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Alt 04-04-2008, 19:09   #826
Starlight
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Wal-Mart’s Ärger mit einer Behinderten
Freitag, 4. April 2008

Kein US-Konzern ist so umstritten wie Wal-Mart. Gegen den weltgrößten Einzelhändler gibt es Bürgerinitiativen, Webseiten, ungezählte Verfahren, Boykottaufrufe… selbst die Öl-Multis kommen da vergleichsweise glimpflich weg. Jetzt hat Wal-Mart mit einer Klage gegen eine behinderte Frau wieder einmal für Schlagzeilen gesorgt.

Hintergrund der dramatischen Geschichte ist die Krankenversicherung, die Wal-Mart seinen Mitarbeitern anbietet. In diese trat vor acht Jahren auch Debbie Shank ein, die für den Einzelhändler Regale auffüllte.

Wenig später geriet Shank in einen Verkehrsunfall, als ein Laster ihren Minivan rammte und bis zur Unkenntlichkeit zerquetschte. Die damals 44-Jährige wurde schwer verletzt, verlor ihr Kurzzeitgedächtnis, landere im Rollstuhl und ist heute in einem Pflegeheim auf Betreuung rund um die Uhr angewiesen. Aus der Krankenversicherung von Wal-Mart bekam Debbie Shank 470 000 Dollar.

Wenig später gewann Shank ein Verfahren gegen die Spedition, deren Lastwagen den Unfall verschuldet hatte. Von einem Schmerzensgeld von 1 Million Dollar blieben der schwerkranken Frau nach Abzug der Gerichts- und Anwaltskosten 417 000 Dollar – und diese zogen eine Klage von Wal-Mart nach sich. Der Einzelhänder wollte seine 470 000 Dollar wiederhaben und berief sich auf einen Passus im Kleingedruckten, nachdem man Leistungen zurückforden könne, wenn dem Begünstigten von einem Gericht Schmerzensgelder zugesprochen würden.

Ein Gericht bestätigte Wal-Mart’s Position, und die Shanks hatten ein Problem: Von den 417 000 Dollar waren wegen hoher Pflegekosten nur noch 275 000 Dollar übrig. Die Behandlungen von Debbie Shank verschlangen so viel Geld, dass ihr Ehemann die Scheidung einreichte, um ihr als alleinstehender Frau höhere Sozialbezüge zu ermöglichen. Von all diesen Sorgen der Familie war Wal-Mart ebenso wenig gerührt wie von einem weiteren Schicksalsschlag:

Während der Prozess gegen Wal-Mart lief, fiel einer der Shank-Söhne im Einsatz im Irak. Debbie Shank kann diese Tragödie bis heute nicht einordnen. Sie erkundigt sich, so zitieren US-Medien Familienangehörige, immer wieder nach ihrem Sohn, um dann jeweils wie zum ersten Mal von dessen Tod zu hören.

Den Amerikanern im allgemeinen ging die Geschichte der Shanks wohl mehr zu Herzen als dem Management von Wal-Mart. Die Geschichte hielt sich tagelang in den Schlagzeilen, bis der Milliarden-schwere Konzern nun einlenkte. Man hat die Klage gegen die Shanks zurückgezogen und lässt der behinderten Frau ihr Geld, so dass die Pflegekosten weiter getragen werden können. Um in Zukunft ähnliches Theater zu vermeiden, will die Krankenversicherung einen Passus einführen, nach dem künftig von Fall zu Fall entschieden und Patienten entgegengekommen werden kann.

Allzu viel Herz steckt in dieser Entscheidung wohlgemerkt nicht. Vielmehr hat man wohl gemerkt, dass der Image-Schaden für den umstrittenen Konzern deutlich höher sein dürfte als die 275 000 Dollar, die man Debbie Shank abnehmen wollte.
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Alt 07-04-2008, 06:54   #827
Starlight
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Neue Schockstatistik aus den USA


Die Serie der US-Horrorstatistiken setzt sich fort. Im März ist die Arbeitslosenquote überraschend deutlich gestiegen. Das Arbeitsministerium verzeichnete den stärksten Stellenrückgang seit fünf Jahren. Die Reaktion der Märkte ist erstaunlich.
Die Zahl ging nach Angaben des Arbeitsministeriums außerhalb der Landwirtschaft um 80.000 zum Vormonat zurück. Von Thomson Financial News befragte Volkswirte hatten hingegen nur mit einem Minus von 55.000 gerechnet. Damit kletterte die Arbeitslosenquote von 4,8 Prozent im Vormonat auf 5,1 Prozent. Experten hatten im Schnitt hatten nur einen leichten Anstieg der Quote auf 5,0 Prozent erwartet. Auch die Februar-Zahl musste von minus 63.000 auf minus 76.000 nach unten revidiert werden.

Rezession – na und!?
"Das passt zu anderen Konjunkturdaten, die anzeigen, dass sich die USA vermutlich schon in einer Rezession befinden" sagte Carsten Klude, Chefvolkswirt bei MM Warburg. Das konnte die deutschen Anleger überraschenderweise nicht richtig lange schocken: Nach den enttäuschenden US-Arbeitsmarktdaten büßte der Dax zwar zunächst 60 Zähler ein und rutschte gar in die Verlustzone, fing sich dann aber plötzlich und notierte knapp eine halbe Stunde nach Veröffentlichung der Daten bereits wieder rund 0,3 Prozent im Plus. Auch die US-Futures notieren kurz vor Handelsbeginn rund 0,2 bis 0,3 Prozent im Plus.

Der Euro und der Rentenmarkt konnten von den schwachen Konjunkturzahlen profitieren: Der Bund-Future baute seine Gewinne aus, und in den USA sanken am Rentenmarkt die Renditen in allen Laufzeiten. Der Euro stieg um einen halben Cent auf 1,5750 Dollar.

Zinssenkungsfantasien neu entfacht
"Die US-Unternehmen bauen Beschäftigung ab. Damit ist die Wirtschaftsschwäche am Arbeitsmarkt angekommen. Das ist ein Belastungsfaktor für den Konsum und sollte eine Basis für weitere Zinssenkungen bilden", sagte Rainer Sartoris von HSBC Trinkaus. Auch die Helaba rechnet nun mit weiteren Zinssenkungsfantasien. Derzeit sei in den Geldmarktfutures eingearbeitet, dass die Fed noch einmal die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte auf 2,00 Prozent senken werde, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Analyse.

Bereits am Mittwoch hatten neue US-Arbeitsmarktdaten den Eindruck verstärkt, dass die USA sich am Rande einer Rezession befinden. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe war in der abgelaufenen Woche überraschend auf den höchsten Stand seit September 2005 gestiegen.


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Alt 08-04-2008, 18:21   #828
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Unterwegs im Krisen-Shuttle
Dienstag, 8. April 2008

Der Montagmorgen-Flug von New Yorks LaGuardia nach Detroit hat unter den Passagieren einen eigenen Namen: der Krisen-Shuttle. Doch keine Panik: Das Flugzeug ist nicht etwa absturzgefährdet. Doch es befördert Woche für Woche Spitzenbanker nach Midwest, wo sie die kaputte Auto-Industrie retten sollen.

Die Krise in Detroit, wo einst das Herz der amerikanischen Automobil-Industrie schlug und Millionen von Jobs eine stabile Mittelklasse unterhielten, ist so schwerwiegend wie nie zuvor. Nicht nur die großen Konzerne sind in Schwierigkeiten, sondern vor allem zahlreiche Zulieferer. Viele von ihnen haben Finanzberater angeheuert, um eine Zukunft zu finden: durch Übernahmen, durch Investitionen, durch was immer den Bankern einfällt.

Leider fiel den Bankern vor Ort zu lange nichts ein, weshalb die Finanzhäuser mittlerweile die Schwergewichte aus New York einfliegen. Der Bilanzprüfer Grant Thornton, der im Auftrag von Ford mit den Zulieferern verhandelt, schickt Woche für Woche ein dreiköpfiges Team nach Detroit. Die Top-Banker werden mittlerweile am Flugsteig erkannt – und haben feste Rituale, wie das Wirtschaftsmagazin Fortune berichtet.

Wichtigste Regel an Bord: Es wird nicht gearbeitet. Die Laptops in der Ersten Klasse bleiben zu. Das ist bei Geschäftsreisenden ungewöhnlich, hat aber inmitten der Automobilkrise einen guten Grund: „Du weißt nie, wer hinter dir sitzt“, meint Ben Gonzales von Grant Thornton. „Es könnte ein Konkurrent sein.“

Manche Konkurrenten seien einfach zu erkennen, so Gonzales. Meist säßen sie „in Dreiergruppen zusammen. Da hast du den alten Ex-CEO, einen mittelalten Banker und einen jungen Mann, der die ganze Arbeit tun muss.“ Doch weil sich nicht alle Gegner an diese Besetzung halten, bleiben die Laptops eben zu und der Blackberry ausgeschaltet.

Das gleiche gilt für abends an der Hotelbar: Die meisten Passagiere des Krisen-Shuttle logieren im Westin-Hotel in Southfield, einem Vorort der kaputten Metropole. Das passt, denn das Westin ist das hoffnungsvollste Zeichen für die Zukunft der Region. Die Private-Equity-Gruppe Blackstone hat es vor zwei Jahren übernommen und renoviert. Man baut auf eine Trendwende in Detroit und darauf, bald wieder mit Geschäftsleuten aus der Auto- und Zuliefererindustrie ausgebucht zu sein.
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Alt 15-04-2008, 14:34   #829
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15.04.08 13:31
S&P sieht AAA-Rating der USA bedroht

Die Ratingagentur Standard& Poor's (S&P) hat die USA vor möglichen Risiken durch ihre Förderinstitute Fannie Mae und Freddie Mac gewarnt. Die Hilfsmaßnahmen der US-Regierung für den Immobilienmarkt würden für das Top-Rating des Landes eine größere potenzielle Bedrohung darstellen als die Rettung von Investmentbanken.

...

http://www.ftd.de/finanzen/maerkte/:...ht/343317.html
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Schöne Grüße
OMI
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Alt 15-04-2008, 18:02   #830
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Der neue Goldrausch
Freitag, 11. April 2008

Zwischen Inflation und Rezession ist es ganz schön schwierig geworden, an der Wall Street Geld zu verdienen. Abenteuerlustige Amerikaner verabschieden sich deshalb aus dem Markt und suchen ihr Glück anderswo. Sie finden es in Kalifornien und Texas, wo der steigende Goldpreis einen neuen Goldrausch ausgelöst hat.

Die jüngsten Korrekturen am Rohstoffmarkt können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Goldpreis seit dem Jahr 2000 fast vervierfacht hat. Bei 1000 Dollar notierte die Feinunze jüngst, und Dan Ware war einer der ersten, die den neuen Trend spürten: In seinem kleinen Laden für Goldgräberbedarf in Apache Junction im Bundesstaat Arizona herrschte immer mehr Andrang. Die Mitgliedschaft seiner „Superstition Mountain Treasure Hunters“ ist von 70 auf 400 gestiegen – alle suchen am Schicksalsberg nach dem glänzenden Edelmetall.

Doch nicht nur lokale Clubs wachsen rasch. Die US-weite „Gold Prospectors Association of America“ hat ihre Mitgliedschaft um 40 Prozent gesteigert, und die Zahl der kommerziellen Grab- und Schöpf-Lizenzen ist im aktuellen Quartal auf 2274 geradezu explodiert. Im letzten Quartal 2005 waren es gerade einmal 130 Lizenzen, die beantragt und vergeben wurden.

Die Regeln für Goldsucher sind einfach: Am Superstition Mountain etwa zahlt man 75 Dollar und anerkennt per Unterschrift die Warnung vor Klapperschlangen und ähnlichem Getier, das am Berg haust. Dann geht es mit Schürfsieb und Wanne in den Fluss, wo sich zwischen Tonnen von Sand die Nuggets in allen Größen verstecken. Manche Körnchen sind nur ein paar Dollar wert, manche ein paar tausend.

Wieviel Gold in den Bergen im amerikanischen Westen steckt, ist schwer zu sagen. Experten glauben allerdings, dass der erste Goldrausch nur ein Zehntel der Reserven ans Licht gebracht hat – und das waren immerhin 12 Millionen Feinunzen, die heute einen Gesamtwert von fast 12 Milliarden Dollar hätten.

Das ganz große Geld zu machen, glauben aber die wenigsten Goldsucher in diesem neuen Rausch. „Den meisten geht es vor allem um das Abenteuer am Berg“, meint Steve Robertson, der in Mesa, Arizona, einen Laden betreibt. Er ist sich sicher: „Es geht auch um Spaß. Goldsuchen ist viel billiger als Golfspielen.“

Er rät Goldsuchern entsprechend, ihren Job nicht aufzugeben und die Jagd nach den Edelmetall nicht als Einnahmequelle zu verstehen.
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Alt 15-04-2008, 18:02   #831
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Gutes Geld mit dem Wackel-Papst
Dienstag, 15. April 2008

Alle vier Evangelien berichten darüber, wie Jesus einst die Händler aus dem Tempel vertrieb. Auch Papst Benedikt XVI ist für seine kommerz-kritische Haltung bekannt und wettert regelmäßig gegen das Geschäft mit Weihnachten. Was er wohl zu dem Millionengeschäft sagen würde, das sein Besuch in den USA auslöst?

Das Merchandise-Geschäft mit Benedikt XVI kann es mit den größten Rockgruppen aufnehmen. Für die New Yorker und Washingtoner Erzdiözesen, die der Papst in den nächsten Tagen besuchen wird, ist es jedenfalls längst nicht mehr zu organisieren, und deshalb hat man einen erfahrenen Partner in den Souvenir-Handel miteinbezogen:

Das mittelständische Unternehmen „Catholic to the Max“ aus Ohio, das normalerweise christliche Artikel an Bibel-Läden liefert, betreibt etwa die offizielle Website www.popevisit2008.com, auf der sich Fans mit T-Shirts, Mützen und Autoaufklebern eindecken können. Vom päpstichen Wappen bis zum simplen Slogan „I love the Pope“… alles kann auf die Stoßstange geklebt werden.

Es gibt Kruzifixe und Kaffeetassen, Papst-Postkarten und Kühlschrankmagneten mit dem Bildnis des Pontifex. Es gibt Schlüsselanhänger und gerahmte Protraits… alles einigermaßen geschmackvoll und für einen guten Zweck. Denn der Erlös aus dem Verkauf der Souvenirs hilft der Kirche, die etwa 3 Millionen Dollar teure „Apostolic Journey to the USA“ zu finanzieren.

Doch während sich die Erzdiözesen bei der Vermarktung des Papstes maßvoll geben, scheinen die zahlreichen Kitschhändler in den Straßen von Washington und New York keine Geschmacksgrenzen zu kennen. Bei ihnen gibt es Papp-Päpste in Lebensgröße, Teddybären im Papst-Pulli und sogar einen Wackelpapst. Der hat bereits in einem Werbespot für den Nahverkehr in der US-Hauptstadt für Aufsehen gesorgt – und für eine Rüge aus dem Vatikan, wo man den freundlich wackelnden Popen zwar nicht für eine Gotteslästerung, aber zumindest für respektlos hielt.

Doch guter Geschmack war noch nie ein Kriterium für gute Geschäfte: Bereits in den Tagen vor dem Papst-Besuch verzeichneten Händler in Geschäften und an Straßenständen dramatische Umsatzzuwächse. Wenn Benedikt XVI ab Dienstagabend persönlich anwesend ist und Gläubige und Touristen aus dem ganzen Land anzieht, dann dürfte es in den Kassen kräftig klingeln.
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Alt 17-04-2008, 17:40   #832
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Zwischen Religion und Rendite
Donnerstag, 17. April 2008

Amerika ist im Papst-Fieber. Seit Benedikt XVI am Dienstagabend auf der Andres Air Force Base bei Washington, D.C. gelandet ist, grüßt er von den Titelseiten aller Zeitungen. Katholiken und einfache Fans reißen sich um Karten für zwei Stadion-Messen, und sogar an der Wall Street ist der Pontifex ein Thema.

An der NYSE wird Benedikt XVI wohlgemerkt nicht erwartet. Zwar würde man ihn sicherlich gerne zu Handelsbeginn die Glocke läuten lassen, doch dürfte sich der Papst auf solche Spielchen nicht einlassen. Die Katholische Kirche mag zwar (finanziell) ein modern geführter Konzern sein, doch öffentlich hält man sich von Wucher und Zocken besser fern.

Zweimal jedoch wird der Papst auf seinem USA-Trip der wichtigsten Börse der Welt ganz nah sein: Am Freitagmorgen wird er nach seiner Ankunft auf dem Flughafen John F. Kennedy per Hubschrauber an den Wall-Street-Heliport gebracht; am Sonntag fliegt er von selbigem via JFK wieder zurück nach Rom. Aus zahlreichen Bank-Towern ist der Landeplatz am East River gut zu sehen, viele Banker werden dem Papst wohl vom Fenster aus zuwinken.

Danach werden sie sich wieder ihren Investments widmen, und das kann sehr wohl im Sinne der Kirche sein. Im Umfeld der Wall Street handeln einige Fonds mit religiösem Hinergrund – und zwar sehr erfolgreich. In etwa 50 religiösen Fonds liegen zur Zeit 17 Milliarden Dollar, vor zehn Jahren waren es gerade einmal 500 Millionen Dollar in einem Nischenmarkt. Der investiert in moralisch unbedenkliche Aktien. Das schließt einige Top-Performer aus, kann sich aber lohnen: Im Durchschnitt haben die Reli-Fonds mit einer jährlichen Rendite von 10,5 Prozent in den letzten fünf Jahren besser abgeschnitten als der breite Markt.

Zu den erfolgreichsten Fonds gehört der Amana Income Fund, der von Saturna Capital gemanagt wird und sich an islamische Regeln hält. Die Durchschnittsrendite von 18,9 Prozent kann sich sehen lassen. In jüngster Vergangenheit steht man sogar etwas besser da, weil man sich etwa aus dem kriselnden Finanzsektor fernhält. Die Sharia verbietet Wucher, weshalb Banken und Brokerhäuser im Portfolio von Amana nicht vorkommen. Auch Unternehmen, die mit Alkohol, Tabak und Schweinefleisch handeln, sind für Fond-Manager Nicholas Kaiser uninteressant – obwohl der selbst kein Moslem ist.

Der katholische Ave-Maria-Fond, der von Schwartz Investment Counsel geführt und vom Erzbischof von Detroit beraten wird, blickt auf eine Durchschnittsrendite von 12,6 Prozent. Investiert wird in alles was Geld macht, außer in 400 indizierte Unternehmen. Zu denen gehören natürlich alle Firmen, die mit Pornographie handeln, aber auch Unternehmen, die unverheirateten Partnern den Eintritt in firmeneigene Kranken- und Sozialversicherungen ermöglichen.

Letzteres ruft möglicherweise Kritiker auf den Planen, denn Nächstenliebe zählt hier offensichtlich nicht. Ebensowenig beim Timothy Plan, der protestantisch geführt wird und bei Westwood Management liegt. Der Fond verzichtet nicht nur auf Unternehmen, die mit Alkohol, Tabak, Glückspiel und Pornographie zu tun haben, sondern nennt in einer „Hall of Shame“ auch Walt Disney, Coca-Cola und den Buchhändler Borders. Einziger Grund: Die Konzerne erkennen die Rechte von Schwulen und Lesben an und erlauben Mitarbeitern einen solchen Lebenswandel offen.

Interessant ist hingegen, wer sich nicht in der „Hall of Shame“ befindet: Mit Waffenherstellern und Rüstungsriesen haben die wenigsten der religiös geführten Fonds ein Problem. Große Ausnahme: Der MMA Praxis Value Fond, der nach den Regeln der Mennoniten geführt wird und Pazifismus für einen moralischen Eckpfeiler hält.

Eine Aktie taucht übrigens in fast allen Fonds auf: Apple. Das belegt zumindest eines. Ob Katholik oder Moslem, Jude oder Mennonit, den iPod finden alle toll.
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Alt 18-04-2008, 18:28   #833
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Kongress kritisiert Kredit-Haie
Freitag, 18. April 2008

Dass die amerikanischen Verbraucher über ihre Kreditkarten hochverschuldet sind, ist kein Geheimnis. Auch nicht dass aus dieser Richtung die nächste Kreditkrise zu kommen droht. Die Demokraten im Kongress wollen jetzt retten, was noch zu retten ist und jedenfalls für Fairness der Banken gegenüber den Schuldnern sorgen.

Das ist bitter notwendig, denn einige Praktiken der Kreditkarten-Riesen ähneln den Praktiken, die zuletzt auf dem Hypothekenmarkt für einen Milliarden-Schaden gesorgt haben. Vor allem die Lock-Angebote mit künstlich niedrigen Zinsen und die Vergabe von Karten an nicht kreditwürdige Verbraucher machen den Politikern nach jahrelangem Zusehen nun doch Sorgen.

In einem ersten Gesetzentwurf der demokratischen Abgeordneten aus Michigan und Oregon, Carl Levin und Ron Wyden, soll es den Gläubigerbanken nun untersagt werden, die Zinsen für nicht-säumige Kunden zu erhöhen. Das kam in der Vergangenheit routinemäßig vor. Kunden, die ihre Kreditkartenrechnungen monatlich beglichen, wurden plötzlich und ohne Vorwarnung mit höheren Raten belegt. Das gleiche passierte Kunden, wenn sich ihre Kreditwürdigkeit änderte.

Der Kongress hat die volle Unterstützung der Notenbank, die solche Praxis bereits in der Vergangenheit verurteilt hat. Banken sollten Kunden mindestens 45 Tage vor einer Zinsanhebung Bescheid sagen, meint die Fed – was lauten Protest aus der Branche auslöste.

Nehme man den Banken die Flexibilität bei den Zinsen müssten diese die Zinsen – oder Gebühren – eben von vorne herein anheben, heißt es. Damit würde Kredit teurer und schwerer zugänglich. Die Belastung, die die Banken mit Risiko-Schuldnern hätte, müsste auf alle Kreditkartenkunden umgelegt werden, rechtfertigt etwa John Carey, der Kreditkartenchef der Citigroup.

Zu einigen Zugeständnissen ist man aber bereit. Die Citigroup hat bereits von ihrer Praxis Abstand genommen, die Zinsen umgehend zu erhöhen, wenn ein Kunde bei der Bezahlung irgendwelcher Rechnungen – etwa bei Wasser, Strom oder Telefon – zurückfalle. Der Konkurrent J.P. Morgan hat unterdessen eine Umstellung der Gebührenordnung angekündigt, die Kunden besseren Einblick in die Kreditstrukturen geben soll.

Die Politiker sehen aber weiteren Handlungsbedarf. „Kreditkarten sind ein wichtiger Teil der Konjunktur“, meint etwa die New Yorker Abgeordnete Carolyn Maloney. „Sie müssen aber dem Kunden gegenüber fair sein.“

Ein Appell an den Kunden, sich bei der Kreditaufnahme zurückzuhalten, fehlt übrigens in den Vorlagen des Kongress. Dabei wäre der bitter notwendig: Die amerikanische Durchschnittsfamilie blickt zur Zeit auf Kreditkartenschulden von 2200 Dollar.
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Alt 30-04-2008, 23:21   #834
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Zinssenkung lässt Fragen offen
Mittwoch, 30. April 2008

Die amerikanische Notenbank hat am Mittwoch den Leitzins um 25 Basispunkte auf 2,0 Prozent gesenkt. Dieser Schritt war vom Markt erwartet worden und wurde an den US-Börsen zunächst mit steigenden Kursen quittiert. Entgegen der Erwartungen des Marktes schließt die Fed weitere Zinssenkungen nicht aus.

Der Offenmarktausschuss unter der Leitung von Ben Bernanke hat im Pressestatement zur Zinssenkung zwar die Inflationsgefahr für die amerikanische Konjunktur stärker hervorgehoben als in den letzten Monaten.

Doch scheint man sich weiterhin in erster Linie um das Wirtschaftswachstum zu sorgen. Man müsse die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes weiter im Auge behalten, so die Fed, die sich weitere Maßnahmen zur Erhaltung der Liquidität vorbehält. Das müssen allerdings nicht zwingend weitere Zinssenkungen sein. Auch die jüngsten 30-Tage-Pakete für Banken haben Liquidität in den Markt bebracht, und auch weitere Senkungen des Diskontsatzes wären möglich.

Der Diskontsatz liegt am Mittwoch nach einer Senkung um ebenfalls 25 Basispunkte bei 2,25 Prozent und damit nur minimal über dem Leitsatz.

Die Fed dürfte sich weitere Zinssenkungen auf breiter Front auch nicht leicht machen. Denn Inflation wird in den USA immer mehr zu einem Problem.

Gleichzeitig ist das Wirtschaftswachstum zwar schwach, lässt sich als Gefahr für die Stabilität der US-Konjunktur aber nicht länger überspielen. Denn die aktuellen Wirtschaftsdaten fielen allesamt besser aus als erwartet. So ist das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal um 0,6 Prozent gestiegen. Optimisten sehen das als weiteren Beweis dafür, dass die USA nicht in einer Rezession sondern seien. Technisch betrachtet müssen für eine Rezession bekanntlich zwei Quartale mit negativem Wirtschaftswachstum vorliegen.

Die positive Zahl zum ersten Quartal täuscht wohlgemerkt über vieles hinweg. Ein Plus von 0,6 Prozent ist zu einem großen Teil dem starken Export geschuldet, den wiederum vor allem der schwache Dollar ermöglicht hat. Zum anderen haben die Unternehmen in vielen Branchen ihre Lagerbestände in den ersten drei Monaten des Jahres dramatisch ausgebaut – so wurden in vielen Unternehmen Umsätze gebucht, obwohl keine Endnachfrage bestand.

In anderen Branchen ist wohlgemerkt auf die Endnachfrage groß. Der Verbraucher leidet zwar unter der Immobilien- und Kreditkrise, unter der Inflation auf Energie- und Lebensmittelseite und hat seine Not auch in den jüngsten Umfragen zum Verbrauchervertrauen durchblicken lassen. Weiter einkaufen tut er aber trotzdem, und zwar ungehemmt auf Cash und Karte.

Zwischen Pro und Kontra konnten sich Anleger nach der Zinsentscheidung nur schwer entscheiden. Wenige Minuten nach der Bekanntgabe hatten Dow und Co. ihre frühesten Gewinne wieder abgegeben, hielten an den Gewinnen aus dem frühen Handel aber fest.

Die Situation ist eben alles andere als klar, worauf übrigens auch ein Blick in die Fed-Akten schließen lässt. In einem Gremium, das historisch betrachtet im Konsens urteilt, gab es diesmal immerhin zwei Gegenstimmen. Die Präsidenten der regionalen Notenbanken von Dallas und Philadelphia, Richard Fisher und Charles Plosser, votierten gegen eine Zinssenkung, ihre acht Kollegen überstimmten sie aber.
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Alt 02-05-2008, 23:20   #835
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Sell in May… oder vielleicht doch nicht?
Freitag, 2. Mai 2008

„Sell in May and go away“ ist eine bekannte Investmentregeln an der Wall Street. Jetzt hat der Mai begonnen, und damit wäre es Zeit, im Portfolio aufzuräumen und kräftig Aktien zu verkaufen. Doch die Performance der letzten Monate lässt Anleger zweifeln: Können die nächsten Monate wirklich noch schlechter werden als die letzten sechs?

In diesem Jahr scheint nämlich einiges anders zu laufen, als es die traditionellen Börsenregeln vorschreiben. Schauen wir zunächst einfach auf die beiden Halbjahre im genannten Sprichwort:

Allgemein gelten die Monate von November bis April als die besten sechs Monate des Jahres – und historisch stimmt das: Wer anno 1950 einen Betrag von 10 000 Dollar immer von Mai bis Oktober in Bonds und von November bis April in Aktien investiert hatte, der hätte heute laut den Berechnungen des Stock Traders Almanac 578 413 Dollar auf dem Konto. Wer es genau andersrum getan hat, dem wären bis heute schlappe 341 Dollar geblieben.

Das liegt an verschiedenen saisonalen Faktoren. Die Boni zum Jahresende, der hohe Konsum, das Weihnachtsgeschäft und das gewöhnlich starke erste Quartal in vielen Branchen helfen dem Aktienmarkt für gewöhnlich auf die Sprünge, während das Sommerloch die Bullen einschläfert und die Börse drückt.

Doch in diesem Jahr war der April gerade einmal der erste der „sechs besten Monate“, in denen es der breite Markt überhaupt ins Plus geschafft hat. Für das letzte Halbjahr kommt die Wall Street auf ein Minus von 8 Prozent. Damit hätten wir die schlechtesten „besten sechs Monate“ seit 35 Jahren hinter uns. Zwischen November und April ging es zuletzt während der Ölkrise im Jahr 1973 bergab, als der Dow wegen des Embargos der Opec und der damit verbundenen konjunkturellen Schwierigkeiten etwa 12 Prozent abgab.

Die April-Gewinne drücken nun für die nächsten Monate einen unerhörten Optimismus aus, wird doch an der Wall Street die Zukunft gehandelt. Verkaufen dürfte also die falsche Strategie sein, zumal das Stimulus-Paket der Regierung in den nächsten Wochen Schecks in die Briefkasten der Steuerzahler schicken und damit den Konsum ankurbeln dürfte. Und zumal mit der Rettung von Bear Stearns erst kürzlich Licht am Ende des Kreditkrisen-Tunnels gesehen wurde.

Zahlreiche Analysten tun sich nach den Enttäuschungen der letzten Monate aber schwer, jetzt optimistisch zum Einstieg zu raten. Schließlich ist die Wall Street zweigeteilt, wenn es um die Frage einer Bodenbildung gehen: Der beste Weg für Anleger dürfte – wir so oft – in der Mitte liegen und lauten: Abwarten! Zumindest bis in drei Monaten die Quartalszahlen für das zweite Vierteljahr vorliegen und sich der weitere Trend etwas besser beurteilen lässt.
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Alt 05-05-2008, 18:01   #836
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Deutsche Telekom: Zweifel an Sprint-Übernahme
Montag, 5. Mai 2008

Es gibt an der New Yorker Börse nur noch eine Handvoll deutscher Unternehmen, bei denen laufen die Geschäfte aber gut. Bestes Beispiel: Die Deutsche Telekom, die sich als viertgrößter Mobilfunk-Anbieter im US-Geschäft gut etabliert hat. Eine Übernahme von Sprint Nextel könnte dem Unternehmen jetzt sogar die Marktführerschaft bringen – doch intern gibt es Zweifel an dem Milliardengeschäft.

Das Wall Street Journal hatte zuerst berichtet, dass zwischen Deutsche Telekom und der Nummer Drei der amerikanischen Mobilfunk-Branche erste Übernahmeverhandlungen anstehen könnten.

Vor allem für den ehemaligen Monopolisten aus Bonn wäre eine solche Geschichte attraktiv, denn seit Jahren hängt man immer mehr vom Auslandsgeschäft ab. Während die Zahlen zuhause rückläufig sind, wächst man in den übrigen Märkten; im vergangenen Jahr kamen erstmals mehr als 50 Prozent des Umsatzes aus dem Ausland.

Die USA sind der schnellst wachsende Markt für das Unternehmen. Im letzten Jahr konnte man 3,6 Millionen Neukunden gewinnen, der Umsatz lag bei 19,3 Millionen Dollar – mehr als ein Fünftel des Gesamtumsatzes für die Bonner.

Diesen Wachstumsmarkt auszubauen und den vierten Platz hinter den deutlich größeren US-Konkurrenten AT&T und Verizon Wireless nach vorne zu verlassen, scheint auf den ersten Blick reizvoll. Und tatsächlich: Mit einer Übernahme von Sprint Nextel wäre man die Nummer Eins der Branche und hätte 80 Millionen Kunden zwischen New York und Kalifornien.

Zudem wäre Sprint Nextel billig: Die Aktie ist seit dem letzten Sommer von 22 auf zeitweise nur noch 6 Dollar gefallen; der schwache Dollar würde einen Kauf noch einmal begünstigen. Analysten glauben, dass die Deutsche Telekom genug Geld hätte – einen Faktor haben sie aber noch nicht berücksichtigt:

Kunden von T-Mobile – der Handy-Tochter von Deutsche Telekom – telefonieren US-weit auf dem digitalen GSM-Netz, das das Unternehmen vor einigen Jahren als erster Konzern in Amerika aufgebaut hat. Bei Sprint hingegen arbeitet man mit zwei ganz anderen Standards, nämlich CDMA und IDEN, wobei letztere Technologie mit der Übernahme von Nextel ins Boot kam. Mit teuren Folgen: Dass Sprint Nextel an der Börse schwächelt, liegt vor allem daran, dass das Unternehmen die Netze bisher nicht kombinieren und entsprechend die angestrebten Synergien nicht einfahren konnte.

Darüber macht man sich bei Deutsche Telekom Sorgen. Insider im Unternehmen sprechen davon, dass die Umstellung der CDMA- und IDEN-Kunden auf das GSM-System „zig Milliarden Dollar“ kosten und „mehrere Jahre“ dauern würde. Zeitgleich müsste das eigene Netz massiv ausgebaut werden, heißt es, denn aktuell wäre T-Mobile einem massiven Kundenansturm nicht gewachsen.

Die Börse – und vor allem die Aktionäre von Sprint Nextel, die im Zusammenhang mit den Merger-Spekulationen am Montag einen Tagesgewinn von zeitweise 9 Prozent einfahren – mag die aktuellen Nachrichten aus dem Mobilfunk-Sektor feiern; in naher Zukunft zeichnet sich der Milliarden-Deal aber nicht ab, und Deutsche Telekom wird wohl noch für einige Zeit die Nummer Vier auf dem amerikanischen Markt bleiben.
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Alt 06-05-2008, 20:12   #837
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Der Ölpreis steigt, der Ami fährt weiter
Dienstag, 6. Mai 2008

Während es auf dem Parkett der New York Stock Exchange immer ruhiger zugeht, handelt die Nymex immer hektischer. In den Trading Pits der weltgrößten Rohstoffbörse ist die Aufregung groß, denn man befindet sich inmitten der steilsten Rallye aller Zeiten. Vor allem der Ölpreis stellt fast täglich neue Rekorde auf.

Das Jahr 2008 hatte bereits mit einer Sensation begonnen: Nicht einmal drei Stunden nach Handelsbeginn, die Händler hatten ihren Silvesterkater noch nicht ausgeschlafen, sprang der Ölpreis erstmals über 100 Dollar. Beobachter waren geschockt. Mit Öl notierten immerhin auch Benzin und Heizöl auf Höchstständen, und die Folgen waren klar: Der Inflationsdruck auf Unternehmen und Verbraucher würde massiv zunehmen.

Das ist auch geschehen, und vier Monate nach Neujahr ist die Sitution noch viel schlimmer geworden. Das schwarze Gold kletterte erst über 110 und schließlich über 120 Dollar, fast täglich fallen Rekorde.

Die Gründe für die anhaltende Rallye sind seit Jahren die selben: Der steigenden Nachfrage aus China und Indien steht ein unverändertes Angebot gegenüber. Die Öl-Unternehmen fördern aktuell mit einer Kapazität von rund 97 Prozent, wie Rohstoff-Analyst James Williams von WTRG Economics schätzt. Nur etwa 2 Millionen Fass mehr könnte man täglich aus dem Boden holen; nicht genug, die ständig steigende internationale Öl-Gier zu befriedigen.

Zumal sich auf der Supply-Seite immer mehr Probleme abzeichnen. Der Krieg im Irak und die Krise im Iran machen die fortigen Vorräte unsicher, regionale Konflikte in Nigeria und Venezuela, Angriffe aus Pipelines, Streiks an den Plattformen… die weltweite Fördermenge ist alles andere als zuverlässig und schwankungsfrei. Dazu kommen vor allem für amerikanische Kunden die eingeschränkten Kapazitäten der US-Raffinerien, die selbst bei ausreichenden Öl-Lieferungen nur unzureichend Kraftstoff herstellen können.

Der schwache Dollar, der seit Monaten von einem auf das nächste Rekord-Tief fällt, trägt zur Rohstoff-Rallye seinen eigenen Teil bei: Immer mehr Anleger hedgen ihre Währungsrisiken mit Öl und treiben als Spekulanten die Preise an.

Wohin die Reise geht, ist zur Zeit jedem klar: nach oben – und zwar immer steiler und immer weiter. Die Analysten von Goldman Sachs halten eine Preisspanne zwischen 150 und 200 Dollar für ein Fass Rohöl in den nächsten sechs Monaten bis zwei Jahren für sehr wahrscheinlich, und entsprechend dürfen sich Autofahrer, aber auch Fluggesellschaften, Transportunternehmen, Plastik- und Cheiehersteller und nicht zuletzt der Verbraucher schon einmal warm anziehen.

Der einzige Ausweg aus der dramatischen und für die Konjunktur äußerst gefährlichen Preisspirale liegt in einer Senkung der Öl-Nachfrage. Doch nicht nur für die Wachstumsländer China und Indien, sondern auch für die USA in ihrer Sucht nach Konsum und Bequemlichkeit ist ein sparsamer Umgang mit Sprit und Öl noch immer kein Thema: Tankende Autofahrer klagen zwar in jede Fernsehkamera, wie sehr sie unter den hohen Spritpreisen leiden – weniger gefahren wird aber nicht. Im Stadtverkehr von New York City etwa, in den Staus an Tunnel und Brücken, reiht sich noch immer SUV an SUV, und Freizeit-Rambos genießen ihre Ausflüge im Hummer, gerne auch alleine.

Wie lange der Autofahrer mitmacht und wie hoch der Ölpreis klettern muss, bis der Verbraucher wirklich kollabiert, bleibt abzuwarten. Die Analysten, die einst bei 30 und bei 50 Dollar und schließlich auch bei 100 Dollar pro Fass eine internationale Katastrophe prophezeiht haben, halten sich mit ähnlichen Prognosen mittlerweile jedenfalls zurück.
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Alt 08-05-2008, 18:26   #838
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Sorge um "Penny" und "Nickel"
Mittwoch, 7. Mai 2008

Der Dollar ist schwach, doch die Münzen werden teurer. Die Rallye an den Rohstoff-Märkten, wo nicht nur Öl, sondern auch Metalle teurer werden, macht dem Finanzministerium Sorgen. Die Herstellungskosten mancher klein demonierter Münze übersteigt nämlich deren Nennwert deutlich.

So kostet es zur Zeit ganze 1,26 Cent, einen „Penny“ herzustellen. Die kleinste amerikanische Münze besteht zu 97,5 Prozent aus Zink und zu 2,5 Prozent aus Kupfer. Die Herstellung eines mit 5 Cent denominierten „Nickel“ kostet die Regierung 7,5 Cent. Der Fünfer besteht aus 75 Prozent Kupfer und 25 Prozent Nickel.

Damit fertigt die U.S. Mint in ihren Münzereien zwar etwas günstiger als vor vier Monaten, als die Metallpreise ein Allzeit-Hoch markiert hatten, doch misst man rückblickend seit 2003 eine Verdreifachung der Materialkosten. Luis Gutierrez, ein demokratischer Kongressabgeordneter und politischer Vorsitzender der U.S. Mint, zeigt sich darüber besorgt. „Die Herstellung der Münzen trägt zu unserer Staatsverschuldung bei“, klagt er.

Nach Gutierrez’ Berechnungen hat die überteuerte Herstellung der Münzen im vergangenen Jahr den US-Haushalt mit „mindestens 100 Millionen Dollar“ belastet – immerhin werden jährlich rund 7,4 Milliarden Pennies und 1,2 Milliarden Fünfer hergestellt. Um dies nicht länger tragen zu müssen, hat er einen Plan: Man solle die Einer- und Fünfer-Münzen wieder aus Stahl gießen, wie man es bereits im Zweiten Weltkrieg getan hat.

Ein entsprechender Gesetzentwurf, nach dem das Finanzministerium eine neue Legierung für Penny und Nickel vorschlagen solle, hat es jetzt aber nicht durch den Kongress geschafft. Der ist zwar laut der amerikanischen Verfassung dafür zuständig, „Münzen zu prägen und deren Wert zu bestimmen“. Doch nicht allen Politikern passt das. Vor allem die Bush-Regierung reibt sich an der Zuständigkeitsfrage.

Zudem dürfte das Projekt an der Bürokratie in Washington scheitern. Denn sowohl der Präsident der Prägeanstalt, Edmund Hoy, als auch der Vositzende des Finanzausschusses, der Demokrat Barney Frank aus Massachusetts, wollen vor einer Entscheidung der Legierungfrage erst einmal das Volk und die Experten der Metallbranche anhören.

Irgendetwas wird sich in der Penny-Frage wohl dennoch tun. Denn vor allem den Republikanern in der Regierung ist klar, dass die einzige bisher vorliegende Alternative zu einer neuen Legierung politisch noch schwieriger umzusetzen ist: die Abschaffung der Ein-Cent-Münze. Die wird seit ewigen Zeiten debattiert und von Experten unterstützt. Selbst Finanzminister Hank Paulson hat bereits öffentlich erklärt, dass eine Abschaffung des Penny wirtschaftlich sinnvoll wäre.

Doch im Volk ist die Unterstützung für den Penny groß. Die Münze mit dem kupfernen Glanz und dem Bildnis von Abraham Lincoln ist die beliebteste unter den Amerikanern. Würden Bush, Paulson und Co. jetzt ihr Ende vorbereiten, würden ihre Umfragewerte wohl noch tiefer einbrechen.
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Alt 08-05-2008, 18:26   #839
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Keine Erholung für den Verbraucher
Donnerstag, 8. Mai 2008

Die Häuserpreise fallen, die Benzinpreise steigen, die Kreditgeber machen die Schleusen dicht, der schwache Dollar treibt die Inflation an… und trotzdem kaufen die Amerikaner ein. Die Einzelhandelszahlen für April sind besser ausgefallen als erwartet, und manche Analysten sehen endlich bessere Zeiten aufziehen. Ein Trugschluss.

Auf den ersten Blick mag es ja schön sein, dass ein großer Teil der April-Zahlen aus dem US-Einzelhandel über den Erwartungen gemeldet worden ist. Doch bei genauerem Hinsehen entpuppen sich die Zahlen als weniger rosig und bestätigen vielmehr, dass der seit Monaten schwächelnde Arbeitsmarkt und die zahlreichen übrigen Sorgen der Verbraucher doch ihre Auswirkungen zeigen.

So haben die Umsätze in Läden, die schon mindestens ein Jahr offen sind und daher die Grundlage für die Berechnungen der Branche bilden, seit Januar zwar jeden Monat um durchschnittlich 1 Prozent zugelegt. Im Vorjahr betrug das durchschnittliche Monatswachstum aber 2,6 Prozent und im Jahr davor sogar 3,7 Prozent. „Die Branche hinkt der Statistik hinterher“, klagt Ken Perkins von dem auf den Einzelhandel spezialisten Analystenhaus Retail Metrics.

Perkins rechnet nicht damit, dass sich die Werte im laufenden Jahr in Richtung der Zwei-Prozent-Marke erholen werden.

Zudem sind die absoluten Verkaufszahlen nicht der einzige Faktor, den Branchenbeobachter und Anleger im Auge haben sollten. Auffallend ist seit einiger Zeit, dass etwa Wal-Mart besser dasteht als der Rest der Branche. Auch für den April fallen die Umsätze bei dem Branchenriesen über den Erwartungen aus. Für Costco gild das gleiche. Doch beide Häuser sind Discounter, die direkt von der Schwächer der Verbraucher profitieren.

Denn Analysten stellen eine Umsatzverschiebung nach unten ganz deutlich fest. Je weniger Geld die Amerikaner zur Verfügung haben, desto eher zieht es sie in die Billig-Läden. Und auch bei denen verteilen sich die Geldströme anders als in besseren Zeiten. Die Umsätze bei Lebensmittel und günstiger Kleidung nehmen zu, während es überall dort schwächer wird, wo nicht essentielle Artikel im Regal stehen.

Einrichtungsgegenstände, Fahrräder, Gartenartikel oder auch Bücher und CDs werden weniger gekauft, da sie dem Kunden in schweren Zeiten am ehesten entbehrlich sind. Supermärkte mit einem höheren Fokus auf diese Segmente, darunter etwa der Wal-Mart-Konkurrent Target, leiden darunter deutlich, was die April-Zahlen direkt widerspiegeln.

Den jüngsten Zahlen aus dem Einzelhandel zuviel Gewicht zu geben und auf eine Trendwende für den amerikanischen Verbracher zu hoffen, ist zur Zeit also übereilt.
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Alt 09-05-2008, 18:03   #840
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Platzt die Muttertags-Blase?
Freitag, 9. Mai 2008

Sorry, Mom, in diesem Jahr werden kleinere Brötchen gebacken. Statt einem Dutzend Rosen tut es wohl auch eine Handvoll, statt einem großen Bildband gibt es ein Taschenbuch – zum ersten Mal seit Jahren sind die Ausgaben der Amerikaner zum Muttertag rückläufig. Ein weiteres Zeichen für die angespannte Lage beim Verbraucher.

Laut dem amerikanischen Einzelhandelsverband NRF geben die Amerikaner zum Muttertag in diesem Jahr 15,8 Milliarden Dollar aus. Das ist nur minimal mehr als die 15,7 Milliarden im letzten Jahr und heruntergerechnet auf den einzelnen Verbraucher sogar weniger: Von 139,14 Dollar fallen die Investitionen in Mutti auf 138,63 Dollar.

Diese Zahlen sind erschreckend. Nicht dass die Ausgaben extrem gefallen wären. Doch hat sich in den letzten Jahren immer und immer wieder gezeigt, dass der konsumfreudige Amerikaner auch in der größten Krise, bei Rezession und Inflation an den wichtigen Feiertagen immer noch tiefer ins Portemonnaie greift. Und solange die Reserven zu Muttertag und am Valentinstag und an Halloween und Weihnachten und all den anderen geschenkintensiven Tagen ausreichend waren, musste man sich ja keine echten Sorgen machen… oder?

Jetzt schlägt die Stimmung um. Immer mehr Amerikaner, so berichtet NRF-Sprecherin Kathy Grannis, nehmen von hochpreisigen Artikeln Abstand und kaufen Kleinigkeiten mit Herz. Und immer mehr Praktisches für den Alltag. So sollen die Umsätze mit Haushaltsartikeln und Gartengeräten gegenüber dem Vorjahr leicht zulegen, während vergängliche und luxuriöse Geschenke wie Blumen und ein Tag im Spa weniger gefragt sind.

Sorgen um die Wertschätzung der Familie muss sich die Durchschnitts-Mutti dennoch nicht machen. Auch wenn die Ausgaben an diesem einen Tag – für den Einzelhandel übrigens der wichtigste nach Weihnachten und Valentinstag – leicht zurückgehen, sind sie doch deutlich höher als noch vor fünf Jahren: Damals lag der Durchschnitt bei 97,37 Dollar, seither misst man einen Aufschlag um 42 Prozent.
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