Millennium forscht und forscht [ 17.04.02, 10:38 ]
Von Stefan Riedel
Wer beim Biotech-Flaggschiff Millennium Pharmaceuticals am Ball bleiben will, muss eine Menge Geduld mitbringen. Firmenchef Mark Levin ist zwar in der Branche bekannt wie ein bunter Hund. Auch die zahlreichen Kooperationen mit Pharmagrößen wie Bayer, Aventis oder Abbott Laboratories können sich sehen lassen. Den Sprung in die Gewinnzone werden die Anleger aber nicht vor 2005 sehen.
Branchenstar Millennium: Exzellente Forschung, tiefrote Zahlen.
Die Geschäftszahlen für das erste Quartal 2002 bestätigen diesen Trend. Vor allem gestiegene Forschungskosten und die Akquisition von COR Therapeutics, die am 12. Februar abgeschlossen wurde, belasten das Ergebnis. Der Nettoverlust beläuft sich auf happige 303,9 Millionen Dollar oder 1,20 Dollar je Aktie. Darin enthalten ist ein einmaliger nicht-cashwirksamer Posten von 242 Millionen Dollar aus dem COR-Deal.
Ohne diese Sondereffekte fiel der Verlust mit 0,22 Dollar je Aktie sogar etwas niedriger aus als von den Analysten erwartet. Die entsprechenden Konsensschätzungen lagen bei 0,24 Dollar je Aktie. Demgegenüber steht ein Umsatz von 68,6 Millionen Dollar nach 50,4 Millionen Dollar im Vorjahr. 22,1 Millionen Dollar, also ein gutes Drittel, entfielen davon auf Produktverkäufe.
Das Dilemma der Gesellschaft mit ihren weltweit 1500 Mitarbeitern liegt auf der Hand. Einerseits gelingt es ihr, dank ihres Renommees äußerst lukrative Forschungsaufträge zu bekommen. Dazu zählt das auf fünf Jahre angelegte Abkommen mit Bayer, das Millennium 485 Millionen Dollar in die Kassen bringt.
Andererseits durchläuft Millennium den Prozess von einem Spezialisten in der Genforschung zu einem Entwickler von Medikamenten. Dementsprechend hoch fallen die Forschungs- und Entwicklungskosten aus. Lediglich ein Produkt, das zusammen mit Ilex Oncology vermarktete Leukämie-Präparat Campath, ist auf dem Markt. Insgesamt acht Wirkstoffe befinden sich in den klinischen Testphasen I und II.
Umso mehr setzt Millennium darauf, die Einnahmen durch zugekaufte Companies aufzupeppen, wie das Beispiel COR zeigt. Dessen Produkt Integrilin gegen die Blutverklumpung in Herzkranzgefäßen soll in diesem Jahr etwa 300 Millionen Dollar einbringen.
Gleichzeitig trommelt das Management für die eigene Produktpipeline. So will es gerade rechtzeitig zum wichtigsten Event der US-Krebsforschung, dem ASCO-Kongress in der vorletzten Maiwoche, die neuesten Forschungsergebnisse aus Phase II für MLN341 präsentieren. Dieser Wirkstoff blockiert ein wichtiges Enzym, das beim Tumorwachstum eine entscheidende Rolle spielt. So lange die klinische Phase II nicht geschafft ist, bleibt das Fragezeichen, ob Nebenwirkungen wie Übelkeit oder verschlechterte Blutgerinnung die Wirksamkeit beeinträchtigen.
Finanziell ist Millennium mit einem Cashbestand von rund zwei Milliarden Dollar über dieses Jahrzehnt abgesichert. Auch wenn die Gesellschaft langfristig große Perspektiven bietet, sollten Anleger derzeit Unternehmen vorziehen, die bereits Produkte auf dem Markt haben oder kurz davor stehen.
Mit einer Marktkapitalisierung von 6,4 Milliarden Dollar ist Millennium fast mit dem 18-Fachen des für 2002 erwarteten Umsatzes ausreichend bewertet. Aus charttechnischer Sicht hat die Aktie noch ein Aufwärtspotenzial von zehn Prozent, ehe bei etwa 28 Euro hartnäckige Widerstände lauern.
Empfehlung: HALTEN
Kurs am 17. April: 25,70 Euro
Stoppkurs: 22 Euro
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Es grüßt euch
Udo
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