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Alt 16-10-2010, 09:27   #21
Benjamin
TBB Family
 
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Beiträge: 10.373
Zitat:
dagegen sein ist hipp und dieser klientel geben die grünen eine heimat.
Imo bestenfalls mißverständlich formuliert. Nach meiner Einschätzung hat das damit zu tun, dass
- wir immer größere Widersprüche in der Gesellschaft haben,
- die Erkenntnis unterschwellig wächst, "dass es so nicht weitergehen kann"
- die Hoffnung hier Vater des Wahlverhaltens "Grün" ist:
Zitat:
"Die Grünen haben den Knall offenbar gehört. Evtl. machen die es besser als diejenigen [etablierten Parteien], die es schon probierten haben und es offensichtlich nicht können."
Meine Erwartung ist (leider!), dass die Widersprüche in der Gesellschaft viel zu groß sind, als dass das Auswechseln der politischen Führung hier irgend etwas substantielles wird bewegen können.

Mit dem Folgenden betrachte ich einen sehr weiter gefaßten Zusammenhang und blicke weit in die Zukunft - vor allem inspiriert durch die Entwicklung in den USA, die mir ein Vorläufer zu sein scheint für das, was auch bei uns kommen wird.

Es wird den zeitlich über viele Jahre gestreckten Zusammenbruch brauchen, die Vernichtung vieler Strukturen auf EU- und Bundes- und Landesebene, eine radikale Absenkung des materiellen Wohlstands der allgemeinen Bevölkerung, bis diese Widersprüche aufgelöst bzw. in ihren Auswirkungen reduziert sind.

Die Ursache dieses Zusammenbruchs wird nicht das Ergebnis irgendeiner gezielten Handlung irgendeiner politischen Führung sein. Der Zusammenbruch wird kommen weitgehend unabhängig von den Politikern - weil die Energieressourcen unsere Art der Gesellschaft nicht mehr werden unterstützen können. Alles andere wird als Folge dieser Ursache geschehen.

Eine politische Führung wird lediglich die Zeitskala des angedeuteten Geschehens leicht beeinflussen können, aber nichts verhindern können.

Das Paradoxe ist, dass gerade diejenigen, die da in den USA und anderswo in der Welt so angewidert und "ausgefrustet" auf die Politiker blicken, dass die eben gerade auch diejenigen sind, die mit allen Mitteln verhindern, dass sich irgend etwas an dem Weg in den Untergang ändert. Gerade die wollen am wenigsten von allen Wählergruppen am bisherigen Weg des "weiter so wie gewohnt" ändern.

Die Folge: Die radikalisieren sich immer mehr! Die leiden unter einem Denkverbot bzw. Erkenntnisverbot. Das bringt sie in ihrer ganzen Weltsicht in eine ausweglose Situation ohne "normalen" Ausweg. Per Definition ist in deren Kopf "verboten", dass sich die Gesellschaft insgesamt und sie sich selbst ebenfalls angesichts der real existierenden Randbedingung rasch und grundlegend verändern muß. Das geht, indem
- zum einen die ja tatsäch "real existierenden Randbedingung" einfach ignoriert bzw. abgestritten werden (das macht ja die Mehrheit der Leser hier im Board bereits auch!)
- zum anderen als Ersatz-Ursache einfach per Definition "die bösen Politiker" in den bisher regierenden Parteien an allem Schuld sind. Die Nummer ist so schön einfach. Das kann man u.a. auch hier im Board wunderschön erkennen.

Diese Leute kommen mental in einen Teufelskreis: Sie wollen verzweifelt ein "Weiter so wie früher gewohnt" und merken, dass das da draußen niemand auf der etablierten politischen Bühne erfolgreich herbeischaffen kann. Folge: Radikale Spinner werden gewählt (siehe Niederlande) u. erhalten immer größeren Anteil an der Macht. Der Prozess wird Jahre brauchen, und die Folgen der Verknappung unserer Energie- u. Rohstoffreserven wird zusammenfallen mit diesem Prozess auf der politischen Bühne. Am Ende reißen diese Leute dann völlig verzeifelt irgendwann alles ein. Irgenwann organisieren sich die Leute dann nur noch (!) auf Dorfebene, Nachbarschaftsebene, Siedlungsebene. Da wird das dann in wenigen Jahrzehnten enden. Und dort wird wohl in vielen Fällen irgend so ein "starker Willi" die Macht haben, alle übrigen abschröpfen und sagen, wo es langgeht. Da wird es dann übersichtlicher zugehen.

Das ist der logische Endpunkt dessen, was die Erzkonservativen in den USA derzeit beginnen, freilich ohne zu kapieren, worauf das am Ende mutmaßlich hinauslaufen wird. Die Bewegung besteht ja in meinem Augen primär aus ungebildeten Schwachköpfen oder aus angewiderten Zynikern, die völlig "ausfrustriert" auf alles blicken, was da politisch abgeht - und die das alles einstampfen wollen.

Es gibt keine Hoffnung! Diese Entwicklung wird mit naturgesetzlicher Gewalt kommen. Mit Vertrauen in eine gute politische Führung könnte man das Timing der Ereignisse beträchtlich nach hinten verschieben. Aber da dieses Vertrauen immer mehr abnimmt sind wir paradoxerweise gerade dabei, das Timing der Ereignisse beträchtlich nach vorne zu verschieben: Wir beschleunigen paradoxerweise diesen Prozess sogar durch jenes "Wir wollen unbedingt ein 'weiter so', also wählen wir ultrarechts".

Es ist traurig!

Geändert von Benjamin (23-10-2010 um 09:17 Uhr)
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