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Alt 12-04-2005, 17:19   #198
Starlight
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Der US-Verbraucher steht vor dem Kollaps

Dass die US-Konjunktur nicht auf ganz so stabilen Füßen steht, wie vor allem die Regierung immer wieder glauben macht, ist längst bekannt. Den hohen Verbraucherausgaben steht eine seit Jahren steigende Verbraucherverschuldung gegenüber. Eine neue Umfrage zeigt, wie schlimm die Situation wirklich ist.

Erst eine Woche ist es her, dass sich der Notenbanker William Poole zu den gegenwärtigen Inflationstrends äußerte. Wenn der aktuelle Trend steigender Preise anhalte, werde die Fed vor drastischeren Maßnahmen nicht zurückschrecken, so der Greenspan-Vertraute. Mit anderen Worten: Die Zinsen dürften weiter steigen, und zwar statt einem viertel vielleicht bald um einen halben Punkt. Die Deutsche Bank sieht den Zinssatz zum Ende des Jahres bei 4 Prozent.

Höhere Zinsen dürften dann aber dem Verbraucher zu schaffen machen. Denn der ist statistisch gesehen keineswegs, wie Präsident George W. Bush in seinem Wahlkampf immer wieder lobte, ein gut gestelltes Mitglied im Club der Eigentümer. Im Gegenteil: Während so viele Amerikaner wie nie zuvor etwas besitzen, gehört ihnen daran so wenig wie nie zuvor – das gilt für Immobilien ebenso wie für Autos und Fernseher.

Die niedrigen Zinsen gekoppelt mit einer exemplarischen Verantwortungslosigkeit haben dazu geführt, dass John und Jane Doe ihre Häuser beliehen und Kredite auf alles und für alles aufgenommen haben. Die Kosten für solche Spielereien fallen monatlich an – und in einem Umfeld steigender Zinsen dürften damit viele Amerikaner bald Schwierigkeiten haben.

Die Experten von Gallup gehen von einem Kollaps der Verbraucherausgaben aus.

Die Zahlen hinter dieser Prognose sprechen eine deutliche Sprache: Der Optimismus der Amerikaner gegenüber ihrer eigenen Kreditsituation ist binnen der letzten vier Wochen um 18 Prozent zurückgegangen. Vor allem die Altergruppe der 19- bis 29-Jährigen scheint immer größere Schwierigkeiten zu haben, die monatlichen Raten abzustottern. Aber auch alle anderen Altergruppen mit Ausnahme der Senioren über 65 machen sich zunehmend Sorgen über ihre Liquidität.

Vom Blick in den eigenen Geldbeutel ist es nur ein kleiner Schritt zur Einschätzung des gesamten konjunkturellen Umfelds – immerhin wird die US-Wirtschaft zu zwei Dritteln vom Verbraucher getragen. Und der ist mittlerweile sehr pessimistisch. Während nur noch 35 Prozent der Befragten davon ausgehen, dass sich die konjunkturelle Lage verbessert, sehen 56 Prozent die Wirtschaft auf dem absteigenden Ast.

In einer solchen Situation klammert sich mancher fest an seinen Geldbeutel und hält die letzten Kröten fest. Nachdem noch im Februar und März mehr Amerikaner mit künftig steigenden Ausgaben gerechnet haben, zeichnet sich eine Wende ab. 24 Prozent der Befragten, die in den nächsten sechs Monaten mehr Geld ausgeben wollen, stehen 25 Prozent gegenüber, die weniger ausgeben wollen.

Das ist umso ärger als sich manche Ausgaben nicht einschränken lassen. Fixkosten wie Miete – oder eben Kreditzinsen – müssen schließlich gezahlt werden. Der Benzinpreis steigt ebenso wie die Kosten für Lebensmittel, und unterm Strich schmilzt das frei verfügbare Vermögen dahin wie Eis unter den ersten Strahlen der Frühlingssonne. Mancher Einzelhändler bekommt das bereits zu spüren. Nicht nur beim Branchenriesen Wal-Mart enttäuschen die Umsatzzahlen seit einigen Wochen. Entgegen der Lesart des Management haben die jüngsten Einbrüche jedoch nichts mit dem Wetter zu tun, sondern vielmehr mit der finanziellen Situation und dem wachsenden Pessimismus des Verbrauchers.

Wenn die Fed der Inflation weiter mit Zinsanhebungen entgegentritt und gleichzeitig die Preise für Lebensmittel und Energie steigen, so die Experten von Gallup, steht der Kollaps des Verbrauchers unmittelbar bevor.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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