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Alt 24-10-2006, 18:03   #571
Starlight
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Ein Laptop verbessert die Welt

Das Ding sähe ja aus wie die „Hausaufgabe für den Technik-Unterricht“, höhnte einst sogar der visionäre Apple-Chef Steve Jobs über den XO. Doch der 100-Dollar-Laptop, der die Ausbildung von Millionen Kindern in Dritte-Welt- und Schwellenländern revolutionieren könnte, geht jetzt tatsächlich in Produktion.

Ab November sollen die ersten Geräte ausgeliefert werden, die sich der frühere Chef des Media Lab am renommierten Massachussetts Institute of Technology (MIT), Nicholas Negroponte, ausgedacht hat. Vom ersten Konzept und dem Prototypen bis zum jetzigen Serienmodell hat der XO eine beachtliche Entwicklung hinter sich:

Weg ist die Kurbel, die Schüler am Laptop unabhängig von der Stromversorgung machen sollte. Eine solche Kurbel war ja abgebrochen als der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan den Computer bei einer Technologie-Konferenz präsentierte. Der XO kommt jetzt mit einer Aufzieh-Schnur ähnlich der eines Rasenmähers. Ein Zug lässt den Laptop lange genug laufen, nicht zuletzt dank eines revolutionären Energiespar-Konzepts.

So läuft der XO auf einem AMD-Prozessor, der nur 5 Watt verbraucht statt der übrigen 50 bis 100 Watt, die ein durchschnittlicher Laptop-Prozessor schluckt. Auch der Bildschirm ist ein ungewöhnlich stromsparendes Modell, das sogar ausgeschaltet werden kann – der Kontent ist dann wie bei einer Zeitung allein über das reflektierende Licht von außen zu sehen.

Der Kontent übrigens macht da weiter, wo die Hardware schon neues Terrain betreten hat: Google stellt Opensource-Software zur Verfügung, die freie Enzyklopädie Wikipedia stellt eigene Seiten für den XO zusammen. Kein geringerer als Weltverbesserer Bono und seine Mannen von U2 machen das Gerät dann wirklich schick und steuern Soundeffekte bei.

Damit sind auch schon einige der Partner genannt, die an OLPC – „one laptop per child“ – mitarbeiten. Weitere sind der Chiphersteller Marvell, der Netzwerkspezialist Nortel und der Programmierer Red Hat. Kooperiert wird auch mit Quanta Computer in Taiwan, dem weltgrößten Laptop-Hersteller. Die Partner versorgen Negroponte und sein Team nicht nur mit erstklassiger Ware, sondern vor allem mit unschlagbaren Preisen. „Alle stehen wirklich hinter dem Projekt“, lobt OLPC-Vize Mark Foster.

Foster hat den Prototypen mittlerweile in zahlreichen Foren und Expertenrunden vorgestellt, bald will er die ersten Geräte ausliefern. Die ersten 5000 Stück werden noch im November fertig sein, dann sollen am nächstem Sommer jährlich mehrere Millionen aufgelegt werden. Fünfzig Millionen XO-Computer sollen bis 2008 bei Kindern in aller Welt verteilt sein – gesponsert übrigens von den jeweiligen Regierungen.

Die ersten Lieferungen gehen nach Brasilien, als nächstes ist Nigeria dran, doch wird das afrkanische Land schon von der Konkurrenz umworben. Intel kritisiert das OLPC-Projekt hart und schreibt in einem Brief an den nigerianischen Präsidenten Olusegun Obasanjo, dass es sich nur um einen „PC mit sehr begrenzten Möglichkeiten“ handele. Man will dem Land nun seinerseits 3000 voll funktionsfähige Computer spenden, dazu Software für 10 Millionen Dollar.

XO-Erfinder Negroponte kann das nur recht sein. Er hat sein Projekt nicht als Business gegründet, das Konkurrenz scheut, sondern als nicht profitorientierte Organisation. „Wenn ich mit einem billigen Computer andere dazu bringe, teure Computer zu spenden, dann ist das fantastisch“, meint der Chef von „One Laptop per Child“.

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Alt 25-10-2006, 20:18   #572
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Die Sorgen der Öl-Konzerne

Von einer Krise will man in der Öl-Industrie mit Sicherheit nicht sprechen. Doch hat mit ConocoPhilips der erste Energieriese die Quartalserwartungen verfehlt, und weitere Enttäuschungen dürften folgen. Ein Blick hinter die Bilanzen zeigt: Die goldenen Jahre der Branche dürften bereits zu Ende gehen.

Dabei ist es nicht allein der Ölpreis, der der Branche Sorgen macht. Der hat zwar in den letzten Wochen deutlich nachgelassen und notiert aktuell fast 25 Prozent unter seinem Allzeit-Hoch von fast 80 Dollar pro Fass. Doch liegt der Durchschnittspreis für das dritte Quartal noch immer um 12 Prozent über dem des Vorjahresquartals.

Und doch gehen die Gewinne der Konzerne zurück, wie sich bei ConocoPhilips zeigt. Das Unternehmen blickt für die vergangenen drei Monate auf einen Gewinneinbruch um immerhin 15 Prozent und verfehlt damit die Prognosen. Das ist nur zum Teil auf die kurzzeitigen Produktionsausfälle zurückzuführen, die das Unternehmen wegen eines Schadens an der Alaska-Pipeline hinnehmen musste, die man gemeinsam mit BP betreibt. Auch die höheren Produktionskosten allein reichen nicht aus, die schwachen Zahlen zu begründen.

Vielmehr kämpft das Unternehmen mit einem deutlichen Einbruch bei den Erdgas-Preisen. Der hängt vor allem damit zusammen, dass die Förderung im Golf von Mexiko wieder läuft, die im letzten Jahr nach dem Hurrikan Katrina stark gelitten hatte und für mehrere Monate ganz ausgefallen war. Erdgas macht etwa ein Drittel des Umsatzes bei vielen Unternehmen aus, die gemeinhin als Öl-Riesen erklärt werden.

Zu denen gehört natürlich auch ExxonMobil, und der Branchenriese wird am Donnerstag Zahlen vorlegen. Zwar ist vorher nicht abzusehen, ob das Unternehmen die Erwartungen erfüllen wird oder nicht, doch sind diese schon deutlich geringer als die Ergebnisse der vergangenen Quartale hätten erwarten sollen. Immerhin: Vor weniger als einem Jahr verbuchte das Dow-notierte Unternehmen mit einem Gewinn von 10,7 Milliarden Dollar den höchsten Quartalsgewinn, den je ein Unternehmen melden konnte.

Für das abgelaufene Quartal rechnen Anleger noch mit einem Gewinn von 9,7 Milliarden Dollar. Neben den niedrigeren Gaspreisen ist für den Einbruch noch eine weitere Ausgabe verantwortlich: eine Sondersteuer. In den USA mit ihrer Öl-nahen Regierung konnten Exxon & Co. eine solche Abgabe zwar bisher verhindern, nicht aber im Ausland. Großbritannien kassiert mehr denn je für die Öl-Förderung in der Nordsee, und im abgelaufenen Quartal mussten die Unternehmen zum ersten Mal zahlen.

Davon besonders betroffen war natürlich BP, wo man auch den größten Teil der Produktionseinbußen nach dem Alaska-Leck einstecken musste. Entsprechend schwach waren die Zahlen des Konzerns. Ob künftig auch für die Förderung im Golf von Mexiko mehr gezahlt werden muss, oder ob Konzerne nach den Rekordjahren höhere Gewinnsteuern auch in den USA abführen liegt unter anderem am Ausgang einer in zwei Wochen anstehenden Wahl für den US-Kongress. Die Republikaner drohen die Mehrheit in beiden Kammern zu verlieren, was die Öl-Branche nach einigen regierungsnahen Jahren Einfluss kosten dürfte.

Verkaufssignale sehen Analysten in den jüngsten Zahlen aus der Ölbranche deshalb aber nicht. Der Ölpreis ist noch immer höher als im historischen Mittel, das Produktionswachstum ist ansehnlich.

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Alt 27-10-2006, 20:33   #573
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Die Opec, das zahnlose Kartell

Die niedrigen Pegel in den Öl-Lagern haben der Wall Street in dieser Woche Sorgen gemacht. Das ist etwas überraschend, denn die Lager sind immer noch voller als vor einem Jahr um diese Zeit. Zudem hatte sich der Markt zuletzt wenig um die verfügbaren Öl-Mengen gesorgt, selbst die Opec fürchtet man nicht mehr.

Mehr als eine Woche ist es nun her, dass die Opec die Förderquote um 1,2 Millionen Fass pro Tag gesenkt hat. Das Kartell war damit etwas weiter gegangen als erwartet. Analysten waren davon ausgegangen, dass die Quote wohl um 1 Million Fass gesenkt werde, doch wollte die Opec sich schließlich nicht dem allgemeinen Konsens anschließen, sondern auch wieder einmal die Muskeln spielen lassen.

Umso ärger muss es die Öl-Minister in den Tagen nach ihrer Konferenz getroffen haben, dass der Markt von der Senkung gar nicht sonderlich beeindruckt war. Das einzige Ziel – durch geringere Fördermengen den Preis wieder nach oben zu drücken – hat man verfehlt. In den Tagen nach der Opec-Sitzung brach Öl weiter ein, zur Zeit handelt der Rohstoff etwa unverändert auf dem Niveau vor der Ankündigung.

Amerika fürchtet die Opec nicht mehr, obwohl das Kartell noch immer für 43 Prozent der weltweit geförderten Öl-Menge verantwortlich ist. Doch reagiert man längst mehr auf Taten als auf Worte, denn die Opec hat in den vergangenen Jahren häufig mehr gebellt als gebissen. Öl-Spekulanten werden die Opec erst in ihre Preiskalkulation einbeziehen, wenn diese geringere Förderquoten nicht nur ankündigt, sondern umsetzt.

Das wiederum ist erst für November geplant, und es ist überhaupt nicht sicher, ob sich die Mitgliedsstaaten letztlich an die Vorgaben aus der Sitzung halten. Zuletzt taten sie das nämlich häufig nicht, wie Öl-Analyst Thomas Hartmann von Altawest Worldwide bestätigt. Die einzelnen Staaten fördern über ihre offiziellen Quoten hinaus und beschummeln ihre Kartell-Kollegen, um für sich selbst höhere Gewinne einzustreichen.

Dieser interne Betrug ist ein offenes Geheimnis, weshalb es auch offizielle und inoffizielle Förderquoten gibt – die beiden trennen zur Zeit eine halbe Million Fass. Die neuen, gesenkten Quoten sollen nun von den offiziellen, niedrigeren Mengen ermittelt werden, droht die Opec, doch das beeindruckt längst niemanden mehr.

Zumal die Opec nicht nur bei den Quoten mogelt, sondern noch einen anderen Fehler begangen hat. Man hat, so Rakesh Shankar von Moody´s, in der jüngsten Sitzung die ungenutzten Kapazitäten verdoppelt. Bis zu 3 Millionen Fass pro Tag wären noch drin, heißt es aus dem Kartell, und damit hat der Markt offensichtlich keine Grund zur Sorge. Das letzte Mal als die Opec von derart großem Förderpotenzial gesprichen hat, lag der Ölpreis bei 30 Dollar, erinnert sich Shankar.

Auf 30 Dollar wird der Rohstoff in nächster Zeit wohl dennoch nicht sinken, dafür sorgt schon der im Winter allgemein höhere Bedarf, zudem gibt es auch noch die Krisen in zahlreichen Öl-Staaten außerhalb des Kartells, etwa der Streit mit Venezuela oder die Angriffe auf Öl-Firmen in Nigeria.

All das macht die Opec langfristig zum wichtigsten Partner der USA, wenn es um Öl-Lieferungen geht. Ganz nach Belieben kann das Kartell die Preise aber nicht diktieren, dass hat der Markt in den letzten Tagen bewiesen.

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Alt 30-10-2006, 21:08   #574
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Wal-Mart´s Fashion-Faux-Pas

Wäre alles nach Plan gelaufen, würden sie heute feiern bei Wal-Mart. Eine trendige Mode-Kollektion sollte neues Publikum anlocken, vor allem von außerhalb der Unterschicht. Das hätte die Umsätze gesteigert und den Gewinn über Jahre hinaus hoch halten sollen. Doch so kam es nicht – die Oktober-Bilanz enttäuscht bitter.

Mit einem Umsatzwachstum von 0,5 Prozent blickt Wal-Mart auf den schwächsten Monat seit mehr als sechs Jahren. Das ist umso bitterer als man zunächst mit einem Plus von 2 bis 4 Prozent gerechnet hatte, und nun auch noch unter den später revidierten Erwartungen von 1 Prozent gelandet ist. Doch was CEO Lee Scott mehr grämen wird als bloße Zahlen, ist, dass die Umsätze wohl nicht trotz einer neuen Strategie schwach waren – sondern wegen der neuen Strategie.

Denn Wal-Marts Plan, sich ganz nach dem Modell des Konkurrenten Target ein wenig aus dem Tiefstpreissegment heraus zu wagen, ging völlig daneben. Die Modelinie „Metro 7“ kam nur in einigen ausgesuchten Märkten an. Da half es nicht, dass Wal-Mart eigens die amtierende Miss Universe, Dayanara Torres, als Model angeheuert hatte. „Metro 7“ lag wie Blei in den Regalen, an den schickeren – und teureren Blusen und Hosen liefen die Kunden vorbei.

Ein ebenso bitteres Schicksal war übrigens der Herren-Kollektion „Exsto“ beschert, auch eine Linie von Designer Mark Eisen kam nicht an, und die organischen Baby-Artikel aus der Kollektion „George“ sind auch nicht der Renner.

So enttäuschend das für Wal-Mart ist, ist es doch nicht überraschend. Die Kundschaft des weltgrößten Einzelhändlers will keine organischen Extras und ist auch nicht am trendigsten Outfit interesseiert, sondern ganz allein am niedrigsten Preis. Den hat Wal-Mart, und sonst nichts. Während dem Konkurrenten Target mit Designer-Mode und qualitativ hochwertigen Artikeln schon vor Jahren ein cooles Images gelang – viele Amerikaner sprechen den Laden mit gespieltem französisch „Tar-schee“ aus – ist Wal-Mart am selben Konzept gescheitert.

Der Einzelhandels-Analyst Howard Davidowitz kann nicht fassen, dass das Unternehmen die Gefahren eines Image-Wechsel nicht erkannt hat. „Kaum ein Händler hat ein so gefestigtes Image wie Wal-Mart“, anerkennt der Experte. „Ein solches Image lässt sich nicht so einfach ändern.“ Über die Kleider-Abteilung schon gar nicht. Wal-Mart verkaufe nun mal keine Mode, sondern höchstens Körperbedeckungen.

Wal-Mart CEO Lee Scott stimmt zu. „Wir haben es übertrieben mit der Mode“, meint er. „Wir müssen daran denken, wer wir sind.“

Das Hochpreis-Segment muss Wal-Mart dennoch nicht komplett abschreiben. Mit organischen Lebensmitteln und Elektronikgeräten von Kameras über mp3-Spielern bis hin zu Computern ist dem Unternehmen ein Einstieg bei Kunden oberhalb der Unterschicht gelungen, das noch ausbaufähig ist. Allein, Mode und Design sollte man anderen Händlern überlassen.



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Alt 31-10-2006, 20:43   #575
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Strategien zu Halloween

Es gibt keine Statistik darüber, wer an Halloween mehr verdient: Die Süßwaren-Industrie oder die Zahnärzte. Sicher ist aber, dass an letztere keiner denken mag, der am Dienstagabend irgendwo zwischen New York und Nebraska durch die Nachbarschaft zieht und mit der knappen Forderung „Trick or Treat“ um ein paar Schleckereien bittet.

Die Schleckereien bekommen die Kinder meist. Schließlich will keiner, dass nachher ein Halloween-Spuk auf dem Haus lastet und irgendwelche Geister den Schlaf rauben. Jeder anständige Amerikaner hat also einen riesigen Korb Süßigkeiten gleich neben der Tür stehen. Darin geht es bunt zu, es tummeln sich Schokoladen und Schokoriegel, Lakritz, Bonbons, Marshmallows – und meist hat bei der Auswahl der Ware nur eines eine Rolle gespielt: der Preis.

Was billig ist, ist nicht immer gut – vor allem nicht im Süßigkeitenregal. Die bunten Packungen, die in den Wochen vor Halloween in allen Supermärkten gleich am Eingang lagerten, sind Kalorien- und Zuckerbomben. Während sich Politiker immer mehr um Übergewicht als neue Volkskrankheit sorgen und die amerikanische Gesundheits-Lobby zu gesunden Snacks rät, kämpfen die Süßwaren-Hersteller um ihren Markt. Mit kreativen Mitteln.

So gibt es vor Halloween nicht nur alle möglichen „Treats“ im preisgünstigen Sammelpack, sondern – noch verlockender – in neuen Varianten, manchmal streng limitiert. Da wird für sechs Wochen statt normaler Michschokolade weiße Schokolade genommen, da hat das Snickers eine Kürbisform. Hershey hat es vor einigen Jahren schon vorgemacht, die übrigen Hersteller sind schnell nachgezogen, und zur Zeit dürfte M&M der Anbieter mit den besten Einfällen sein. Nicht nur zu Halloween übrigens, sondern auch über´s Jahr verteilt zu allen möglichen Anlässen. Weiße M&Ms stellten Perlen dar als die kleinen Chocolates Werbung zum Piraten-Film „Fluch der Karibik“ machten, schwarze M&Ms in den Tüten erinnerten an „Darth Vader“, während der letzte „Star-Wars“-Streifen lief.

Für die Süßwarenbranche hat eine „Limited Edition“ übrigens gleich zwei Vorteile. Einerseits schlagen Kunden verstärkt zu aus purer Angst, etwas zu verpassen. Andererseits lassen sich auf diesem Wege neue Geschmackstrends erproben. Denn über die Verkaufserfolge lässt sich schnell ausrechnen, wie gut ein Riegel mit Kürbisgeschmack ankam, oder ob die neue Schoko-Marshmallow-Kombi ankommt. So lassen sich effektivere Produkt-Strategien entwickeln als zuvor. Denn wenn der Kunde mit dem Geldbeutel abgestimmt hat, ist das für jeden Süßigkeiten-Hersteller ein zuverlässigeres Urteil als frühere Geschmacksumfragen.

Auf eines jedenfalls können sich die Unternehmen verlasen – auch ohne Umfragen. Gewisse Wünsche der Gesundheits-Apostel werden wohl nie in Erfüllung gehen. So bleibt der Cartoon in der Halloween-Ausgabe von „Time“ wohl immer ein Witz: Da steht ein kleiner Geist und hält verstört ein Stück Brokkoli in der Hand. Doch das würde wohl kein Amerikaner den Kids antun, und das wiederum freut auch den Zahnarzt.

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Alt 01-11-2006, 21:02   #576
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Was bringt der goldene Herbst?

Im Central Park färben sich die Blätter, doch wirklich golden ist der New Yorker Herbst an der Wall Street. Die großen Indizes klettern und klettern, sowohl die Blue Chips als auch der breite Markt haben im September und Oktober um mehr als 6 Prozent zugelegt – dabei gehören die beiden Monate historisch betrachtet zu den schwächsten.

Man fährt dem Markt angesichts einer so starken Performance ja ungern in die Parade. Doch stellt sich kritischen Experten – und die gibt es immer mehr auch auf dem Parkett – die Frage, ob die jüngste Rallye auf einem so soliden Fundament steht, wie man sich das angesichts der historischen Höchststände wünschen werden.

Knappe Antwort: Nein.

Es gibt zahlreiche Faktoren, die den Markt bedrohen. Unklar ist nur, wann das ein oder andere Szenario eintrifft, oder ob eines Tages gar eine Kettenreaktion ausgelöst wird, da alle für den Markt gefährlichen Aspekte irgendwie miteinander verknüpft sind. Fast alle, streng genommen, denn etwas losgelöst von allen anderen Dingen handeln die Rohstoffe. Der Ölpreis hat in den letzten Wochen dramatisch nachgegeben, was dem Markt gut gefallen hat. Doch könnte das schwarze Gold schnell im Preis steigen, wenn die Opec ihre Förderaquoten tatsächlich kürzt, sich die internationalen Krisen wieder etwas vertiefen oder wenn der Winter sehr kalt wird und die Nachfrage steigt.

Doch abgesehen vom Ölpreis bestimmen manche Faktoren den Markt, die sich schnell verschieben können. Da wären die hohen Bilanzdefizite. Die Schulden der USA im Ausland gefährden die Stabilität des Dollar, denn China und Co. könnte eines Tages der Appetit auf den Greenback vergehen. Ein schwächerer Dollar würde steigende Zinsen mit sich bringen.

Steigende Zinsen, die in der aktuellen Einschätzung der Fed-Politik nicht vorgesehen sind, bedrohen den Immobilienmarkt. Geht es für die Häuser weiter bergab, können die Amerikaner aber auch weniger Geld auf ihren Besitz leihen, was die Verbraucherausgaben drücken könnte. Diese stehen aber nicht nur hinter zwei Dritteln der amerikanischen Wirtschaft, sondern wirken sich direkt auf verschiedene Bereiche aus:

So würden sinkende Ausgaben die Unternehmensgewinne beeinträchtigen, und in letzter Konsequenz auch den Arbeitsmarkt.

Das eigentlich Schlimme an dieser Folge von Szenarien: Sie ist nicht unwahrscheinlich. Der Markt hat sich zuletzt über viel Unsicherheit hinweggesetzt. Bisher ist alles gutgegangen. Doch ist die Wall Street keine Einbahnstraße, und im Herbst färben sich bekanntlich die Blätter nicht nur golden – sie fallen auch.

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Alt 02-11-2006, 19:17   #577
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Potemkinsche Dörfer in US-Malls
In den Wochen bis Weihnachten mag der Einzelhandel mehr als sonst im Vordergrund stehen. Doch auch außerhalb der Fest-Saison ist die Branche spannend, weil nah am Verbraucher. Analysten und Anleger warten daher nicht untätig auf Umsatzzahlen, sondern sehen sich immer wieder nach richtungsweisenden Trends um.

Einen neuen Trend können Amerikaner derzeit in Malls im ganzen Land entdecken. Immer mehr Modeketten stellen ein Konzept auf den Kopf, das dem Einzelhandel mehr als hundert Jahre lang gedient hat: das Schaufenster. Statt hinter großflächigen Scheiben die neueste Ware auszulegen und Kunden zu ködern, verstecken sich manche Läden hinter Backsteinmauern und hölzernen Fensterläden.

Dabei schämt man sich nicht etwa für ein schlecht ausgesuchtes Sortiment. Vielmehr schafft man Atmosphäre durch potemkinsche Bauten, die weniger die kalt geflieste Mall mit Gedränge und Fast-Food repräsentieren als das Flair einer Altstadt. In manchen Einkaufsmeilen in New Jersey sieht es mittlerweile aus wie in New Yorks schicken Greenwich Village – oder jedenfalls so, wie sich New Jersey das Greenwich Village vorstellt.

Trendsetter ist – wie oft im Mode-Bereich – Abercrombie & Fitch. Das Unternehmen steht nicht nur hinter der gleichnamigen Marke, sondern auch hinter Ruehl No. 925 und Hollister, die das A&F-Publikum auf Mitt-Dreißiger und Surf-Fans ausdehnen. So unterschiedlich die Zielgruppen, so unterschiedlich das Ladendesign: Hinter dem Altstadt-Bau verbirgt sich Ruehl, während die Westküsten-Mode von Hollister in einer Art Surf-Shop mit rohen, weißen Bretterwänden feilgeboten wird.

Das verbessert nicht nur die Einkaufs-Atmosphäre, sondern soll auch mehr Kunden in den Laden ziehen. Der Versuch ist gewagt, wie viele Einzelhandels-Analysten bestätigen. Denn nicht jeder Mall-Kunde kommt mit ausreichend Neugier, um mangels Schaufenster hinter die Kulissen zu blicken. Manche laufen einfach weiter. Doch erste Studien haben ergeben: Vor allem das jüngere Publikum fühlt sich von dem weniger transparenten Design eher angezogen als abgeschreckt.

Für junge Kunden scheint der „versteckte Verkauf“ der neuesten Mode sogar deren Schein von Exklusivität zu erhöhen. Branchenanalyst Baco Underhill vergleicht die blickdichten Mauern mit der Samtkordel, mit der New Yorker Clubs abgesperrt sind – und vor deren Türen sich am Wochenende hunderte von Fans aufreihen, die begierig auf Einlass warten.

Dass sich im Gegenzug manch ein Kunde in den Laden verirrt, der gar nicht zum angebotenen Sortiment passt, stört die Unternehmen nicht. Älteren Herren im dunklen Anzug müsse man zwar hin und wieder erklären, dass sich die laute Musik und bunte Mode mit provokanten Schriftzügen an 20-jährige Mädchen richte, geben Angestellte bei A&F in New Jersey zu, doch stört sich daran keiner.

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Alt 02-11-2006, 19:19   #578
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Aktien-Rally nimmt Fahrt auf

Von Mark Arbeter

...

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Alt 03-11-2006, 19:04   #579
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Die Wall Street sieht grün

An der Wall Street sieht man grün. Das wäre nichts neues, ginge es nur um Dollarbündel oder steigende Aktien. Seit einiger Zeit aber hält der Umweltschutz Einzug im New Yorker Finanzviertel. Immer mehr Banken und Broker arbeiten Energie sparend – vielleicht, weil sie die steigenden Öl- und Gaskosten am besten kennen.

Was auch immer sich an der Wall Street abspielt, hat mit Geld zu tun. So üben sich die Unternehmen zwar im Umweltschutz und schonen Ressourcen – am Ende sparen sie aber auch gewaltig, und das könnte Nachahmer auf den Plan rufen. An Beispielen mangelt es nicht:

Bei der Credit Suisse in Manhattan stehen tief im Keller sechzig mit Neopren beschichtete Eis-Tanks, die jeweils zweieinhalb Meter hoch sind und einen Durchmesser von zwei Metern haben. Wenn die Broker schlafen produzieren sie mit billigem Nachtstrom tonnenweise Eis. Das wird dann tagsüber ins zentrale Kühlsystem eingespeist, an dem nicht nur die Klimaanlage hängt, sondern auch die Aggregate, die Computer und Großrechner lüften.

Die zeitversetzte Eis-Herstellung spart der Großbank bares Geld. Der Stromverbrauch in Spitzenzeiten ist um 900 Kilowatt niedriger, man spart bis zu 1 Million Dollar im Jahr. Die Anschaffungskosten sollen in zweieinhalb Jahren ammortisiert sein, ein Jahr früher als geplant.

Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel für Energiesparer setzt Goldman Sachs. Das neue Hauptquartier in Jersey City ist eines der größten Gebäude in den USA, denen das Umweltsiegel zuerkannt wurde. Der Wolkenkratzer speichert Tageslicht, nutzt Regenwasser für sein Kühlsystem und hat sogar die Außenwände danach gestaltet, für Zugvögel sichtbarer zu sein, um deren Todesrate zu senken.

Andere Broker nehmen sich Goldman Sachs zum Vorbild. Morgan Stanley lässt gerade ein Kühl- und Eissystem installieren und beschäftigt dazu die Experten, die beim Konkurrenten schon zugange waren.

Einen besonderen Anreiz bietet den Unternehmen übrigens der Staat. New York hat sich mit 300 000 Dollar an den umweltbewussten Investitionen bei der Credit Suisse beteiligt, bei Morgan Stanley hat man 820 000 Dollar zugeschossen.

Die Subventionen scheinen sich auch für den Staat auszuzahlen. „Es ist lobenswert, dass die Großbanken ihre Energieeffizienz verbessern“, meint Peter Smith, der Leiter der zustäbndigen Energiebehörde. „So große Projekte dienen als Modell für andere Unternehmen, die ihrerseits anfangen Energie zu sparen.“

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Alt 07-11-2006, 17:59   #580
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Die Wall Street und die Wahlen

Auf den ersten Blick ist alles ganz einfach: Gewinnen die Republikaner die heutigen Kongresswahlen, klettert die Börse weiter. Gewinnen die Demokraten die Mehrheit, brechen die Börsen ein. Doch so leicht lässt sich der Handel nur kurzfristig vorhersagen, die langfristigeren Prognosen sehen ganz anders aus.

Die Wall Street ist zu komplex, als dass sich der Ausgang der Kongresswahlen in zwei Sätzen zusammenfassen ließe. Entsprechend legen die Analysten von Merrill Lynch auch Wert darauf, dass ihre Vorhersagen nur kurzfristig zu nehmen sind: Eine kurze Rallye, wenn die Republikaner stärker abschneiden als es zuletzt schien, und eine kurze Korrektur, wenn die Demokraten die Mehrheit in beiden Häusern holen.

Darüber hinaus ist eine anhaltend gute Performance der Aktienmärkte naheliegend, denn der Handel setzt sich schon seit geraumer Zeit mit großem Optimismus über politische oder andere Bedenken hinwegsetzt. Seit Monaten klettern die großen Indizes von einem auf das nächste Hoch, obwohl hin und wieder Zahlen und Daten gemeldet werden, die eine Korrektur durchaus nahelegen könnten.

Das beste Szenario für die Wall Street indes scheint eines zu sein, vor dem den Wählern graut: Die Demokraten holen die Mehrheit im Repräsentantenhaus, die Republikaner halten den Senat. Damit wäre die Regierung für die nächsten zwei Jahre weitgehend blockiert, große Reformen könnten nicht stattfinden. Das wäre Investoren nur recht, denn es läuft ja ganz gut zur Zeit – jeder drastische Richtungswechsel in Washington gefährdet also die Gewinne, an die man sich zuletzt gewöhnt hat.

Viel lieber als den gesamten Markt betrachten Experten am Wahltag aber einzelne Branchen. Bei einem Sieg der Demokraten gibt es – der allgemeinen, oberflächlichen Einschätzung entsprechend – klare Verlierer, allen voran die Rüstungswerte. Zwar dürften die Demokraten die Verteidungsausgaben nicht einfach so kürzen, doch dürften zahlreiche Aufträge künftig mit mehr Wettbewerb ausgeschrieben und strenger verhandelt werden. Gefälligkeits-Deals wie zahlreiche der Aufträge für Halliburton würden wohl der Vergangenheit angehören, ebenso wie die gefällige Behandlung der Öl- und Gas-Riesen. Für die wären Sondersteuern auf die jüngsten Rekordgewinne ebenso möglich wie hohe Auflagen im Zusammenhang mit der Förderung.

Unter den Verlierern fände sich auch der Pharma-Sektor, ein besonderer Liebling der Bush-Regierung. Unter einer demokratischen Mehrheit dürften die staatlichen Krankenkasen schnell das Recht bekommen, Preise für Medikamente wieder mit den Unternehmen zu verhandeln. Das durften sie zuletzt nicht, was Pfizer und Co. hohe Margen sicherte.

Es dürfte unter einer demokratischen Mehrheit aber auch zahlreiche Gewinner geben, und dazu gehören nicht nur die klischeemäßig dauernd angeführten Umwelt-Werte. Diese, vor allem Unternehmen in der Gewinnung alternativer Energien, dürften zwar profitieren, aber auch andere Sektoren, wie etwa die staatlich unterstützten Kredit-Institute wie Fannie Mae und Freddie Mac. Diese Firmen, die Hypotheken finanzieren, dürften mehr Gewicht bekommen, während es Banken schwerer fallen dürfte, Abzock-Kredite mit Wucherzinsen am Markt zu halten.

Unter den mölichen Gewinnern im Rahmen eines Sieges der Demokraten sehen Analysten auch den Metall-Sektor. Der litt zuletzt stark unter Importen, die Washington einschränken könnte. Obwohl es genug Kritiker gibt, die jede Form von Protektionismus für marktschädigend halten, liegt auf der Hand, dass Alu- und Stahl-Aktien zulegen dürften, wenn Lieferungen aus dem Ausland mit Einfuhrtarifen belegt würden.

Die amerikanischen Börsen dürften wohl bereits im Mittwochshandel – also wenige Stunden nach Bekanntwerden der Ergebnisse – auf den Ausgang der Kongresswahlen reagieren. Anhaltende Bewegungen dürften sich aber erst über einen langfristigeren Zeitraum einstellen.

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Wahlthemen: Mindestlohn, Abtreibung und mehr

Der Machtwechsel in Washington dürfte die Wall Street nicht nachhaltig belasten – einige Branchen aber schon. Zum Beispiel den Einzelhandel, die Fastfood-Ketten oder andere Dienstleister, denn die müssen wohl bald den Mindestlohn für ihre Mitarbeiter anheben.

Den Mindestlohn anzuheben, der seit 1997 unangetastet bei 5,15 Dollar pro Stunde liegt, ist wohl das eiligste Projekt für die Demokraten, die nach den Kongresswahlen die Mehrheit im Abgeordnetenhaus haben und möglicherweise auch den Senat kontrollieren werden. Während sich viele Politiker Ziele für die ersten hundert Tage setzen, will die neue Sprecherin des Abgeordnetenhauses, die Kalifornierin Nancy Pelosi, den Mindestlohn schon „in den ersten hundert Stunden“ durchboxen.

Auf allzu harten Widerstand wird sie dabei nicht stoßen, nicht einmal von Seiten der Republikaner. Die haben den Mindestlohn zwar bewusst niedrig gehalten und hätten eine Anhebung – nicht einmal um die Inflation auszugleichen – nie und nimmer auf der Agenda gehabt. Doch hat der Wähler seine Meinung in diesem Bereich deutlich gemacht. Nicht nur mit einer generellen Absage an die Republikaner, die wohl mehr mit der Krise im Irak zusammenhängt als mit konjunkturellen Hintergründen, sondern auch mit Abstimmungen in sechs Staaten, in denen das Thema Mindestlohn mit auf dem Wahlzettel stand.

In allen sechs Staaten, in Ohio, Missouri, Montana, Nevada, Arizona und Colorado sprach sich die klare Mehrheit der Wähler für einen höheren Mindestlohn aus. In Ohio votierten 56 Prozent für eine Anhebung um 33 Prozent auf 6,85 Dollar, in den übrigen Staaten geht es zunächst um Anhebungen auf 6,15 Dollar bis 6,50 Dollar – oder auf das nationale Niveau, sollte das noch höher sein. Es wird: Bekanntes Ziel der Demokraten im Kongress ist eine Anhebung um ganze 40 Prozent auf 7,25 Dollar.

Die Mindestlohn-Debatte war im Rahmen des allgemeinen Wahlkampfes sehr heftig geführt worden. Zahlreiche Branchenverbände wie der Verband der unabhängigen Klein-Unternehmenr, die National Federation of Independent Business, oder die National Restaurant Association drohten mit katastrophalen Folgen für den Arbeitsmarkt. Höhere Löhne führten direkt zu weniger Arbeitsplätzen, hieß es – offensichtlich ohne Wirkung bei einer Mehrheit der Wähler, denen mehr an höheren Löhnen im Sinne sozialer Gerechtigkeit lag.

So spielten in die Entscheidung mancher Wähler neben den rein wirtschaftlichen und konjunkturellen Überlegungen aus moralische Gedanken ein. Die Frage um den Mindestlohn war auch nicht die einzige, die per Referendum direkt vom Bürger zu beantworten war:

In South Dakota stimmten die Bürger gegen ein totales Verbot von Abtreibungen, das die schärfste Gesetzgebung in diesem Zusammenhang im ganzen Land gewesen wäre. In Kalifornien und Oregon fand sich nicht einmal eine Mehrheit für ein Verbot von Abtreibungen bei Minderjährigen ohne Kenntnis der Eltern.

Die Konservativen setzten sich hingegen in einer anderen Moral-Frage durch, die Amerika seit Jahren beschäftigt: Die Homo-Ehe wurde per Referendum in Colorado, Idaho, South Carolina, South Dakota, Tennessee, Virginia und Wisconsin verboten. In drei Staaten, Colorado, South Dakota und Nevada, ist auch künftig der Besitz von Marihuana nicht erlaubt, in Missouri hingegen die Stammzellen-Forschung, was unter anderem mit dem Engagement von Parkinson-Patient Michael J. Fox zusammenhängt.

Über eine interessante Idee, künftig mehr Amerikaner an die Wahlurne zu locken, stimmten die Wähler in Arizona ab: Die Verlosung von 1 Million Dollar unter allen Wählern wird es aber laut Mehrheits-Votum nicht geben – die Demokratie zur Lotterie verkommen zu lassen, ging den Bürgern im Grand-Canyon-State dann doch zu weit.

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Bittere Pillen für Pfizer & Co.

Ob da noch Medikamente helfen? Den zweiten Tag in Folge stellen die Pharmazeuten die drei größten Verlierer im Dow. Ohne die Rückendeckung der republikanischen Regierung wird es die Branche in nächster Zeit nicht leicht haben. Anleger wissen das und stoßen ab, was an Pharma-Aktien im Portfolio liegt.

Dass Investoren bei Pfizer, Merck und Co. aussteigen, hat einen ganz einfachen Grund. An die jüngsten Gewinne können die Unternehmen wohl nicht mehr anknüpfen, wenn sie bald wie andere Unternehmen auch in einem nicht regulierten marktwirtschaftlichen Umfeld operieren müssen. Das mussten sie bisher nicht, denn mit großzügigen Spenden an Bush und seine Freunde hatten die Unternehmen den mächtigeren Teil Washingtons auf ihre Seite gebracht und sich ein Biotop anlegen lassen, in dem Gewinnmargen gedeihen konnten wie in kaum einer anderen Branche.

Dazu setzten die Republikaner kurzerhand sämtliche Gesetze der freien Marktwirtschaft auseinander, bis hin zur goldenen Regel, nach der Angebot und Nachfrage den Preis einer Ware bestimmten. In der Pharma-Industrie machten in den letzten Jahren nämlich ganz einfach die Unternehmen den Preis – und der Kunde fügte sich. Nicht nur der kleine Mann, wohlgemerkt, sondern auch die größten Abnehmer, allen voran die staatlichen Krankenkassen.

Denen war es unter den Republikanern per Gesetz verboten, direkt mit den Pharmazeuten über Preise zu verhandeln. Die Unternehmen verlangten einfach was sie wollten, und die Kassen zahlten. Alternativen gab es nicht, zumal die Regierung auch den Import von Medikamenten aus dem Ausland verboten hatte.

Selbst aus dem Nachbarsland Kanada konnten Amis ihre Pillen in den letzten Jahren nicht beziehen – aus Sicherheitsgründen, wie die Bush-Regierung zu betonen nicht müde wurde. Das war natürlich völliger Unsinn, denn die Medikamente, die die Amerikaner gerne aus Kanada importiert hätten, waren nichts anderes als die Produkte der amerikanischen Unternehmen, die sie vorher nach Kanada exportiert und dort zu einem deutlich geringeren Preis auf dem Markt hatten.

Mit dem Machtwechsel in Washington werden solche Sonderkonditionen für die Industrie bald Geschichte sein. Die Unternehmen müssen sich auf normale marktwirtschaftliche Konditionen einstellen, und darunter werden die Margen leiden. Aktien haben bis dahin nur eine Chance: Anleger könnten nach Einbrüchen um ein paar Prozent doch wieder einsteigen und darauf bauen, dass es selbst ein demokratischer Kongress in D.C. nicht leicht haben wird, der Pharmabranche das Handwerk zu legen, solange Präsident Bush ein Veto-Recht hat.

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Alt 10-11-2006, 20:37   #583
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Rekord-Boni an der Wall Street

Die Wall Street ist eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Am Knotenpunkt des internationalen Finanzgeschehens arbeiten Tausende, die jeden Morgen mit der U-Bahn ins Büro fahren – ich selbst bin einer von ihnen. Andere, nicht ganz so viele, nehmen die Limousine und lassen sich an der Ecke Broadway/Wall Street absetzen.

In den nächsten Monaten dürfte die Zahl der U-Bahn-Passagiere ein wenig sinken, die der Limos zunehmen, denn die Investmentbanken schütten ihre Boni aus, die so hoch sind wie nie zuvor.

Zum Ende eines Jahres, in dem die Börse nicht nur eine beachtliche Rallye gesehen hat, sondern auch mehr Übernahmen denn je zuvor, schütten die Investmenthäuser Morgan Stanley, Merrill Lynch und Lehman Brothers insgesamt 36 Milliarden Dollar an ihre 173 000 Angestellten aus. Dazu kommen Milliarden-Boni, die bei den Großbanken Citigroup, Bank of America und J.P. Morgan fällig werden.

Freuen tun sich darüber nicht nur die Bedachten, sondern alle Anleger – zumindest theoretisch. Denn die stattlichen Weihnachtsgelder dürften zu gut 50 Prozent in den Immobilienmarkt fließen, wie erste Umfragen zeigen, und dort die Preise stabilisieren.

Der Rest dürfte in Luxus und Konsum gehen, was die Konjunktur ebenfalls stützt. Einige Einzelhändler reiben sich die Hände. „Wenn es der Wall Street gut geht, geht es uns gut“, meint der Chef der New Yorker Ferrari- und Maserati-Niederlassung, der sich auf all jene Finanzjongleure freut, die lieber selbst am Steuer sitzen als den Chaffeur fahren zu lassen.

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Alt 13-11-2006, 18:59   #584
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Die Hightech-Agenda der Demokraten

Die amerikanischen Börsen haben den unerwartet deutlichen Sieg der Demokraten bei den jüngsten Wahlen besser verkraftet als erwartet. Von einer kurzzeitigen Korrektur, die viele Analysten prophezeiht hatten, ist nichts zu sehen. Anleger haben erkennt, dass das Klischee von den Demokraten als Gefahr für das Wirtschaftswachstum nicht stimmt.

Dass unter einer möglichen demokratischen Führung die Steuern explodieren und die Wirtschaft einbrechen würde, gehörte in den Wochen vor den Kongresswahlen ebenso zu den Angstbildern in republikanischen Werbespots wie die seit Jahren propagierte Aussage, dass die Partei das Land nicht vor Terroristen schützen könnte und über die Einführung der Schwulenehe die Weiten zwischen New York und Kalifornien in einen großen Sündenpfuhl verwandeln würde.

Je mehr sich die Wall Street nun mit dem Klischee der Demokraten auseinandersetzt, desto mehr bröckelt es. Sicher, es gibt einige Unternehmen in Corporate America, die sich einen Sieg der Republikaner gewünscht hätten. Viele aber vor allem, weil sie sich jahrelanger Lobby-Arbeit und mit Millionen-Spenden den ein oder anderen korrupten Politiker gekauft hatten und seit Jahren mit Rückendeckung aus Washington absahnen konnten. Hauptverlierer mit den Republikanern sind die Pharma-, die Öl- und die Rüstungsindustrie.

Andere Sektoren dürften hingegen vom Wahlsieg der Demokraten und dem damit verbundenen Machtwechsel im Kongress profitieren. Allen voran die Hightechs. Vor allem die prominente Stellung der kalifornischen Abgeordneten Nancy Pelosi, die von der Oppositionsführerin zur Sprecherin des Repräsentantenhauses und damit hinter Präsident Bush und seinem Vize Cheney zur Nummer Drei in den USA wird, könnte einigen Unternehmen neue Möglichkeiten eröffnen.

Zu Pelosi haben zahlreiche Hightechs einen kurzen Draht. Die meisten Branchenriesen sind im Silicon Valley angesiedelt und damit in einem der wichtigsten Bezirke in Pelosis Staat. Zwei nahe Verbündete Pelosis, die regionalen Abgeordeneten Anna Eshoo und Zoe Lofgren aus dem Silicon Valley, werden direkt von Apple-Chef Steve Jobs, Yahoo-Gründer David Filo und zahlreichen Chefs von Hewlett-Packard unterstützt.

Sie alle dürften in den nächsten Jahren von einer Hightech-Agenda profitieren, die längst zum Parteiprogramm der Demokraten gehört. In ihr stehen Forderungen nach Breitband-Zugriff auf das Internet für alle Amerikaner, also auch in strukturschwachen Regionen, oder der flächendeckende Ausbau des Wi-Fi-Netzes in den ganzen USA, der bis 2010 kabellosen Internetzugang an jedem Punkt des Landes ermöglichen soll.

Jedem Amerikaner überall Zugang zum Internet zu gewähren ist ein Projekt der Pelosi-Fraktion, ein anderes ist die künftige Kostenstruktur im Web. Die Demokraten haben sich stets für Gleichberechtigung im Netz ausgesprochen und gegen ein von den Republikanern und der Telekom-Industrie befürwortetes Konzept, nachdem Breitband-Leitungen mit eigenen Gebühren belegt werden würden. Was den Telekom-Firmen eine zusätzliche Einnahmequelle beschert hätte, hätte im Netz eine Zweiklassen-Gesellschaft geschaffen, die Branchenriesen Yahoo und Google, Microsoft und Ebay kämpfen dagegen seit langem.

Auf die Unternehmen kommen unter der demokratischen Mehrheit viel Arbeit und viele Chancen zu. Entsprechend wichtig ist für die Branche, weiterhin auf die besten Hightech-Spezialisten der Welt zurückgreifen zu können. Das war bislang schwierig, denn die Zahl der H-1B-Visa für spezialsierte Techniker ist seit acht Jahren auf 65 000 pro Jahr festgelegt – diese Obergrenze soll nun angehoben werden. Die Republikaner hatten dies im Zuge der allgemeinen Einwandererdebatte verhindert, um vor dem Wähler als prinzipientreu dazustehen, obwohl es im eigentlichen Sreit um Visa in den letzten Jahren nicht um Hightech-Spezialisten aus Indien ging, sondern um illegale Einwanderer aus Mexiko, die sich mit Billigjobs durchschlagen.

Die hätten den Hightech-Sektor wohl nicht vorangetrieben, die von den Demokraten wieder umworbene Zielgruppe der studierten Spezialisten jedoch sehr wohl. In den nächsten zwei Jahren hat die Branche nun ein Potenzial wie seit langem nicht mehr.

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Alt 14-11-2006, 18:47   #585
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Pilgerfahrt nach Washington

In schweren Krisen unternahmen Menschen schon immer Pilgerfahrten, um sich Heilung zu erbitten. Dieser lieben Tradition folgen am Dienstag die Chefs der drei großen Automobil-Hersteller, die gleichwohl nicht an eine heilige Stätte reisen, aber zumindest nach Washington, um sich von der Regierung retten zu lassen.

Rick Wagoner von GM, Alan Mulally von Ford und Tom LeSorda von DaimlerChrysler könnten Glück haben. Wider alle Erwartungen könnten ausgerechnet sie vom Wahlsieg der Demokraten profitieren, obwohl mit deren Machtübernahme in Washington auch manches Gesetz droht, dass die Unternehmen auf neue Wege zwingen wird. Mit einem demoratisch geführten Kongress kann es ungemütlich werden für die Autobauer, doch ist auch Rettung in Sicht.

Denn den Demokraten liegt an einer umfassenden Gesundheitsversorgung für alle Amerikaner, und im Zuge einer Reform wollen sie sich für Verbesserungen bei Medicare einsetzen, der staatlichen Krankenversicherung. Die folgt zur Zeit seltsamen Richtlinien, die unter Präsident Bush beschlossen worden sind. So werden für Rentner beispielsweise die Kosten für Medikamente bis zu 2250 Dollar pro Jahr übernommen. Ausgaben darüber müssen die Rentner selbst tragen, bis sie eine Marke von 5100 Dollar erreichen und der Versicherungsschutz wieder einspringt.

Während Rentner in den ganzen USA persönlich unter dieser Regelung leiden, geht es all denen gut, die einmal bei GM und Ford am Band standen. Deren Kosten im Bereich zwischen 2250 und 5100 Dollar werden nämlich von den früheren Arbeitgebern übernommen, wie es im Tarifvertrag steht.

Den Unternehmen passt das nicht, die hohen Renten haben die Margen schon immer gedrückt, durch die sonderbare Regelung in der Krankenversicherung sind die Lohnnebenkosten noch stärker gestiegen. Das könnte sich jetzt ändern, wenn die Demokraten das Loch schließen und die staatliche Krankenversicherung für alle Beträge einspringen lassen. „Die großen Drei“ könnten jährlich bis zu 500 Millionen Dollar sparen.

Ganz umsonst werden die Unternehmen ein solches Geschenk nicht bekommen, zumal es die Amerikaner teuer zu stehen käme. Die Gesundheitsreform soll Experten zufolge bis zu 200 Milliarden Dollar kosten – allerdings sind soziale Ausgaben eine Priorität für die Demokraten, die wiederum in anderen Bereichen sparen und beispielsweise die Steuervergünstigungen an die Großindustrie senken oder abschaffen wollen.

Die Gegenleistung, die sich die Demokraten wohl von den Automobilfirmen erbitten, sind Reformen bei der Effizienz der Vehikel. Dass GM und Co. seit einigen Jahren Fahrezeuge auch mit Ethanol-Motoren anbieten, reicht nicht aus, zumal es in ganz Amerika weniger als 1000 Tankstellen mit dem Benzin-Mix gibt. Vielmehr dürften die Demokraten für eine drastische Anhebung der Laufleistung pro Liter Benzin eintreten. Dass würde die Konzerne unter Druck bringen, deren größte Margen im Truck- und SUV-Bereich liegen – also bei den Spritschleudern.

Anders als die exorbitanten Kosten für die Krankenversicherung ist das Problem der effizienteren Fahrzeuge aber eines, das die Unternehmen selbst lösen können und müssen. Sie hatten auch lange genug Zeit, haben sich aber in den letzen Jahren mit Rückendeckung aus Washington um neue Technologien nicht bemühen müssen. Bestraft werden sie für ihre Trägheit wohlgemerkt nicht erst jetzt, sondern schon seit Jahren vom Verbraucher. Denn angesichts hoher Spritpreise kauft mittlerweile auch der patriotischste Amerikaner beim Japaner, weil es bares Geld spart.

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