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Alt 06-04-2004, 13:02   #5
Switch
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Beschleunigtes Wachstum der Weltwirtschaft erwartet
Finanzielle Ungleichgewichte ein Risiko

brü. Washington, 5. April

Die Weltwirtschaft dürfte in den Jahren 2004 und 2005 um mehr als 8% wachsen. Das ist ein Expansionstempo, das es seit den frühen achtziger Jahren nicht mehr gegeben hat. Antriebsmotoren sind die Vereinigten Staaten sowie eine Reihe asiatischer Volkswirtschaften, vor allem China. Diese Vorhersage hat jetzt das Institute for International Economics in Washington gemacht. Als Risikofaktoren für dieses positive Szenario werden die hohen Erdölpreise sowie finanzielle Ungleichgewichte genannt, zu denen nicht zuletzt das zunehmende Zahlungsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten zählt.

Zu den Auguren des angesehenen Institutes, das unter der Leitung des früheren Währungsexperten des Finanzministeriums Fred Bergsten steht, gehören unter anderen Martin Baily, der in der Clinton-Administration den wirtschaftlichen Beraterstab des Weissen Hauses geleitet hat, und Michael Mussa, der in den neunziger Jahren Chef-Volkswirt des Internationalen Währungsfonds war. Sie erwarten, dass das weltweite Bruttoinlandprodukt in diesem Jahr um 4,75% und im folgenden Jahr um 4% zunehmen werde. Im Einzelnen nehmen sie an, dass die Wachstumsrate über die beiden Jahre 8% in den Vereinigten Staaten, 6,5% in Japan, 14% in den anderen asiatischen Ländern, 8 bis 9% in Afrika, Mittel- und Osteuropa, dem Mittleren Osten und Lateinamerika betragen werde. Lediglich in Westeuropa werde die Expansion mit knapp 5% zurückhängen

Bei dieser Vorhersage wird angenommen, dass der kräftige Anstieg der Rohstoffpreise - einschliesslich Erdöl - sich nicht weiter fortsetzt, sondern sich möglicherweise wieder abschwächt. Weiterhin wird angenommen, dass die Zentralbanken der Industrieländer ihre expansive Geldpolitik beibehalten. Dazu gehört, dass das amerikanische Federal Reserve Board seine Leitzinsen, die gegenwärtig bei 1% liegen, bis Ende 2005 nur bis 2,5% anheben werde. Von den anderen Zentralbanken wird ein ähnliches Verhalten erwartet.
Als Risikofaktoren für das schnelle Wachstum werden vor allem weltweite Ungleichgewichte genannt. Dazu gehören unter anderem die schwierige Lage der öffentlichen Haushalte in vielen Industrieländern sowie das massive und wachsende Defizit in der amerikanischen Zahlungsbilanz, dessen Kontrolle eine kräftige Anpassung der Wechselkurse erforderlich mache. Das bedeute, dass der Kurs des Dollars trotz der beträchtlichen Abwertung der beiden letzten Jahre noch nicht auf dem notwendigen Tiefpunkt angekommen sei. Dazu wird empfohlen, dass die Vereinigten Staaten die Binnennachfrage abbremsen. Auf der anderen Seite müsste China, das den Kurs des Yuan durch massive Intervention an den des Dollars gekoppelt hat, Anpassungsmassnahmen vornehmen und eine Aufwertung in einer Grössenordnung von 15 bis 25% zulassen.



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