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Alt 26-09-2007, 21:02   #746
Starlight
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GM muss jetzt Gas geben

Zwei Tage lang standen die Fließbänder still, am Mittwoch kommen mehr als 70 000 Mitarbeiter von General Motors wieder in ihre Werke zurück. Der Autohersteller und die Gewerkschaft UAW haben sich nach zähen Verhandlungen auf einen Deal geeinigt, der für die ganze Branche richtungsweisend ist.

Für General Motors selbst ändert sich mit der Einigung mit der Gewerkschaft gewissermaßen die Branche. In Analystenkreisen galt der Konzern schließlich seit Jahren als „Krankenkasse, die nebenbei Autos produziert“ – jetzt ist man diesen ungeliebten Bilanzposten ein für allemal losgeworden und hofft, zumindest in bezug auf die Kostenstruktur näher an die Konkurrenz aus Asien heranzukommen.

Ganz billig ist es für GM letztlich nicht geworden, die Forderungen der Angestellten und Rentner loszuwerden. 35 Milliarden Dollar in bar und Aktien muss das Unternehmen in einen Fond einbringen, der von der Gewerkschaft verwaltet wird und sich künftig um die Krankenversorgung der aktiven und ehemaligen Arbeitnehmer kümmert. Doch diese 35 Milliarden Dollar sind ein einmaliger Posten. Ist der einmal durch die Bilanz, steigen bei jedem Dodge, Chevy und Pontiac die Margen.

Das reicht aber nicht, um den traditionsreichen Autobauer langfristig profitabel zu halten. Bislang ist es noch keinem Konzern gelungen, sich gesund zu sparen, und auch GM wird erkennen, dass man sich nun mehr denn je über die Produkte beweisen muss. Mit den Versicherungskosten fällt nämlich die klassische Entschuldigung weg, mit der sich das Management seit eh und je für schwache Zahlen gerechtfertigt hat.

Von nun an werden sich Analysten und Anleger nur noch eine Frage stellen: Wie viele Autos hat GM verkauft? Mehr als je zuvor ist der Fokus des Marktes ganz darauf gerichtet, ob das Unternehmen die Wagen baut, die der Kunde will. Und da besteht noch mehr Restrukturierungsbedarf als man jetzt auf der Kostenseite hinter sich gebracht hat. Die Modelle aus Detroit rollen – unabhängig vom Preis – der Konkurrenz aus Fernost hinterher. Toyota und Honda bauen Autos, die weniger Benzin verbrauchen, Mercedes-Benz baut Modelle mit Brennstoffzelle, der Smart steht vor seiner Markteinführung in amerikanischen Metropolen.

In den letzten Jahren sind die Verkaufszahlen bei GM und der amerikanischen Konkurrenz von Ford und Chrysler dramatisch eingebrochen. Im vergangenen Juli hatten die „großen 3“ erstmals in der Geschichte einen gemeinsamen Marktanteil unter 50 Prozent. Für GM allein ist der Marktanteil innerhalb von nur zehn Jahren von 35 auf nur noch 25 Prozent zurückgegangen. Das liegt nicht nur daran, dass auf jedem Auto ein Aufschlag für die Lohnnebenkosten war.

Nachdem GM seine Sorgen um Krankenversicherung und andere lästige Nebenkosten los geworden ist, muss man sich jetzt mehr denn je um das Produkt Auto kümmern, und eine ähnliche Neuordnung steht bei Ford an. Denn nach dem Ende des Arbeitskampfes bei der amerikanischen Nummer Eins ist in der Verhandlungsstrategie der UAW der nächstgrößere Konzern als nächster an der Reihe.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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