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Alt 19-04-2007, 17:36   #655
Starlight
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Wo die Spenden-Büchse scheppert

Politik bestimmt die Wall Street, das ist kein Geheimnis. Ganz erstaunlich ist aber, mit welchen Summen die Wall Street ihrerseits Politik macht. Ein Blick in die Spenden-Abrechnungen der Präsidentschafts-Kandidaten zeigt, für wen Finanzgrößen in New York und Connecticut – da sitzen viele Hedgefonds – tief in die Tasche gegriffen haben.

Dass die beiden New Yorker Kandidaten beim Spendensammeln an der Wall Street die Nase vorn haben, überrascht nicht. Hillary Clinton, die für den Staat New York im Senat sitzt, hat in der Finanzbranche bereits 4 Millionen Dollar gesammelt und bezieht damit ein Sechstel ihres gesamten Wahlkampf-Etats aus der Gegend. Ihr republikanischer Konterpart Rudolph Giuliani, früher Bürgermeister der Metropole, hat an der Wall Street 2 Millionen Dollar aufgetrieben, etwa ein Zehntel seines bisherigen Budgets.

Insgesamt haben die New Yorker Banken und Fondgesellschaften bereits 12 Millionen Dollar an Wahlkampfspenden aufgetrieben – etwa ein Zehntel aller Gelder, die bisher geflossen sind. Damit ist New York mit Abstand das heißeste Pflaster für Politiker auf Spenden-Tour. Auf Rang Zwei folgt Hollywood, wo bisher 7 Millionen Dollar aufgetrieben wurden, und wo sich ebenfalls Hillary Clinton den Löwenanteil sicherte.

Höchst interessant ist ein detaillierter Blick auf die Spenden, die nach amerikanischem Gesetz offengelegt werden müssen. Während Firmen wohlgemerkt nur kleine Beträge direkt spenden dürfen, lässt sich an den Gaben der höheren Angestellten leicht erkennen, welche Firma bei der Präsidentschaftwahl 2008 auf welches Pferd setzt:

Goldman Sachs, mit einem Spendenaufkommen von 437 000 Dollar unangefochten die Nummer Eins, hat mit 131 000 Dollar den größten Anteil an Mitt Romney gegeben, den ehemaligen republikanischen Gouverneur von Massachussetts. Auf den Plätzen folgen der Demokrat Barack Obama vor Hillary Clinton und John Edwards, der bereits im letzten Wahlkampf an der Seite des glücklosen John Kerry angetreten war.

Goldman Sachs ist traditionell einer der größten politischen Spender im ganzen Land. Da überrascht es nicht, wie viele Brücken sich von der Zenrale der Investmentbank in die Politik schlagen lassen. Der amtierende US-Finanzminister Hank Paulson wurde von Goldman Sachs abgeworben, sein Vor-Vorgänger Robert Rubin ebenfalls. Der Chief of Staff im Weißen Haus, Joshua Bolton, kommt von Goldman Sachs, der Gouverneur von New Jersey, Jon Corzine, ebenfalls, und auch John Thains Berufung von Goldman Sachs zum Chef der New York Stock Exchange war ein Politikum.

Großzügige Spenden fließen aber auch bei anderen Häusern: Angestellte von Morgan Stanley haben bisher knapp über 200 000 Dollar aufgetrieben, den größten Einzelanteil für Hillary Clinton. Es folgen Credit Suisse, Merrill Lynch und Lehman Brothers, bei denen der Löwenanteil an Giuliani floss.

Giuliani sicherte sich auch die kompletten Spenden beim Hedgefond Elliott Associates und revanchierte sich prompt: Elliott-Partner Paul Singer wurde gerade zum Finanzchef im Giuliani-Wahlkampf ernannt. Im Falle eines Wahlsieges dürfte das Singer – und seinem ehemaligen Arbeitgeber – mindestens einen Berater-Job im Weißen Haus, vielleicht sogar einen Kabinetts-Posten einbringen.

Auf ähnliche Ziele setzt wohl auch die Investorengruppe Bain. Die wurde von Mitt Romney mitgegründet und lässt den Löwenanteil ihrer bisherigen Spenden von 88 000 Dollar in die Kasse der Freundes fließen. Die gesamten Spenden von Fortress Capital gehen hingegen an John Edwards, der nach seinem Wahlkampf 2004 vorübergehend für das Investmenthaus gearbeitet hatte.

Auf dem falschen Dampfer scheint zur Zeit die Citigroup zu sitzen. Deren Spenden von insgesamt 270 000 Dollar sind breit verteilt und begünstigen keinen Kandidaten so recht. Am ehesten noch den Republikaner John McCain, der ganz knapp den größten Anteil einstreicht. An McCain hingegen glaubt außerhalb der Citigroup keiner mehr. Der Mann, der einst durch seine stete Kritik an Präsident Bush einer hoffnungsvolle Stellung unter den republikanischen Kandidaten inne hatte, hat sich zuletzt wieder Bush zugewandt und mit zahlreichen Fehlpässen seine Wähler vergrault. Allerdings steht der Wahlkampf in den USA in den ersten Zügen, die Citigroup wird sich mit Sicherheit noch neu positionieren.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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