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Alt 21-05-2008, 17:52   #845
Starlight
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Ärger mit Münzen und Scheinen
Mittwoch, 21. Mai 2008

Die Amerikaner sorgen sich zunehmend um ihr Geld. Nicht nur, dass der Dollar (abgesehen von einer kleinen Korrektur in den letzten Wochen) so schwach ist wie noch nie zuvor. Viel schlimmer: Einige Münzen sind in der Herstellung zu teuer, und die Scheine sind gerade vor einem Bundesgericht durchgefallen.

Der Federal Appeals Court hat entschieden, dass etwa Sehbehinderte mit den eben erst neu gestalteten Dollar-Scheinen immer noch benachteiligt werden. Hintergrund: Die Dollar-Scheine – vom Einer bis zum Hunderter – sind allesamt gleich groß, hervorgehobene Relief-Markierungen fehlen ebenso wie andere Eigenschaften, anhand derer Blinde den jeweiligen Wert erkennen könnten.

Die US-Banker geben das unumwunden zu, sahen aber bisher keinen Anlass gegenzusteuern. Blinde wären mit den Dollar-Scheinen immer recht gut klar gekommen, da sie sich angepasst hätten, lautet das außerordentlich dämliche Argument. Sie könnten etwa verschiedene Scheine an verschiedenen Ecken falten, alternativ Angestellte an der Kasse um Hilfe bitten – oder einfach Kreditkarten benutzen.

Das Gericht ließ diesen Unsinn nicht gelten. Mit dieser Argumentation könne man ja künftig auf behindertengerechte Baumaßnahmen an Gebäuden verzichten, hielt man dagegen. Rollstuhlfahrer könnten dann ja auf allen Vieren in ein Gebäude kriechen oder fremde Passanten um Hilfe bitten.

Abgesehen davon, dass das Gericht die blindengerechte Gestaltung der Scheine also weiterhin fordert, hat man darauf hingewiesen, dass das Finanzministerium überhaupt nicht dargelegt habe, weshalb derartige Maßnahmen nicht durchzuführen seien. Das dürfte wohlgemerkt auch schwierig sein. Denn in anderen Ländern sind etwa Relief-Markierungen und verschiedene Scheingrößen längst üblich; teuer einzuführen sind sie auch nicht.

Es könnte durchaus sein, dass die amerikanischen Noten gegen Ende ihrer jüngsten Umgestaltung erneut verändert werden müssen.

Gleichzeitig könnte man sich in Washington dann in der Münzfrage einigen: Die Rohstoff-Rallye, in deren Rahmen zuletzt auch die Metallpreise Rekordniveau erreicht haben, macht nämlich die Herstellung von „Penny“ und „Nickel“ zu teuer. Die Kosten für beiden kleinsten amerikanischen Münzen über 1 und 5 Cent liegen nämlich deutlich über dem Nennwert, weshalb eine Änderung in der Legierung bereits diskutiert wird.
© Inside Wall Street



Gedanken an der Tankstelle


Im US-Bundesstaat New Jersey, wo ich seit einigen Jahren wohne, dürfen Autofahrer per Gesetz nicht selbst tanken. Der Job ist dem Tankwart überlassen, woran man sich gerne gewöhnt. Auf dem Heimweg von Washington, D.C. musste ich jüngst in Maryland meinen Tank auffüllen, und erlebte die Nebenwirkungen steigender Ölpreise.

An einer Tankstelle am „Interstate 95“, der die Ostküste von Florida bis Maine bedient, hatte ich mich in die falsche Spur verirrt. Statt an eine Zapfsäule mit Selbstbedienung zu fahren, hatte ich mich in das Revier des Tankwartes verirrt, der außerhalb New Jersey wohlgemerkt kein Service-Monopol genießt. Er bot an, mich zu betanken, was „nur 15 Cent mehr kosten würde“ – pro Gallone, versteht sich.

Ich lehnte dankend ab und rangierte an eine andere Zapfsäule. Benzin ist ohnehin so teuer wie nie zuvor, da muss ich nicht noch draufzahlen. Der Tankwart, ein Student aus der Gegend, tat mit ein wenig leid, und auf Nachfrage bestätigte er: Kaum ein Autofahrer lässt mehr tanken. „Früher haben wie etwa die Hälfte der Autos bedient“, meinte der junge Mann, „heute sind es nur noch Ausnahmen.“ Wie lange er seinen Nebenjob überhaupt halten könne, wisse er nicht.

Ich konnte den Tankwart nicht aufmuntern, denn mir ist ebenso wie ihm klar, dass es für den Ölpreis und damit auch Benzin nur eine Richtung gibt: nach oben. Daran wird sich auf lange Zeit nichts ändern. Autofahrer sollten sich daran gewöhnen, vielleicht die Hintergründe dieser Entwicklung überdenken – und aufhören zu jammern.

Wer noch immer nicht weiß, warum es für den Ölpreis – der immerhin 70 Prozent der Benzinkosten ausmacht – keine Trendwende geben wird, und wer sich das auch jüngst von Goldman Sachs und vom Öl-Milliardär und Rohstoff-Guru Boone Pickens in aktuellen Analysen nicht einfach so sagen lassen will, dem sei alles noch einmal erklärt:

Der niedrige Ölpreis in den Neunzigerjahren, als Amerikaner 90 Cent pro Gallone (etwa 3,7 Liter) zahlten, hat zu einem rasant steigenden Konsum geführt – etwa zur gewaltigen Verbreitung der Sprit-schluckenden SUV. Gleichzeitig versäumten die Öl-Konzerne, neue Fördergebiete zu erschließen oder Raffinerien zu bauen.

Seit die Öl-Nachfrage in den Schwellenländern dramatisch zugelegt hat, kommt es nun zu Engpässen. Wer mehr Öl braucht, bekommt es nicht, denn die globale Nachfrage ist nie durch ein höheres Angebot ausgeglichen worden.

Diese Knappheit hat wiederum in den letzten Jahren zu einer Vielzahl von geopolitischen Konflikten geführt. Vor allem Förderstaaten außerhalb der Opec – etwa Russland – versuchen, über ihre Öl-Vorkommen mehr politische Macht zu gewinnen. Doch auch innerhalb der Opec gibt es Unstimmigkeiten: Iran und Venezuela versuchen immer wieder, ein größeres Stück des Öl-Marktes zu gewinnen. Das wenig diplomatische Auftreten des Verbraucherlandes USA mit seiner völlig fehlgeleiteten Besatzung des Irak hat die Lage noch mehr gespannt und endgültig den Weg für steigende Preise geebnet.

Dass sich schließlich Spekulanten einschalteten, deren Aktivitäten den Preis zusätzlich anheizen, ist angesichts der Gesamtentwicklung auf dem Rohstoffmarkt fast schon nebensächlich. Nachweisbar ist der Effekt aber. In den letzten fünf Jahren hat sich das Handelsvolumen mit Öl-Kontrakten an der Nymex etwa verdoppelt. Doch den Anlegern die Schuld an den rasant steigenden Preisen zu geben, wäre nicht nur falsch, sondern hätte verheerende Folgen: Wer sich somit nämlich auf eine Preisblase verlässt, wer die fundamentalen Probleme in einem Markt mit eng begrenztem Angebot verkennt und entsprechend nichts unternimmt, der trägt zu langfristigen Preissteigerungen bei.
© Inside Wall Street
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