Zurück   Traderboersenboard > Börse, Wirtschaft und Finanzen > Amerika, Asien

Antwort
 
Themen-Optionen Thema bewerten
Alt 07-08-2007, 21:18   #721
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.611
iPod, iPhone, iFridge… iPferd

Weiß eigentlich irgendjemand, wofür die beiden elegant weißen Apple-Aufkleber sind, die mit jedem iPod verschickt werden? Ich weiß es nicht, hatte dann aber doch eine Idee: Einen der Sticker habe ich in meinem Kühlschrank auf das Obstfach geklebt, und seither heißt das alte Gerät „iFridge“.

So muss ich zugeben, dass auch ich dem Hype um Apple erlegen bin. Zwar steht es um micht nicht ganz so schlimm wie um die Freaks, die Ende Juni tage- und nächstelang vor den Läden auf das iPhone warteten. Auch habe ich noch nie nächterns auf der Straße einem Kind einen iPod entrissen, was weniger beherrschte Zeitgenossen laut Polizeibericht immer häufiger tun.

Doch spielen der iPod – und auch das iPhone, das ich selbst nicht besitze – eine allgegenwärtige Rolle in meinem Alltag. In die U-Bahn gehe ich nicht mehr ohne den Shuffle, ins Flugzeug nicht ohne die 80GB-Videoversion. Unter jeder Email eines Kollegen steht „sent from my iPhone“, was wahrscheinlich nicht Angeberei sondern von der Software vorgegeben ist.

Und an der Wall Street umgeben mich Analysten, die iPod- und iPhone-Verkaufszahlen studieren, als hinge von tausend Stück mehr oder weniger nicht nur das Glück der Apple-Aktionäre, sondern gleich der Weltfrieden ab.

Apple kann der Hype um iPod und iPhone nur recht sein. Zum einen treibt er den Umsatz für die Geräte an, die in manchen Städten längst Pflicht-Accesoire geworden sind. Zum anderen hat er die Konkurrenten abgelenkt, die sich zuletzt an alternativen Geräten die Zähne ausbissen ohne den anderen Produkten aus der i-Reihe weitere Beachtung zu schenken. Derweil sicherte sich heimlich, still und leise der iMac Marktanteile im Computermarkt.

So sind die Mac-Lieferungen in den vergangenen zwölf Monaten um 26 Prozent gestiegen, während der Computermarkt insgesamt nach Branchenangaben nur um 7,6 Prozent gewachsen ist. Apple hat im zweiten Quartal 960 000 Computer verkauft, womit man mit dem drittgrößten PC-Hersteller Gateway gleichgezogen hat – zum ersten Mal in der Geschichte der PC/Mac-Rivalität.

Damit scheint die Strategie von Steve Jobs aufgegangen zu sein. Der Apple-Chef war vor einigen Jahren mit dem iPod nicht nur in den Markt für Unterhaltungselektronik getreten, um dort viele Geräte zu kaufen. Vielmehr ging es von vorneherein darum, ein trojanisches Pferd zu platzieren. Mit dem iPod sollte der Einmarsch ins gegnerische Lager gelingen – und das hat geklappt.

Zahlreiche PC-Benutzer – darunter auch der Schreiber dieser Zeilen, dessen iPod in Reichweite auf dem Schreibtisch liegt – haben sich mit dem schicken mp3-Spieler ihr erstes Apple-Gerät gekauft und Berührungsängste abgebaut. Einmal auf den Geschmack gekommen, dauert es bei vielen nur bis zum nächsten Computerabsturz, bis sie sich einen Mac zulegen. In dieser Woche will Apple nun Neuigkeiten rund um die iMac-Reihe präsentieren. Für einen Moment legt die Wall Street die iGadgets zur Seite und hört gespannt zu.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08-08-2007, 20:51   #722
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.611
Der „Virgin“ Jungfernflug

Es mag der Branche nicht mehr ganz so schlecht gehen wie vor ein paar Jahren, doch scheint es noch immer nicht die beste Idee zu sein, eine neue Airline zu gründen. Richard Branson tut es doch, am Mittwoch hob Virgin America erstmals ab – verspätet nach einem gewaltigen Unwetter, das die New Yorker Flughafen lahmgelegt hatte. Ein Omen?

Wer Richard Branson kennt, der weiß, dass sich der Chef der neuen Fluggesellschaft auch durch einen Tornado die Laune nicht vermiesen lässt. Im Gegenteil: An Bord des Jungfernflugs von New York JFK nach Los Angeles ist die Stimmung hervorragend: Die amerikanische DJane Samantha Ronson legt auf, Satiriker Stephen Colbert fliegt mit und bei der Ankunft unter kalifornischer Sonne wartet ein roter Teppich auf die handverlesenen Passagiere.

Die häten allerdings bis dahin auch einen vergnügten Flug verbracht, wären sie nicht im Rahmen der Premierenfeier zusätzlich verwöhnt worden. Denn während andere Fluggesellschaften in den letzten Jahren den Service immer weiter abgebaut haben um Kosten zu sparen, bietetr Virgin America all den Luxus, den man von ihrem britischen Mutterkonzern kennt. Massagesessel aus weißem Leder in der ersten Klasse, eine Minibar, Musik in der Toilettenkabine und Essen a la carte, das über den Bildschirm bestellt wird – und zwar wann immer der kleine Hunger kommt, und nicht wann immer die Stewardess das nächste Mal vorbei kommt.

Für Reisende der ersten Klasse beginnt der Komfort wohlgfemerkt lange vor dem Flug. Am Flughafen warten die VIP in einer Lounge, die ihresgleichen sucht. Außer bequemen Sesseln, Breitband-Internet und einer Bar gibt es eine Sauna, sechs Dampfbäder, Massage und Maniküre, und wer will, kann sich auch noch schnell die Haare schneiden und die Schuhe putzen lassen. Alles ist im Flugpreis inbegriffen, die 150-köpfige Crew steht auf Abruf bereit.

Die Prognosen für Virgin America sind dennoch gemischt. Richard Branson habe eben ein Talent für Marketing, anerkennt Ed Perkins, der als Airline-Analyst für das Branchenmagazin SmarterTravel.com schreibt. „Die Jungs sind sehr, sehr gut, und das ist wichtig in einem Markt in dem es wenig Produktunterschiede gibt.“

Ganz anders sieht das Ray Neidl, Airline-Analyst von Calyon Securities und eine der wichtigsten Stimmen der Branche. „Die Leute buchen heute nach dem Preis“, meint er. Wenn Virgin America die Preise niedrig halten könne, wäre man sicher unter den Top¬-Linien im amerikanischen Markt. Der Komfort allein mache es aber nicht aus, wenn der Preis nicht stimme.

Vermutlich wird der Preis aber stimmen, meint nicht nur Richard Branson. Auch die etablierten Konkurrenten – vor allem American Airline, Delta Air Lines und Continental – fürchten, dass Virgin bald ein ernstzunehmender Konkurrent wird. Entsprechend hat man lange versucht zu verhindern, dass der Brite überhaupt eine Lizenz für den inneramerikanischen Markt erhalten würde. Ein paar Jahre lang konnte man Branson auch auf Distanz halten, denn das Verkehrsministerium prüfte sehr langsam, ob die 25-prozentige Beteiligung von Bransons britischer Virgin mit den US-Regeln konform sei, nach denen nur amerikanische Konzerne inlands fliegen dürfen.

Ergebnis der jahrelangen Prüfung: Branson darf fliegen, und – die lange Verzögerung seines Jungfernflugs durch Konkurrenten und Behörden kommt ihm wahrscheinlich sogar zugute. Denn während die übrigen Fluggesellschaften bis vor kurzem ums nackte Überleben kämpften, hebt Virgin America in einer Zeit ab, in der die Passagierzahlen auf Rekordniveau sind und die Auslastung der Kapazitäten steigt. Ideale Bedingungen für einen Markteinstieg, und da nimmt man einen Tornado zum Jungfernflug wohl mit einem Augenzwinkern hin.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09-08-2007, 20:43   #723
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.611
Schokolade – ein gesundes Investment?

Über den Nährwert von Schokolade kann man geteilter Meinung sein. Die einen glauben, mit einem täglichen Stückchen hundert Jahre alt zu werden, für die anderen ist das Kakaoprodukt ein Laster für Schleckermäuler. Douglas Conant gehört zu den Kritikern. In seinem gesundheitsbewussten Konzern soll es bald keine Schokolade mehr geben.

Die Campbell Soup Company – wer nicht in amerikanischen Läden einkauft, kennt die Dose aus der Pop-Art-Umsetzung von Andy Warhol – steht längst nicht nur hinter Fertigsuppen. Zur firmeneigenen Erasco-Reihe beispielsweise gehören auch andere Tiefkühl- und Fertiggerichte, dann es gibt den Gemüsesaft V8 und noch einiges mehr.

Der Konzern hat jüngst einen außerordentlichen Turnaround geschafft und gehört nach einigen Jahren der Flaute zu den besten Performern im Lebensmittel-Sektor. Zu verdanken hat man das einem srengen Fokus auf gesunder Kost. Die Campbell-Suppen sind jetzt Natrium-arm, Pute und Hühnchen fett-reduziert – seither steigen die Umsätze deutlich Campbell-CEO Conant zieht nun Konsequenzen und will loswerden, was nicht ins gesunde Segment passt.

Für den Keksbäcker Pepperridge, der ebenfalls zur Campbell-Familie gehört, bleibt das zur Zeit folgenlos, den der hat schnell sein Sortiment ausgebaut und bietet neben fein glasierten Bisquits nun auch Vollkornbrot an. Bei V8 hat man die Säfte jüngst mit Antioxidantien bereichert. Nur ein Unternehmenszweig kann sich nicht anpassen: Godiva.

Der einst in Belgien gegründete Chocolatier gehört seit mehr als 40 Jahren zu Campbell und hat zuletzt einen Jahresumsatz von mehr als 500 Millionen Dollar zum Konzernergebnis beigesteuert. Die Marke gehört zu den edelsten im amerikanischen Lebensmittelsektor, vor allem weil sie nicht als amerikanisch wahrgenommen wird.

In einem werbestrategischen Geniestreich hat Campbell Godiva nie gemeinsam mit anderen Produkten des Konzerns vermarktet, sondern die Schokolade immer auf einer eigenen Schiene fahren lassen. Godiva betreibt fast 300 eigene Läden in den USA und ist ansonsten in ausgesuchten Kaufhäusern erhältlich. Auf der Webseite taucht Campbell als Muttergesellschaft gar nicht auf. Vielmehr baut der Online-Auftritt komplett auf der belgischen Herkunft der Marke und bringt mit dem Verweis auf alte europäische Traditionen einen Hauch von Exklusivität zum Kunden.

Der weiß das seit vielen Jahren zu schätzen und hat mit seiner großen Nachfrage bei teuren Preisen die Marke Godiva nicht nur zu einem Erfolgsfall gemacht, sondern auch zu einem interessanten Übernahmekandidaten. Wenn Campbell nun die Schoko-Tochter verkaufen will – einen Termin dafür nennt das Management nicht – dann dürften ausreichend Investoren bereitstehen. Das Wall Street Journal rechnet mit Interesse nicht nur von anderen Lebensmittelkonzernen, sondern vor allem aus dem Private-Equity-Bereich und hier besonders von Seiten der an Luxus interessierten Firmen am Persischen Golf. Ein Käufer müsste, so viel steht fest, für Godiva tief in die Tasche greifen. Experten rechnen damit, dass der Chocolatier mehr als 1 Milliarde Dollar kosten dürfte.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10-08-2007, 21:05   #724
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.611
Lust auf Business-TV?

Es gibt da eine Faustregel: Spätestens wenn sich jedes Kneipengespräch um Unternehmen und Aktien dreht, ist es Zeit aus dem Markt zu gehen. In diesen volatilen Tagen bestätigt sich das wieder einmal. Wer vor vier Wochen ausgestiegen wäre, als erstmals bekannt wurde, dass sich demnächst gleich fünf neue Fernsehserien um Corporate America drehen, hätte sich eine Menge Ärger erspart.

Dass Corporate America und der Aktienmarkt mindestens genausoviel Drama bieten wie der Samstagabend-Krimi, weiß man schon lange. Gordon Gekko alias Michael Douglas machte Gier und Gewinnstreben kinofähig, die Fernsehreihe „The Apprentice“ mit Donald Trump brachte den Kampf um Karriere schließlich ins Reality TV. Jetzt sind die klassischen Soaps dran – von denen die meisten bei ABC starten, einer Tochter des Dow-Konzerns Walt-Disney.

Dort läuft demnächst die „Cashmere Mafia“ an, die man als „eine Art ,Sex in the City’ für Volkswirtschaftler“ verstanden wissen will. Es geht um vier Karrierefrauen, deren Leben aus Big Business und Tratsch besteht – vor allem letzteres, wie unabhängige Experten einwerfen. Das Wirtschaftsmagazin Fortune hat reale Geschäftsleute um ihre Meinung zur Pilotfolge gebeten. „Das einzige Networking, das ich hier sehe, läuft im Kreise der Freundinnen“, moniert eine PR-Expertin, und eine Managerin vom Kosmetik-Konzern Estee Lauder kritisiert den in der Branche angesiedelten Charakter Caitlin, die nach durchgearbeiteter Nacht im Büro einschläft. „Niemand in der Kosmetikbranche würde im Office schlafen, und schon gar nicht ohne sich abzuschminken.“

Noch harscher fällt die Kritik an „Dirty Sexy Money“ auf. Da geht es um die Familie Darling, die nicht nur Geld hat, sondern auch jede Menge Dreck am Stecken, inklusive Wirtschaftsbetrug, Drogen und Ehebruch. Hauptakteur ist ein junger Anwalt, der dem Clan den Rücken frei halten soll. „Völlig unrealistisch“, schimpft Don Reuben, der als Anwalt den Millionen-Sippen Tisch, Pritzker und Rockefeller beigestanden hat. „Da müsste einer ja Wirtschafts-, Steuer-, Scheidungs- und Strafzettel-Experte in einem sein – jeder normale Anwalt würde sich aus dem Staub machen.“

Auch die drei jungen Herren in „Big Shots“, die laut Programmhinweis von ABC „gierig, geil und geschäftstüchtig“ sind, dürften es beim Fachpublikum schwer haben. Larry Bossidy, früherer Top-Manager von Honeywell und General Electric, findet jedenfalls schon im Piloten jede Menge Details, die das erfundene Konglomerat AmeriMart im wirklichen Kampf um Umsatz und Gewinn straucheln lassen würden.

Doch nicht nur ABC wirbt ums Business-orientierte Soap-Publikum. Die GE-Tochter NBC bringt „Lipstick Jungle“ auf den Bildschirm. Die Serie mit Brooke Shields stammt aus der Feder von Sex-and-the-City-Autorin Candace Bushnell und dürfte damit in die selbe Kategorie fallen wie die „Cashmere Mafia“. Und der Viacom-Ableger CBS setzt auf „Cane“, auf Zuckerrohr. Das wird von der kubanisch-amerikanischen Familie Duques angebaut, die sehr der echten und 500 Millionen Dollar schweren Fanjul-Familie aus Florida ähnelt, die den größten Zuckerkonzern der USA steuert. Die hat bereits einen Anwalt eingeschaltet, und es scheint, dass sich das wahre Drama hinter den Kulissen abspielen könnte.

Apropos Drama: Wenn sich die Börsen so weiterentwickeln wie in den letzten Tagen, dann könnte es durchaus sein, dass die amerikanischen Fernsehzuschauer auf noch mehr Business-Drama zuhause keine Lust haben. Doch dann könnte man den zeitlosen Quatsch sicher ein Jahr lang parken und im nächsten Bullenmarkt ausstrahlen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13-08-2007, 20:38   #725
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.611
Tauben schießen

Zum Schluss umarmten sich die beiden Männer, während nebenan der Rotor von „Marine 1“ knatterte. George W. Bush und sein engster Berater, Karl Rove, sagten sich am Montagmorgen offiziell „good-bye“, flogen dann aber gemeinsam nach Crawford, Texas, auf die Ranch des Präsidenten – zurückkommen wird Bush alleine.

Karl Rove ist zurückgetreten. Der Architekt der Bush-Präsidentschaft, der einer der mächtigsten Männer Amerikas ist und einer der verhasstesten, verlässt die politische Bühne. Eigentlich hatte er gar nie auf der Bühne stehen wollen, denn die Rolle des Puppenspielers war seine liebste. Aus der Kulisse heraus steuerte er den bis dato politisch unerfahrenen George W. Bush zunächst auf den Stuhl des Gouverneurs von Texas, später ins Weiße Haus.

Dort erst wagte er sich ins Scheinwerferlicht – erst zögerlich, zumal er beim Publikum nie besonders gut ankam. Dass ihn der von Spitznamen bessesene Präsident Bush einmal „Turd Blossom“ nannte, machte die Sache nicht einfacher. „Turd Blossom“ nennt man in Texas eine Blume, die aus einem Kuhfladen heraus wächst. Roves alternativer Spitzname „Boy Genius“ war da schon besser, hatte aber auch etwas linkisches.

In den letzten Monaten sah sich Rove öfter im Rampenlicht stehen als ihm lieb sein konnte. In die Aufdeckung der CIA-Geheimagentin Valerie Plame war er direkt verwickelt, in die umstrittene Entlassung von mehreren Generalstaatsanwälten, die der Bush-Regierung nicht ins politische Muster passten, wohl auch. In beiden Fällen sollte Rove vor dem Kongress aussagen, in beiden Fällen berief er sich auf seine Immunität als Berater des Präsidenten. Dass der indes nicht mehr so fest im Sattel sitzt wie dereinst, schrieben undankbare Kritiker auch Rove in die Schuhe. So soll der Mann, der den Republikanern zwei ebenso wichtige wie legal umstrittene Wahlsiege organisiert hatte, nun die Schuld daran tragen, dass es bei den letzten Wahlen nicht mehr so gut lief und Bushs Umfrageergebnisse in historischen Tiefen sind.

Bei aller Kritik, Rove saß bisher fest in seinem Amt und seinem Stuhl sägt niemand. Daher ist auch völlig klar, dass er nicht etwa zum Rücktritt gezwungen worden ist, wie Rove nach anderslautenden Interpretationen der Medien auch bestätigte. Vielmehr hat Rove erkannt, dass er sich weiteren Ermittlungen von Untersuchungsausschüssen im Kongress nicht auf ewig hätte entziehen können. Ob er das außerhalb von Amt und Würden kann, sei dahingestellt, aber wenigstens sitzt dann nicht nach Cheneys Berater „Scooter“ Libby der nächste White-House-Insider vor Gericht.

Das hätte die Republikaner nämlich noch mehr Punkte gekostet, und insofern ist Roves Abschied aus dem Weißen Haus dessen letztes, großes Geschenk an den Chef. Rove bringt das „ultimative Opfer“, um eine vielbeschworene Floskel aus dem Irakkrieg zu bemühen. Auf keinen Fall hingegen sind es „familiäre Gründe“, deretwegen der wichtigste Präsidentenberater der letzten Jahrezehnte seinen Hut nimmt – diese erste Erklärung hatte ihm auch keiner abgenommen. Obwohl er sich sehr bemühte, in seinen letzten Familien die Familie herauszustellen. Er wolle mit Frau und Hund an den Strand fahren, beantwortete die Frage nach seinem nächsten Vorhaben. Und er wolle Tauben jagen – „go dove hunting“. Doch das hat er in den letzten Jahren in Washington schon getan, wo man als die anti-militärische Bewegung als „Doves“ bezeichnet, die zuletzt den Falken deutlich unterlegen war.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14-08-2007, 17:34   #726
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.611
Mieter der Meere

Wer es sich leisten kann, wohnt nicht länger zu Miete, sondern kauft sich seine Immobilie. Wer sich noch mehr leisten kann, kreuzt die Weltmeere im Urlaub nicht mehr in gemieteten Kabinen, sondern kauft sich eine. Und wer sich noch viel mehr leisten kann… der kauft keine Yacht, sondern mietet sich eine.

Dass Mieten an der Wall Street wieder in Mode gekommen ist, macht auf den ersten Blick überhaupt keinen Sinn. Jahrelang hat man nun gekauft was zu kaufen war. Einerseits um von monatlichen Mieten wegzukommen und Wert zu schaffen, und andererseits, um von steigenden Preisen zu profitieren und Wert zu mehren.

Die jüngste Trendwende unter den Superreichen, die ihre Yacht mieten und nicht kaufen, hat mit der Bequemlichkeit und deren völlig überzogenen Luxus- und Urlaubsanspruch zu tun. Da kommt selbst Lorre White nicht mit, die in der Neureichen-Szene als „Guru des Luxus“ gefeiert wird. Deren Traum-Route ist nämlich: Cannes zu den Filmfestspielen, Monaco zum Grand Prix, danach St. Tropez und zum Abschluss Sardinien. Das lässt sich gut und gerne auf dem eigenen Boot erledigen.

Wer hingegen – so der neueste Trend – um die Galapos-Inseln segeln und ein paar Tage später vor der Küste Neuenglands liegen will, oder binnen eines Tages vom Mittelmeer an die kalifornische Küste wechseln, der bekommt seine Yacht nicht schnell genug von A nach B. Mieten ist daher die Lösung, wenn auch eine recht teure. Selbst das kleinste Boot ist nicht unter 10 000 Dollar zu haben, und für die großen Yachten gehen die Tarife bis zu einer Million Dollar. Pro Woche, versteht sich.

Da wäre zum Beispiel die „Alysia“. Für eine Wochenmiete von 910 000 Dollar gibt es Luxus auf 90 Metern Länge, inklusive Pool, Kino, Bücherei und Weinkeller. Die „Princess Mariana“ (606 500 Dollar) hat einen eigenen Hubschrauberlandeplatz.

Unterm Strich geben die Superreichen, also Haushalte mit einem Nettowert von mehr als 10 Millionen Dollar, in diesem Jahr durchschnittlich 384 000 Dollar für Yacht-Mieten aus – satte 20 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren.

Dafür wiederum erhält der Mieter nicht nur Kajüte und Kambüse, sondern einen Rund-um-Service vom Feinsten: Yacht-Broker kümmern sich um das passende Schiff vor Ort, eingespielte Mannschaften mit Kapitän, Technikern, Chefkoch und mehreren Stewards sorgen für Spitzenservice bis hin zu frischem Kaviar zum Frühstück. Der kostet natürlich extra, ebenso die Marshmallow-Cornflakes für die Kids. Aber auf die paar Dollar kommt es wahrscheinlich auch nicht mehr an.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15-08-2007, 21:35   #727
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.611
Die Elmo-Krise

Neben der Hypotheken- und Kreditkrise hat sich in den letzten Tagen eine weitere Katastrophe in die Schlagzeilen der Wirtschaftspresse gearbeitet: Die Elmo-Krise. Dass der Spielzeugriese Mattell neulich 1,5 Millionen Puppen – Elmo, Bibo, Fisher-Price – zurückrufen musste, war dabei nur der Anfang.

In dieser Woche gab es erneut Nachrichten von Mattell; nach Elmo müssen nun auch verschiedene Barbies, einige Autos aus der Pixar-Produktion „Cars“ und diverse Magnetspiele zurück. Bei letzteren besteht die Gefahr, dass Kinder Magnete verschlucken, was zu schweren, inneren Verletzungen führen kann, die übrigen Spielsachen sind mit bleihaltiger Farbe behandelt, die giftig ist.

Mattell steht damit vor einer gewaltigen Krise: Das Unternehmen wird mit dem größten Rückruf seiner Geschichte zig Millionen Dollar einbüßen, die wahrscheinlich nicht komplett durch die Zulieferer in China abgedeckt sind. Zudem fürchtet man aber vor allem um den guten Ruf. Der Spielwarensektor ist so labil wie kaum eine andere Branche. Das Vertrauen der Kunden ist für die Unternehmen das größte Kapitel, immerhin geht der Umsatz schnell flöten, wenn Eltern hinter jedem Spiel und jedem Kuscheltier eine Gefahr für ihre Kinder sehen.

Nun sind amerikanische Eltern mit Sicherheit etwas übervorsichtig, wenn es um den Schutz der Kleinen geht. Immerhin kann aus absolut jedem Gegenstand einmal ein Stück abbrechen, das bei Verschlucken gefährlich werden könnte – das war schon immer so. Mit bleihaltiger Farbe hingegen müssen sich die Eltern indes wirklich nicht abgeben, man hat durchaus Anspruch auf Spielsachen ohne krebserregende Inhaltsstoffe.

Und genau damit gerät nicht nur Mattell unter Beschuss, sondern – wie schon vor einer Woche – der Zulieferer China und das ganze Land, in dem man es offensichtlich mit den Sicherheitsstandards der Abnehmerländer nicht allzu ernst nimmt. Immerhin sind ja Elmo und Barbie nicht die ersten, die dem Kunden wieder weggenommen werden und zurück in den Laden müssen. Allein im letzten halben Jahr gab es eine ganze Reihe ähnlich gelagerter Aktionen.

So untersucht Toys’R’Us gerade, ob in China hergestellte Baby-Schnuller nicht auch einen zu hohen Bleigehalt aufweisen. Einige Untersuchungen weisen darauf hin, während das Unternehmen eigene Tests erst noch durchführt. Bei Wal-Mart hat man schneller reagiert: Schnuller des selben Importers sind bereits aus dem Angebot genommen worden.

Der Konsumartikle Colgate hatte jüngst Probleme mit gefälschter Zahncreme, die aus China kommend unter dem bekannten rot-weißen Logo auftauchte und giftige Stoffe enthielt. Zuvor hatten die Behörden Tierfutter und Meeresfrüchte moniert, davor Autoreifen für Kleinlaster – in allen Fällen ging es um Sicherheitsbedenken.

In China läuten jetzt die Alarmglocken. Die Qualitätskontrollen vor Ort müssen dringend verschärft werden. Sonst droht nämlich nicht nur eine weitere Verärgerung der amerikanischen Verbraucher, die Reifen und Puppen billig kaufen wollen, sondern in letzter Instanz der Zusammenbruch eines ganzen Wirtschaftszweiges: Die Manufakturen von Zulieferern stellen in vielen Provinzen fast die gesamte Wirtschaft. Wenn denen die Kunden aus Industrieländern mit höheren Auflagen weglaufen, stehen Unternehmen und später ganze Landstriche vor dem Aus.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16-08-2007, 20:38   #728
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.611
Worst-Case-Szenarien an der Wall Street

„Dieser Markt geht runter wie Freibier“, meint Art Hogan. Doch ansonsten ist dem Börsenexperten vom Brokerhaus Jefferies & Co. gar nicht zum Scherzen zumute. „Wenn es einen Tag gibt, an dem die Wall Street das Worst-Case-Scenario einpreist, dann ist das wohl heute.“

Schwer zu sagen, wie das Worst-Case-Scenario aussehen wird. Brechen die Hedgefonds ein? Wird es weitere Pleiten bei Banken und Kreditagenturen geben? Müssen Trader an der Wall Street die alte „Dow 10 000“-Mütze aus dem Keller holen? Oder stürzt die amerikanische Konjunktur gar in eine Rezesseion.

Fakt ist, dass die Märkte im freien Fall und offenbar auf das Schlimmste eingestellt sind. Und während nach einem 30-prozentigen Anstieg des Dow Jones in den vergangenen 12 Monaten eine Korrektur um 10 Prozent zunächst eigentlich ganz vernünftig aussah, wird es jetzt doch manchem Beobachter mulmig. Die 10 Prozent sind – gerechnet am Allzeit-Hoch bei 14 000 Punkten vor genau einem Monat – punktgenau erreicht, doch die Kurseinbrüche scheinen kein Ende zu nehmen. Im Gegenteil: Aktien brechen immer schneller und tiefer ein.

Kein Wunder, bei der aktuellen Meldungslage. Jeden Tag gesteht irgendein Finanzriese massive Liquiditätsprobleme, nach American Home Mortgage steht nun Countrywide vor dem Konkurs. Derweil verschlechtert sich die Lage im Bausektor weiter. Die Baubeginne sind so schwach wie seit zehn Jahren nicht mehr, und damit dürfte sich die Lage im Hypothekensektor noch verschärfen. Gleichzeitig meldet das Produzierende Gewerbe unter den Erwartungen – und doch greift die Notenbank nicht ein.

Anleger hoffen seit Tagen auf eine Zinssenkung als Notmaßnahme. Diese Hoffnung war ohnehin weit hergeholt, nun bekommt man aber mehr oder weniger offizielle Absagen, unter anderem von William Poole, einem der stimmberechtigten Fed-Gouverneure. Auch Finanzminister Hank Paulson ist dagegen, dass sich die Fed oder sonstwer in Washington in die Märkte einmischt.

Seit dieser Woche sind die bisherigen Jahresgewinne aufgebraucht, und manche Experten glauben nicht daran, dass sie sich allzu bald wieder einstellen. Im Gegenteil: Joe Battipaglia vom Brokerhaus Stifel Nicolaus fürchtet, dass Anleger ihren Ausblick grob umstellen müssen. „Wer jetzt noch glaubt, dass wir das Jahr im Plus beenden, der irrt sich“, meint Battipaglia. „Ich kann mir das beim besten Willen nicht mehr zusammenreimen.“

Er wird wohl Recht behalten. Immerhin müssen in absehbarer Zeit 600 Milliarden Dollar, die im amerikanischen Subprime-Markt stecken, refinanziert werden. In diesen Wirren stecken nicht nur Banken und Kreditgeber, sondern auch die Kreditnehmer – die Verbraucher. Und die treten jetzt schon kürzer, was nicht nur die teuren Ketten spüren, sondern mittlerweils schon die Discounter. Wenn Wal-Mart einmal den Ausblick senkt, was gerade passiert ist, dann geht es dem Konsumenten schon ganz schlecht. Gar nicht auszudenken, wenn 7 Millionen Amerikaner ihre Häuser verlieren, wie Jim Cramer von TheStreet.com befürchtet. Horrorszenarien? – Vielleicht. Aber, wie sagt doch Art „Freibier“ Hogan: „Wenn es einen Tag gibt, an dem die Wall Street das Worst-Case-Scenario einpreist, dann ist das wohl heute.“

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20-08-2007, 20:33   #729
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.611
Abschied aus London

In den Headquarters der amerikanischen Hightech-Börse Nasdaq fühlt man sich leicht im Zentrum der Welt. Das Gebäude mit seinem überdimensionalen runden Fernsehschirm und dem Showroom für internationale Fernsehsender steht mitten am New Yorker Times Square – draußen vor dem Fenster defiliert die ganze Welt vorbei.

London ist da weit weg. Eine neblige, verregnete Stadt irgendwo vor Europa. Eine Stadt, die gerne das Finanzzentrum der Welt werden würde… eine Stadt, die man an der Nasdaq nicht mehr mag, seit der groß angelegte Übernahmeversuch der London Stock Exchange vor einem halben Jahr gescheitert ist.

Mit der LSE wollte sich die Nasdaq in Europa einkaufen, während zur gleichen Zeit ein paar Kilometer südlich die Konkurrenten der New York Stock Exchange den Merger mit der pan-europäischen Euronext wasserdicht machten. Zunächst heimlich, dann immer offener sammelte die Nasdaq LSE-Aktien, einen Anteil von 31 Prozent hatte man schließlich und damit genug Gewicht, den Kauf voranzutreiben.

Doch das Werben der New Yorker um London war vergeblich; der mit 2,7 Milliarden Pfund bewertete Deal wurde abgeschmettert. Laut intenrationalen Börsenregeln darf die Nasdaq nun bis Februar 2008 kein neues Angebot einreichen.

Doch so lange will man nicht stillsitzen. Kann man auch nicht inmitten all der Energie am Times Square. Und sollte man auch nicht, denn ein zweiter Übernahmeversuch käme in London ja nicht zwingend besser an als der erste. So verabschiedet sich die Nasdaq aus der Regen-Metropole und bietet den 31-prozentigen Anteil an, den man noch an der LSE hält.

Runde 1,56 Milliarden Dollar ist das Aktienpaket zur Zeit Wert, und Nasdaq-Chef Bob Greifeld macht sich berechtigte Hoffnungen auf eine Prämie. Denn an Interessenten dürfte es nicht mangeln. Immerhin: Wer das Nasdaq-Paket kauft hätte in einem neuen Übernahmeversuch auf jeden Fall die Nase vorn. Das dürfte die Deutsche Börse in Frankfurt interessieren. Und auch die NYSE Euronext, wobei sich die Nasdaq bestimmt allerlei ausdenken würde, um einen Verkauf der LSE-Anteile an den direkten Konkurrenten zu verhindern.

Am naheliegendsten ist zur Zeit wohl, dass die Börse Dubai zuschlägt. Die hat gerade ein Angebot für die Börse Stockholm eingereicht, an der eigentlich die Nasdaq interessiert gewesen war. Würde nun Dubai in London zuschlagen, dafür die Finger von Stockholm lassen wären alle bedient – allen voran übrigens die Investoren der Nasdaq. Die würden sich nämlich nicht nur über einen Sonderposten freuen, der den geplanten Gewinn im laufenden Quartal auf 35 Cent versiebenfachen würde. Vielmehr wäre man einen Klotz los, der als inaktiver Posten – schließlich ist kein zweites Angebot an die LSE geplant – in der Bilanz nicht angemessen berwertet worden ist und die Performance des Börsenpapiers belastet hat.

Dass die Nasdaq mit dem Erlös aus dem Verkauf der LSE-Anteile einerseits Schulden decken und andererseits eigene Aktien zurückkaufen will, macht das Projekt noch interessanter für Anleger. Ensprechend schafft die Nasdaq-Aktie heute was den Indizes nicht gelingen will: ein dickes Plus.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20-08-2007, 22:23   #730
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.611
Die Gewinner der kommenden Rally - wer hat das meiste Potential?

Von Sam Stovall

...

http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...l-1461352.html
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22-08-2007, 20:50   #731
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.611
Die weiße Inflation

Ob die Inflation zu hoch ist, um eine Zinssenkung zu verhindern, wird an der Wall Street seit Wochen diskutiert. Dem Verbraucher dürfte das Gerede größtenteils suspekt sein, denn dem ist die Inflation schon lange zu hoch – er muss ja auch für Energie und Lebensmittel zahlen, die Konjunkturbeobachter in ihren Berechnungen ausklammern.

Dabei machen vor allem die hohen Energiekosten regelmäßig Schlagzeilen. Seit Jahren steigen die Öl- und Benzinpreise. Damit wird das Autofahren im Sommer ebenso teurer wie das Heizen im Winter, Unternehmen zahlen mehr für Öl-haltige Materialien wie Plastik, und für den Transport von Ware zum Kunden.

Weitgehend unbeachtet bleibt der andere Faktor: die schleichende Inflation bei Lebensmitteln. Bestes Beispiel: Milch. Der Kuh-Cocktail wird immer teurer, in weniger als einem Jahr ist der Preis für eine Gallone in den USA von 3 auf 4 Dollar gestiegen – das sind glatte 33 Prozent. Schuld daran sind die gestiegene Nachfrage nach amerikanischer Milch in Ländern mit wenig eigener Produktion und, Ironie des Marktes, wiederum der hohe Spritpreis.

Teures Benzin hat nämlich den Run auf Ethanol als alternativen Treibstoff ausgelöst. Immer mehr Landwirte bauen ihren Mais nun zur Gewinnung von Ersatz-Benzin an, statt ihn an Kühe zu verfüttern. Milch-Farmer zahlen historische Höchstpreise für ihr Futter, und legen das auf jeden Liter um, der aus dem Euter tropft. Dass die teure Milch danach auch noch mit Sprit fressenden Trucks in den Supermarkt gefahren werden muss, setzt wiederum ein paar Cent drauf.

Doch langsam scheint sich der Trend zu ändern. Rohstoff- und Landwirtschaftsanalysten glauben, dass der Milchpreis bald wieder auf bis zu 3 Dollar sinken dürfte. Das sei vor allem der höheren Produktivität der Kühe zu verdanken, sagt Ken Bailey von der Universität Pennsylvania. Ob die Tiere wissen, wie teuer der Mais geworden ist, sei einmal dahingestellt. Tatsache ist aber, dass sie mehr Milch geben und einen Teil der Preisanstiege dadurch wettmachen können.

Vielleicht haben auch die Milchbauern dem Vieh gut zugeredet. Wenn der Preis sinkt, ist das nämlich nicht nur dem Kunden wichtig, sondern auch für die Branche. Die Preisflexibiltät bei Milch ist geringer als man von einem Grundnahrungsmittel erwarten dürfte. Die Umsätze seien wegen der höheren Preise spürbar eingebrochen, meint Mark Parrish von der traditionsreichen Crescent Ridge Dairy Farm.

Bei hohen Preisen steige der Verbraucher auf billigere Drinks um – gesundheitliche Bedenken werden beiseite geschoben, wenn´s im Geldbeutel eng wird. Auch verwandte Milchprodukte, die wegen höherer Milchpreise teils geringere Margen abwerfen und teils teurer werden, sehen einen Nachfrageeinbruch. Der wiederum fällt auf Unternehmen wie Kraft und Starbucks zurück, die beide in den vergangenen Tagen entsprechende Fußnoten in ihren (allgemein recht starken) Bilanzen hatten. Die Inflation über Milch hat also durchaus Auswirkungen in alle Bereiche Corporate Americas.



Wer kauft die NYMEX?

In den Trading Pits an der Nymex ist das Geschrei groß – wie immer. Ein paar hundert Händler machen hier die Preise für Öl und Benzin, für Destillate und Metalle. Doch während Öl mal über, mal unter 69 Dollar geht, mischen sich ungewohnte Töne in den Tumult: Man diskutiert über die Zukunft der Rohstoffbörse.

Offiziell ist nämlich nur bekannt, dass die Nymex zum Verkauf steht und das Management mit einem interessierten Käufer verhandelt. Und während erste Spekulationen deutlich in Richtung NYSE Euronext zeigten, kamen später andere mögliche Kandidaten hinzu:

Ein Deal scheint sich Beobachtern fast aufzudrängen. Die Nymex hat kein eigenes Trading System und handelt daher über die elektronische Plattform der Chicago Mercantile Exchange (CME). Eine Übernahme durch die wichtigste amerikanische Warenterminbörse würde also ganz offensichtlich Synergien bringen und Kosten sparen. Mit letzterem hat man übrigens schon intern begonnen: Die Nymex hat am Mittwoch die Entlassung von 150 Mitarbeitern bekannt gegeben.

Einen Makel hat indes die CME: Sie ist auf dem europäischen Markt nicht präsent. Und neben Kostensenkungen und Shareholder Value hat man es bei der Nymex eben vor allem auf einen Markteinstieg auf dem alten Kontinent abgesehen. Das bringt einen weiten möglichen Käufer ins Bild: die NYSE Euronext. Seit der erfolgreichen Fusion mit der paneuropäischen Börse ist das Traditionshaus an der Wall Street an den Häusern in Paris, Amsterdam, Brüssel und Lissabon etabliert.

Nicht aber in Deutschland, und auch von dort wird Interesse an der Rohstoffbörse bekundet. Die Deutsche Börse in Frankfurt soll Spekulationen zufolge schon seit Wochen mit den New Yorkern verhandeln.

Wer auch immer die Nymex übernehmen wird, muss dafür tief in die Tasche greifen. Das Unternehmen, dessen Hauptquartier mit dem Trading Floor auf zwei Stockwerken direkt zwischen dem geplanten Freedom Tower und dem Hudson River in den Himmel ragt, rechnet mit einer „signifikanten Prämie“ auf den aktuellen Kurs. Ob das realistisch ist? Zugegeben: Bis Dienstag handelte das Papier der Nymex am unteren Ende der historischen Handelsspanne, nach einem Plus von 7 Prozent liegt man aber mittendrin.


Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23-08-2007, 20:28   #732
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.611
Eine Krise breitet sich aus

Rezession – so, damit wär´s draußen. Das böse Wort will an der Wall Street keiner hören, doch denken manche darüber nach, ob die amerikanische Wirtschaft nach einigen starken Jahren tiefer einbricht als befürchtet. Ganz auszuschließen ist das nicht, denn die Hypothekenkrise hat sich längst auf alle möglichen Bereiche ausgeweitet.

Während immer mehr Banken und Hypothekenleiher zugeben, mitten im Subprime-Schlamassel zu stecken, machen sich die Folgen überall bemerkbar: zum Beispiel am Arbeitsmarkt. Mehr als 18 000 Stellen hat die Branche allein im vergangenen Monat gestrichen. Bei Lehman Brothers müssen 1200 Mitarbeiter gehen, bei Bear Stearns relativ bescheidene 240, und als American Home Mortgage Insolvenz anmelden musste, waren gleich 7000 Banker auf einen Schlag arbeitslos.

Auch in anderen Branchen gibt es Stellenabbau. Vor allem im Baugewerbe, wo immer mehr bereits verkaufte Häuser abbestellt ung folglich nicht gebaut werden. Zulieferer und branchenverwandte Unternehmen sind von der Krise mitbetroffen, nicht zuletzt die Baumarktketten.

Mehr Entlassungen belasten den Verbraucher und damit dessen Ausgabeverhalten: Die Automobilumsätze sind zuletzt deutlich eingebrochen, weil mangels Gehalts und wegen der Unsicherheit in vielen Bereichen der Wirtschaft viele Amerikaner den Kauf eines Neuwagens vertagen oder abblasen. Erste Reaktion der Unternehmen: Die Produktion wird zurückgefahren, Überstunden werden gestrichen – Entlassungen in der ohnehin krisengeschüttelten Branche sind nicht auszuschließen.

Unter den Auswirkungen der Kreditkrise leiden auch die übrigen Einzelhändler. Die Analysten von Wachivia warnen bereits vor Umsatzeinbußen bei den großen Einkausketten, die wiederum zu Entlassungen führen könnten.

Auch Luxus-Läden bleiben nicht verschont. Die Häuser in denen die wohlverdienenden Banker gerne ihr Geld ausgeben, dürften die Traumergebnisse der letzten Jahre wohl nicht mehr erreichen. Denn wer in der Finanzbranche seinen Job nicht gerade verloren hat, muss sich zumindest auf einen deutlich niedrigeren Bonus gefasst machen. Um bis zu 40 Prozent dürften die Sonderzahlungen zum Jahresende ausfallen, berichtet eine Studie am Donnerstag.

Damit tut die Kreditkrise der Wall Street immer mehr auch persönlich weh. So ist es verständlich, wenn man sich die ohnehin betrübliche Situation nicht noch schwärzer Reden will. Doch heimlich und ohne Worte stellen sich immer mehr Experten auf das Worst-Case-Szenario ein… das mit „R“ beginnt.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24-08-2007, 07:29   #733
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.611
Sinkende Zinsen, steigende Aktien?

Von Sam Stovall

...

http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...n-1461319.html
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24-08-2007, 20:45   #734
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.611
Wahlkampf im Googleplex

Barrack in Brooklyn, Hillary in Harlem, Rudy in Florida… überall in Amerika sind die Präsidentschaftskandidaten auf Stimmenfang. Es gibt ein paar Orte, die immer wieder besucht werden. New York und Hollywood zum Beispiel. Und es gibt einen Ort, an dem keiner vorbeikommt der sich zum heimlichen Zentrum des Wahlkampfs gemausert hat: der Googleplex im Silicon Valley.

Im Hauptquartier der Suchmaschine geben sich die Kandidaten die Klinke in die Hand: Die Demokraten Hillary Clinton, Barack Obama und Bill Richardson waren schon da, der Republikaner John McCain und der Unabhängige Ron Paul ebenfalls. Grund für den Besuch: Die Internetbranche hat sich zu einem der wichtigsten Sektoren für Wahlkampfspenden entwickelt. In der ersten Jahreshälfte haben die Mitarbeiter von Dotcom-Unternehmen 2,3 Millionen Dollar an verschiedene Kandidaten ausgeschüttet – mehr als doppelt so viel wie im entsprechenden Zeitraum in den beiden zurückliegenden Wahlkämpfen.

Dabei lohnt es sich längst nicht für jeden Kandidaten gleichermaßen, ins Silicon Valley zu fliegen. Die Republiker geben sich zwar stets business- und unternehmerfreundlich, sind aber in einer von jungen Leuten dominierten Branche mit Sitz im durchweg liberalen Kalifornien nicht wohlgelitten. Die Demokraten hingegen werden hier bejubelt: Hillary Clinton staubte bei einer einzigen Visite im Googleplex 33 000 Dollar an Wahlkampfspenden ab, und Barrack Obama kam sogar auf das Doppelte.

Das ist noch längst nicht alles. Viele Google-Mitarbeiter warten noch ab, bis sie ihr gesetzlich verankertes Spendenlimit ausschöpfen. CEO Eric Schmidt zum Beispiel. Im zurückliegenden Wahlkampf hatte der gleich zwei Demokraten den gesetzlich verankerten Höchstbetrag von 2000 Dollar gegeben: John Kerry und Richard Gephardt. Dass er in diesem Jahr noch zögert, wirft eine interessante Frage auf: Wartet Schmidt auf Al Gore? Der Google-Chef steht dem früheren US-Vize bekanntlich nahe und wäre nicht der einzige, der sich Gore trotz dessen bisheriger Absagen im Weißen Haus wünscht.

Außer Schmidt haben auch die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin noch kein Geld an die Kandidaten gespendet. Auch sie scheinen sich wohl noch nicht für einen Favoriten entschieden zu haben, wobei sie zumindest jeweils 5000 in ein allgemeines „Google Political Action Committee“ gesteckt haben.

Einmal im Silicon Valley unterwegs, tun die Kandidaten übrigens gut daran, eine größere Runde zu drehen. Denn auch außerhalb des Googleplex gibt es Kohle, voe allem für die Demokraten. John Thompson, der CEO von Symantec, hat vor vier Jahren an Kerry und Liebermann gespendet und jetzt an Obama, für den er auch schon ein Fundraising-Dinner im eigenen Haus veranstaltet hat. Insider rechnen damit, dass er auch Clinton unterstützen wird.

Der Präsident von Oracle, Charles Phillips, steht ebenfalls hinter Clinton, während für die Republikaner wirklich nur Brosamen übrig bleiben. Allein Ebay-Chefin Meg Whitman hat bislang 2000 Dollar an Mitt Romney gespendet. Allerdings hatte sich vor ihrem Job beim Online-Auktionshaus für dessen Firma Bain Capital gearbeitet. Persönliche Motive dürften da also eher eine Rolle gespielt haben als Politik.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27-08-2007, 20:35   #735
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.611
Der Kredit-Terror

Amerikanische Volkswirtschaftler haben Erschreckendes ermittelt: Die Hypothekenkrise ist eine größere Bedrohung für die amerikanische Wirtschaft als es Terrorismus und der Nahe Osten sind. Fragt sich, was das bedeutet und wer die Kredit-Terroristen und Subprime-Schurken sind.

Zunächst zu den nackten Zahlen: Von 258 Mitgliedern der National Association for Business Economics glauben nur noch 20 Prozent, dass Terrorismus die größte Bedrohung für das Wohl der amerikanischen Wirtschaft ist. Vor einem halben Jahr waren es noch 35 Prozent.

Dafür dagen nun 18 Prozent, dass von der Subprime-Krise die größte Gefahr für die Stabilität in Corporate America ausgehe, und weitere 14 Prozent sehen den wunden Punkt in der „exzessiven Verschuldung von Haushalten und Unternehmen“, was etwa in die gleiche Kerbe schlägt. Dass man langfristig mit Stabilität im Immobiliensektor rechnet, schlägt sich auf die Einschätzung der Gefahren nicht nieder, was die aktuelle Situation umso schlimmer aussehen lässt.

Über die Frage, wer denn nach der Verschiebung der Gefahren die neuen Terroristen sind, lassen sich die Volkswirte nicht aus. Sind es vielleicht die, die sich hoch verschuldet haben? Im klassischen Kreditsektor mag das ein Stück weit zutreffen. Denn für die enorme Haushaltsverschuldung istr natürlich jeder einzelne Ami verantwortlich, der seine Kreditkarten ausgemaxt hat.

Für die hohe Pro-Kopf-Verschuldung des Staates muss sich hingegen Washington rügen lassen – was indes keine Folgen haben dürfte. Im Gegenteil: Frisch zur neuen Woche hat der ehemalige New Yorker Bürgermeister und aktuelle Präsidentschaftskandidat Rudy Giuliani erneut dafür plädiert, die Steuersenkungen der Bush-Regierung beizubehalten um Wachstum anzufachen. Dass Steuersenkungen in Krisen- und Kriegszeiten nur bedingt möglich sind, scheint Giuliani nicht klar zu sein.

In bezug auf das Subprime-Schlamassel ist hingegen völlig klar, wo der Terror seinen Anfang fand: bei den Banken. Tausende von Kreditinstituten kämpfen in den USA einen harten Kampf um jeden einzelnen Hypothekenkunden. Da sich die Produkte jeweils sehr ähneln und über meist festgeschriebene Laufzeiten gehen, haben immer mehr Unternehmen in den vergangenen Jahren das Kleingedruckte abgeändert. Manche räumen ihren Schuldnern ein, weniger als den Monatszins abzuzahlen und damit die Hypothek laufend zu vergrößern. Andere gönnen mit dem Modell „2+28“ ihren Kunden zwei Jahre lang Ruhe und super-niedrige Zahlungen, um dann ab dem dritten Jahr umso härter zuzuschlagen.

Dass sich Kunden auf solche Angebote einlassen statt auf einen geregelten 30-Jahres-Kredit mit festen Raten zu pochen, ist diesen nur bedingt vorzuwerden. Die meistem Opfer der Subprime-Krise hat sich, betäubt vom Traum vom Eigenheim, schlicht über´s Ohr hauen lassen. „Mag ja sein, dass Sie die Raten zur Zeit nicht zahlen können“, hieß es nach Branchenuntersuchungen in vielen Beratungegesprächen. „Wenn Sie aber bald eine Gehaltserhöhung bekommen…“

Mit manchem Kunden mag da die Phantasie durchgegangen sein, mit dem Banker die Gier – immerhin lockt eine Prämie bei Vertragsabschluss. Wer´s zu weit getrieben hat, müsste mittlerweile eigentlich mit einer Kopf-Prämie gejagt werden.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Es ist jetzt 13:07 Uhr.


Powered by vBulletin® Version 3.8.4 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.
Sie haben dieses Thema bewertet: