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Alt 28-12-2004, 21:46   #19
Hellia
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hallo Udo,

erlaube mir bitte eine kleine "lyrische" Abweichung vom Thema "Spenden". Ich möchte einen kleinen Einblick ins Thema "Bedürftige" gewären .

1990 - 1993's. Moskau. Russland. Eine Regierung wurde gerade durch eine andere ersetzt. Sämtliche Strukturen, die das Land am Leben gehalten haben, sind zusammengebrochen. Alternativen gibt es auch heute immer noch nicht im ausreichendem Masse.

Studenten. Studentenwohnheime. Ich spare hier die Beschreibung, in welchen Zuständen sie wohnen. Das sprengt jeden Rahmen.

Weiss jemand, dass ein Student den ganzen Monat damals 120 Rubel (<10 DM) zum Leben hatte? Nicht jeder, übrigens. Nur diejenige, die nur "gut" und "ausgezeichnet" im ersten Semesterprüfungsanlauf bekommen. Nach einem erfolglosen 3. Versuch folgt übrigens ein Rausschmiess.

Weiss jemand, dass Moskau bereits damals nicht gerade die preisgünstigste Stadt war (Preisniveau - europäisch)?

Weiss jemand, dass man nach einem 8 -10 stundigen Studiumtag noch bis 6 Stunden (!!! war persönlich dabei!!!!) eine Schlange stehen sollte, um 2 Kilo Zucker/Mensch/Monat zu bekommen, um ein bisschen Lebensmittel zu kaufen (viel war bei dem Stipendium sowieso nicht drin)? Und dabei alle mögliche Angriffe und Beleidigungen seitens ebenso stehenden Mitmenschen anhören? Auch tatkräftige Angriffe? Weil sie das menschliche Gesicht dabei verlieren, weil es ihnen ebenso dreckig geht? Ein Überlebenskampf pur!

Und zu diesen Zeiten gab es, natürlich, die "humanitäre Hilfe" aus dem WESTEN! Ja, klar! Damit die Leute nicht aussterben und nicht verhungern. Wer hat sie denn jemals gesehen? Ich - nicht. Die alte Dame, die mich aus der Bäckerei mit dem Brot laufend sah und um ein Stück davon bat - bestimmt auch nicht. Ein Bekannter hat die Reste von ungekochtem Reis, die er auf einem Regal gefunden hat, gegessen, weil es zuwenig war um zu kochen, aber fürs Überleben war es toll.

Ich konnte leider sehr viel von Leben damals erzählen. Wie Du siehst, war ich selbst in Not. Und bin nicht taub geworden. Ich gebe gern. Zu gern. Aber wenn ich sicher weiss, dass die Hilfe direkt dort ankommt, wo sie auch gebraucht wird. Deswegen muss ich zu solchen Aktionen "Nein, ohne mich" sagen. Ich weiss nun zu gut, wie es tatsächlich mit der Hilfe aussehen kann.

Es sind natürlich die Einblicke, die in Medien vielleicht nicht vorkommen. Deswegen kommt man zu Illusion "Wir haben geholfen". Das stimmt zum Teil auch. Bestimmt! Aber wem? Die Bedürftige konnten von der Hilfe nicht profitieren...

Lieben Gruss,
Hellia
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