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Alt 03-10-2007, 20:44   #751
Starlight
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Das neue Dilemma der Fed

Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten – das ist in den letzten Monaten an der Wall Street zu einer festen Regel geworden, die den täglichen Handel bestimmt. Begründung: Wenn es der Konjunktur schlecht geht, muss die Fed weiter eingreifen und auf die jüngste Zinssenkung weitere Schritte folgen lassen. Man könnte sich täuschen.

Sicher, die Fed unter Vorsitz von Ben Bernanke hat bei ihrer jüngsten Sitzung bewiesen, dass man dem Markt in schwierigen Zeiten zuhilfe kommen kann. Vier Wochen nachdem die Subprime- und Kreditkrise die Märkte schnell und deutlich einstürzen ließ und dem Dow-Jones-Index alleine gut 12 Prozent nahm, senkte man die Zinsen deutlich – mit einem Schritt um 50 Basispunkte hatten zuvor nur Optimisten gerechnet.

Das beherzte Eingreifen der Notenbanker hat indes zu einem Zwiespalt geführt. Denn für die Politik ist nun die Politik der ruhigen Hand endgültig Vergangenheit – entsprechend hoch sind die Erwartungen des Marktes. Auf dem New Yorker Parkett gilt vielen als sicher, dass die Fed angesichts der anhaltend schlechten Nachrichten aus dem Immobiliensektor, aus dem Produzierenden Gewerbe und aus dem Umfeld des Verbrauchers weitere Zinssenkungen vornehmen wird. Auf dieser Annahme baute die Rallye, die Dow und Co. in den vergangenen Wochen wieder auf neue Höchststände geführt hat.

Doch während sich die Märkte aus dem Tief befreit und neue Bestmarken notiert haben, fragt sich die Fed: Sind weitere Zinssenkungen angesichts dieser Performance überhaupt noch nötig? Die 25 Basispunkte, die den Leitzins im nächsten Fed-Meeting auf 4,5 Prozent fallen lassen sollen und die laut den Fed-Futures zu 100 Prozent eingepreist sind, könnten ironischerweise wegen des Optimismus am Markt nicht kommen.

Die Notenbank steht weiteren Zinssenkungen ohnehin nicht so nahe wie manche Analysten sich und den Investoren einreden wollen. Denn Aufgabe des Offenmarktausschusses ist es ja nicht, grenzenlos Liquidität in einen höchst spekulativen Markt zu pumpen. Vielmehr gilt es die immer höhere Inflation zu bekämpfen, die man einem rapide fallenden Dollar zuschreiben muss. Dessen Sturz gegenüber Euro und Yen ist nur aufzuhalten, wenn die Zinsen stabil bleiben oder steigen.

Wie sich die Fed aus dem Dilemma befreit, wird zu einem großen Teil vom Arbeitsmarktbericht am Freitag abhängen. Weitere Zinssenkungen sind denkbar, wenn der Report für September extrem schwach ausfallen sollte. Insofern keimt auf dem New Yorker Parkett noch ein wenig Hoffnung – sicher sein darf man sich aber nicht mehr.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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