das leben ist zu kurz für ein vorspiel
Berlin (dpa/bb) - Berlin ist die Stadt der Singles, heißt es. Ein
Konzept gegen die Einsamkeit nennt sich Speed Dating, das Kennen
lernen im Minutentakt. Für Frauke Schmidt von der internationalen
Agentur Speed Daters ist es das kürzeste Blind Date der Welt, mit der
größten Auswahl an Partnern. Bei dieser rasanten Form der
Partnersuche haben bis zu 50 Männer und Frauen nur drei Minuten Zeit,
sich im Gespräch näher zu kommen - so viel Zeit, wie manche beim
Zähneputzen verbringen. Damit werden die aus Amerika bekannten
Sieben-Minuten-Rendezvous noch unterboten.
«Eine effiziente Weise, jemanden kennen zu lernen», verspricht
sich Rudolf (41), der in der IT-Branche arbeitet und an diesem Abend
in dem italienischen Restaurant in Charlottenburg zum ersten Mal
mitmacht. Wie Rudolf geht es den meisten seiner Mitspieler. Sie alle
wollen schnell und unkompliziert den Mann oder die Frau fürs Leben
finden. «Ich mach' das ja nicht zum Spaß», sagt die 35-jährige
Einzelhandelskauffrau Katja. «Wenn ich einen Partner hätte, würde ich
bestimmt nicht hier sitzen.»
Um dem ersehnten Ziel einen Schritt näher zu kommen, erhält
zunächst jeder «Speed Dater» ein Namensschild mit einer Nummer.
Zusätzlich gibt es Punktekarten für die Bewertung der potenziellen
Lebensgefährten. Diesmal sitzen sich jeweils zwölf Männer und Frauen
gegenüber. Ein Glöckchen ertönt, die Zeit läuft. Nach drei Minuten
das nächste Signal und die Männer rutschen einen Tisch weiter.
Die Blitz-Dates haben nach Einschätzung der Teilnehmer einen
Vorteil. Das allseits gefürchtete peinliche Schweigen macht sich in
drei Minuten nicht breit. Aber was kann man in der Zeit von einmal
Zähne putzen über einen Menschen erfahren? Es wird über den Beruf
gesprochen, über Berlin oder darüber, dass man eigentlich an «die
normale Begegnung auf der Straße» glaubt. Systemadministrator Lars
(30) hatte sich schon auf der Hinfahrt zum Rendezvous-Termin Fragen
überlegt - nach den Lieblings-Cocktails der Damen zum Beispiel. Aber
er kam nicht dazu, sie zu stellen: «Die eine Frau in der Ecke hat
mich gar nicht zu Wort kommen lassen», resümiert er.
Patrik (32) ist vom Speed-Dating-Konzept begeistert. «Das
funktioniert, das ist das Schöne.» Vor zwei Wochen lernte er auf
diesem Weg seine neue Freundin kennen. Diesmal begleitet er nur einen
Freund, «als Anstands-Wauwau». Optimistisch gibt sich auch
Veranstalterin Frauke Schmidt. Sie ist überzeugt, dass diese Art der
Partnersuche in Deutschland boomen wird. «In England ist Speed Dating
schon ein geflügeltes Wort. Da weiß jede Oma, wie das funktioniert.»
Den meisten Teilnehmern kommen die drei Minuten zu kurz vor, auch
wenn nach Einschätzung des Psychologen Peter Borkenau (Universität
Halle-Wittenberg) drei Minuten ausreichen, um sich ein Bild von
seinem Gegenüber zu machen. «Der erste Eindruck hat meistens einen
wahren Kern», sagt Borkenau. Sein Berliner Kollege Lars Penke von der
Humboldt-Universität kann sich sogar vorstellen, dass weniger als
drei Minuten ausreichen. «Wen man attraktiv findet und wem man eine
Chance gibt, findet man innerhalb kürzester Zeit heraus.»
Das führt allerdings bei dem einen oder anderen zur Ernüchterung.
Katja sagt, sie wolle niemanden wiedersehen. Für 24 Euro Eintritt sei
der Abend kein Erfolg gewesen. Auch Rudolf ist nicht überzeugt. «Dein
Bauch muss es merken», so hatte er am Anfang das gewünschte Gefühl
beschrieben. An diesem Abend hat sein Bauch nichts gemerkt.
dpa hba/ca yybb
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Der ideale Bürger: händefalten, köpfchensenken und immer an Frau Merkel denken
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