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Alt 09-07-2003, 10:57   #240
Stefano
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hola,

Wie ein Hase auf freiem Feld-Mehmet Dragusha, einer von drei Albanern bei Eintracht Frankfurt, schlägt gern mal einen Haken zu viel

Mehmet Dragusha pflückt den langen Ball mit dem linken Fuß aus der Luft, streichelt ihn liebevoll mit der Sohle, dreht dann blitzschnell den Oberkörper und tippt die Kugel im selben Moment zart mit dem Außenrist an, so dass sie ganz geschmeidig durch die Beine von Jurica Puljiz, einem humorlosen Verteidiger, rollt. Der Genarrte dreht verdutzt den Kopf - und sieht die Hacken von Mehmet Dragusha. So oder so ähnlich sieht es häufiger aus, wenn der 25 Jahre alte Neuzugang von Eintracht Frankfurt in den Trainingsspielchen in Westerland auf Sylt auf der linken Seite den Ball hat. Auch Uwe Bindewald, das Eintracht-Urgestein, ist schon auf ein Tänzchen eingeladen worden, ein-, zweimal ist "Binde" recht tumb ins Leere gelaufen, dann hat er ordentlich dazwischen gefunkt, den Ellenbogen ausgefahren und Dragusha samt Ball über die Außenlinie gegrätscht. Daran wird sich der Fuddler mit dem starken linken Fuß in der Bundesliga gewöhnen müssen.

Typen wie ihn sucht man in der deutschen Eliteliga wie eine Nadel im Heuhaufen. Dribbelstarke Linksfüßer sind rar gesät. Dragusha, der Rastelli, kann mit dem Ball umgehen, wie es nicht allzu viele Spieler können, fast scheint es, als klebe der Ball mit Pattex an seinem Fuß, dazu ist er noch unheimlich schnell und wendig, schlägt Haken wie ein Hase auf freiem Feld mit einem Schäferhund im Nacken. Der Kosovo-Albaner, den der abgetretene Vorstandsvorsitzende Volker Sparmann als "wunderbaren Spieler mit dem Potenzial zum Publikumsliebling" beschreibt, verkörpert genau den Typ Fußballer, der die Massen in Entzücken versetzt, Fußballtrainer aber die Zornesröte ins Gesicht treibt. Denn Ballverliebte wie Dragusha neigen dazu, im richtigen Moment das Falsche zu tun, begreifen Fußball als Spiel, als Kunstform. Trainer Willi Reimann, ein konservativer Zuchtmeister, ist eher Freund des disziplinierten, schnörkellosen Fußballs, weshalb er dem albanischen Nationalspieler ganz genau auf die Füße schaut. Wenn Dragusha seine Spielchen übertreibt, dann gibt es auf die Hörner.

Dragusha ficht das nicht an. Der vom Zweitligisten Eintracht Trier gekommene Leichtfüßige verfügt über ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein. Wer sein Hauptkonkurrent im linken offensiven Mittelfeld sei? Henning Bürger? Markus Kreuz? "Ich sehe nur mich als Konkurrenten", sagt er, "wenn ich alles gebe und gut trainiere, dann muss mich der Trainer normalerweise spielen lassen." Sätze, die Reimann weniger schätzt.Doch Dragusha ist kein Aufschneider, der sich für den Größten und den Rest für Flaschen hält. Das Einzelspiel übertreibe er noch, sagt er kleinlaut, "ich muss mehr für die Mannschaft tun." In der Bundesliga seien die Teams in taktische Korsetts gezwängt, da müsse er sein Spiel zwar anpassen, "aber ich muss es trotzdem durchziehen, denn nur die Unberechenbarkeit macht mich stark."

Dragusha hat sich früh für Eintracht Frankfurt entschieden, sogar dem Bundesligisten Hansa Rostock einen Korb gegeben, obwohl da noch lange nicht klar war, dass die Hessen das Obergeschoss der Balltreterei erklimmen würden. "Eintracht hat einen guten Namen", sagt er, in seiner Heimat Kosovo kenne jedes Kind den Traditionsverein vom Main, "da weiß jeder, dass Eintracht in die erste Liga gehört".

Den Aufstieg der Eintracht hat er, der für drei Jahre in Frankfurt unterschrieb, übrigens im Moselstadion live auf einer Leinwand verfolgt. Als das Spiel zwischen Trier und Union Berlin abgepfiffen war, stand es in Frankfurt 4:3, und Dragusha, der Trotzkopf, verkündete bereits mit den Fußballschuhen in der Hand, dass "wir dann eben nächstes Jahr aufsteigen", ehe alle Dämme brachen und der kollektive Jubel in Frankfurt auch Dragusha in Trier erfasste. "Die erste Liga ist für jeden Spieler ein Traum", sagt er. Bisweilen werden Träume war. Bei den Frankfurtern fühlt sich Dragusha, der früher mit Maribor in der Champions League gegen Bayer Leverkusen spielte und vor drei Jahren in Deutschland zunächst für Sachsen Leipzig am Ball war, "supergut aufgenommen, das hätte ich nicht erwartet".

Immerhin hat die Eintracht in Dragusha und den Teamkollegen Ervin Skela sowie Geri Cipi das Korsett, "das Herzstück" (Sparmann) der albanischen Nationalelf unter Vertrag. Wenngleich Dragusha, der einen jugoslawischen Pass besaß, erst vor sechs Monaten auf Wunsch des albanischen Nationaltrainers Hans-Peter Briegel die albanische Staatsangehörigkeit angenommen und im ersten Länderspiel gegen Vietnam ein Tor erzielt hatte. Was Wunder, dass wenigstens einer lobende Worte über die Transferpolitik der Frankfurter findet: "Ich kann die Eintracht nur beglückwünschen", sagt Briegel. "Das sind charakterstarke Spieler, die in der Bundesliga ihren Weg gehen werden." q. e-hp
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Ciao Stefano

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