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Alt 10-04-2007, 17:47   #649
Starlight
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„Schulden machen“ als Leistungskurs

Dass amerikanische Hypothekenbanken zur Zeit reihenweise pleite gehen, liegt daran, dass sie jahrelang Geld an jeden verliehen haben, der es haben wollte – und dass zu viele Schuldner jetzt nicht zahlen können. Doch beginnen die Probleme der Branche nicht erst beim Häuserkauf, sondern schon viel früher: in Schule und Universität.

Im Wettlauf um junge Kunden haben sich die amerikanischen Kreditkarten-Anbieter seit geraumer Zeit die Universitäten vorgeknöpft. Die Bank of America hat eine Million Dollar gezahlt, um auf dem Campus der Uni Oklahoma exklusiv präsent sein zu dürfen. Doch andernorts spielen sämtliche Branchengrößen mit, darunter Citigroup und HSBC. Je höher das Bankenaufgebot, desto agressiver das Marketing:

„Die sind hier jeden Tag und überall“, beschwert sich Student Jerry Wofford im Interview mit einem lokalen Fernsehsender, der jüngst über den Kredit-Wahn auf dem Campus berichtete. „Wenn das Uni-Team Football spielt, kannst du um keine Ecke gehen, ohne an den Werbetisch eines Kreditkarten-Anbieters zu geraten.“

An jedem Tisch gibt es dann ein kostenloses T-Shirt mit dem Mannschafts-Logo oder auch nur ein Sonderangebot für einen Kredit, der die ersten drei Monate lang zinsfrei ist – da langen Studenten gerne zu.

Die American Bankers Association rechtfertigt solche Angebote mit der hohen Nachfrage und der Tatsache, dass „die große Mehrheit der Studenten mit ihren Kreditkarten sehr verantwortungsvoll“ umgeht. Das jedenfalls meint Verbandssprecherin Nessa Feddis.

Eine aktuelle Statistik widerlegt das allerdings: Danach haben 80 Prozent der amerikanischen Studenten bei ihrem Abschluss bereits zwei bis drei Kreditkarten und sitzen auf einem Schuldenberg von durchschnittlich 3500 Dollar. Damit zahlt sich die Strategie der Banken aus. „Die Unternehmen wissen, dass Studenten unerfahren sind, und dass im Notfall die Eltern aushelfen, den Kredit abzuzahlen“, meint Robert Manning, ein Professor am Rochester Institue of Technology im Bundesstaat New York.

Sieben Bundesstaaten wollen dem Werben der Banken nun einen Riegel vorschieben und die Unternehmen per Legislative vom Campus vertreiben. Den Unis ist das gar nicht recht, und man steuert dagegen. Man biete den Studenten schließlich auch zahlreiche Kurse, in denen der richtige Umgang mit Geld gelehrt werde, rechtfertigt die Rektorin der Uni Oklahoma den Deal mit der Bank of America. Studenten vor Ort wissen davon auf Nachfrage nichts, die Kurse werden wohl deutlich weniger beworben als die Kreditkarten.

Kein Wunder, denn am verantwortungsvollen Umgang der Studenten mit ihrem Geld ist den Hochschulen oft gar nicht gelegen. In manchen Fällen, beispielswiese in Oklahoma, werden sie nämlich prozentual an den Ausgaben beteiligt, die Schüler über ihre neuen Kreditkarten tätigen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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