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Alt 30-08-2007, 20:49   #737
Starlight
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Vertrauenskrise im Supermarkt

Inmitten fallender Immobilienpreise, einer zunehmenden Kreditkrise, Inflation und steigener Energiekosten ist das Verbrauchervertrauen in Amerika zuletzt deutlich eingebrochen. Das liegt aber nicht nur an diesen stets genannten Gründen, sondern an Sorgen, die den Konsumenten bis in den Supermarkt hinein verfolgen.

So sorgen sich immer mehr Amerikaner nicht mehr nur um die drastisch steigenden Lebensmittelpreise, sondern schlicht um die Qualität der Lebensmittel. Innerhalb eines Jahres gab es in den USA so viele Fälle von verdorbener Ware wie nie zuvor. Im September letzten Jahres musste tonnenweise Spinat zurückgenommen werden, der mit E-Coli-Bakterien verseucht war. Seither machte verdorbener Fisch Schlagzeilen, dann verseuchte Erdnussbutter – selbst Tierfutter machte krank.

Das ganze hat dazu geführt, dass laut einer aktuellen Umfrage nur noch 66 Prozent der Amerikaner mit ruhigem Gewissen und Vertrauen in die Ware Lebensmittel kaufen. Das ist der niedrigste Stand seit fast 20 Jahren und deutlich unter den 89 Prozent, die noch vor einem Jahr mit der Qualität der Produkte zufrieden waren. Noch schlechter fällt die Bilanz für die Restaurants aus: Nur noch 42 Prozent der Amerikaner essen voller Vertrauen fern von eigener Küche und Herd.

Das setzt Gastronomie, Einzelhandel und Lebensmittelindustrie gewaltig unter Druck. Konzerne wie Tyson Foods, der größte Fleischproduzent der Welt, haben neue Sicherheitsauflagen eingeführt und die Etats für die Qualitätskontrolle deutlich vergrößert. Tyson Foods hat gerade eine neue 10 000 Quadratmeter große Forschungs- und Testhalle eingeweiht, in der Lebensmitteltechniker mehr Untersuchungen durchführen. Hauseigene Tierärzte besuchen unterdessen zuliefernde Farmen und nehmen Blutproben bei allem, was einmal ein Burger werden will.

Beim Cornflake-Riesen Kellog hat man unterdessen alle Zulieferer verpflichtet, sich genauen Qualitätskontrollen von unabhängigen Parteien zu unterziehen, und Kraft Foods ist zum Spitzenreiter in der Verbesserung sanitärer Standards in der Produktion geworden.

Für die Unternehmen lohnen sich die hohen Investitionen, wie ein Blick auf die jüngsten Umsatzeinbußen zeigt: Bei Chiquita verbucht man noch immer schleppende Absätze von Salat in Tüten, da Kunden seit dem Spinat-Skandal vor einem Jahr ihr Vertrauen in das verpackte Grünzeug nicht wieder gefunden haben.

Während aber die Unternehmen viel Geld in neue Sicherheitsmaßnahmen stecken, verbuchen manche beteiligte Unternehmen ungeahnte Umsatzzuwächse. RedPrairie, zum Beispiel, ein Software-Unternehmen aus Milwaukee. Das Unternehmen hilft der Lebensmittelbranche, den Weg der verarbeiteten Ware vom Bauern bis zum Kunden zu verfolgen. Zu den Kunden zählen General Mills und Procter & Gamble.

Mit den neuen Programmen verfolgen die Konzerne Lebensmittel bis ins Regal, wo sie das Haltbarkeitsdatum im Auge behalten und notfalls Alarm schlagen, wenn Produkte ihre Lebensdauer überschritten haben. Solche Technologien fordern die Zusammenarbeit mit Unternehmen wie Wal-Mart und Safeway und anderen großen Ketten. Die fällt zunehmend leicht, denn nach den Geschehnissen der letzten Monate haben sich die Branchenriesen zu einer Einsatzgruppe zusammengeschlossen, die für die Qualitätssicherung bei Lebensmitteln eintritt. Letztes Ziel: Über langfristige Maßnahmen das Vertrauen der Kunden zurückgewinnen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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