein in der zweiten Liga spielt.

Der Klub selbst ist wegen des miesen Zuschauerschnitts einigermaßen hilflos. Man wisse auch nicht so recht, was man noch tun solle, wenn schon Erfolg die Zuschauer nicht ins Stadion lockt. Man denke aber drüber nach. q: e-hp
__________________
Ciao Stefano

Ich wurde nicht gefragt...ob ich geboren werden wollte...
Ich werde nicht gefragt...ob ich sterben will...
also lasst mich LEBEN...wie ich es will...!
Stefano ist offline   Mit Zitat antworten