Chartspezi & Moderator
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Anleger, hört die Signale!
Anleger, hört die Signale!
Von ANNE-BARBARA KÖHLER
Das Ende der Baisse an den Aktienmärkten ist eingeläutet – sagen viele technische Analysten. Zahlreiche Indikatoren prophezeien nicht nur eine Trendwende, sondern zeigen auf, wie nachhaltig die Erholung sein wird. Doch Skeptiker fürchten, der Wechsel von Zurückhaltung zu Optimismus vollziehe sich zu schnell. Denn in diesem Fall drohen neue Rückschläge.
FRANKFURT/M. Die Anleger lauern seit Wochen auf Signale, die ein Ende der Baisse ankündigen. Und die gibt es in der Tat: Nimmt man den Tiefstand des Deutschen Aktienindex (Dax) von 3 235 Punkten am 6. August zum Maßstab, dann hat sich eine Trendwende am deutschen Aktienmarkt bereits vor über zwei Wochen vollzogen.
Seitdem gewann der Index für deutsche Standardwerte 20 %. Eine Bodenbildung hatte sich zuvor schon durch zahlreiche Signale angekündigt. Der VDax, der Index für die implizite Volatilität von Dax-Optionen, erreichte einen Höchststand von 52 Prozent. Er spiegelt die von Marktteilnehmern erwartete Schwankungsbreite für den Dax wider.
„Der VDax war in den vergangenen fünf Jahren immer ein guter Indikator. Wenn ein Ausverkauf stattfindet, bevor die Märkte wieder nach oben drehen, dann steigt der VDax stark an“, sagt Volker Borghoff, Anlagestratege bei HSBC Trinkaus & Burkhardt.
Ein weiteres Indiz für einen Ausverkauf an den Börsen ist die hohe Bewegungsdynamik. „Die letzte Phase vor der Trendwende ist immer sehr dynamisch. Anfang August war eine deutliche Beschleunigung des Abwärtstrends zu erkennen“, meint Borghoff.
Lässt die Dynamik dann jedoch nach, deutet dies auf eine Gegenbewegung hin, die an Kraft gewinnt. „Die Stabilität der Abwärtsbewegung lässt schon seit einigen Wochen nach“, hat auch Uwe Wagner, technischer Analyst bei der Deutschen Bank, beobachtet. Nach die Trendwende steht die Frage im Vordergrund: Wie intakt ist die Erholungsbewegung? Auch hierfür bietet die technische Analyse Signale. „Bei der Beurteilung, in welcher Verfassung sich die Aktienmärkte befinden, ziehen wir auch die Volatilität hinzu“, sagt Volker Bien, Aktienmarktstratege bei der Hypovereinsbank.
Die implizite Volatilität hat sich gemessen am VDax mit rund 36 Prozent deutlich abgeschwächt. Das deutet gegenüber den Tiefständen auf ein gestiegenes Vertrauen in die Aktienmärkte hin. Aktienexperte Bien hält jedoch den schnellen Rückgang des Schwankungsbarometers für bedenklich. „Wenn in der Tiefphase hohe Volatilitäten den Markt bestimmen, sollten diese auch in der Erholungsbewegung zu beobachten sein“, sagt er. Bien fürchtet, dass ein allzu plötzlicher Stimmungswechsel weniger stabil ist als eine allmähliche Umstellung der Anleger. „Zurückhaltung wäre jetzt besser für die Marktentwicklung“, sagt Bien. In Phasen steigender Kurse sollte sich der Wechsel von Zurückhaltung zu Optimismus langsam vollziehen. Sonst stünden bald wieder Rückschläge auf der Tagesordnung.
Positiv bewerten technische Analysten hingegen ein anderes Signal. Die Gewinner im Dax kommen fast jeden Tag aus einer anderen Branche. „Der Dax gewinnt zur Zeit durch eine Rotation der Branchen immer mehr an Boden“, stellt Portfoliostratege Bien fest. Weniger positiv wäre es, wenn die Aufwärtsbewegung im Dax nur eine Branche getragen würde. Dies ist zur Zeit aber nicht der Fall. „In der Abwärtsphase waren nicht nur Wachstumswerte sondern auch defensive Titel auf breiter Front geschlachtet worden. Wenn alle Aktien abgeben, dann ist die Chance gegeben, dass auch die Gegenbewegung auf breiter Basis stattfindet“, sagt Bien. Da zu beobachten sei, dass diese Branchenrotation anhalte, könne man auch davon ausgehen, dass die Erholungsbewegung noch weiteres Potenzial habe.
Hoffnungen für die Anleger gibt auch der so genannte „Sentiment-Faktor“. „Die Märkte drehen erst dann, wenn alle Marktteilnehmer pessimistisch sind“, meint Borghoff von HSBC. Dass diese psychologische These jetzt zutrifft, bestätigen aktuelle Umfragen. Im jüngsten Finanzmarktreport des Zentrums für Europäische Wirtschaftforschung (ZEW) geben die 350 befragten Finanzmarktexperten pessimistische Erwartungen für den Deutschen Aktienindex ab. Ein durchaus positives Signal, meint Portfoliostratege Bien: „Je zurückhaltender die Stimmung, desto besser.“
Dennoch gibt es auch Skeptiker: Franz-Josef Leven vom deutschen Aktieninstitut beispielsweise hält nicht viel von Indikatoren der technischen Analyse: „Mit ihren Formationen, Oszillatoren und Stochastiken kann die technische Analyse nur kurzfristige Bewegungen beschreiben. Der einzige Grund für eine nachhaltige Entwicklung an den Märkten ist aber die wirtschaftliche Lage.“ Zwar könnten bestimmte Kurskonstellationen auf kurzfristige Trends hindeuten, doch seiner Meinung nach zählen nur die Ergebnisse der Unternehmen. „Anleger sollten jetzt vor allem auf die anstehenden Halbjahreszahlen achten“, sagt Leven.
HANDELSBLATT, Montag, 26. August 2002, 09:06 Uhr
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