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Alt 20-09-2007, 21:01   #742
Starlight
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Zinssenkung nur ein Placebo

Aufatmen bei der Fed. Einen Tag nach der dramatischen Zinssenkung hätte es nun wirklich schlecht ausgesehen, wenn die Verbraucherpreise direkt wieder an die oft beschworene Inflation erinnert hätten. Taten sie zum Glück nicht, jedenfalls nicht auf den ersten Blick. Aber vom Tisch ist das Thema noch lange nicht.

Zunächst ein Blick auf die Daten. Die Verbraucherpreise sind im August um 0,1 Prozent zurückgegangen und zeigen damit den zweiten Monat in Folge einen eher deflationären Trend. Hinter den Kulissen sieht es aber weniger erfreulich aus. Denn die Kernrate ohne Energie und Lebensmittel ist gestiegen, was einen Schluss nahelegt: Es waren vor allem die niedrigeren Energiekosten im August, die die Verbraucherinflation gebremst haben.

Wer nun auf den Ölpreis schaut, der seit Tagen von einem auf das nächste Allzeit-Hoch klettert und direkt vor Beginn der Heizsaison bei mehr als 82 Dollar notiert, der sieht wie kurzlebig die Freude über niedrigere Energie- und damit auch Verbraucherpreise sein dürfte. Schon für den September dürften die Preisdaten ganz anders ausfallen, und dann auch wieder mit dem übereinstimmen, was die Notenbank seit Monaten sagt: Die Inflation scheint die größere Gefahr für das konjunkturelle Gleichgewicht in den USA zu sein.

Insofern wird sich mancher noch fragen, ob eine Zinssenkung – zumal über 50 Basispunkte – am Dienstag der richtige Schritt war. Auf weitere Zinssenkungen lassen diese jüngsten Daten jedenfalls nicht schließen. Andere wiederum eher:

Die Baubeginne sind weiter eingebrochen und liegen auf dem niedrigsten Stand seit zwölf Jahren. Die Subprime-Krise scheint sich durchaus in den Bilanzen der Banken bemerkbar zu machen, wie die Zahlen von Morgan Stanley zeigen. Die Auswirkungen, die die Hypothekenkrise mit ihren Massenentlassungen auf den Arbeitsmarkt hat, sind auch noch nicht ganz einkalkuliert.

Doch ob die Fed immer mit neuen Zinssenkungen aushelfen sollte, wird von einigen Experten bezweifelt. Allerdings meist von nicht amerikanischen Experten. Die wünschen sich, dass die US-Konjunktur strukturell gesundet und nicht immer nur von der Notenbank gepusht wird. Die Unzufriedenheit vor allem in Europa lässt sich am schwachen Dollar messen. Noch nie in der Geschichte war die US-Währung gemessen am Euro weniger wert als heute.

Wenn manche amerikanische Stimmungsmacher, am Morgen zum Beispiel der CEO des Autohändlers Automax in einem Fernsehinterview, bis Ende des Jahres den Leitzins bei 3,x Prozent fordern, dann bauen sie auf eine kurzfristige Operation, die den Markt liquide hält – aber langfristig nicht lebendig.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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