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Alt 14-05-2008, 19:13   #842
Starlight
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Kongress stoppt teure Öl-Lagerkäufe
Mittwoch, 14. Mai 2008

Während der Ölpreis von einem auf das nächste Allzeit-Hoch klettert, klinkt sich Washington aus dem Geschäft mit dem Rohstoff aus. Der Kongress hat beschlossen, die strategischen Reserven in den nächsten Monaten nicht aufzustocken. Damit setzt man ein kleines Zeichen… wenn auch extrem spät.

Interessant ist, dass sich der Kongress mit seiner Entscheidung direkt gegen Präsident George W. Bush stellt. Der – als Freund der Ölbranche – hatte sich stets dafür ausgesprochen, die strategischen Reserven immer weiter aufzustocken und zu jedem Preis. Für die übrigen Politiker macht das hingegen keinen Sinn mehr.

„Wir kaufen Öl zum höchsten Preis aller Zeiten, um es dann zu lagern“, kritisiert der demokratische Denator Byron Dorgan aus North Dakota. „Zur gleichen Zeit leidet der Verbraucher unter hohen Energiepreisen.“ Die Regierung solle diese mit unnötigen Käufen nicht weiter anfachen. Ziehe Washington seine Käufe für die Reserve zurück, dürfte das zwar die Preise nicht merklich senken, angesichts unerhörter Spritpreise von 4 Dollar pro Gallone dürfte der Durchschnitts-Amerikaner – und Wähler – die Aktion aber zumindest begrüßen.

Dass sie die Preise nicht senken dürfte, liegt an der relative geringen Menge, die täglich in die Reserve geht. Es handelt sich um 70 000 Fass und damit nur um 0,3 Prozent des US-Verbraucher, der aktuell bei 21 Millionen Fass pro Tag liegt.

Sinnvoll ist der Schritt des Kongress dennoch. Denn die strategischen Reserven, die in den Siebzigerjahren in Salzstollen nahe der Golfküste angelegt wurden, um im Ernstfall gegen einen kompletten Lieferausfall gewappnet zu sein, sind bereits zu 97 Prozent voll. Ganze 701 Millionen Fass sind gelagert, bei 727 Millionen Fass wäre die Kapazität erschöpft.

Beim aktuellen Verbrauch könnte Amerika aus der strategischen Reserve also den kompletten Ölverbrauch für 33 Tage decken. Den Abgeordneten ist das genug; in seltener Einheit stimmten Republikaner und Demokraten für eine Einstellung der Zukäufe. Mit 97 Ja- und einer einzigen Nein-Stimme fiel die Entscheidung mit nahezu historischer Deutlichkeit.

Deutlich umstrittener ist und bleibt die Frage, ob Amerika die eigene Öl-Förderung erhöhen sollte. Seit Jahren versuchen die Öl-Konzerne mit Unterstützung der Republikaner, eine Bohrgenehmigung für das Naturschutzgebiet im Norden Alaskas zu bekommen. Die Demokraten in Einheit mit sämtlichen Umweltschutzorganisationen des Landes wehren sich dagegen – mit Erfolg.

In dieser Woche wurde die Initiative für eine Alaska-Bohrung im Kongress mit 56 zu 42 Stimmen erneut abgelehnt. „Wir können uns nicht zu billigerem Öl vorbohren“, kommentierte etwa der demokratische Abgeordnete Richard Durbin aus Illinois. Er geht damit auf das Kernargument der Bohr-Gegner ein, die die Fördermengen in Alaska zu gering schätzen, um auf dem Weltmarkt überhaupt einen Eindruck zu machen.
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