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Alt 12-05-2008, 23:10   #841
Starlight
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Der Arbeitsmarkt brummt… für Frauen
Montag, 12. Mai 2008

Der wichtigste Job der Welt dürfte für die nächsten vier bis acht Jahr fest in Männerhand bleiben, denn Hillary Clinton hat immer weniger Chancen auf das Weiße Haus. Ansonsten können sich Frauen in Amerika über ihre Job-Aussichten nicht beschweren. Im Gegenteil: Im jüngst schwachen Arbeitsmarkt haben sie ganz klar die Oberhand.

Die amerikanische Konjunktur baut bekanntlich seit Jahresbeginn monatlich zigtausende von Stellen ab. Doch gibt es zwischen den Geschlechtern unterschiedliche Trends: Bei den Männern sind seit Januar 700 000 Stellen verloren gegangen, für Frauen wurden 300 000 neue Jobs geschaffen.

Das liegt laut aktuellen Studien an der unterschiedlichen Performance in manchen Branchen. So sind vor allem am Bau, wo zu 88 Prozent Männer arbeiten, und im Produzierenden Gewerbe mit einem Männeranteil von mehr als 70 Prozent Arbeitsplätze verloren gegangen. Weitere Verluste gab es in der Finanzindustrie, an der Wall Street und bei Banken, einer weiteren Männerdomäne.

Mehr Jobs als vor einem Jahr gibt es hingegen im Bereich Erziehung, Gesundheit und Pflege, einer Branche, in der zu 77 Prozent Frauen arbeiten. Auch der Staat hat Stellen geschaffen, die zu 57 Prozent von Frauen besetzt sind. Und auch die dritte große Branche mit hohem Frauenanteil hält sich trotz schwacher Verbraucherdaten erstaunlich stabil: der Einzelhandel.

Ein anderer Faktor, nämlich das Lohn- und Gehaltsgefälle zwischen Männern und Frauen, soll laut Experten mit dem jüngsten Trend nichts zu tun haben. Zwar hat sich die Spanne zwischen Männer- und Frauengehältern in gleichen oder vergleichbaren Jobs zuletzt etwas erweitert, doch geht der langfristige Trend in die andere Richtung: Durch die bessere Schulung und Ausbildung von Frauen in den letzten Jahrzehnten sei bis in zehn Jahren mit einer Lohn-Gleichheit zwischen den Geschlechtern zu rechnen, heißt es.
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Alt 14-05-2008, 20:13   #842
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Kongress stoppt teure Öl-Lagerkäufe
Mittwoch, 14. Mai 2008

Während der Ölpreis von einem auf das nächste Allzeit-Hoch klettert, klinkt sich Washington aus dem Geschäft mit dem Rohstoff aus. Der Kongress hat beschlossen, die strategischen Reserven in den nächsten Monaten nicht aufzustocken. Damit setzt man ein kleines Zeichen… wenn auch extrem spät.

Interessant ist, dass sich der Kongress mit seiner Entscheidung direkt gegen Präsident George W. Bush stellt. Der – als Freund der Ölbranche – hatte sich stets dafür ausgesprochen, die strategischen Reserven immer weiter aufzustocken und zu jedem Preis. Für die übrigen Politiker macht das hingegen keinen Sinn mehr.

„Wir kaufen Öl zum höchsten Preis aller Zeiten, um es dann zu lagern“, kritisiert der demokratische Denator Byron Dorgan aus North Dakota. „Zur gleichen Zeit leidet der Verbraucher unter hohen Energiepreisen.“ Die Regierung solle diese mit unnötigen Käufen nicht weiter anfachen. Ziehe Washington seine Käufe für die Reserve zurück, dürfte das zwar die Preise nicht merklich senken, angesichts unerhörter Spritpreise von 4 Dollar pro Gallone dürfte der Durchschnitts-Amerikaner – und Wähler – die Aktion aber zumindest begrüßen.

Dass sie die Preise nicht senken dürfte, liegt an der relative geringen Menge, die täglich in die Reserve geht. Es handelt sich um 70 000 Fass und damit nur um 0,3 Prozent des US-Verbraucher, der aktuell bei 21 Millionen Fass pro Tag liegt.

Sinnvoll ist der Schritt des Kongress dennoch. Denn die strategischen Reserven, die in den Siebzigerjahren in Salzstollen nahe der Golfküste angelegt wurden, um im Ernstfall gegen einen kompletten Lieferausfall gewappnet zu sein, sind bereits zu 97 Prozent voll. Ganze 701 Millionen Fass sind gelagert, bei 727 Millionen Fass wäre die Kapazität erschöpft.

Beim aktuellen Verbrauch könnte Amerika aus der strategischen Reserve also den kompletten Ölverbrauch für 33 Tage decken. Den Abgeordneten ist das genug; in seltener Einheit stimmten Republikaner und Demokraten für eine Einstellung der Zukäufe. Mit 97 Ja- und einer einzigen Nein-Stimme fiel die Entscheidung mit nahezu historischer Deutlichkeit.

Deutlich umstrittener ist und bleibt die Frage, ob Amerika die eigene Öl-Förderung erhöhen sollte. Seit Jahren versuchen die Öl-Konzerne mit Unterstützung der Republikaner, eine Bohrgenehmigung für das Naturschutzgebiet im Norden Alaskas zu bekommen. Die Demokraten in Einheit mit sämtlichen Umweltschutzorganisationen des Landes wehren sich dagegen – mit Erfolg.

In dieser Woche wurde die Initiative für eine Alaska-Bohrung im Kongress mit 56 zu 42 Stimmen erneut abgelehnt. „Wir können uns nicht zu billigerem Öl vorbohren“, kommentierte etwa der demokratische Abgeordnete Richard Durbin aus Illinois. Er geht damit auf das Kernargument der Bohr-Gegner ein, die die Fördermengen in Alaska zu gering schätzen, um auf dem Weltmarkt überhaupt einen Eindruck zu machen.
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Alt 19-05-2008, 18:56   #843
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Die Sorgen der Biertrinker
Freitag, 16. Mai 2008

Amerikanisches Bier ist nicht gerade für Aroma und Geschmack bekannt; die treuen Trinker greifen eher zu, weil es billig ist. Doch inmitten der Rezession kann sich mancher Fan auch das preisgünstige Bier nicht mehr leisten… traurige Konsequenz: Statt weniger zu trinken greifen die Verbraucher eine Kategorie tiefer und trinken die letzte Plörre.

Die Zahlen der Miller Brewing Company zeigen einen erschütternden Trend. Die zweitgrößte amerikanische Brauerei, die 1855 von dem deutschen Einwanderer Friedrich Müller aus Sigmaringen gegründet wurde, hat mit „Miller Genuine Draft“ ein einziges eben noch einigermaßen trinkbares Gebräu im Angebot. Dessen Umsätze sind im letzten Quartal um mehr als 10 Prozent eingebrochen. Auch „Milwaukee’s Best“, die Lokalmarke mit Referenz an den Sitz der historischen Brauerei, verzeichnet Einbrüche.

Aufwärts geht es hingegen mit „Miller Lite“ und „Miller High Life“, den beiden Billigmarken des Konzerns.

Bei der Konkurrenz sieht es ähnlich aus. Brancheninsider berichten, dass Anheuser-Busch zur Zeit das größte Umsatzwachstum bei der Billigmarke „Busch“ sieht, die vorzugsweise aus Dosen getrunken wird. Die Umsätze mit dem klassischen „Budweiser“ legen weniger deutlich zu, und Premiummarken tun sich noch schwerer.

Anheuser-Busch – ebenso wie die Konkurrenten – hat zusätzlich laut dem jüngsten Quartalsbericht mit steigenden Rohstoffpreisen und sinkenden Margen zu kämpfen. Die Branche ist also alles andere als in Feierlaune.

Ganz anders scheint sich die Situation bei den Import-Bieren darzustellen. Bei Hofbräu etwa verzeichnet man deutliche Wachstumsraten in den gesamten USA und erschließt zur Zeit neue Märkte in New York, New Jersey und Connecticut. Den Preisdruck, mit dem die US-Konkurrenz zu kämpfen hat, spürt man nicht. „Wir sprechen einen anderen Kunden an“, weiß Importeur Fred Schumacher, der seine Geschäfte aus der deutsch-amerikanischen Enklave Frankenmuth im Bundesstaat Michigan führt.

„Wer Hofbräu trinkt, schaut ohnehin nicht so sehr auf den Preis“, meint Schumacher. Für die Importbiere gleicht das Biergeschäft damit dem Luxussektor in anderen Branchen. Solche, etwa hochpreisige Uhren- und Schmuckhändler oder teure Mode- und Designerketten, halten sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten regelmäßig stabiler als die Konkurrenz, die die Mittelschicht anspricht.
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Alt 20-05-2008, 20:51   #844
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Zahlensalat vor dem Hurrikan-Sommer
Montag, 19. Mai 2008

Wenn an der Wall Street über das Wetter diskutiert wird, dann könnte das damit zusammenhängern, dass immer mehr Trades elektronisch abgewickelt werden und die Händler immer weniger zu tun haben. Zum Teil liegt es aber auch daran, dass das Wetter die Börse beeinflussen kann – vor allem in der Hurrikan-Saison.

Vor allem in Zeiten dramatisch steigender Ölpreise achten Analysten und Anleger auf das Wetter. Denn mit dem Memorial Day nächste Woche beginnt nicht nur die Reisezeit mit höherem Spritverbrauch, sondern auch die Hurrikan-Saison, die im besten Fall ein paar Stürme bringt und einen Tag am Strand verdirbt, die aber im schlechtesten Fall die Öl-Plattformen im Golf von Mexiko zertrümmern und die Importe von Rohöl in die amerikanischen Raffinerien stoppen kann.

Hurrikans sind eine Naturgewalt, vor der die Amerikaner Angst haben. Einige Stürme der letzten Jahre sind heute noch in aller Munde und werden es noch lange bleiben, darunter etwa „Katrina“, die vor drei Jahren große Teile von New Orleans zerstörte und Milliardenschäden verursachte.

„Katrina“ und einige ihrer Kollegen haben auch Gutes vollbracht: Den Hurrikans ist es – zu einem hohen Preis – gelungen, die Themen Umweltschutz und Klimawandel in das Bewusstsein einer störrischen US-Regierung und Bevölkerung zu hämmern. Immer mehr Seiten anerkennen den Menschen und die Industrialisierung als die wahren Gründe für eine ungesunde Erderwärmung und treten für einen Kurswechsel ein.

Für all diejenigen kommen nun überraschende Nachrichten: So sehr der Mensch wohl für den Klimawandel zu verantworten ist, so wenig hat doch der Klimawandel mit der steigenden Anzahl von Hurrikans zu tun. Das meint zumindest Tom Kutson, ein anerkannter amerikanischer Meteorologe. Knutson wird in der Branche durchaus ernst genommen, zumal er sich in der Vergangenheit recht offen gegen die Wissenschaftszensur der Bush-Regierung ausgesprochen und einen Zusammenhang zwischen Klima und Stürmen erklärt hatte.

Ein aktuelles Computermodell, so Knutson, habe jetzt aber überraschende neue Ergebnisse geliefert. Danach sei die höhere Anzahl von Hurrikans nicht mehr als eine zyklisch wiederkehrende Begebenheit. In den nächsten Jahren und vor allem langfristig bis Ende des Jahrhunderts, soll die Zahl der katastrophalen Unwetter eher zurückgehen als zunehmen. Die Zahl der Hurrikans über dem Atlantik etwa um 18 Prozent, die Zahl derer, die das amerikanische Festland erreichen, um immerhin 30 Prozent.

Dem widersprechen natürlich einige Experten, unter anderem ein Team vom renommierten Massachsetts Institute of Technology, wo man das Computermodell in Ansätzen für „fehlerhaft“ hält. Kevin Trenberth vom National Center for Atmospheric Research in Boulder im Bundesstaat Colorado gibt zudem zu bedenken, dass nicht nur die Zahl, sondern vor allem die Intensität der Hurrikans zu beachten sei – und die nehme auch in der Studie von Knutson zu.

Was macht die Börse aus dem Datensalat? – Nicht allzuviel. Denn wo sich schon die Meteorologen nicht einig sind, kann ein einfacher Öl-Spekulant kaum kompetentere Prognosen stellen. Und eines ist zudem sicher: Sämtliche Rechenmodelle gelten den (sehr) langfristigen Aussichten. Für das laufende und die nächsten Jahre gilt nach wie vor: Jeden Sommer dürften sich etwa zehn massive tropische Stürme bilden, von denen sechs Hurrikans werden. Zwei dieser sechs Hurrikans werden schwere Hurrikans, die an Land gewaltiges Unheil anrichten können. Fünfmal passiert das etwa in drei Jahren… diese Zahlen sind dem Markt bekannt.
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Alt 21-05-2008, 18:52   #845
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Ärger mit Münzen und Scheinen
Mittwoch, 21. Mai 2008

Die Amerikaner sorgen sich zunehmend um ihr Geld. Nicht nur, dass der Dollar (abgesehen von einer kleinen Korrektur in den letzten Wochen) so schwach ist wie noch nie zuvor. Viel schlimmer: Einige Münzen sind in der Herstellung zu teuer, und die Scheine sind gerade vor einem Bundesgericht durchgefallen.

Der Federal Appeals Court hat entschieden, dass etwa Sehbehinderte mit den eben erst neu gestalteten Dollar-Scheinen immer noch benachteiligt werden. Hintergrund: Die Dollar-Scheine – vom Einer bis zum Hunderter – sind allesamt gleich groß, hervorgehobene Relief-Markierungen fehlen ebenso wie andere Eigenschaften, anhand derer Blinde den jeweiligen Wert erkennen könnten.

Die US-Banker geben das unumwunden zu, sahen aber bisher keinen Anlass gegenzusteuern. Blinde wären mit den Dollar-Scheinen immer recht gut klar gekommen, da sie sich angepasst hätten, lautet das außerordentlich dämliche Argument. Sie könnten etwa verschiedene Scheine an verschiedenen Ecken falten, alternativ Angestellte an der Kasse um Hilfe bitten – oder einfach Kreditkarten benutzen.

Das Gericht ließ diesen Unsinn nicht gelten. Mit dieser Argumentation könne man ja künftig auf behindertengerechte Baumaßnahmen an Gebäuden verzichten, hielt man dagegen. Rollstuhlfahrer könnten dann ja auf allen Vieren in ein Gebäude kriechen oder fremde Passanten um Hilfe bitten.

Abgesehen davon, dass das Gericht die blindengerechte Gestaltung der Scheine also weiterhin fordert, hat man darauf hingewiesen, dass das Finanzministerium überhaupt nicht dargelegt habe, weshalb derartige Maßnahmen nicht durchzuführen seien. Das dürfte wohlgemerkt auch schwierig sein. Denn in anderen Ländern sind etwa Relief-Markierungen und verschiedene Scheingrößen längst üblich; teuer einzuführen sind sie auch nicht.

Es könnte durchaus sein, dass die amerikanischen Noten gegen Ende ihrer jüngsten Umgestaltung erneut verändert werden müssen.

Gleichzeitig könnte man sich in Washington dann in der Münzfrage einigen: Die Rohstoff-Rallye, in deren Rahmen zuletzt auch die Metallpreise Rekordniveau erreicht haben, macht nämlich die Herstellung von „Penny“ und „Nickel“ zu teuer. Die Kosten für beiden kleinsten amerikanischen Münzen über 1 und 5 Cent liegen nämlich deutlich über dem Nennwert, weshalb eine Änderung in der Legierung bereits diskutiert wird.
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Gedanken an der Tankstelle


Im US-Bundesstaat New Jersey, wo ich seit einigen Jahren wohne, dürfen Autofahrer per Gesetz nicht selbst tanken. Der Job ist dem Tankwart überlassen, woran man sich gerne gewöhnt. Auf dem Heimweg von Washington, D.C. musste ich jüngst in Maryland meinen Tank auffüllen, und erlebte die Nebenwirkungen steigender Ölpreise.

An einer Tankstelle am „Interstate 95“, der die Ostküste von Florida bis Maine bedient, hatte ich mich in die falsche Spur verirrt. Statt an eine Zapfsäule mit Selbstbedienung zu fahren, hatte ich mich in das Revier des Tankwartes verirrt, der außerhalb New Jersey wohlgemerkt kein Service-Monopol genießt. Er bot an, mich zu betanken, was „nur 15 Cent mehr kosten würde“ – pro Gallone, versteht sich.

Ich lehnte dankend ab und rangierte an eine andere Zapfsäule. Benzin ist ohnehin so teuer wie nie zuvor, da muss ich nicht noch draufzahlen. Der Tankwart, ein Student aus der Gegend, tat mit ein wenig leid, und auf Nachfrage bestätigte er: Kaum ein Autofahrer lässt mehr tanken. „Früher haben wie etwa die Hälfte der Autos bedient“, meinte der junge Mann, „heute sind es nur noch Ausnahmen.“ Wie lange er seinen Nebenjob überhaupt halten könne, wisse er nicht.

Ich konnte den Tankwart nicht aufmuntern, denn mir ist ebenso wie ihm klar, dass es für den Ölpreis und damit auch Benzin nur eine Richtung gibt: nach oben. Daran wird sich auf lange Zeit nichts ändern. Autofahrer sollten sich daran gewöhnen, vielleicht die Hintergründe dieser Entwicklung überdenken – und aufhören zu jammern.

Wer noch immer nicht weiß, warum es für den Ölpreis – der immerhin 70 Prozent der Benzinkosten ausmacht – keine Trendwende geben wird, und wer sich das auch jüngst von Goldman Sachs und vom Öl-Milliardär und Rohstoff-Guru Boone Pickens in aktuellen Analysen nicht einfach so sagen lassen will, dem sei alles noch einmal erklärt:

Der niedrige Ölpreis in den Neunzigerjahren, als Amerikaner 90 Cent pro Gallone (etwa 3,7 Liter) zahlten, hat zu einem rasant steigenden Konsum geführt – etwa zur gewaltigen Verbreitung der Sprit-schluckenden SUV. Gleichzeitig versäumten die Öl-Konzerne, neue Fördergebiete zu erschließen oder Raffinerien zu bauen.

Seit die Öl-Nachfrage in den Schwellenländern dramatisch zugelegt hat, kommt es nun zu Engpässen. Wer mehr Öl braucht, bekommt es nicht, denn die globale Nachfrage ist nie durch ein höheres Angebot ausgeglichen worden.

Diese Knappheit hat wiederum in den letzten Jahren zu einer Vielzahl von geopolitischen Konflikten geführt. Vor allem Förderstaaten außerhalb der Opec – etwa Russland – versuchen, über ihre Öl-Vorkommen mehr politische Macht zu gewinnen. Doch auch innerhalb der Opec gibt es Unstimmigkeiten: Iran und Venezuela versuchen immer wieder, ein größeres Stück des Öl-Marktes zu gewinnen. Das wenig diplomatische Auftreten des Verbraucherlandes USA mit seiner völlig fehlgeleiteten Besatzung des Irak hat die Lage noch mehr gespannt und endgültig den Weg für steigende Preise geebnet.

Dass sich schließlich Spekulanten einschalteten, deren Aktivitäten den Preis zusätzlich anheizen, ist angesichts der Gesamtentwicklung auf dem Rohstoffmarkt fast schon nebensächlich. Nachweisbar ist der Effekt aber. In den letzten fünf Jahren hat sich das Handelsvolumen mit Öl-Kontrakten an der Nymex etwa verdoppelt. Doch den Anlegern die Schuld an den rasant steigenden Preisen zu geben, wäre nicht nur falsch, sondern hätte verheerende Folgen: Wer sich somit nämlich auf eine Preisblase verlässt, wer die fundamentalen Probleme in einem Markt mit eng begrenztem Angebot verkennt und entsprechend nichts unternimmt, der trägt zu langfristigen Preissteigerungen bei.
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Alt 27-05-2008, 18:43   #846
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Der Segen teuren Benzins


Zu Beginn der Ferienzeit, in der die Amerikaner normalerweise noch viel mehr Auto fahren als sonst, notiert der Benzinpreis so hoch wie nie zuvor. Doch nur ein Teil der Verbraucher jammern darüber. Die anderen haben die Zeichen der Zeit erkannt und satteln um…auf öffentliche Verkehrsmittel und auf das Fahrrad.

In den USA findet zur Zeit ein gewaltiger Wandel statt, gewissermaßen eine Revolution. Denn immer mehr Amerikaner erkennen, dass sie seit Jahrzehnten zu bequem waren und sich den Komfort nicht länger leisten können.

Verwöhnt von lächerlich niedrigen Benzinsteuern und daher niedrigen Preisen an der Zapfsäule gibt es kaum eine Familie ohne Zweitwagen. Mit dem werden die Kinder zu Schule und Sport chauffiert, es wird eingekauft oder ins Kino gefahren; allerdings nicht nur auf dem Land, wo sich manche Wege tatsächlich nicht ohne Pkw zurücklegen lassen, sondern auch in Ballungszentren, in denen es genügend Alternativen gäbe.

Doch haben U-Bahnen und Busse in Amerika einen schlechten Ruf. In Metropolen wie etwa New York und Los Angeles sind sie oft dreckig, vor allem aber chronisch langsam und unpünktlich. Letzteres liegt aber vor allem daran, dass sie mit völlig verstopften Straßen zu kämpfen haben – die weniger verstopft wären, wenn mehr Amerikaner den Wagen stehen lassen und auf den Bus umsteigen würden.

Genau das war das Konzept von New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg. Der wollte mit einer City-Steuer Autos aus der Stadt fernhalten und den Nahverkehr stärken. Das ließ der zuständige Ausschuss im Senat nicht zu, doch scheinen die Leute mittlerweile von selbst umzudenken – und zwar im ganzen Land.

Nakeisha Easterwood aus Georgia sagte etwa dem Nachrichtensender CNN: „Weil die Benzinpreise so hoch sind, fahre ich manchmal bei Freunden mit und versuche bei Trips in die Stadt alles auf einmal zu erledigen.“ Ja, Fahrgemeinschaften gelten in weiten Teilen der USA als völlig neues Konzept, ebenso das Anlegen eines Einkaufszettels, mit dem die Hausfrau verhindert, zwei- oder dreimal in den Supermarkt fahren zu müssen.

In vielen Blogs stehen seit Wochen ähnliche Geschichten. Da lobt sich ein Arbeitnehmer dafür, seinen Wohnort in der nähe seines Büros gesucht zu haben. Er fährt jetzt täglich mit dem Fahrrad zur Arbeit und spart eine Menge Sprit.

Rückblickend auf das lange Wochenende berichtet eine Mutter, dass man den traditionellen Camping-Trip habe ausfallen lassen. „Stattdessen haben wir unser Zelt im Garten aufgeschlagen und zuhause gegrillt… es war super!“ Hunderte solcher Online-Einträge am Dienstagmorgen deuten ebenso auf ein breites Umdenken wie eine Statistik des Verkehrsministeriums: Danach haben amerikanische Autofahrer im März 4,3 Prozent oder 17 Milliarden Kilometer weniger zurückgelegt als im Vorjahresmonat. Das war der stärkste Einbruch seit Beginn der Datenerfassung in den Vierzigerjahren.

So hat es zwar lange gedauert und viel Geld gekostet, den Amerikaner aus seinem Auto zu zwingen, soch scheint sich der Verzicht langsam durchzusetzen. Übrigens auch bei denen, die ganz ohne Wagen nicht auskommen: Die kaufen zunehmend kleinere oder zumindest effizientere Fahrzeuge, weshalb General Motors und Ford jetzt planen, die Produktion von Trucks und SUV deutlich zu senken.

Ob Automobilkonzern, Hausfrau oder Camping-Tourist; dass die Amerikaner umdenken und mit weniger Automeilen auskommen wollen, zeigt zumindest eines: Mit sinkenden Öl- und Benzinpreisen rechnet auf lange Sicht niemand.
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Der Öl-Streit: Blase oder nicht?
Freitag, 23. Mai 2008

Wenn für die Amerikaner am Wochenende die Ferienzeit beginnt, dürfte in vielen Familien gestritten werden. Da werden Flüge nach Disneyland und Las Vegas abgesagt, Ausflüge zum Strand werden seltener… erstmals seit sechs Jahren wird weniger Auto gefahren als im Vorjahr, und eine Trendwende ist nicht in Sicht.

Denn immer mehr Amerikanern wird klar: Der Ölpreis, der die Hauptschuld an hohen Benzinpreisen trägt, befindet sich nicht etwa in einer Blase.

Auf den ersten Blick scheinen das viele Autofahrer – und interessanterweise auch einige Analysten – nicht glauben zu wollen. Schließlich laufen die rasanten Preisanstiege in den letzten Monaten nach dem Muster, dem in der Vergangenheit oft Blasen gefolgt waren. So hat sich der Ölpreis etwa in den letzten zwölf Monaten von 61 auf 133 Dollar deutlich mehr als verdoppelt. Allein seit Jahresbeginn 2008 steht ein Plus von 33 Prozent zu Buche.

Der Benzinpreis zieht nicht ganz so dramatisch an, hat aber in den vergangenen zwölf Monaten ebenfalls um 20 Prozent zugelegt.

„In meinen Augen entsteht hier ganz klar eine Blase“, meint Robert Kaufmann vom Center for Energy and Environmental Studies an der Universität von Boston. Kaufmann hält den Ölpreis für überbewertet und hält fundamental 90 bis 100 Dollar für angemessen.

Doch abgesehen davon, dass auch ein Ölpreis zwischen 90 und 100 Dollar einen Anstieg um 50 Prozent binnen eines Jahres bedeuten würde, widersprechen die meisten Insider Kaufmann.

„Eine Blase entsteht, wenn das Angebot größer ist als die Nachfrage“, erklärt etwa Stephen Leeb, der Autor zweier Bücher über die Öl-Knappheit. Und er nennt zwei Beispiele: Die Hightech-Blase der Neunziger entstand etwa, weil die boomenden Konzerne, obwohl sie nicht einmal profitabel waren, ungeheure Mengen von Aktien auf den Markt geworfen haben, die am Ende keiner mehr haben wollte.

Zehn Jahre später spielte sich ein ähnliches Szenario bei den Immobilien ab: Angesichts niedriger Zinsen wollten zwar mehr Amerikaner eigene Häuser kaufen. Doch die Baufirmen überschätzten die Nachfrage enorm und zogen derart viele Neubaugebiete hoch, dass sich am Ende keine Bewohner mehr fanden. Der Markt konnte das Angebot an Häusern nicht absorbieren.

Beim Öl ist die Lage anders: Die Vorräte sind bekanntlich begrenzt, und sie gehen zuneige. Russland hat bereits einen Rückgang der möglichen Fördermenge bekanntgegeben, und Experten glauben, dass auch Saudiarabien zur Zeit nicht mehr Öl fördern könnte, selbst wenn man wollte. „Wenn zwei der größten Förderstaaten der Welt die Produktion nicht steigern können, dann ist das keine Blase“, meint Leeb, „sondern eine Katastrophe.“

Zumal der Verbrauch in den letzten Jahren massiv gestiegen ist und auch weiterhin massiv steigen wird – vor allem in China. Experten rechnen damit, dass sich dort mit steigendem Wohlstand die Zahl der Autobesitzer verdreißigfachen wird. Die Internationale Energiebehörde hat ihrerseits in den letzten Tagen eine finstere Prognose abgegeben: In den nächsten zwanzig Jahren dürfte die Öl-Nachfrage das Angebot um 10 Prozent überschreiten.

Langfristig gibt es für den Ölpreis damit nur noch einen Weg: nach oben. Wer also jetzt schon wegen hoher Benzinpreise seinen Wochenendausflug absagen muss, der sollte sich vielleicht bald nach einem spritsparenden Wagen umschauen.
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Alt 28-05-2008, 19:17   #847
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Die Rohstoff-Rallye macht Diebe
Mittwoch, 28. Mai 2008

Der Ölpreis beherrscht die Schlagzeilen, doch auch andere Rohstoffe haben an den Börsen deutlich zugelegt. Die meisten Metalle, darunter Kupfer, Aluminium und Messing, kosten heute vier bis fünfmal so viel wie vor wenigen Jahren. Das ist nicht nur für Anleger interessant, sondern auch für Kriminelle.

In den USA hat die Zahl der Metall-Diebstähle dramatisch zugenommen. Nicht dass die Polizei genaue Zahlen hätte, denn häufig sieht es wie ein Schulbubenstreich aus, wenn Rohstoffjäger zugange waren.

An der Grundschule nahe Los Angeles in Kalifornien, etwa. Dort haben unbekannte Täter jüngst die Ventile an Wasserleitungen abgeschraubt. Die gesamte Wasserversorgung für die Schule musste für einen Tag abgeschaltet werden.

Andernorts werden Gullideckel gestohlen und außer Haus installierte Klimaanlagen geöffnet und ausgeschlachtet. Amerikanische Medien berichteten jüngst sogar von dreisten Rohstoffdieben auf dem Friedhof, die reihenweise metallene Urnen ausgruben.

Im kalifornischen Richmond nahe San Francisco flossen vor Kurzem mehrere tausend Liter einer hochgiftigen Lösung in einen Wasserkanal. Diebe hatten die Ventile und Messingschrauben an den Lagertanks abgeschraubt. „Keiner ist vor den Folgen solcher Diebstähle sicher“, meint der zuständige Polizeichef Joe Silva. „Wer ein Haus oder eine Firma hat, kann genau so zum Opfer werden wie der ganz normale Bürger.“

Der Jogger, etwa. Der muss nahe Richmond im Dunkeln durch den Wald laufen, da Diebe aus den solarbetriebenen Lampen die Kabel geklaut haben.

Lance Finkel gehört zu den Käufern, bei denen Diebe ihre Beute zu versilbern versuchen. Der Altmetallhändler hat bereits eine gewaltige Zunahme an Verkäufern festgestellt, kooperiert aber mit den Behörden. „Wir fragen immer erst, wo das Zeug her ist“, beschwört Finkel. „Wir lassen uns auch immer einen Ausweis zeigen, ansonsten nehmen wir nichts an.“

Andere Händler sind nicht so gewissenhaft, und entsprechend boomt das Geschäft mit gestohlenen Metallen. Die Polizei arbeitet mit Hochdruck, muss aber anerkennen: Solange die Metallpreise – angetrieben vor allem durch den industriellen Aufschwung in China – auf Rekordniveau bleiben, werden sie alle Hände voll zu tun haben.
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Alt 02-06-2008, 18:54   #848
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Abzocke über den Wolken
Montag, 2. Juni 2008

Über den Wolken… da war einst die Freiheit grenzenlos. Heute ist es die Abzocke der Airlines, die – gebeutelt von teurem Flugbenzin – immer neue Tricks finden, den Passagier auszunehmen. Der zahlt heute für das Gepäck, für einen kleinen Snack, für einen Fensterplatz. Nur die Toilette soll weiterhin gebührenfrei bleiben.

Wie ungeliebt die aktuellen Sparmaßnahmen der Branche sind, wissen alle Airline-Manager. Deshalb geht man in Sachen Passagier-Abzocke vorsichtig und schrittweise vor. American Airlines hat gerade begonnen, bei der Gepäckaufgabe 15 Dollar pro Koffer zu verlangen. Die großen Konkurrenten, darunter Delta Air Lines, Continental, United und Northwest Airlines sowie US Airways, sollen entsprechende Pläner in der Schublade haben. „Die warten nur ab, bis American Airlines die ganzen Negativ-Schlagzeilen abgefangen hat“, weiß Insider Rick Seaney von Farecompare.com. „Sobald der erste Ärger verraucht ist, ziehen die anderen nach.“

Wer sich vom Gepäckzuschlag nicht abschrecken lässt und dennoch mit American Airlines fliegt – so wie ich am Wochenende wegen eines Geschäftstermins in Chicago –, der bekommt schnell weitere Spaßmaßnahmen zu spüren. Nachdem Kissen und Decken schon seit geraumer Zeit der Ersten Klasse vorbehalten waren, gibt es jetzt auch kein Essen mehr. Nicht einmal Nüsse sind umsonst; drei Dollar soll zahlen, wer über den Wolken knabbern will.

Es gibt noch unzählige andere Dinge, die Fluggäste früher umsonst genießen konnten. Doch auch für einen besseren Sitzplatz, für einen kleinen Hund in der Tragetasche und sogar für Ticketreservierung per Telefon werden Gebühren fällig.

Man habe gar keine andere Wahl. „Bei einem Ölpreis von 130 Dollar pro Fass müssen wir dringend Kosten senken“, meint etwa Morgan Durrant von US Airways. „Keine Snacks mehr anzubieten, spart ein wenig Geld, und das brauchen wir für’s Benzin.“

Einige Unternehmen arbeiten an weiteren Konzepten, wie Branchenkenner wissen. So soll bald an der Reinigung der Kabine gespart werden; die Sitztasche etwa könnte bald nur noch gegen Aufpreis ausgeräumt und bestückt werden. Zumindest ein Stück dürfte indes weiterhin kostenlos eingelegt werden: die Spucktüte. „Für normale Körperbedürfnisse dürfen die Airlines nichts verlangen“, beruhigt David Stempler von der Air Travelers Association, einer Organisation für den Schutz von Passagierrechten.

„Das würde wohl zuviele Kunden abschrecken.“ Entsprechend soll auch die Toilette weiterhin gebührenfrei bleiben.
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Beerdigung einer Broker-Legende
Samstag, 31. Mai 2008

Eine der dramatischsten Versammlungen des Jahres, an sich ein historisches Ereignis in der Finazgeschichte Amerikas, dauerte nur zehn Minuten: Am Donnerstag trafen sich Aktionäre und Mitarbeiter des legendären Brokerhauses Bear Stearns, um über das Ende ihres Unternehmens abzustimmen… kurz und schmerzlos.

„Dies ist ein trauriger Tag“, meinte Chairman Jimmy Cayne. „Bringen wir es hinter uns.“ Das vesuchte er – äußerst angemessen – mit einer Entschuldigung, die nicht im Skript stand, sondern möglicherweise wirklich von Herzen kam. Vom Untergang der Firma seien „14 000 Familien betroffen. Es tut mir persönlich leid. Ich fühle enormen Schmerz, und auch das Management fühlt enormen Schmerz.“

Cayne selbst hat durch den rapiden Wertverlust der Bear-Stearns-Aktie im Zusammenhang mit der Hypothekenkrise 900 Millionen Dollar verloren. Und doch tat er keinem der Anwesenden leid. Die hatten zwar geringere Beträge verloren, aber zum großen Teil immerhin ihre ganzen Ersparnisse, die Einlagen in ihren Rentenfond – und den Job.

Und Jimmy Cayne, der fast vierzig Jahre lang bei Bear Stearns gearbeitet hatte, muss sich einiges vorhalten lassen. Selbst in Krisenzeiten ließ er – damals nicht nur Chairman, sondern in Personalunion auch CEO – den Konzern weitgehend führungslos treiben, während er sich beim Golf und Bridge vergnügte. Hin und wieder sollen bei seinen oft tagelangen Ausflügen auch Drogen und Prostituierte im Spiel gewesen sein, hieß es aus der Gerüchteküche. Ob das stimmt, ist unklar, einen Unterschied würde es aber nicht machen.

Unterm Strich ist klar: Jimmy Cayne hat den Traditionskonzern Bear Stearns an die Wand gefahren. Auf seine Entschuldigung reagierten die Zuhörer am Donnerstag mit eisigem Schweigen. Cayne fuhr fort: „Was uns nicht umbringt, macht uns stärker. Wir sind jetzt ein wenig wie Herkules.“ Erneut Schweigen.

Danach stimmte man ab. Der Verkauf von Bear Stearns an den Dow-notierten Finanzriesen J.P. Morgan dürfte wohl mit 80 Prozent der Stimmen genehmigt worden sein; genaue Zahlen gibt es erst in den nächsten Tagen. Am Wochenende soll der Anschluss durchgeführt werden – für 10 Dollar pro Aktie. Zur Erinnerung: Das Bear-Stearns-Papier war vor anderthalb Jahren noch 170 Dollar wert.

Angesichts dieses Wertverlusts und in vollem Bewusstsein, dass das Debakel an der Madison Avenue mindestens 7000 Stellen gekostet hat, versuchte Cayne ein wenig Optimismus: „J.P. Morgan ist ein großartiges Unternehmen. Auf uns werden bessere Tage zukommen.“
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Die Arroganz des Öl-Riesen
Donnerstag, 29. Mai 2008

Da kann der Ölpreis noch so klettern, da können die Gewinne noch so sprudeln… bei ExxonMobil herrscht dicke Luft. Die Hauptversammlung in dieser Woche ging wieder einmal nicht ohne Streit über die Bühne, denn die Arroganz der Manager wird den Anlegern immer unerträglicher. Schließlich geht es um die Zukunft des Konzerns.

Denn in den Augen vieler Experten dürfte ExxonMobil seine Glanzzeiten hinter sich haben. Denn: Öl mag zwar im Moment der wichtigste Rohstoff und die weitest verbreitete Energiequelle sein. Auf eine Zukunft ohne Öl – für den äußerst wahrscheinlichen Fall, dass die globalen Vorkommen einmal erschöpft sein sollten – sehen Insider den Dow-notierten Branchenriesen aber nicht vorbereitet.

So schert sich ExxonMobil im Gegensatz zur Konkurrenz nicht allzu sehr um Investitionen in alternative Energien. Dabei werden solche Initiativen bei den Hauptversammlungen seit Jahren diskutiert. Anleger sind frustriert, zumal die Konkurrenz nicht schläft. Wenn man zu lange warte, werde der Einstieg in Technologien der Zukunft einmal sehr teuer und mit dem alten Kerngeschäft nicht zu vereinbaren sein, warnte der New Yorker Großaktionär Stephen Viedermann, der in diesem Jahr eine Eingabe zum Thema gemacht hatte.

Viedermann sieht den Konzern als einen Dinosaurier, der sich bisher seinem wechselnden Umfeld nicht angepasst hat. „Der ExxonMobil-osaurus droht auszusterben“, meint er.

Das Management von ExxonMobil sieht die ganze Sache freilich anders. Zunächst geht man davon aus, dass Öl bis mindestens ins Jahr 2030 die wichtigste Energiequelle für die Weltwirtschaft bleiben wird. Was danach kommt, erörtert man zur Zeit nicht. Zwingen lassen will man sich schon gar nicht; überhaupt hält man die Zahl derer klein, die an der Konzernspitze überhaupt mitreden dürfen.

Vor allem dem CEO Rex Tillerson soll auch in Zukunft keiner widersprechen dürfen. Der 58-Jährige ist seit seit 2006 Vorstandsvorsitzender und Aufsichtsratsvorsitzender des Konzerns, und genau das passt den Anlegern immer weniger – obwohl schon sein Vorgänger, Lee Raymond, beide Ämter inne hatte. Seit sechs Jahren laufen Petitionen für eine Postentrennung. Gestartet wurde die Initiative einst von Robert Monks, dessen Investmentgruppe 110 000 Aktien mit dem Kürzel „XOM“ hält. Sein Gesamtanteil an dem Öl-Riesen liegt damit bei etwa 10 Millionen Dollar.

Monks, von amerikanischen Wirtschaftsmedien hin und wieder verächtlich als „Aktivist“ beschrieben, wünscht sich einen unabhängigen Aufsichtsrat nicht zuletzt um neue Initiativen besser beurteilen zu können. In diesem Jahr hatte Monks allen Grund, optimistisch zur Hauptversammlung zu gehen. Denn wenige Tage vorher hatten sich die Rockefeller-Erben seiner Petition angeschlossen, deren Vorfahren einst Standard Oil gegründet hatten – das Unternehmen, aus dem später ExxonMobil hervorging.

Doch auch dem Einfluss der mächtigen Gründer-Enkel widersetzte sich das Management mit Unterstützung einiger institutioneller Anleger. Knapp 40 Prozent der Anleger sprachen sich letztlich für „checks and balances“ aus – damit wurde die Initiative zur Postentrennung zum sechsten Mal abgeschmettert. Ohne Warnung kam das Management aber nicht davon. Man werde Tillerson und seine Mannschaft streng im Auge behalten, sagte etwa der Vertreter des kalifornischen Rentenfonds, seines Zeichens einer der größten Aktionäre.

Bangen wird man in der Konzernzentrale nun wohlgemerkt nicht. Zumal die Doppelrolle für Tillerson in den USA alles andere als außergewöhnlich ist. Knappe 62 Prozent der Unternehmen im S&P-500-Index haben Vorstands- und Aufsichtsrat unter der Führung der gleichen Person; bei weiteren 15 Prozent ist der Aufsichtsratschef der frühere Vorstand.
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Alt 03-06-2008, 19:05   #849
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Raucher trotzen der Inflation
Dienstag, 3. Juni 2008

Inflationsgeplagte Amerikaner lassen sich einiges einfallen, ihre alltäglichen Kosten zu senken. Manch ein Pendler hat – lange unvorstellbar in USA – sogar die Vorzüge der Fahrgemeinschaft erkannt, um Benzin zu sparen. Andere kaufen nur noch in Dicount-Läden ein. Nur eine Gruppe lässt sich von der Teuerung nicht beirren: die Raucher.

In New York gilt seit Monatsbeginn eine neue Tabaksteuer, die Zigaretten teurer macht als überall sonst in den Vereinigten Staaten: Satte 8 Dollar muss berappen, wer ein Päckchen Kippen verlangt. Damit ist der Preis auf einen Schlag um 17 Prozent gestiegen. In den letzten fünf Jahren haben sich die Glimmstängel um 50 Prozent verteuert, in den letzten zehn Jahren sogar um 250 Prozent.

Recht so. Denn New York, angeführt von Bürgermeister und Gesundheitsapostel Mike Bloomberg, verfolgt mit der Anhebung der Tabaksteuer zwei Ziele. Zum einen will man die Einnahmen mehren, um neue Gesundheits- und Sozialprogramme aufbauen zu können. Zum anderen – und viel wichtiger – will man die Bürger ganz von den Zigaretten wegbringen.

Einen ersten Schritt hat man bereits getan. Infolge des Rauchverbots in Bars und Kneipen ist die Zahl der Raucher vor vier Jahren deutlich zurückgegangen, wie das städtische Gesundheitsministerium ermittelt hat. Von der jetzigen Steueranhebung versprechen sich offizielle Stellen, dass allein im Stadtgebiet von New York City 50 000 Erwachsene und 7000 Jugendliche die Kippen weglegen.

Man hat allen Grund optimistisch zu sein: Die letzte Anhebung der Tabaksteuer im Jahre 2002 hat die Zahl der Raucher um 21 Prozent bei den Erwachsenen und 52 Prozent bei Schülern gesenkt.

Um einen solchen Erfolg noch einmal zu erzielen, geben städtische Behörden kostenlose Nikotinpflaster aus, die künftigen Ex-Rauchern den Weg aus der Sucht erleichtern sollen.

Das wird nicht bei allen funktionieren. Die New Yorker Zeitung „AM“ zitiert nach einer Straßenumfrage trotzige Raucher, die ihre Zigaretten um (fast) keinen Preis aufgeben wollen. „Ich habe schon das Trinken aufgegeben“, meint ein Senior aus Greenpoint im Stadtteil Queens. „Wenn ich alle meine Laster aufgebe, können sie mich ja gleich begraben.“ Und eine 37-Jährige aus Forest Hills erklärt: „Ich würde bis zu 15 Dollar pro Päckchen zahlen, bevor ich ans Aufhören denken würde.“

Überraschende Ausagen in einer Zeit, in der eine dramatische Inflation bei Energie und Lebensmitteln den Amerikanern den Alltag bereits enorm verteuert hat. Zumal das 8-Dollar-Päckchen bedeutet, dass ein Raucher mit einem Konsum von einem Päckchen pro Tag im Jahr satte 3000 Dollar sparen könnte. Viele die sich das in den nächsten ausrechnen, werden die Kippen wohl bald weglegen. Andere jedoch denken sich allerlei Tricks aus, wie sich höhere Steuern umgehen lassen. So dürften zunächst die Tabakumsätze in New York’s Nachbarstaaten und in den nahen Indianerreservaten steigen.
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Alt 05-06-2008, 19:23   #850
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US-Wirte fürchten Euro-Touristen
Mittwoch, 4. Juni 2008

Der starke Euro hat Amerika eine ungeahnte Tourismuswelle beschert, von der nicht zuletzt in New York City die Hotels und Theater am Broadway profitieren. Auch in Restaurants und Bars sitzen und genießen massenhaft Deutsche, Fanzosen, Italiener… und das macht den Wirten Sorgen, denn die Europäer knausern beim Trinkgeld.

In New York gibt es keine Bedienung, die nicht irgendeine Horrorstory über geizige Touristen zu erzählen hat. „Wenn an der Bar einer kein Englisch spricht, dann weiß du schon, es wird ein Problem geben“, meint ein Bartender in einer Kneipe in Midtown Manhattan. „Da kannst du den ganzen Abend freundlich sein und mit den Gästen scherzen, und am Ende lassen sie keinen einzigen Dollar liegen.“

Die meisten Wirte wissen, dass die Europäer das gar nicht böse meinen. „Bei denen zuhause ist das eben anders“, weiß eine junge Bedienung. Und tatsächlich: In Europa scheint Trinkgeld fast überall eingepreist zu sein. Ähnlich wie in Deutschland wird auch in Frankreich, Italien, Schweden, Spanien und der Schweiz höchstens um ein paar Cent aufgerundet. In Großbritannien ist wenigstens ein Trinkgeld von 10 Prozent üblich, so dass New Yorker Etablissements mit den Gästen aus dem Königreich vergleichsweise wenig Probleme haben.

Doch sind in New York eben 15 Prozent Trinkgeld üblich; bei besonders gutem Service dürfen es auch 20 Prozent sein – für den Europäer durchaus möglich, bekommt er doch über den starken Wechselkurs ohnehin einen Discount.

Bei einem Rechnungsbetrag von 168 Dollar einen „tip“ von 2 Dollar liegen zu lassen, wie neulich bei einem Wirt im Finanzdistrikt passiert ist, ist also unentschuldbar. Zumal solche Knausrigkeit durchaus Folgen haben kann – für die Restaurants.

Als die Kette „Ruby Tuesday“ jüngst eine neue Filiale am Times Square eröffnet hatte, liefen ihr nach zwei Wochen die Bedienungen davon. „Es gab jeden Tag Kündigungen“, meint ein Sprecher des Managements. Da die weltberühmte Kreuzung mit ihren LCD-Tafeln und Neonreklamen fast ausschließlich von Touristen frequentiert wird, war der weitgehend über Trinkgelder bezahlte Job einfach nichts wert.

Das Unternehmen reagierte umgehend und rechnet seit kurzem ein Trinkgeld von 18 Prozent direkt mit ein. Andere Restaurants, vor allem in Touri-Vierteln wie etwa entlang der Fifth Avenue, sind nachgezogen. Damit bricht man notgedrungen mit dem US-Brauch. Den der sah bisher vor, dass Bedienungen und Bartender nur Mindestlohn bekommen und den größten Teil ihres Einkommens aus dem „tip“ ziehen.

Ein Tip also noch einmal für alle Touris, die im Sommer zwischen Freiheitsstaute und Grand Canyon flanieren wollen: Auf die Rechnung gehören 15 bis 20 Prozent aufgeschlagen, auf dass Europäer in den USA weiterhin gern gesehene Gäste sind.
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Alt 05-06-2008, 19:23   #851
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Wahlkampf an der Wall Street
Donnerstag, 5. Juni 2008

Für die amerikanischen Demokraten ist ein mühsamer Vorwahlkampf zu Ende gegangen; seit Dienstagabend steht Barack Obama als Präsidentschaftskandidat seiner Partei fest. Jetzt beginnt der Wahlkampf gegen den Republikaner John McCain, und auch die Wall Street schaut genau hin – vor allem bei Wirtschaftsthemen.

Für die meisten Amerikaner ist zur Zeit die Wirtschaft das wichtigste Thema, wenn es um die Wahl des nächsten Präsidenten geht. Angesichts eines schwachen Dollars, des hohen Öl- und Benzinpreises, eines schwachen Arbeitsmarktes und fallender Häuserpreise sind für die meisten Wähler zwischen New York und Kalifornien alle anderen Themen zweitrangig. Umso detaillierter werden die Kandidaten in ihren Konzepten zu Steuerpolitik, Sozial- und Krankenversicherung,

Da gibt es jede Menge Unterschiede, denn einig sind sich die Kandidaten nur in einem: Es muss sich etwas ändern im Land. Angesichts der Unzufriedenheit, die die Amerikaner in aktuellen Umfragen ausdrücken, ist das eine offensichtliche Strategie. Nur in welche Richtung verändert werden soll, sehen die Senatoren aus Arizona und Illinois anders.

John McCain, der es zur Zeit schwer hat, sich vom unbeliebten Präsidenten George W. Bush zu distanzieren ohne damit die konservative Basis seiner Partei zu verschrecken, will etwa an den Steuererleichterungen festhalten, mit denen der Amtsinhaber Großverdienern und Unternehmen in der Hoffnung entgegengekommen ist, die Wirtschaft anzukurbeln. Barack Obama hingegen will einen Großteil dieser Steuererleichterungen streichen, vor allem für Bürger mit einem Einkommen von mehr als 250 000 Dollar. Neue Steuersenkungen sill er hingegen dem Mittelstand bieten.

Ein Dauerproblem in Amerika ist die staatliche Sozialversicherung, denn der „Social Security“ geht das Geld aus. McCain will das Problem lösen, in dem Sozialleistungen gekürzt werden; Obama tritt hingegen für Steueranhebungen ein, um Sozialleistungen erhalten zu können. Von den höheren Abgaben wären die höheren Einkommensklassen belastet, die nach aktuellem Stand größtenteils einen niedrigeren Steuersatz zahlen als Unter- und Mittelschicht.

Unterschiedliche Ansichten gibt es auch über die Gesundheits- und Vorsorgepolitik. Der Republikaner McCain will mehr Amerikaner dazu drängen, sich selbst zu versichern. Die Konkurrenz in der Branche würde automatisch zu fairen Preisen und Konditionen führen. Daran glaubt der Demokrat Obama nicht: Er fordert eine Pflichtversicherung für alle Amerikaner über den Arbeitgeber, die von staatlicher Seite reguliert würde.

Deutliche Unterschiede zeigen die Kandidaten auch in der Energiepolitik. Angesichts hoher Öl- und Benzinpreise will John McCain einen „Gas Tax Holiday“ einführen. Danach würde über den Sommer hinweg die Benzinsteuer ausgesetzt, um Autofahrer an der Tankstelle zu entlasten. Für dieses Konzept trat auch Hillary Clinton ein, doch Barack Obama hielt dagegen – er warf seinen Konkurrenten „Anbiederung an den Wähler“ vor. Aus gutem Grund: Volkswirte glauben, dass die Maßnahme den Staat viel Geld kosten würde, während der Nutzen für die Verbraucher im Pfennig-Bereich läge. Eine langfristige Lösung der Energiekrise sieht Obama in der Entwicklung und Förderung alternativer Quellen.

Ein Dauerproblem für die amerikanische Konjunktur ist das Billionendefizit, das die Bush-Regierung in den letzten Jahren in den Haushalt gerammt hat. Die USA zu entschulden hat für beide Präsidentschaftskandidaten höchste Priorität; die Konzepte sind unterschiedlich: John McCain möchte die Ausgaben des Staates in nicht essentielle Bereichen für ein Jahr einfrieren, um deren Notwendigkeit zu prüfen. Obama hingegen reicht eine Einschränkung, die der Regierung die Disziplin verganger Zeiten auferlegen würde. Das Konzept heißt „pay-go“ – zahle am Ausgang. Damit dürfte der Kongress neue Programme nur beschließen, wenn man die Finanzierung durch Kürzung bei anderen Programmen oder die Einnahme neuer Gelder, sprich: Steuern, sichern könnte.

In bezug auf die Steuerpolitik dürfte John McCain an der Wall Street der beliebtere Kandidat sein; beim Volk allerdings stäßt Barack Obama auf offene Ohren. In Sachen Haushalt scheint Obama auch aus Sicht der Wall Street die besseren Konzepte zu haben. Damit werden die nächsten fünf Monate spannend.

Der direkte Schlagabtausch der beiden Senatoren könnte übrigens in der nächsten Woche ausgerechnet an der Wall Street beginnen: McCain und Obama denken über eine gemeinsame Debatten-Tour durch Amerika nach, die in der „Federal Hall“ beginnen soll. In dem historischen Gebäude gegenüber der New York Stock Exchange wurde einst George Washington als erster Präsident der Vereinigten Staaten vereinigt, seither ist das Haus ein Museum und Symbol für die Demokratie der USA.
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Alt 09-06-2008, 18:28   #852
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Zwischen Utopie und Zukunft
Montag, 9. Juni 2008

Während der Ölpreis in immer neue Höhen klettert, widersetzen sich konservative Amerikaner immer noch jeder neuen Idee. Statt ernsthaft über Energiespar-Konzepte nachzudenken, alternative Energien zu fördern oder ganz neue Phantasien zu entwickeln, fordern sie immer das gleiche: Mehr Öl bohren. In Alaska.

Die Republikaner und viele ihrer Unterstützer in konservativen Lobbygruppen glauben „ANWR is the answer“. Die Abkürzung, die Antwort auf alle Fragen verspricht, steht für das „Alaska National Wildlife Refugee“, ein Naturschutzgebiet im nördlichsten US-Bundesstaat, unter dem Öl liegt – das nicht gefördert werden darf.

Denn seit Jahren ist das Naturschutzgebiet für die Unternehmen Sperrgebiet. Hier leben Eisbären, Elche, Karibu und andere Tiere, viele von ihnen sind bedroht. Den Schutz irgendwelcher Tiere über das Menschenrecht auf Öl zu stellen, geht den Republikanern und der Öl-Industrie seit langem gegen den Strich, allein, man hat sich bisher auch mit einer Mehrheit in Washington nicht durchsetzen können.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Öl-Lager unter ANWR selbst nach offiziellen Schätzungen der Regierung derart gering sind, dass sich mit ihnen zwar Geld verdienen aber sicherlich keine Ölkrise verhindern ließe. Die Regierung in Washington hat berechnet, dass selbst eine Förderung auf vollen Touren – die frühestens in zehn Jahren möglich wäre – den Ölpreis höchstens um 75 Cent pro Fass senken würde. Bei einem aktuellen Ölpreis von rund 135 Dollar wäre das eine Ersparnis von etwa 0,5 Prozent.

Dazu kommt: Die Förderung in ANWR hätte keine lange Dauer. Selbst bei einem Förderbeginn in zehn Jahren hätte man bis 2027 den Gipfel erreicht; zehn Jahre später dürften die Vorräte erschöpft sein. Insgesamt ließe sich bis dahin etwa 1 Prozent der amerikanischen Öl-Nachfrage stillen – ein Schritt zu dem allgemein angestrebten Ziel der „Unabhängigkeit von ausländischem Öl“ ist das nicht.

Den Konservativen geht das nicht in den Kopf. „Wir könnten ja schon lange fördern, wenn Bill Clinton uns nicht gestoppt hätte“, mosert etwa Max Schulz vom Manhattan Institute auf dem amerikanischen Börsensender CNBC. Bis zu 1,5 Millionen Fass könne man heute täglich aus dem Boden ziehen. Zudem trete man ja auch für verstärkte Förderung im Golf von Mexiko ein.

Was Schulz & Co. weiterhin strikt ablehnen, ist ein allmähliches Umstellen auf andere Energien. „Solar- und Windenergie sind ja schöne Ideen, aber sie funktionieren nicht“, zieht er über eine Interviewpartnerin her. Die hingegen, Daphne Wysham vom renommierten Institute for Policy Studies hat recht konkrete Lösungsvorschläge. Mit Solardächern auf Parkplätzen kontert sie das Argument, dass auch Elektroautos mit Strom aufgeladen werden müssten. Erdwärme, Windräder und sogar Mikroorganismen spielen in den Plänen ihres Think Tanks eine Rolle – und sind allesamt wissenschaftlich untersucht und für die Zukunft als tragfähig befunden worden.

Es wird – auch bei Öl- und Benzinpreisen auf Rekordniveau – noch lange dauern, bis Amerika in Energiefragen umdenken wird. Viel zu lange hat sich das Land auf niedrigem Benzin und einem globalen Überangebot ausgeruht. Jetzt die Gewohnheiten umzustellen ist schwierig, wenn auch nicht unmöglich. Auf dem Automobilmarkt geht der Trend bereits weg vom SUV und hin zum Kleinwagen. Der vor kurzem noch belächelte Smart könnte in Amerika eine bessere Zukunft haben als man sich zunächst hätte träumen lassen.
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Alt 10-06-2008, 18:52   #853
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Osama und andere Langfinger
Dienstag, 10. Juni 2008

Ladendiebe gibt es überall: Schulmädchen lassen mal einen Lippenstift mitgehen, Jungs vielleicht eine CD, und Bart Simpson kann ein Lied davon singen, welche Folgen es hat, wenn die Finger allzu lang werden. Doch laut dem amerikanischen Einzelhandel klaut auch die Mafia im Laden, ebenso wie Osama bin Laden.

Der amerikanische Einzelhandelsverband NRF spricht von einem dramatischen Anstieg des organisierten Ladendiebstahls. In den letzten zwölf Monaten sind 85 Prozent aller jüngst befragten Mitgliedsläden Opfer von Ladendieben geworden; im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres waren es nur 79 Prozent.

In den einzelnen Läden sollen Zahl und Gesamtschaden der Diebstähle zwar zurückgegangen sein. Darin sieht NRF-Sprecher Joseph LaRocca aber keine Verbesserung. „Die meisten Ladendiebe sind heute breiter aufgestellt und gehen mehr Läden an.“

Sie können das, so der Verband, weil sie gut organisiert sind. Und das wiederum erkennen die Experten daran, dass immer mehr geklaute Ware später wieder auftaucht – meist in Internet, und dort auf Seiten, auf denen Verkäufer anonym bleiben. Zwei Drittel aller amerikanischen Einzelhändler, so die jüngste Umfrage, haben Geklautes aus ihren Shops in Webstores wiedergefunden, darunter Gegenstände ebenso wie Geschenkgutscheine.

Jetzt reicht es, meint der Branchenverband. „Die Läden ebenso wie die Einzelhänder haben es satt, dass durch organisierten Ladendiebstahl nicht nur Kosten für Unternehmen und die anderen Kunden entstehen, sondern dass indirekt auch Mafia-Aktivitäten und Terrorismus unterstützt werden,“ so LaRocca.

Entsprechend sehe man immer größere Anstrengungen seitens der Läden, Ladendiebstahl zu unterbinden. Große Ladenketten gäben jährlich bis zu 1 Million Dollar für Ladendetektive und andere Maßnahmen aus, heißt es. Die Investition kann sich lohnen: Laut FBI beläuft sich der Wert der in den USA geklauten Waren auf bis zu 30 Milliarden Dollar.

Wichtigste Waffe im Kampf gegen organisierte Langfinger ist LERPnet. Hinter der mysteriösen Abkürzung verbirgt sich ein Datennetzwerk, in dem Einzelhändler zwischen New York und Kalifornien Informationen über gefasste Ladendiebe horten, Trends verfolgen und gemeinsame Vorgehensweisen entwickeln. NRF hofft, damit den Schaden für Unternehmen einzudämmen – und Terrorismus zu stoppen.
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Alt 11-06-2008, 19:11   #854
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Hitzewelle hilft dem Einzelhandel
Mittwoch, 11. Juni 2008

Amerika stöhnt unter einer Hitzewelle. In weiten Teilen des Landes sind die Temperaturen in den letzten Tagen dramatisch angestiegen; über New York und Washington D.C. steht die Luft mit bis zu 40 Grad. Für den Einzelhandel kam der Sommer gerade recht, um die Umsätze anzustacheln.

Nachdem die Einzelhandelsumsätze in der Vorwoche noch um 0,8 Prozent eingebrochen waren und damit die aktuelle Verfassung des amerikanischen Verbrauchers recht genau wiedergaben, schnellten die Umsätze in den letzten Tagen um satte 1,7 Prozent in die Höhe. Dem Verbraucher geht es angesichts des hohen Ölpreises und des schwachen Arbeitsmarktes keinen Deut besser – aber er brauchte Abkühlung.

Sommerklamotten, so leicht wie möglich, flogen förmlich von den Regalen, in den Supermärkten gab es heiße Schlachten am Kühlregal. Doch auch hochpreisige Artikel fanden Abnehmer: Im Elektrohandel waren die Klimaanlagen mancherorts ausverkauft, in den Outdoor-Läden waren Gartenmöbel gefragt, in den Baumärkten alles rund um den Swimming Pool.

Die erste Hitzewelle dürfte in den nächsten Tagen vorbei sein, doch vor allem die Baumärkte freuen sich über anhaltend gute Geschäfte: Wo es nämlich in den letzten Tagen nicht gerade zu heiß war, wüteten brutale Stürme und Tornados. Mancherorts gab es Überschwemmungen. Das wiederum hob die Nachfrage nach Pumpen und Holz zum Schutz von Türen und Fenstern. Die Unternehmen rechnen weiter mit guten Verkäufen, wenn in zahlreichen betroffenen Nachbarschaften die Aufräumarbeiten beginnen.

Zu dem dramatischen Umsatzsteigerungen, die selbst Optimisten aus der Branche überrascht haben, hatten natürlich auch die Steuerrückerstattungen beigetragen, die mittlerweile bei den meisten Amerikanern eingetroffen sind. Seit Ende Mai sind 600 und 1200 Dollar schwere Schecks an Einzelzahler und Ehepaare unterwegs, mit denen US-Präsident Bush dem Verbraucher in Rezessionsängsten beispringen will.

Das Timing für die Umsatzsteigerungen hätte nicht besser sein können. Für die amerikanischen Läden ist der Juni der letzte große Verkaufsmonat, bevor im Juli die zahlreichen Verkaufsaktionen mit Margen erschütternden Sonderangeboten beginnen. Wer jetzt noch kräftig verkauft, muss bei weniger Artikeln im späteren Sommer die Preise senken.

Unterm Strich tat die Hitzewelle dem amerikanischen Einzelhandel also gut – doch in der Branche macht man sich nichts vor. Der Sommer wird nicht nur heiß, er wird für die Bürger auch teuer, und die meisten werden versuchen, ihre Ausgaben im Alltag dramatisch einzuschränken.
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Alt 12-06-2008, 18:54   #855
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Hitzewelle hilft dem Einzelhandel
Mittwoch, 11. Juni 2008

Amerika stöhnt unter einer Hitzewelle. In weiten Teilen des Landes sind die Temperaturen in den letzten Tagen dramatisch angestiegen; über New York und Washington D.C. steht die Luft mit bis zu 40 Grad. Für den Einzelhandel kam der Sommer gerade recht, um die Umsätze anzustacheln.

Nachdem die Einzelhandelsumsätze in der Vorwoche noch um 0,8 Prozent eingebrochen waren und damit die aktuelle Verfassung des amerikanischen Verbrauchers recht genau wiedergaben, schnellten die Umsätze in den letzten Tagen um satte 1,7 Prozent in die Höhe. Dem Verbraucher geht es angesichts des hohen Ölpreises und des schwachen Arbeitsmarktes keinen Deut besser – aber er brauchte Abkühlung.

Sommerklamotten, so leicht wie möglich, flogen förmlich von den Regalen, in den Supermärkten gab es heiße Schlachten am Kühlregal. Doch auch hochpreisige Artikel fanden Abnehmer: Im Elektrohandel waren die Klimaanlagen mancherorts ausverkauft, in den Outdoor-Läden waren Gartenmöbel gefragt, in den Baumärkten alles rund um den Swimming Pool.

Die erste Hitzewelle dürfte in den nächsten Tagen vorbei sein, doch vor allem die Baumärkte freuen sich über anhaltend gute Geschäfte: Wo es nämlich in den letzten Tagen nicht gerade zu heiß war, wüteten brutale Stürme und Tornados. Mancherorts gab es Überschwemmungen. Das wiederum hob die Nachfrage nach Pumpen und Holz zum Schutz von Türen und Fenstern. Die Unternehmen rechnen weiter mit guten Verkäufen, wenn in zahlreichen betroffenen Nachbarschaften die Aufräumarbeiten beginnen.

Zu dem dramatischen Umsatzsteigerungen, die selbst Optimisten aus der Branche überrascht haben, hatten natürlich auch die Steuerrückerstattungen beigetragen, die mittlerweile bei den meisten Amerikanern eingetroffen sind. Seit Ende Mai sind 600 und 1200 Dollar schwere Schecks an Einzelzahler und Ehepaare unterwegs, mit denen US-Präsident Bush dem Verbraucher in Rezessionsängsten beispringen will.

Das Timing für die Umsatzsteigerungen hätte nicht besser sein können. Für die amerikanischen Läden ist der Juni der letzte große Verkaufsmonat, bevor im Juli die zahlreichen Verkaufsaktionen mit Margen erschütternden Sonderangeboten beginnen. Wer jetzt noch kräftig verkauft, muss bei weniger Artikeln im späteren Sommer die Preise senken.

Unterm Strich tat die Hitzewelle dem amerikanischen Einzelhandel also gut – doch in der Branche macht man sich nichts vor. Der Sommer wird nicht nur heiß, er wird für die Bürger auch teuer, und die meisten werden versuchen, ihre Ausgaben im Alltag dramatisch einzuschränken.
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