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Alt 26-04-2007, 20:21   #660
Starlight
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Der Dow und der Dollar

Wer schon lange nicht mehr im Urlaub in Amerika war, sollte sich seine Reisepläne für dieses Jahr gut überlegen. Ob ein Heli-Flug über den Grand Canyon, eine Studio-Tour in Hollywood, die Strände Floridas oder Freiheitsstatue und natürlich die Wall Street in New York – für Europäer ist der Trip über den großen Teich so billig wie noch nie.

Dass der Dollar gegenüber dem Euro immer weiter abstürzt, kommt Touristen entgegen. Im Vergleich zum Währungsverhältnis in den letzten vier Sommern ist der Wert der europäischen Währung in den USA um etwa 15 Prozent gestiegen, und damit wird für Besucher alles billiger: der Flug, das Hotel, die Eintrittskarten, das Dinner – 2007 ist ein tolles Jahr für Amerika-Freunde.

2007 ist auch ein tolles Jahr für die amerikanische Börse und für die Unternehmen, deren Aktien dort gehandelt werden. Auch das hat man dem Dollar zu verdanken. Und zwar so sehr, dass sich kritische Beobachter immer mehr sorgen machen. Denn die aktuelle Rallye, die den Dow und andere Indizes auch historische Höchststände getrieben hat, ist viel mehr dem starken Wirtschaftswachstum im Ausland und dem Wertverfall des Dollars zuzuschreiben als etwa der konjunkturellen Stärke im eigenen Land.

Bestes Beispiel am Donnerstag: Der Automobilriese Ford meldet besser als erwartet. Warum? Weil die Umsätze in Übersee gestiegen sind, und weil man dort die Autos in Yen und Yuan und Pesos verkauft, die dem US-Unternehmen bei Rückführung auf eigenes Territorium mehr Dollar bringen als je zuvor.

Ford ist nicht der einzige Konzern, dem günstige Wechselkurse die Bilanz retteten. Ganze 15 der 19 Dow-Unternehmen, die in der laufenden Ertragssaison bereits gemeldet haben, geben offen zu, dass die günstigen Kurse maßgeblich zu den starken Zahlen beigetragen haben.

Die starken Zahlen wiederum sind nur ein Grund für die aktuelle Stärke der US-Börsen. Ein anderer Grund sind die verstärkten Geldzuflüsse aus dem Ausland, wo Investitionen in US-Aktien umso rentabler sind als sich der Dollar eines Tages erholen dürfte. Geht es für die Börsen weiter bergauf sind die Gewinne umso höher, brechen die Börsen ein wäre der steigende Dollar der perfekte Hedge.

Während der schwache Dollar also in den letzten Monaten einige positive Folgen gehabt hat, sollten sich die Amerikaner über den Verfall ihrer Währung nicht allzu sehr freuen. Unternehmen mit globalem Business mögen jubeln, doch der Verbraucher bekommt die Quittung für die Verschiebungen am Währungsmarkt. Immerhin exportieren US-Konzerne nicht nur – viel mehr wird importiert, und das nun zu höheren Preisen.

Kunden bei Wal-Mart, wo kaum ein Artikel verkauft wird, der nicht in Asien oder Südamerika hergestellt wird, sehen die Preise anziehen. Die Last auf dem Verbraucher wird also immer schwerer, und das wiederum kann für die US-Konjunktur langfristig nur Nachteile haben.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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