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Alt 08-02-2005, 19:59   #158
Starlight
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Vertrauensfragen belasten den Aktienhandel

Die Wall Street kommt in dieser Woche nicht in die Gänge. Das mag an einem breiten Gefühl liegen, wie es erst am Morgen die Analysten von Morgan Stanley zusammengefasst haben. Die trauen der Rallye der letzten Woche nicht, und rechnen eher mit weiterer Schwäche an den US-Aktienmärkten.

Es ist eine Vertrauensfrage, die da im Vordergrund steht. Die Ergebnissaison hat sich an der Wall Street in vier Abwärts- und danach einer einzigen Aufwärts-Woche niedergeschlagen. Ein Befreiungsschlag steht aus und könnte noch eine Zeit lang auf sich warten lassen. Denn die USA steht – konjunkturell wie politisch – noch vor zahlreichen Aufgaben, die zu lösen nicht einfach sein wird.

Da wäre – das ist nicht neu – der Arbeitsmarkt, der weiter zu wünschen übrig lässt. Der Januar hat weniger neue Stellen gebracht als erwartet, und langfristig ist es die Zahl der Erwerbslosen, die das Schiksal der Konjunktur weitgehend bestimmen wird. Da kann Washington angesichts neuer Statistiken noch so lange jubeln, man sei „nahe an der Vollbeschäftigung“. Es stimmt einfach nicht, die Arbeitslosenquote ist niedrig, weil hunderttausende Amerikaner einfach frustriert aufgehört haben, nach Arbeit zu suchen.

Denen wird es auch in Zukunft immer schwerer fallen, an Amerika zu glauben. Die jüngste Vertrauenskrise zeichnet sich über den zu Wochenbeginn vorgestellten Haushaltsplan für 2006 ab. Das mehrere tausend Seiten dicke Werk wird zur Stunde im Kongress diskutiert und es dürfte eine Zeit lang dauern, bis selbst ein republikanisch dominiertes Gremium das Werk abgesegnet hat.

Zu groß ist einfach die soziale Ungerechtigkeit in einem Haushalt, der erneut die Reichen bevorzugt und die Armen benachteiligt. Und der noch nicht einmal den Anschein macht, ein faires Bild von der finanziellen Lage der Nation zu zeichnen. Dass teuere Posten wie Irak, Afghanistan und Sozialversicherungsreform in der Vorlage nicht enthalten sind und auch die Kosten für die längst beschlossene Weiterführung der Bush’schen Steuersenkungen vernachlässigt wurden, widerlegt deutlich was Finanzminister John Snow erst am Dienstagmorgen erklärte.

„Das Budget zeigt unseren Bürgern und der Welt, das Amerika sparsam wirtschaftet und sein Defizit abbauen will“, erklärte Snow – seine Worte sind nach genauer Betrachtung völlig haltlos. Gespart wird nicht nur in einem sozial wichtigen Teil, sondern vor allem in einem so kleinen Bereich, dass das herrschende Defizit nicht wirklich beeinträchtigt würde. Dabei schält die Regierung so manch teures Programm aus, vor allem im Bildungs- und im Sozialbereich, nicht zuletzt auch bei der Betreuung der Veteranen.

Denen speziall dürfte der Haushalt gehörig gegen den Strich gehen. Nur über eine kurze Zeit hinweg dürften sich Amerikas Soldaten davon beeindrucken lassen, dass Präsident Bush sämtliche Bezüge für Verwundete und für die Familien gefallener Kämpfer erhöhen will. Irgendwann werden Meldungen die Oberhand gewinnen, wie der Nachrichtendienst von AOL am Dienstag aus dem Christian Science Monitor verbreitet. Danach kommen immer mehr Soldaten aus dem Krieg zurück, um zuhause in ein soziales Loch zu fallen. Immer mehr Veteranen sind nac ihrem Abschied aus der Armee zunächst arbeits- und später obdachlos.

Nicht nur den Analysten von Goldman Sachs fällt es nun schwer, den Haushalt der Regierung Bush irgendwie positiv zu betrachten. Selbst unter Berücksichtigung lediglich des Irak-Krieges sei ein rückläufiges Defizit nicht vor 2007 abzusehen. Weitere Investitionen im Rahmen von Bushs aggressiver Agenda düfrften indes auch dies verhindern.

Im Währungshandel spiegelt sich die Problematik wieder. Nachdem der Dollar zum Wochenbeginn kurz auf ein Zwischenhoch geklettert war, notier er am Dienstagmittag zumindest gegenüber dem Euro wieder schwächer.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.
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