Autokrieg: GMs neue Preisstrategie
Den adretten GM-Mitarbeitern in der Werbung hat man ihr Freudestrahlen nie abgenommen. Über was hätten sie sich auch freuen sollen. Da stehen junge Männer und Frauen den ganzen Tag am Fließband und schrauben, und nachher müssen sie genau soviel für die Karre bezahlen wie jeder andere Kunde auch.
Dass General Motors die Mitarbeiter-Rabatte auf Neuwagen vor zwei Monaten auf alle Kunden ausdehnte – „Sie zahlen so viel wie wir. Keinen Pfennig mehr!“ – dürfte die Mitarbeiter gewurmt haben, machte aber ganz offensichtlich alle diejenigen glücklich, die gerade auf der Suche nach einem fahrbaren Untersatz waren. Angesichts von Rabatten bis zu 6000 oder 8000 Dollar schien mancher wieder Gefallen an GM zu finden. Bis auch die Konkurrenz auf den Trichter kam und Mitarbeiterrabatte ausrief, wohlgemerkt.
Dass Ford und DaimlerChrysler ganz frech die GM-Aktion nachahmen und sich sogar die Werbung der Autohändler ziemlich gleich anhört, dürfte den Marktführer kalt lassen. Immerhin hatte GM die Nase vorn, und angesichts der Margen erschütternden Wirkung der Super-Rabatte hatte man die Aktion ohnehin nicht für länger als ein paar Wochen geplant.
Insofern hat die Planung hingehauen: Die Umsatzzahlen für GM-Fahrzeuge sind zuletzt dramatisch gestiegen, im Juni um satte 42 Prozent. Die Lager sind leer. Ein Quartalsverlust von 2,5 Milliarden Dollar im US-Geschäft hat jüngst dennoch verdeutlicht, zu welchem Preis der Autobauer seine Popularität mehrte.
Nun ist Schluss mit den Sonderrabatten, zum Monatsende soll der letzte Wagen zu Mitarbeiter-Konditionen verhökert werden. Danach geht GM neue Wege, wie man der Wall Street am Mittwoch erklärt, was sort mit Skepsis aufgenommen und einem Minus von 1,5 Prozent für die Aktie bewertet wird.
Denn GM kann ja im Preiskrieg mit Ford und DaimlerChrysler – und vor allem mit den immer beliebteren uns sparsameren Japanern – nicht einfach die Preise erhöhen. So wird umgeschichtet: Statt hoher Grundpreise und dicker Rabatte strebt das Management eine allgemeine Preissenkung an. Bis zu 46 Modelle in allen Marken sollen reduziert angeboten werden. Ein Insider sagt, dass der neue 2006er Cadillac DTS ganze 6000 Dollar weniger kosten soll als das Vorgänermodell von 2005, das für zwischen 46 840 und 52 395 Dollar beim Dealer stand.
GM tritt mit dem Staregiewechsel in eine äußerst gefährliche Phase ein. Man muss die Kunden überzeugen, Autos ohne die Schlagwörter „Sonderpreis“ und „Rabatt“ zu kaufen. Zudem werden die neuen Preise trotz der Senkung über dem Niveau der letzten beiden Monate liegen. Und: Der Kunde hat mittlerweile gemerkt, dass manche Preissenkung auf Kosten von Qualität und Ausstattung geht – mit ganz billigen Tricks lässt sich also nicht arbeiten.
Bei GM beruft man sich vor allem auf ein Phänomen, um die neue Linie zu rechtfertigen: Immer mehr Kunden, so hätten Marktforscher gezeigt, suchen ihre Autos im Internet aus und vergleichen online Preise, bevor sie zum Händler gehen. Mit ihren höheren Grundpreisen vor Rabatten sei manches GM-Modell zuletzt von der imaginären Einkaufsliste gestrichen worden, bevor der Kunde überhaupt von Sonderpreisen erfahren hätte, heißt es. Genau das soll jetzt verhindert werden.
Unklar ist, ob das Konzept aufgeht. Immerhin: Dass GM zuletzt aufgrund radikaler Preisnachlässe mehr Wagen verkauft hat, kann nicht darüber hinweg täuschen, dass Kunden auch aus qualitativfen Überlegungen zuletzt häufig zur japanischen Konkurrenz wechselten. Deren Motoren sind sparsamer, die Crashtest-Wertungen besser… Toyota ist mittlerweile so selbstbewusst, dass man Preisanhebungen für sieben Modelle ankündigt. Wohlgemerkt am selben Tag, an dem GM von Preissenkungen spricht.
Eines dürfte GM klar sein: Der Weg zurück zum Erfolg führt nicht nur über den Preis, sondern auch über das Auto selbst. Der Brancenriese braucht neue Designs und sauberere Motoren, um sich langfristig gegen die Konkurrenz behaupten zu können.
Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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