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Alt 17-05-2006, 20:36   #481
Starlight
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Neue Qualitätskriterien in Amerikas Freiverkehr

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...r-1234390.html
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Alt 17-05-2006, 20:39   #482
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Appetit auf Whopper und Aktien

Fastfood ist Geschmacksache. Der eine bevorzugt die Fritten bei McDonald´s, die Burger bei Burger King, den Salat bei Wendy´s – die Auswahl ist grenzenlos. Außer an der Börse. Da spielte mit Burger King eine der größten Restaurantketten der Welt bislang gar nicht mit. Das ändert sich morgen mit einem viel beachteten IPO.

Am Donnerstagmorgen werden erstmals Burger-King-Aktien auf dem Parkett der NYSE gehandelt. Das Management hinter dem Deal, ein Konsortium aus Goldman Sachs Fund, Baim Capital und der Texas Pacific Group, baut darauf, dass Anleger die Aktien genau so gierig verschlingen werden wie die Whopper in den 11 141 Restaurants, die man in 67 Ländern weltweit betreibt.

Unmittelbar vor dem IPO scheint der Optimismus begründet: Erst in der vergangenen Woche hat man den Ausgabepreis der Aktie noch einmal angehoben. 28,75 Millionen Papiere sollen jetzt für 17 Dollar angeboten werden, die Marktkapitalisierung läge danach bei 500 Millionen Dollar.

Damit würde Burger King das größte IPO der Branche gelingen. Diesen Ehrentitel hatte sich bisher Pizzakette Domino´s zuschreiben können, die 2004 mit einer Marktkapitalisierung von 391 Millionen Dollar an den Start gegangen war. Wirklich erstaunlich ist das nicht, immerhin ist Burger King die Nummer Zwei der Branche und wird im Umsatz nur vom Fastfood-Primus McDonald´s übertroffen – dafür umso deutlicher: McDonald´s hat einen Marktanteil von 45,5 Prozent, Burger King kommt auf 13,9 Prozent.

Angesichts dieser Marktposition rechnen einige Analysten damit, dass das Fastfood-Papier am ersten Handelstag gleich dick zulegen könnte. Denn neben Whoppern und Milshakes gibt es noch einiges, was Appetit macht: So wiesen die Jahresumsätze von Burger King 2003 noch einen Einbruch von 7 Prozent auf, 2004 hielt man sich mit einem Minus von 0,5 Prozent flach und 2005 ging es um 6,6 Prozent aufwärts.

Dazu kommt die jüngste Erfahrung mit anderen Restaurant-IPOs: Der McDonald´s-Ableger Chipotle Mexican Grill hat sich seit seinem Börsengang vor drei Monaten etwa verdreifacht; allein am ersten Handelstag legte das Papier um 100 Prozent zu und gilt seither als bestes IPO aller Zeiten. Die Donut-Kette Tim Horton, seit zwei Monaten börsennotiert, notiert mit einem Plus von 24 Prozent.

Und nicht nur neueste Erfahrungen spielen Aktionären in die Hände, auch die Tradition des Unternehmens wird an der Börse geschätzt. Immerhin ist Burger King schon seit mehr als 50 Jahren im Geschäft, sammelte nach den Gründerjahren Management-Erfahrungen bei Pillsbury und später beim Getränkeriesen Diageo. Über die Jahre sei Burger King zu einer „fantastischen Marke mit Größe und Kraft“ geworden, meint der Restaurant-Analyst Allan Hickock.

Sein Kollege Tom Taulli, ein auf IPOs spezialisierter Analyst, ist etwas skeptischer. Zwar sei die Performance von Burger King im Sektor stark, räumt er ein, doch seien die Wachstumsraten branchenweit nicht überzeugend. Andere Expertem räumen ein, dass durch das IPO kaum Geld für Investitionen im Unternehmen aufgebracht werde. Das meiste geht weg um Insider zu bezahlen, was manchem Anleger das Vertrauen in einen Boom für den Börsenneuling nehmen könnte.

Es gibt also einiges abzuwägen bei dem Fastfood-IPO, das übrigens von JP Morgan, Citigroup, Morgan Stanley und Goldman Sachs unterschrieben wird. Wer sich bis Donnerstag nicht entscheiden kann, dem stehen in den nächsten Tagen noch die Börsengänge zweier weiterer Top-Marken zu: Am Mittwoch nächster Woche wird der Telekom-Anbieter Vonage auf das Pakett gehen, einen Tag später versucht MasterCard mit einer ersten Emmission mehr als 4,7 Milliarden Dollar aufzubringen.

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Alt 18-05-2006, 20:45   #483
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Die Wall Street sucht ihr Problem

Der größte Kurssturz in drei Jahren tut der Wall Street nachhaltig weh. Einen Tag nachdem die Blue Chips um 214 Zähler gefallen sind, die Nasdaq zum siebten Mal in Folge schwächer schloss und sämtliche bisherigen Jahres-Gewinne ausradierte, sucht man auf dem Parkett weiter nach Gründen für den Einbruch.

Die Suche ist nicht leicht. Denn wohl sind sich sämtliche Experten einig, dass die US-Wirtschaft ein Problem hat. Doch deuten die einen auf steigende Inflation und die anderen auf Schwäche – und beide haben genug Daten, um ihre These zu belegen. So wundert es nicht, dass trotz der jüngsten Daten zur Preisentwicklung und der Zins-Panik am Mittwoch die Fed-Futures auf eine 50-prozentige Chance für eine weitere Zinsanhebung im Juni deuten.

Dabei scheinen auf den ersten Blick – und in Anbetracht der jüngsten Zahlen – die Inflationssorgen zweifelsfrei begründet zu sein. Die Zins-Frage sollte nicht lauten, ob die Fed noch einmal eingreift, sondern wie oft und wie stark. Fassen wir zusammen: Der jüngste Arbeitsmarktbericht deutet auf starkes Lohnwachstum. Die Energie- und Rohstoffpreise sind so hoch wie seit Jahren nicht mehr, manche Futures handeln auf einem Niveau, das die Wall Street seit einem Vierteljahrhundert nicht gesehen hat.

Dazu wird der Trend immer deutlicher, dass Unternehmen die hohen Kosten an Kunden weitergeben. Das fing vor einem Jahr bereits an, als die Holzpreise im Baumarkt stiegen, weil die Transportkosten zugenommen hatten. Das ging im Konsumbereich weiter, als Colgate-Palmolive Preise erhöhte. Zuletzt hat der Chemie-Riese DuPont erklärt, aufgrund der um 60 Prozent gestiegenen Materialkosten die Preise in sämtlichen Produktgruppen anzuheben, und wegen des hohen Silberpreises verlangt Fuji mehr für seine Filme.

In Finanzforen werden die Proteste immer lauter, in denen sich Anleger gegen den ewigen Fokus der Analysten auf die Kern-Inflation wehren. Was nützt es denn, die volatilen Bereiche Energie und Lebensmittel aus der offiziellen Inflationsberechnung herauszunehmen, wenn diese doch immer rasanter steigen, die Lebenshaltungskosten aller Amerikaner erhöhen und über die Erzeugerpreise nun auch sichtbar auf die Produktinflation durchdrücken?

Doch halt, rufen die Skeptiker, und verweisen auf einen ganzen Schwung von Daten, der die Inflationsorgen vertreiben soll. Unerwartet schwache Einzelhandelsumsätze werden da angeführt und ein Arbeitsmarkt, der sich nur zögerlich erholt. Der Immobilienmarkt macht Sorgen und vor allem auch das zuletzt rapide sinkende Verbrauchervertrauen. „Wenn der Verbraucher einbricht, muss die Fed sich bewegen“, meint Drew Matus, der Chef-Volkswirt von Lehman Brothers – und plädiert damit für ein Ende der Zinsrunde.

Zwischen den beiden Parteien wird es so bald keine Einigung geben, was den Markt vor allem auf dem aktuell hohen Niveau noch eine Zeit lang belasten dürfte. Umso mehr dürfte Ben Bernanke froh sein, dass die nächste Notenbank-Sitzung erst in sechs Wochen ansteht. Bis dahin werden noch viele Konjunkturdaten gemeldet, auf die die Fed laut ihrem jüngsten Statement ja flexibel reagieren will.

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass seit Mittwoch nicht nur Konjunkturexperten etwas zum Grübeln haben, sondern auch die Verschwörungstheoretiker. Die schauen auf den Sturz der Blue Chips um 214 Punkte und erinnern sich: Auf den Tag genau 214 Jahre ist es her, dass New Yorker Broker an der Wall Street das „Buttonwood Agreement“ unterzeichneten und damit die New York Stock Exchange gründeten. Was uns das wohl sagen will?

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Alt 22-05-2006, 20:31   #484
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Stürmische Zeiten

Als hätte die Wall Street in ihrem aktuellen Abwärts-Strudel nicht schon genug Sorgen, werden nun erneut stürmische Zeiten angekündigt – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Zum Wochenbeginn haben die Meteorologen ihre Hurrikan-Prognose für den Sommer vorgelegt.

Die gute Nachricht vorweg: Die in der nächsten Woche beginnende Hurrikan-Saison soll nicht so schlimm werden wie die letzte, als mit Dennis, Katrina, Rita und Wilma gleich vier Stürme der dritten Kategorie über die USA hereinbrachen und für die größten Wetterschäden in der Geschichte sorgten.

Doch drohen auch 2006 massive Probleme: Bis zu 16 Stürme dürften in diesem Jahr einen Namen bekommen, schätzen die Experten des National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA). Einen Namen bekommen Stürme mit Windgeschwindigkeiten ab 60 Stundenkilometer. Ab 119 Stundenkilometern sprechen Meteorologen von einem Hurrikan, und davon soll es bis zu 10 geben.

Bis zu 6 Unwetter könnten die Kategorie 3 oder höher erreichen. Mti Windgeschwindigkeiten ab 200 Stundenkilometern dürften diese „gewaltige bis katastrophale Schäden“ anrichten, so die NOAA.

Die Zahlen für das vergangene Jahr waren schlimmer: Katrina, Rita & Co. waren Kinder einer Saison, in der 28 Tropenstürme tobten und 15 als Hurrikans gewertet wurden. Von den Schäden haben sich manche Regionen in den USA bis heute nicht erholt. In der Gegend zwischen Biloxi und New Orleans, wo Katrina unterwegs war, hat der Wiederaufbau von Häusern erst begonnen. Fabriken liegen brach, frühere Einwohner und Arbeitskräfte sind über das ganze Land verstreut. Selbst ein großer Teil der Öl-Förderung und der Kapazitäten in Raffinerien ist noch immer nicht wieder hergestellt.

Bis zu 105 Milliarden Dollar sollen allein die drei großen Unwetter der letzten Saison gekostet haben, wenn einmal alle Schäden beseitigt sind. Dazu kommen 1300 Menschenleben, die die Hurrikan-Saison des letzten Jahres in die Geschichtsbücher brachten.

Die Vorhersage der NOAA bewegt zum Wochenstart mehrere Branchen, wenngleich die Aktien nicht unbedingt ausschlagen. Doch mit den Prognosen für 2006 im Kopf werden die Versicherungen ihre Policen berechnen, Öl-Konzerne ihre Förderquoten überdenken. Anleger werden ihrerseits die Risiken neu berechnen.

Darüber hinaus wird eine Diskussion erneut beginnen, die Amerika seit Jahren spaltet: Die Hurrikans seien eine direkte Folge des Klimewandels, warnt Greg Holland, der Direktor des National Center for Atmospheric Research in Boulder im US-Bundesstaat Colorado. Aus wissenschaftlicher Sicht gebe es keine logische Alternative zu der These, dass Treibgase an der zunehmenden Zahl dr Hurrikans vor allem über der Karibik schuld seien.

Corporate America (und die Mehrheit in Washington) will davon nichts wissen und beruft sich auf William Gray, einen Hurrikan-Forscher von der Colorado State University. Der sieht die Unwetter nach wie vor als Zeichen eines Zyklus zunehmendes Sturmaktivitäten, der 1995 begonnen habe nur in fünf bis zehn Jahren abklingen solle. Eine solche Prognose beruhigt die Wall Street indes nicht. Denn fünf bis zehn Jahre mit Katastrophen wie im vergangenen Jahr dürften dem Wirtschaftswachstum in den USA nachhaltig schaden.

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Alt 24-05-2006, 20:39   #485
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GM subventioniert Benzin

General Motors drückt auf die Tube: Am Mittwoch führt die Auto-Aktie die Gewinnerliste im Dow an, man verbucht ein Plus von mehr als 4 Prozent. Das hat mit einer Aufstufung von Merrill Lynch zu tun, die Anleger so freut, dass man über negative Indikatoren im Kerngeschäft großzügig hinwegsieht.

Auf den ersten Blick fällt Optimismus gegenüber dem größten amerikanischen Automobilhersteller leicht. So berichtet Merrill Lynch, dass etwa 30 000 GM-Mitarbeiter im Rahmen der laufenden Restrukturierung Aufhebungsverträge annehmen dürften. Das wären mehr als zunächst erwartet und würde die Restrukturierung des Unternehmens deutlich voran bringen.

Doch bleibt unerwähnt – und von Anlegern unbeachtet –, dass General Motors anhaltende Probleme im Kerngeschäfte hat. Eine Meldung aus der Konzernzentrale bestätigt das. So kämpft das Unternehmen noch immer gegen rückläufige Marktanteile. Die Nachfrage nach GM-Modellen stagniert, und entsprechend hält man an Margen erschütternden Sonderangeboten fest.

Nachdem allerdings die klassischen Rabatte und Billig-Finanzierungen der letzten Saison vom Tisch sind, hat man eine neue Strategie gefunden: In Kalifornien und Florida, den aktuell schwächsten GM-Märkten, subventioniert man nun Käufern von Neuwagen das Benzin. Nur noch 1,99 Dollar sollen die Piloten von Chevrolet Tahoe und Suburban, GMC Yukon und der Wagen der Hummer-Reihe bezahlen, der Rest wird über eine Kundenkarte monatlich zurück erstattet. Das Angebot gilt bis Ende 2007, und nach Berechnugen des Managements dürfte der durchschnittliche Kunde auf Gutschriften von etwa 1000 Dollar kommen.

Mehr als alle anderen Sonderangebote in der Vergangenheit zeigt die neue Aktion allerdings das Hauptproblem von General Motors auf: Nach wie vor ist es die mangelnde Effizienz und der gerade im Vergleich mit den Konkurrenten aus Asien hohe Spritverbrauch, der die Wagen für amerikanische Verbraucher immer unattraktiver macht. Mit Subventionen an der Tanke wird sich das Problem nicht langfristig lösen lassen.

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Alt 26-05-2006, 20:43   #486
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Die Folgen von Enron

Vier Jahre dauerte es bis zur Verurteilung der Enron-Bosse. 160 Tage wurde verhandelt, drei Tage lang plädiert, das Strafmaß wird erst im September verkündet werden, fast fünf Jahre nach dem Zusammenbruch des einst größten Energiehändlers der USA. Doch noch länger als der Fall Enron werden dessen Folgen die US-Wirtschaft beschäftigen.

Ob der Konkurs von Enron in einem Wirrwarr von Bilanzbetrug, Verschwörung und Insiderhandel den amerikanischen Aktienmarkt gereinigt und durch die vielen neuen Regulierungen der letzten Jahre verbessert hat, ist allerdings nicht unumstritten. Auf der einen Seite dürften Anleger seit der Krise in 2001 durchaus wieder an Vertrauen in Corporate America und Anlage in Aktien gewonnen haben – wie nicht zuletzt der Handelsverlauf der großen Indizes zeigt.

Mit der Verurteilung von Ken Lay und Jeffrey Skilling, den ehemaligen CEO von Enron, haben die Geschworenen in Houston/Texas klar gemacht, dass die Bosse für Bilanzen einstehen müssen und persönliche Verantwortung für das Schicksal von Unternehmen und Aktien tragen. Sie haben gewissermaßen das unternehmerische Risiko wieder eingeführt, dass zwar seit jeher die teils astronomischen Gehälter für amerikanische CEOs rechtfertigt, dessen grundsätzliche Verpflichtung aber immer mehr in Vergessenheit geraten war.

Verbraucherschützer und Aktionärsgruppen sind zufrieden. „Dass die Geschworenen die vorgeschobene Unwissenheit von Lay und Skilling nicht anerkannt haben, ist ein gutes Zeichen für Anleger“, meint Barbara Roper von der Consumer Federation opf America. Und Barry Barbasch, ehemaliger Investment-Experte der amerikanischen Börsenaufsicht SEC, sieht „Linien gezogen, die Unternehmen künftig nicht überschreiten dürfen.“

Dass diese Linien nicht überschritten werden, sollen künftig auch eine ganze Reihe neuer Gesetze und Leitlinien verhindern, allen voran die Bilanzierungsregeln nach Sarbanes-Oxley. Diese und ähnliche Vorschriften indes sind es, die manche als wirtschaftsschädigend kritisieren. „Wir zahlen heute alle für Enrons Sünden“, klagt zum Beispiel Marc Fleury, Chef der Software-Schmiede JBoss. Der hat sein Unternehmen jüngst an Red Hat verkauft und sich gegen einen Börsengang entscheiden, weil der Aufwand für Bilanzprüfungen inklusive Personalkosten nicht tragbar gewesen wäre.

Mit solchen Sorgen beschäftigt sich George Roche täglich. Der Präsident des Fond-Spezialisten T. Rowe Price sieht Wettbewerbsnachteile für kleine und mittelständische Unternehmen, die seltener an die Börse gehen als wünschendwert wäre. „Vielen sind die Kosten für Sarbanes-Oxley zu hoch“, meint Roche. „Nach der Enron-Krise werden auch die vielen ehrlichen Unternehmen bestraft, die unter der Last verschärfter Regulierungen zusammenbrechen.“

Das sei umso bedenklicher, als es vor allem kleine Firmen auf Wachstumskurs seien, die Jobs kreierten.

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Alt 30-05-2006, 19:55   #487
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Was macht Hank in Washington?

Veränderungen in Washington kündigen sich meist dadurch an, dass entsprechende Gerüchte heftig dementiert werden. Seit Wochen spekulierten Insider in Regierungs- und Wall-Street-Kreisen über einen Wechsel im Finanzministerium. Ein solcher stehe außer Frage, betonte Bush immer wieder, John Snow zu ersetzen sei nicht vorgesehen.

An diesem Dienstag, wenige Tage nach dem letzten Dementi, ist es nun offiziell: Hank Paulson, bisher CEO beim Brokerhaus Goldman Sachs, soll – wenn er vom Senat bestätigt wird – John Snow ablösen, der sich auf „mehr Zeit mit meiner Familie“ freut. Paulson hatte bereits seit Wochen als möglicher Kandidat für den Posten gegolten, hatte jede Absicht zu einem Wechsel aber seinerseits dementiert. In dieser Beziehung also passt der Mann in das Bush-Kabinett.

In jeder anderen Beziehung fragen sich Insider: Was treibt Paulson nach Washington? Immerhin gilt der Goldman-Sachs-Chef zur Zeit als wohl mächtigster Mann an der Wall Street, er leitet den unumstrittenen Branchenriesen, der an sämtlichen wichtigen Mergern und Börsenstarts ebenso beteiligt ist wie im Investmentbanking und in der Vermögensverwaltung.

Vom besten Brokerhaus Amerikas stürzt Paulson nun ab und wird Teil der schlechtesten und schlechtest benoteten Regierung in der Geschichte Amerikas. Und das auch noch zu einer Zeit, in der das Finanzministerium nur noch einen Bruchteil der Kompetenz hat, die einen Mann wie Paulson einst hätte reizen können.

„Ich kann mich nicht erinnern, dass das Finanzministerium jemals so wenig die Politik mitbestimmen konnte wie heute“, klagt Peter J. Wallison, ehemaliger Finanzberater der Reagan-Regierung und Mitglied im American Enterprise Institute, einem konservativen Think Tank in der amerikanischen Hauptstadt.

Diesem Think Tank gehört auch Paulson an, ebenso der frühere Handelsminister Donald Evans. Letzterer hatte noch bis Montag als aussichtsreichster Kandidat für den Posten gegolten, zumal er am Wochenende bei mehreren Terminen an der Seite von Präsident Bush gesichtet worden war. Die internationalen Märkte nahmen diese Nebensächlichkeit durchaus ernst: Der Dollar fiel am Montagmorgen von einem Drei-Wochen-Hoch auf ein Zwei-Wochen-Tief, da Evans als Freund eines schwachen Dollar bekannt ist, ebenso übrigens wie der jetzige Handelsminister Carlos Gutierrez und Bushs Botschafter in Indien, David Mulford, die ebenfalls beide für den Top-Job im Gespräch waren.

Für all diese Karrierepolitiker hätte der Schritt ins Finanzministerium durchaus Sinn gemacht. Für Paulson sieht es ganz anders aus. Aus seiner Spitzenposition in eine Regierung zu wechseln, deren umstrittene Politik er mittragen müssen und nicht wirklich beeinflussen können wird, dürfte ihm kaum Ruhm verschaffen. Geld gibt es im Finanzministerium auch weniger als im Chefbüro von Goldman Sachs. Und so sehr sich Paulson in einer Konferenz am Morgen im Weißen Haus „geehrt“ fühlt, mit George W. Bush arbeiten zu dürfen, gibt es durchaus Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden. So ist Paulson aktives Mitglied mehrerer Umweltverbände, deren Noten für die Arbeit der Bush-Regierung katastrophal ausfallen.

Für Gesprächsstoff bei Kabinettssitzungen dürfte also gesorgt sein. Das ist umso interessanter als weder Bush noch Paulson dafür bekannt sind, bei Meinungsverschiedenheiten gleich einzuknicken. Doch lassen sich Diskussionen über Industrie und Umweltschutz vielleicht noch vermeiden. Die hohen Ausgaben der Regierung und das Rekord-Defizit hingegen werden täglich besprochen werden. Und da weiß Bush schon heute, wie er am Morgen lobte: „Hank weiß, dass die Regierung Steuergelder weise ausgeben muss – oder gar nicht.“

Sicher, Hank weiß das – in Washington steht er mit dieser Meinung aber alleine da.

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Alt 31-05-2006, 20:53   #488
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Iran-Appell beruhigt den Markt

Einen so volatilen Monat wie den Mai hat die Wall Street seit Jahren nicht gesehen. In den ersten Handelstagen arbeitete sich der Markt auf ein Plus von 3 Prozent, stürzte dann tief ab auf ein Minus von 3,5 Prozent – um dann wieder aufzuholen. Der Schub am letzten Handelstag kommt aus der Politik, die Wall Street bedankt sich bei Außenministerin Rice.

Die mächtigste Frau Amerikas hat am Vormittag in Washington eine bemerkenswerte Rede gehalten und ohne große Ankündigung das Konzept der gesamten US-Außenpolitik verschoben. Unter bestimmten Bedingungen sei die US-Regierung bereit, so Condoleezza Rica, sich den Verhandlungen europäuscher Partner mit dem Iran anzuschließen.

Wenn die iranische Regierung umgehend die Anreicherung von Uran stoppe, wären Bush & Co. bereit, sich diplomatischen Gesprächen anzuschließen – eine Option, die bislang undenkbar war, in der aber nicht nur die Amerikaner, sondern auch die Partner in der internationalen Gemeinschaft einen möglichen friedlichen Ausweg aus dem schwelenden Konflikt sehen.

Dieser Konflikt machte sich an der Börse vor allem in den Öl-Futures bemerkbar. Iran ist einer der wichtigsten Förderstaaten des schwarzen Goldes, und die Unsicherheiten um das Atomprogramm und die Angst vor möglichen Produktionsausfällen im Falle eines Krieges oder Ausfuhrstopps hatten die Futures schon mehrfach steigen lassen und das fundamentale Anlagerisiko erhöht.

Kurz nach den Kommentaren von Außenministerin Rice gibt der Ölpreis im New Yorker Handel um 2 Dollar nach und notiert nur noch bei unter 71 Dollar. „Allein die Geste, dass die USA verhandlungsbereit sind, beruhigt Anleger ungemein“, meint James Park vom Brokerhaus Rodman & Renshaw. „Lange Positionen können nachgekauft werden, die übernervösen Shortseller haben ihre Positionen geglättet.“

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Alt 01-06-2006, 20:42   #489
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Die Sorgen meines Tankwarts

Mein indischer Tankwart versucht ein Lächeln, als ich neben einer Tankfüllung für 30 Dollar noch einen Kaffee und einen Schokoriegel bezahle – es gelingt ihm nur mühsam. Er hat auch nicht viel zu lachen. Seine Zunft ist seit Monaten als Abzocker-Bande verschrieen, jedoch zu Unrecht: Mit den steigenden Benzinpreisen kommen ausgerechnet die Tankstellen immer mehr unter Druck.

Viele Autofahrer glauben das nicht. Wer zur Zeit pro Gallone einen guten Dollar mehr zahlt als vor einem Jahr, dessen Unmut entlädt sich zuerst an der Kasse. Da ist es noch des Tankwarts Glück, dass die meisten amerikanischen Fahrer per Kreditkarte direkt an der Zapfsäule zahlen. Wer aber doch in den kleinen Laden läuft und Cash auf den Tresen legt, der sagt gerne dem armen Mann die Meinung – meiner leidet darunter.

„Ich weiß, dass es teuer ist“, klagt er mir. „Aber ich kann es nicht ändern.“ Und genau das sehen viele seiner Kunden nicht ein. Die wissen zwar, dass Öl und Benzin allgemein im Preis gestiegen sind und die Preise von Konzernen wie ExxonMobil und Chevron gemacht werden. Doch unterstellen sie dem Tankwart hohe Margen und hoffen auf dessen Einlenken. Zu Unrecht, denn für den Tankstellen-Betreiber bringen höhere Benzinpreise nicht mehr Geld. Im Gegenteil: Sein Gewinn fällt.

Das liegt vor allem daran, dass bei hohen Preisen immer weniger Fahrer bereit sind, ihrem Auto Qualitätssprit zu füttern. Wer seinem Wagen seit Jahren statt der normalen 87 Oktan gerne 93 Oktan gab und sich davon eine bessere Laufleistung versprach, der schraubt dieser Tage auf den weniger edlen Saft zurück, der geringere Gewinmargen hat. Und noch mehr Kunden verlassen ihre angestammten Tankstellen ganz und fahren Umwege zu No-Name-Lieferanten, nur weil diese drei Cent billiger sind.

Dazu kommt: Je weniger Kunden meinem Tankwart bleiben, und je mehr diese Kunden für ihren Sprit ausgeben, desto weniger sind sie bereit, im Laden noch einen Snack dazuzukaufen. So leidet ein weiteres Marktsegment, mit dem die Betreiber bisher gutes Geld gemacht haben. Meinen Tankwart trifft diese Problematik doppelt hart. Schon vor einem halben Jahr hat er seinen Laden reorganisiert, gute fünfzig Quadratmeter freigemacht und den Sandwich-Verkäufer Subway wuchtige Öfen aufbauen lassen. Die Bäcker sind danach nie erschienen, die Theke verstaubt und die Mieteinnahmen bleiben aus, weil auch das Management von Subway weiß, dass die hohen Spritkosten manchem Kunden den Apettit verderben und die Umsätze in Tankstellen-Filialen zur Zeit niedriger sind als noch vor ein oder zwei Jahren, als mancher Geldbeutel noch lockerer saß.

So ist es kein Wunder, dass meinem Tankwart ein Lächeln nicht gelingen will. Ich habe Verständnis, schließlich eint uns ein Gedanke. Anders als die meisten Kunden weiß ich ja, dass auch er sich wie ich nichts sehnlicher wünscht als günstigere Spritpreise.

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Alt 02-06-2006, 21:12   #490
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Die erste wirklich globale Börse

Zum Wochenschluss blickt die Wall Street ganz auf…die Wall Street. Denn mitten im Gewühl, zwischen Händlern auf dem Parkett und Managern in der Kantine, zwischen Papierschnipseln auf dem Boden und dem Leuchtdisplay mit dem Dollarkurs ereignet sich ein spektakulärer Merger, der die Wall Street für immer verändern wird.

Die NYSE Group schließt sich in einem 15 bis 20 Milliarden Dollar schweren Deal mit der Euronext zusammen. Der Merger kommt nicht ganz überraschend. Seit Tagen wird über den Stand der Verhandlungen zwischen New York und der pan-europäischen Börse spekuliert, und erst am Donnerstag hörten Aleger bei der ersten Jahreshauptversammlung, dass ein Merger durchaus „in den nächsten Tagen“ bekannt gegeben werden könnte.

So schnell hatte man dennoch nicht damit gerechnet. Doch steckt die altehrwürdige New York Stock Exchange nun eben mitten in einer Umbruchphase, wandelt sich vom elitären Alt-Herren-Club mit eigenem Friseur und verschworenen Ritualen zu einem modernen Konzern mit Aktionären und globaler Perspektive. Den Schwung, den die NYSE Group seit ihrer Entstehung aus dem Merger mit ArcaEx und der Emmission eigener Aktien vor knapp drei Monaten gewonnen hat, nutzt CEO John Thain jetzt voll aus.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Das neue Unternehmen, das unter NYSE Euronext firmieren soll, bietet künftig Aktien-, Options- und Futureshandel fast rund um die Uhr. Das gemeinsame Handelsvolumen dürfte bis zu 100 Milliarden Dollar pro Tag betragen. Die an NYSE und Euronext notierten Unternehmen kommen auf einen gemeinsamen Marktwert von 27 Billionen Dollar.

Damit hängt das Unternehmen die Nasdaq sowie die Börsen in London und Tokio – bisher die Nummern zwei, drei und vier der Branche – deutlich ab. Experten rechnen damit, dass die Konsolidierung im Börsensektor weitergeht. Als nächstes könnte sich die Nasdaq London einverleiben, wo man schon mehr als ein Viertel der Anteile hält. Und auch die Deutsche Börse ist weiter an Wachstum interessiert. Aus einem eigenen Euronext-Deal dürfte zwar nichts mehr werden, der Trend zu einer eigenen Akquisition ist aber klar. Worauf NYSE-Chef John Thain stolz sein kann: Unter seiner Führung hat ausgerechnet die einst so schwerfällige NYSE den Stein ins Rollen gebracht.

Die NYSE und Euronext verstehen den Deal als Merger und gleichberechtigten Partnern. Allerdings werden elf von zwanzig Vorstandsposten von der NYSE besetzt und nur neun von der Euronext. NYSE-Chef John Thain wird das neue Unternehmen, einen amerikanischen Konzern mit dem Namen NYSE Euronext, leiten. Der bisherige Euronext-Chef Jean-Francois Theodore wird sein Vize und Chef des internationalen Geschäfts.

Für Aktionäre gestaltet sich das Geschäft wie folgt: Euronext-Eigner werden für jede Aktie 0,98 NYSE-Euronext-Papiere und 21,32 Euro erhalten, dazu gibt es eine einmalige Sonderdividende von 3 Euro. Zweifler können sich indes für eine All-Cash-Option entscheiden und sich im Rahmen des Mergers aus der Euronext auskaufen lassen. Doch dürfte es nicht allzuviele geben, die angesichts der global interessanten Strategie des neuen Handelskonzerns die Flucht ergreifen wollen – denn Optimismus ist allerorten zu spüren. Sandler O’Neill und J.P. Morgan äußern sich in Analysen am Freitagmorgen optimistisch zu dem Merger.

Die Experten berufen sich vor allem auf die zu erwartenden Kostensenkungen und den Fortschritt, den die NYSE in Richtung des elektronischen Handels erfahren könnte. Die NYSE Euronext kann mehrere bestehende Handelssysteme verbinden, die virtuelle Infrastruktur ausbauen und damit gleichzeitig regional unterschiedliche Stärken ausgleichen. Die nämlich sollen beibehalten werden: In New York wird weiterhin der Schwerpunkt auf Aktien liegen, in London auf Futures und Optionen, die Schwesterbörsen in Paris, Brüssel und Lissabon werden ihre eigenen Märkte betreuen und an das erste wirklich globale Netz anschließen können.

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Alt 06-06-2006, 19:24   #491
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Langsamer Fortschritt bei GM

Einige optimistische Analysten haben die Aktie von General Motors in den letzten zwei Monaten um 35 Prozent steigen lassen. Allein, auch der optimistischste Analyst kann ein lädiertes Unternehmen nicht heilen. Das muss das Management tun. Das bemüht sich auch redlich, sieht aber noch manche Schwierigkeiten in der nahen Zukunft.

Entsprechend mau war die Stimmung am Dienstagmorgen beim Aktionärstreffen von GM in Wilmington im steuerbegünstigten US-Bundesstaat Delaware. CEO Rick Wagoner selbst hatte es sich zur Aufgabe gemacht, seinen Investoren den Weg des Unternehmens aus der schwersten Krise in der Geschichte aufzuzeigen. Die gute Nachricht vorweg: Wagoner und sein Team unterschätzen die Gefahren für GM nicht. Im Gegenteil. „Es geht nicht darum, GM zu reparieren“, so der Chef, „sondern GM für die Zukunft völlig neu gestalten.“

Nicht dass man nicht schon einen großen Schritt weit gekommen wäre. Seit dem letzten Aktionärstreffen vor einem Jahr, in dem das Management 25 000 Entlassungen bis 2008 und Kostensenkungen von jährlich 2,5 Milliarden Dollar angekündigt hatte, ist einiges geschehen. Immerhin haben 30 000 Arbeiter die Aufhebungsverträge des Autobauers angenommen und den geplanten Stellenabbau einfacher gestaltet als Anleger hätten erwarten können.

Auch an der Cash-Front lief es gut. Durch den Verkauf eines 51-prozentigen Anteils an der Finanzierungstochter GMAC hat Wagoner den Barbestand bei GM um 14 Milliarden Dollar aufgestockt. Weitere 3 Milliarden Dollar brachte der Verkauf von Anteilen an Fuji und Suzuki.

Solche Erfolgsmeldungen waren es ja auch, die das GM-Papier zuletzt so steil klettern ließen. Doch dass allzu großer Optimismus nicht gerechtfertigt ist, war zuletzt einfach nicht zu übersehen. Im Mai sind die Marktanteile von General Motors erneut eingebrochen, aktuell notieren sie auf mageren 22,7 Prozent. Die japanischen Konkurrenten, allen voran Toyota und Honda, haben zuletzt ihre Umsätze im zweistelligen Prozentbereich zulegen sehen.

Zudem hängt drohend die Delphi-Wolke über General Motors. Das ehemalige Tochter-Unternehmen, das heute der wichtigste Zulieferer von GM ist, steckt seit Monaten im Gläubigerschutz. Das Management versucht, durch Lohnkürzungen Kosten zu sparen und hat sich bis dato nicht mit der Gewerkschaft geeinigt. Es droht ein Streik, der GM – das gibt Rick Wagoner zu – in einen teuren Produktionsausfall treiben könnte und schlimmstenfalls in den Konkurs.

Die Delphi-Problematik kann General Motors nicht direkt lösen, ein Stück weit liegt damit das Schicksal der Industrielegende in den Händen eines fremden Managements. Entsprechend haben es GM-Aktionäre schwer, dem Optimismus von Wagoner & Co. zu vertrauen. So fällt die GM-Aktie trotz offener Worte in Delaware am Dienstag um 1,2 Prozent.

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Alt 07-06-2006, 21:01   #492
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Greenspan is back!

Seit Tagen steht Ben Bernanke unter Beschuss. Seine jüngsten Kommentare über eine abkühlende Konjunktur, Inflation und höhere Zinsen würden die Märkte belasten, heißt es. Nur zögerlich geben einige Experten zu, dass die Wall Street unter der Botschaft leidet – und nicht unter dem Boten.

Am Mittwochmorgen waren es zunächst die Experten bei Bear Stearns, die einem jüngst angeschlagenen Ben Bernanke zu Hilfe eilten. Der Handelstrend habe schon nach unten gezeigt, bevor Bernankes Kommentare bekannt waren, so die Experten. Der Markt reagiere weniger auf die Worte des Fed-Chefs als direkt auf die Konjunkturdaten, auf die sich Bernanke seinerseits bezogen habe.

Ähnlich scheint das auch einer zu sehen, von dem die Wall Street seit seinem offiziellen Abschied von der Fed nichts mehr gehört hat. Bernankes Vorgänger Alan Greenspan sagte am Mittwoch als geladener Experte vor einem Senatsausschuss aus und verteidigte seinen Nachfolger zwar nicht direkt, gab die Schuld an den jüngsten Kursverlusten aber den hohen Energiepreisen und deren Auswirkungen auf den Verbraucher.

Jüngste Daten zeigten, so Greenspan, dass die hohen Ölpreise „nun doch einen gewissen Eindruck auf Amerika hinterlassen“ könnten. Das könnte umso schwerwiegender sein, als die hohen Preise dauerhaft zu sein drohten. Das wiederum liege an zu geringen Investitionen der Öl fördernden Staaten ebenso wie an der steigenden Nachfrage. Der könne man wiederum mit Ethanol aus Mais nur in geringem Maße entgegenwirken, da das Getreide nicht in ausreichender Menge verfügbar sei.

Mit Blick auf die direkten Auswirkungen der steigenden Preise auf die US-Konjunktur gab Greenspan nur wenige Details bekannt. Unternehmen hätten, so der ehemalige Notenbanker, bislang über steigende Produktivität die hohen Preise ausgleichen können. Der Verbraucher hingegen kämpfe mit den hohen Kosten an der Zapfsäule, wo man sich an Preise von mehr als 3 Dollar pro Gallone Sprit gewöhnen müsse.

Da wiederum der Verbraucher für gut drei Viertel des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts zuständig ist, ist die eigentliche Aussage Greenspans klar: Die Konjunktur muss schwächeln, und das allein dürfte der Grund für die sinkenden Kurse an der Wall Street sein. Bernanke wird seinem Vorgänger danken. Zumindest für einen Tag ist er aus der Schusslinie – zumindest bis zus seinem nächsten Auftritt.

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Alt 08-06-2006, 20:42   #493
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Warum die Wall Street Fußball schaut

„Soccer – the original Football“ steht spöttisch auf dem T-Shirt, das ich mir exra für die Fußball-Weltmeisterschaft gekauft habe. Man belehrt ja gerne die nur mäßig begeisterten Amerikaner. Doch auch bei denen wird der Kampf um´s runde Leder immer populärer, und das anstehende Turnier in Deutschland beschäftigt sogar die Wall Street.

Schließlich geht es bei der WM nicht nur um 11 Freunde und einen Pokal, um Doppelpass und Blutgrätsche, sondern vor allem um Geld. Dieser Aspekt ist an der Wall Street umso wichtiger als fast die Hälfte der offiziellen Fifa-Sponsoren amerikanische Konzerne und allesamt börsennotiert sind. Unter den fünfzehn größten Geldgebern finden sich Anheuser-Busch, Mastercard, McDonald´s, Coca-Cola, Avaya, Yahoo und Gillette.

Die Unternehmen setzen Millionen auf das Fußball-Event des Jahres, und dafür wollen sie Ergebnisse sehen – im eigenen Land und weltweit. Die gute Nachricht dabei: US-weit ist es in diesem Jahr zumindest etwas einfacher, ein Fußball-Publikum zu finden als bei früheren Turnieren. Zum einen sind die deutschen Spielzeiten günstiger als vor vier Jahren, als Spiele aus Japan und Korea in den USA mitten in der Nacht liefen. Zum anderen steht das US-Team (aus nicht ganz nachvollziehbaren Gründen) auf Platz 5 der Fußball-Weltrangliste und rechnet sich nach der Viertelfinal-Teilnahme 2002 durchaus Chancen auf ein respektables Ergebnis aus.

Mit den Erfolgsaussichten steigen die Zuschauerzahlen der übertragenden Sender, und damit rentiert sich das Engagement der Sponsoren umso mehr. Dafür wird es ausgerechnet im TV-Bereich immer komplizierter, mit einfachen Spots breiten Zuspruch zu finden – immerhin wird das Turnier in 189 Länder übertragen und erreicht damit Zuschauer aus höchst unterschiedlichen Kulturkreisen.

Die Werbe-Branche spricht von der größten Herausforderung überhaupt, die WM stelle sogar den Super Bowl in den Schatten. Doch haben die Agenturen ein altbewährtes Konzept gefunden: Multi-Kulti. Mastercard zeigt jubelnde Fans aus aller Herren Länder, verzichtet weitgehend auf Text und beschränkt sich allein auf den Sogan „Football Fever: Priceless“.

Der Rasierklingen-Hersteller Gillette aus der Procter&Gamble-Gruppe bedient sich digitaler Mittel und zieht den Herren im Fernsehspot je nach Zielgruppe T-Shirts in den jeweilegen Nationalfarben an. Anheuser-Busch verzichtet ganz auf Referenzen zum Publikum und wiederbelebt einen Spot, in dem Zuschauer im Stadion Schilder in die Luft halten, so dass das Bild einer Bier einschenkenden Flasche entsteht. Das ist einfaches Symbol und unmissverständlich.

Anheuser-Busch indes hat auch ganz andere Probleme als die Fernsehwerbung. Der Protest deutscher Fußballfans, die in ihren WM-Stadien die US-Plörre nicht trinken wollten, hat die Brauerei zu einer ungeahnten Kooperation mit Bitburger geführt. Das deutsche Bier fließt nun in Stadien neben dem Gebräu des Sponsors, dafür gestattet Bit den Amerikanern die Verwendung des Markenkürzels „Bud“ – ein Gericht hatte dies ursprünglich verhindert und dem US-Konzern den Namen wegen der Nähe zu „Bit“ untersagt.

Für Anheuser-Busch ist es zwar auf den ersten Blick eine Niederlage, wenn man in Stadien mit Bitburger konkurrieren muss. Andererseits hat das Unternehmen den wählerischen deutschen Konsumenten mittlerweile abgeschrieben und konzentriert seine Werbemaßnahmen auf den Fernsehzuschauer weltweit. Und für den ist „Bud“ eben griffiger als das ursprünglich verwendete „Anheuser-Busch Bud“.

Doch die Beschäftigung der US-Wirtschaft und der Börse beschränkt sich nicht auf die Werbung, die amerikanische Konzerne machen. Denn auch für zahlreiche Unternehmen außerhalb des Werbe- und Sponsorenkreises ist der Kampf um den Cup ein Riesengeschäft. Für Wal-Mart zum Beispiel, wo Fußball in tausenden Filialen in den Vordergrund gerückt wurde, oder für Verizon Wireless, wo Kunden spezielle WM-Pakete mit Textbotschaften und Videos per Handy abonnieren können.

Der Dow-notierte Medienriese Walt Disney steht zudem im Mittelpunkt des Interesses. Dessen Fernsehsender ABC und ESPN übertragen das Fußballspektakel. Der Internetriese Yahoo begleitet die Geschehnisse online und zählt schon vor Anpfiff 5,7 Millionen Besucher auf dem eigens eingerichteten Portal.

Und dann wäre da noch ein Randaspekt, der Anleger interessieren dürfte: Eine Studie von Marktforschern am Massachussetts Institute of Technology, in Dartmouth und Norwegen hat ergeben, dass am Tag nach der Niederlage eines Nationalteams die Börse im jeweiligen Land einzuknicken droht. Besonders bitter: Ein gewonnenes Spiel wirkt sich statistisch betrachtet nicht positiv auf die Kurse aus, Siege werden wohl erwartet.

Dass ernsthafte Investoren jedoch ihre Anlagestrategien so genau auf den Verlauf der WM einstellen werden, ist zu bezweifeln. Wer so fanatisch ist, wäre wohl bei den Wettbüros besser aufgehoben. Die rechnen mit Milliarden-Umsätzen. Selbst in den USA soll die WM 2006 bei den Spielmachern besser laufen als die Basketball-Meisterschaft und der Super Bowl.

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Alt 12-06-2006, 20:38   #494
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Autos zwischen Schein und Sein

Autos bestimmen den Handel zum Wochenauftakt: Größter Gewinner im Dow ist General Motors, wo man drohende Produktionsausfällt abgewendet hat, aber noch immer mit schwachen Umsätzen kämpfen muss. Größter Verlierer ist Walt Disney, nachdem ein neuer Zeichentrickfilm nur mäßig erfolgreich anlief – die Helden darin: Autos.

Es mag mit der Phsiognomie an sich zusammenhängen oder damit, dass Autos in der schwersten Branchenkrise allgemein nicht gut ankommen. Wie dem auch sei, eines steht fest: Das amerikanische Publikum mag die Stars in „Cars“ weniger als die Helden früherer Disney/Pixar-Filme, allen voran natürlich den Fisch Nemo, die Angestellten in der Monster AG oder die gefräßigen Käfer in „Das große Krabbeln“.

Am ersten Kino-Wochenende spielten die Autos US-weit nun 62,8 Millionen Dollar ein. Das reicht zwar für den ersten Platz, enttäuscht aber Anleger, die rund 70 Millionen Dollar erwartet hatten – so viel hatten zuletzt sowohl Nemo als auch „Die Unglaublichen“ eingespielt.

Bei der Bank of America glauben die Experten nun, dass der Kino-Start von „Cars“ wohl „kein kompletter Fehlstart“ war. Der Streifen sei durchaus auf dem besten Weg, profitabel zu werden. Andererseits gebe es aber zu denken, dass Walt Disney die Zeichentrickschmiede Pixar wohl zu einer Zeit übernommen hat, in der man dort an die zurückliegenden Erfolge nicht anknüpfen kann. Immerhin: „Cars“ ist der erste Film, dessen Debut weniger Geld einspielt als der direkte Vorgänger.

Zweifler denken nun darüber nach, ob Disney nicht auch ohne die Übernahme hätte bestehen können. Allerdings, so geben Insider zu, ist der Start für „Cars“ noch immer doppelt so gut wie für „Ab in die Hecke“ von Dreamworks. Noch besser freilich lief jüngst die Fortsetzung von „Ice Age“ von Fox, so dass Pixar nicht mehr die unumstrittene Nummer Eins im Animationsgeschäft ist.

Woran das liegt ist Spekulation. Sind die Zeichner bei Pixar nicht mehr so kreativ wie dereinst? Oder haben sie nur übersehen, dass Autos ohnehin schwer zu personifizieren sind, zumal in Zeiten, wo japanische Wagen den US-Modellen Marktanteile wegnehmen und Massenentlassungen bei GM und Ford den Arbeitsmarkt durcheinanderbringen und das Wirtschaftswachstum gefährden?

Die nächsten Tage werden es zeigen. Wenn sich die Situation in Detroit weiter besser, wo Angestellte beim GM-Zulieferer Delphi höhere Abfindungspakete möglicherweise akzeptieren und damit einen Konkurs von General Motors verhindern könnten, dann entdecken große und kleine Amerikaner vielleicht auch die Liebe zu Autos wieder. Pixar und Disney würde das freuen, doch sollte man jetzt schon überlegen, wer die Hauptrolle im nächsten Streifen spielen soll – vielleicht lassen sich wieder Protagonisten aus dem Tierreich finden.

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Alt 13-06-2006, 18:11   #495
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König Fußball als Konjunkturbremse

Die Wall Street sorgt sich um schwächeres Wirtschaftswachstum und hat doch einen wichtigen Faktor noch nicht einmal eingerechnet: die Fußball-WM. Die belastet die US-Konjunktur immer mehr, denn hunderttausende Fans verfolgen das Geschehen in Deutschland während der Arbeitszeit – live per Internet, Radio oder Fernsehen.

Nun ist es keine Schande, dass Volkswirte in ihren bisherigen Schätzungen König Fußball außer acht gelassen haben. Immerhin hat der Kampf um das runde Leder bisher in amerikanischen Sportbars kaum eine Bedeutung gehabt, und im Büro schon gar nicht. Football und Baseball waren gefragt, und diese Spiele laufen stets nach Feierabend.

Mittlerweile jedoch scheint die erste Generation amerikanischer Soccer-Kids fest im Berufsleben zu stehen. Dass amerikanische Konzerne immer rascher global wachsen und ausländische – fußballbegeisterte – Mitarbeiter haben, facht die Problematik an. Bei den ersten acht Spielen des laufenden Turniers haben jeweils 2,6 Millionen Amerikaner zugesehen und damit dreimal so viele wie bei den ersten acht Spielen der WM2002.

Unternehmen gehen höchst unterschiedlich mit der neuen Fußball-Begeisterung um. Da gibt es zum einen die sieben US-Unternehmen, die das globale Vermarktungspotenzial der Weltmeisterschaft erkennt haben und ganz offen als Fifa-Partner auftreten. Dann gibt es andere, nach unrepräsentativen Umfragen die meisten zumindest im New Yorker Finanzviertel, die ihren Mitarbeitern zumindest genug Raum geben, ihre Leidenschaft ausuleben. Auf dem Trading Floor der Deutschen Bank und bei J.P. Morgan läuft auf etwa der Hälfte der Bildschirme Fußball, die andere Hälfte bringt weiterhin Finanznachrichten.

Goldman Sachs und McDonald´s haben die Pausenräume für Mitarbeiter teilweise mit neuen Großbildschirmen ausgerüstet. „Dank der Fernseher in den Pausenräumen kommen meine Leute gar nicht auf die Idee krank zu feiern und zu Hause zu schauen“, meint Paul Cottrell, Franchise-Nehmer von McDonald´s in New Jersey.

Nicht alle Arbeitsnehmer haben es freilich so gut: Juan Luna, Broker an der Wall Street, stiehlt sich zur Zeit mehrmals täglich davon und macht „Kippenpause. Dabei rauche ich gar nicht.“ Luna stillt seinen Fußball-Durst in einem Restaurant im Erdgeschoss seines Bürogebäudes. Dylan Wilbanks, Webmaster bei einem großen Unternehmen, hat einen Besuch von seinen Eltern vorgeschoben, um für die Partie USA-Tschechien einen Tag frei zu bekommen.

Auf solche Maßnahmen müssen auch Arbeitnehmer bei gut 15 Prozent aller US-Unternehmen zurückgreifen, die während der WM sämtliche fußballorientierten Webseiten per Spezial-Software gesperrt haben.

Solche drastischen Regeln sorgen zwar nicht gerade für Top-Stimmung am Arbeitsplatz, sind aber durchaus nicht unberechtigt. Eine Studie aus Großbritannien hat ergeben, dass die Begeiterung britischer Arbeitsnehmer für die Fußball-WM die Unternehmen auf der Insel etwa 7,5 Milliarden Dollar kosten dürfte. Vergleichszahlen für die USA gibt es nicht, doch dürfte die schiere Größe der Konjunktur die im Vergleich zu den Briten etwas geringere Fußballbegeisterung klar wett machen.

Schuld an den Milliarden-Einbußen in Produktivität und Ausstoß sind übrigens nicht allein die TV-Übertragungen, sondern vor allem auch die Internet-Provider – allen voran Yahoo. Als offizieller Partner der WM2006 präsentiert das Portal nach jedem Spiel mehrere zweiminütige Highlights, die in Rekorszahlen heruntergeladen werden. Ein Tabellenservice von Google, wo Ergebnisse in Echtzeit verarbeitet und in den Spielplan eingerechnet werden, lenkt Arbeitnehmer zusätzlich ab.

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