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Alt 05-06-2008, 18:23   #850
Starlight
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US-Wirte fürchten Euro-Touristen
Mittwoch, 4. Juni 2008

Der starke Euro hat Amerika eine ungeahnte Tourismuswelle beschert, von der nicht zuletzt in New York City die Hotels und Theater am Broadway profitieren. Auch in Restaurants und Bars sitzen und genießen massenhaft Deutsche, Fanzosen, Italiener… und das macht den Wirten Sorgen, denn die Europäer knausern beim Trinkgeld.

In New York gibt es keine Bedienung, die nicht irgendeine Horrorstory über geizige Touristen zu erzählen hat. „Wenn an der Bar einer kein Englisch spricht, dann weiß du schon, es wird ein Problem geben“, meint ein Bartender in einer Kneipe in Midtown Manhattan. „Da kannst du den ganzen Abend freundlich sein und mit den Gästen scherzen, und am Ende lassen sie keinen einzigen Dollar liegen.“

Die meisten Wirte wissen, dass die Europäer das gar nicht böse meinen. „Bei denen zuhause ist das eben anders“, weiß eine junge Bedienung. Und tatsächlich: In Europa scheint Trinkgeld fast überall eingepreist zu sein. Ähnlich wie in Deutschland wird auch in Frankreich, Italien, Schweden, Spanien und der Schweiz höchstens um ein paar Cent aufgerundet. In Großbritannien ist wenigstens ein Trinkgeld von 10 Prozent üblich, so dass New Yorker Etablissements mit den Gästen aus dem Königreich vergleichsweise wenig Probleme haben.

Doch sind in New York eben 15 Prozent Trinkgeld üblich; bei besonders gutem Service dürfen es auch 20 Prozent sein – für den Europäer durchaus möglich, bekommt er doch über den starken Wechselkurs ohnehin einen Discount.

Bei einem Rechnungsbetrag von 168 Dollar einen „tip“ von 2 Dollar liegen zu lassen, wie neulich bei einem Wirt im Finanzdistrikt passiert ist, ist also unentschuldbar. Zumal solche Knausrigkeit durchaus Folgen haben kann – für die Restaurants.

Als die Kette „Ruby Tuesday“ jüngst eine neue Filiale am Times Square eröffnet hatte, liefen ihr nach zwei Wochen die Bedienungen davon. „Es gab jeden Tag Kündigungen“, meint ein Sprecher des Managements. Da die weltberühmte Kreuzung mit ihren LCD-Tafeln und Neonreklamen fast ausschließlich von Touristen frequentiert wird, war der weitgehend über Trinkgelder bezahlte Job einfach nichts wert.

Das Unternehmen reagierte umgehend und rechnet seit kurzem ein Trinkgeld von 18 Prozent direkt mit ein. Andere Restaurants, vor allem in Touri-Vierteln wie etwa entlang der Fifth Avenue, sind nachgezogen. Damit bricht man notgedrungen mit dem US-Brauch. Den der sah bisher vor, dass Bedienungen und Bartender nur Mindestlohn bekommen und den größten Teil ihres Einkommens aus dem „tip“ ziehen.

Ein Tip also noch einmal für alle Touris, die im Sommer zwischen Freiheitsstaute und Grand Canyon flanieren wollen: Auf die Rechnung gehören 15 bis 20 Prozent aufgeschlagen, auf dass Europäer in den USA weiterhin gern gesehene Gäste sind.
© Inside Wall Street
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