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Alt 14-07-2003, 14:55   #246
Stefano
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hola,

Zufrieden registriert Eintracht-Coach Reimann zum Abschluss des Trainingscamps auf Sylt das Schaffen

Wenn Willi Reimann auf den Dünen am Strand von Westerland steht, dem ungezügelten Spiel der Wellen zusieht und in die bald im Meer versinkende rote Sonne blinzelt, dann scheint der Fußballtrainer von Eintracht Frankfurt in eine andere Welt abzutauchen, in eine Welt, in der Grätschen und Flanken Marginalien sind. Der säuselnde Wind aus Nordwest wirbelt die grauen Strähnen über die Halbglatze, und Reimann wirkt, als absorbiere er die würzige Meeresluft, als lasse er sich die stressgeplagte Seele balsamieren. Wer den 53-Jährigen in Eintracht mit den Gewalten beobachtet, der bekommt eine ungefähre Ahnung davon, von welch großer innerer Ruhe der Mann beseelt sein muss. "Auf Sylt kann sich jeder verwirklichen", sagt Reimann, "wer Energie braucht, wer auftanken will, der sollte hierherkommen." Er hat sich an seinen Rat gehalten, fünf lange Wochen hat der Stoiker zuvor in der fußballlosen Zeit in seiner Wohnung auf Keitum Kraft gesammelt und sein seelisches Gleichgewicht wieder hergestellt.

Vor einer Woche ist er mit seiner Mannschaft auf die Insel zurückgekehrt, um sie auf 34 knüppelharte Fußballspiele in Deutschlands Eliteklasse vorzubereiten. Am Wochenende nun geht es zurück nach Frankfurt. Reimann, der alte Hase, ahnt, auf was für einen Höllentrip er sich eingelassen hat, dass er für viele Stammtisch-Bundestrainer Anwärter Nummer eins auf die erste Entlassung der in drei Wochen beginnenden Runde und sein Ensemble Kandidat Nummer eins für Tabellenplatz 18 ist. Reimann blinzelt hinter der Brille hervor, schüttelt mitleidig den Kopf, als wolle er sich einen Kommentar ersparen, dann sagt er trocken: "Das juckt mich nicht." Mindestens drei Teams will Eintracht Frankfurt in einem knappen Jahr hinter sich gelassen haben, was wohl nur gelingen kann, wenn vom Platzwart bis zum Busfahrer alle Mann mit aller Kraft an einem Ende des Stricks ziehen. "Es geht nur über Geschlossenheit und Einigkeit", sagt Reimann. Das ist von diesem immer noch etwas anderen Verein, der die Sommerpause für eine humorlose Schmierenkomödie - bei der auch der Trainer mitwirkte - nutzte, schon viel verlangt.

Wer bei den vielen Einheiten im idyllisch hinter Dünen gelegenen Syltstadion genau zugeschaut hat, der hat allerdings sehr wohl beobachten dürfen, dass die 24 Berufsfußballer Reimanns Philosophie fast adaptiert haben: nicht zaudern, hart arbeiten, Klappe halten! Die Spieler murren nicht, sie malochen ohne Ende, stecken keinen Millimeter zurück. Bei manch hammermäßiger Übung mit dem Medizinball, bei der ausgebuffte Profis gerne mal Fünfe gerade sein lassen und Mario Basler vermutlich eine Wadenzerrung vorgetäuscht hätte, wagen die Eintracht-Jungs nicht mal zu betrügen, wenn Reimann, der harte Hund, ihnen den Rücken zuwendet - als hätten sie Angst, er könnte Augen im Hinterkopf haben.

Dieses Team, das so unerwartet in die Phalanx der Großen und Schillernden eindrang, ist allem Anschein nach ein pflegeleichtes, keiner tanzt aus der Reihe. "Das sind alles gute Jungs", sagt Kapitän Jens Keller. Der Zusammenhalt scheint schon nach zwei Wochen gemeinsamer körperlicher Ertüchtigung groß zu sein. Im Training helfen sich die Spieler auf, wenn sie sich vorher übel umgetreten haben, sie klatschen sich ab, feuern sich an, nehmen sich auf den Arm. "Wir haben keinen Quertreiber drin", sagt Torwart Oka Nikolov, "wenn wir welche hätten, dann hätten wir sowieso keine Chance." Bleibt abzuwarten, wie die ersten Niederlagen gemeinsam verarbeitet werden.

Auch die acht Neuzugänge haben sich schon akklimatisiert, nahtlos ins Kollektiv eingefügt. Der Trainer ist nicht überrascht: "Wir haben sie ja nicht aus dem hohlen Bauch heraus verpflichtet", sagt er, "wenn wir nur Außenseiter oder Einzelgänger hätten, dann würden wir nicht weiterkommen." Gerade auf die menschliche Komponente sei bei der Auswahl der Neuen Wert gelegt worden. Um sich gegenseitig zu beschnuppern, sich besser kennen zu lernen, dafür sei das Trainingslager auf Sylt auch gut gewesen, resümiert der Trainer und stellt sichtlich zufrieden fest: "Das Team wächst zusammen."

Auch auf dem Fußballplatz geben die Profis keine allzu schlechte Figur ab. Durch die hinzugekommenen Spieler sind fast alle Positionen doppelt besetzt. "Wir haben großen Wettbewerb", sagt Reimann, auf manchen Positionen sei die Eintracht jetzt gleich stark besetzt, so dass oftmals taktische Überlegungen oder die Tagesform den Ausschlag über Einsatz oder Ersatzbank geben würden. "Es wird Entscheidungen geben, die nicht ganz einfach sind." Die Neuen, befindet Reimann, hätten die Qualität spürbar angehoben: "Das sind alles große Verstärkungen." Vor allem Mehmet Dragusha und Markus Kreuz sorgen mit ihrem fintenreich Spiel für eine kreative Belebung. Auch Du-Ri Cha, ein Modellathlet, und Nico Frommer, der die Tore riecht, wirken erfrischend, während Stefan Lexa und Geri Cipi noch ihre Form suchen. In jedem Fall wächst in den Eintracht-Profis die lange Zeit nur vage Hoffnung, mithalten zu können in der ersten Klasse.

Hinter den Kulissen geht bei Eintracht Frankfurt hingegen gar nichts mehr. Die für Sonntag anberaumte Aufsichtsratssitzung ist gestern abgesagt worden. Durch die Ferienzeit seien nicht alle Mitglieder verfügbar, hieß es. Eine Begründung, der nicht alle Räte Glauben schenken. q: e-hp
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Ciao Stefano

Ich wurde nicht gefragt...ob ich geboren werden wollte...
Ich werde nicht gefragt...ob ich sterben will...
also lasst mich LEBEN...wie ich es will...!
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