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Alt 03-04-2003, 08:47   #132
Stefano
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hola,

Der bullige Schussel-Warum Eintracht-Verteidiger Jean-Clotaire Tsoumou-Madza momentan so spielt, wie das manche befürchtet hatten

FRANKFURT A. M. Es gibt Situationen, wenn Eintracht Frankfurt Fußball spielt, da weiß man auf der Haupttribüne immer schon, wie sie enden. Etwa dann, wenn Jean-Clotaire Tsoumou-Madza den Ball am Fuß hat und mit mächtigen Schritten über die Mittellinie strebt. Dann geben die Zuschauer den Bemühungen des Kongolesen meistens ein fröhliches "Schieß" mit auf den Weg. Und tatsächlich: Ein, zwei Schritte später holt der kräftige Verteidiger aus und tritt die Kugel in Richtung Tor. Meist ist es ihm egal, wo er steht, vor allem: wie weit er von dem gegnerischen Tor entfernt steht. In 95 Prozent der Fälle geht die Kugel weit am Tor vorbei, mal links, mal rechts, und bisweilen müssen sich die Zuschauer selbst auf den hohen neuen Tribünen im Frankfurter Waldstadion ducken.

Tsoumou-Madza hat einen festen Schuss und er schießt gern. Und oft. Noch öfter, seit ihm Ende Oktober des vergangenen Jahres im Zweitliga-Heimspiel gegen den LR Ahlen ein fulminanter Treffer gelungen war: Aus gut 40 Metern hämmerte er einen Freistoß ins Tor. Damals profitierte er von sehr heftigen Herbststürmen, die den Ball in den Torwinkel trugen. Seit diesem Oktober versucht es Tsoumou-Madza immer und immer wieder.

Jean-Clotaire Tsoumou-Madza, 28, verheiratet, ein Kind, Vertrag bis 2004, bislang drei Tore, gehört ganz sicher zu den großen positiven Überraschungen dieser Saison. Kein Mensch in Frankfurt hatte im Sommer verstanden, warum Trainer Willi Reimann wie ein Löwe gerade um diesen Spieler gekämpft hatte, ja einen ernsthaften Streit mit Finanzvorstand Thomas Pröckl in Kauf nahm, um den Kongolesen vom Viertligisten OFC Neugersdorf auszulösen. Etwa 20 000 Euro sollen geflossen sein, eine Summe, die, so ein Bonmot von Reimann, "Eintracht Frankfurt früher für Toilettenpapier ausgegeben" hätte. Dazu stand Tsoumou-Madza nicht im allerbesten Ruf: Beim FC St. Pauli, von wo ihn Reimann kannte, ist er oft um viele Tage verspätet aus dem Urlaub gekommen, dazu, hieß es, nehme er seinen Beruf nicht so furchtbar ernst. Auch als Schwarzfahrer ist der bullige Mann in Hamburg aktenkundig geworden. Dazu galt er als Bruder Leichtfuß: Einen Fehler mache der gläubige Christ pro Spiel allemal.

Von alledem war lange Zeit nichts zu spüren in dieser Runde. Tsoumou-Madza bildete gemeinsam mit Jens Keller ein fast unüberwindbares Bollwerk im zentralen Abwehrverbund der Eintracht, Keller dirigierte, Tsoumou-Madza räumte ab; einerlei, ob in der Luft oder am Boden, am "kongolesischen Büffel", wie ihn Bild prompt nannte, kam kaum einer vorbei. Dazu ist er schnell, kopfballstark, zweikampfstark. Ein nahezu perfekter Abwehrspieler.

Seit einiger Zeit aber ist Tsoumou-Madza wie ausgewechselt, selbst sein großer Förderer Reimann macht sich inzwischen "große Sorgen". Im Spiel wirkt Tsoumou-Madza neuerdings unkonzentriert, schusselig, pomadig, oft hat man den Eindruck, der Junge ist mit seinen Gedanken ganz woanders. Dann springen ihm die Bälle meterweit vom Fuß, Pässe spielt er geradewegs in die Füße des Gegners, er steht falsch. Unlängst, gegen Eintracht Trier, hat er einen völlig überflüssigen Elfmeter verursacht; später hat er sich dann ständig in den Angriff eingeschaltet und wieder aus allen möglichen und unmöglichen Lagen geschossen. Einmal hat er mit seinem Übereifer sogar eine prima Chance der Frankfurter vereitelt. Später hat ihn Reimann ausgewechselt, weil er mit seiner Leistung gar nicht zufrieden war. Inzwischen spielt er fast genauso, wie man es zu Beginn der Saison befürchtet hatte.

Die Krise des kongolesischen Nationalspielers hängt auch damit zusammen, dass sein Freund und Landsmann Rolf-Christel Guie-Mien nach Freiburg abgewandert ist. Tsoumou-Madza, der getrennt von seiner Familie lebt, hatte Unterschlupf in Guie-Miens Haus im Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim gefunden, da fühlte er sich wohl, dort hatte er in der "Kongo-WG" Anschluss. Zudem warf Guie-Mien, obwohl jünger, immer ein Auge auf Tsoumou-Madza. Seit Januar spielt Guie-Mien im Breisgau und Tsoumou-Madza, ohnehin wegen Sprachproblemen nicht wirklich integriert, hatte seinen einzigen Freund verloren. Er musste ausziehen und sich eine neue Wohnung suchen, die er in Niederrad gefunden hat. Weil er keinen Führerschein hat, fährt er zum täglichen Üben mit der Straßenbahn, ab dem Stadionbad läuft er den Rest. Tsoumou-Madza wirkt inzwischen etwas verloren. Man kommt auch nicht so gut an ihn ran.

Reimann indes findet, dass der Einfluss des Beraters Alexandre, der schon Guie-Mien nach Freiburg vermittelt hat, nicht gut sei für Tsoumou-Madza. Der habe ihm den Kopf verdreht. "Vor einem halben Jahr, als Tsoumou-Madza vor dem Nichts stand, hat sich keiner um ihn gekümmert, auch Alexandre nicht", sagt Reimann. Der Berater haben ihn "sehr, sehr stark beeinflusst. Da ist eine starke negative Tendenz zu sehen." Andererseits müsse Tsoumou-Madza langsam auf eigenen Füßen stehen. Schließlich gehe es um seine Karriere, "Fußballspielen ist sein Beruf".

Womöglich fängt sich Jean-Clotaire Tsoumou-Madza ja wieder. Vielleicht ist es ja wieder stürmisch im nächsten Spiel. Es wird in Ahlen angepfiffen. q: e-hp
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Ciao Stefano

Ich wurde nicht gefragt...ob ich geboren werden wollte...
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also lasst mich LEBEN...wie ich es will...!
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