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Über die eigene Begeisterung gestolpert
hola,
Warum bei der Eintracht wieder das große Zittern beginnt / Kritisierter Torwart Nikolov verlängert Vertrag um zwei Jahre
Er reißt sich das Trikot vom Leib, rennt über den halben Platz, trommelt wie ein wild gewordener Gorilla mit geballten Fäusten auf seine schmale Brust. Jermaine Jones feiert sich. Und wird gefeiert. Sein Urschrei geht zwar im Getöse der 15 000 Eintracht-Fans auf der Baustelle Waldstadion unter. Die Botschaft aber ist unmissverständlich: Seht her, ich bin zurück. Und jetzt wird alles gut.
72 Minuten sind zu diesem Zeitpunkt gespielt zwischen Eintracht Frankfurt und dem Namensvetter aus Trier, da dem wenige Minuten zuvor eingewechselten U 21-Nationalspieler nach dreimonatiger verletzungsbedingter Pause das 2:1 per Kopf gelang. Was für eine Rückkehr? Ein Traum. "Ich dachte, das war's. Das war das Siegtor", beschreibt Jones nach dem Abpfiff seine ersten Gedanken, die zu diesem Zeitpunkt aber längst großer Enttäuschung gewichen waren: "Auf deutsch gesagt, ist mir das jetzt scheißegal." Statt einen wichtigen Schritt in Richtung Bundesliga getan zu haben, "das 2:1 zu retten, auf Zeit zu spielen, das Ergebnis zu halten, zu kontern" (Jones), haben sich die Hessen in ihrem neuen, längst noch nicht fertigen Fußball-Tempel selbst besiegt.
Die Begeisterung auf den hoch in den Himmel ragenden neuen Rängen hinter den Toren hat die Frankfurter Profis in zunehmenden Maße euphorisiert. Anstatt - wie hinlänglich gewohnt - das Spiel zu befrieden, das Ergebnis und somit den Sieg durch disziplinierte Arbeit festzuzurren, ist den aufstrebenden Frankfurter Berufsfußballern buchstäblich das Herz übergelaufen. Begeistert vom eigenen Tun, im Glauben, einfach nur einen dritten Treffer nachlegen zu müssen, um den Sack zuzumachen, haben den Gästen am Ende fünf Minuten gereicht , um die Frankfurter gar in tiefe Depressionen zu stürzen.
Selbst einer wie Kapitän und Abwehrchef Jens Keller, Garant vieler Eintracht-Siege in dieser bislang so erfolgreichen Saison, hat sich wie sein abwehrender Kollege Jean-Clotaire Tsoumou-Madza von diesem Bazillus anstecken lassen, ist nach vorne gesprintet, um alsbald im eigenen Deckungsverband zu fehlen. Trainer Willi Reimann empört: "Gute Deckungsarbeit ist im Moment nicht zu sehen." Darüber wird zu sprechen sein. Und Keller ist einer, der die Probleme gerne beim Namen nennt. "Intern versteht sich."
Gut zwei Wochen haben sie ob der Länderspiel-Pause am kommenden Wochenende nun Zeit, den Schock vom Freitag zu verdauen und ihren Trainer beim nächsten Kick in Ahlen davon zu überzeugen, keinen "psychologischen Knacks" bekommen zu haben. Am liebsten wäre es Keller, schon am Mittwoch wieder spielen zu dürfen. Dann wäre das Gerede über die leichtfertig verschenkten drei Punkte schnell vergessen, glaubt der Routinier, der um einen neuen Vertrag buhlt. Diese Gespräche sind vorerst aber ad acta gelegt. "Jetzt müssen wir erst wieder punkten, damit die Frage überhaupt wieder aktuell wird", sagt Keller, schließlich gehe es ja nur um einen Kontrakt für die Bundesliga, "in der zweiten bleibe ich ja sowieso."
Ein anderer Hauptdarsteller dieses denkwürdigen Freitags hat sein Autogramm bereits unter einen neuen Kontrakt gesetzt: Oka Nikolov unterschrieb am Donnerstag einen Zwei-Jahresvertrag. Von Zufriedenheit dennoch keine Spur: Sein Patzer zum 2:3 steht an diesem Abend am Ende einer Kette von Missverständnissen und Fehlern, die wie schon beim 2:2 auf das Konto seiner Vorderleute gegangen sind. An den Pranger aber haben die Fans später einzig den Mazedonier gestellt, dessen Schnitzer bereits eine Woche zuvor gegen Aachen (1:1) die Eintracht den Sieg gekostet hat.
Nikolov kennt die Mechanismen des Marktes, weiß, dass die Diskussion um seine Position nun wieder lauter geführt werden. Wenigstens die eigenen Kollegen halten zu ihm. Allen voran der stark aufspielende Ervin Skela, der am kommenden Samstag mit der albanischen Nationalmannschaft in der Europameisterschafts-Qualifikation gegen Russland ran muss: "Wir sind doch alle nur Menschen. Und die machen Fehler." Selbige sind bei Torhütern aber eben meist mit schmerzlichen Konsequenzen verbunden.
Anstatt der Konkurrenz im Kampf um die drei Aufstiegsplätze um sieben Punkte enteilt zu sein, haben die Frankfurter nun anderen Ortes wieder Begehrlichkeiten geweckt. Selbst in Trier. "Natürlich wollen wir aufsteigen", sagt Markus Lösch, Schütze des kuriosen Siegtreffers kurz vor Schluss. Aus der eigenen Hälfte "habe ich den Ball einfach nur nach vorne geschlagen". Dass er den Weg vorbei am verdutzten Nikolov ins Tor gefunden hat, "macht mich an alter Wirkungsstätte froh", abheben werden sie in Trier dennoch nicht.
Für die Region sei es schön, an der Bundesliga zu schnuppern, sagt der Mann, den sie einst mit Schimpf und Schande aus Frankfurt weggejagt haben. Sollte es nicht klappen, haben sie in Trier dennoch eine gute Runde gespielt, und alle sind zufrieden. In Frankfurt wäre das unzweifelhaft nicht mehr der Fall. Reimann haben sie die Rückkehr ins Oberhaus längst schon ins Pflichtenheft für Trainer geschrieben. q: e-hp
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Ciao Stefano
Ich wurde nicht gefragt...ob ich geboren werden wollte...
Ich werde nicht gefragt...ob ich sterben will...
also lasst mich LEBEN...wie ich es will...!
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