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Alt 18-09-2006, 20:30   #541
Starlight
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Frühes Aus für „Dr. Z“

Mit seinem schweren, deutschen Akzent und dem gigantischen Schnauzer ist DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche in den USA zur Kultfigur geworden. Doch hat er ein Problem: Kein Mensch glaubt, dass „Dr. Z“ aus der Werbung wirklich existiert. Die Kampagne soll nun abgesetzt werden, obwohl sie beim Publikum gut ankam.

Wenn Dieter Zetsche zur Zeit darüber nachdenkt, wie viele und welche Mitarbeiter er entlassen muss, um den deutsch-amerikanischen Automobilriesen nach einem Verlust von 1,5 Milliarden Dollar im dritten Quartal wieder flott zu machen, dann könnte er zu allererst auf sein alter ego „Dr. Z“ stoßen.

Mit der Figur, die im Fernsehen von Zetsche selbst geboten und in Internet- und Zeitungsanzeigen als Trickfigur agiert, wollte DaimlerChrysler eigentlich der legendären Werbekampagne folgen, mit der sich der frühere Chrysler-Lenker Lee Iacocca in den Achtzigerjahren ans amerikanische Volk wandte, um den Konzern zu retten. Doch während Iacocca in amerikanischen Wohnzimmern gut ankam und bald zum populärsten Verkäufer der eigenen Marke wurde, stößt Zetsche auf ein ganz anderes Echo:

Zwar kennen und mögen laut einer aktuellen Umfrage von Millward Brown Research mehr Autokäufer „Dr. Z“ als irgendeinen anderen CEO der Branche. Ganze 76 Prozent der Befragten, die binnen der nächsten drei Monate den Kauf eines Autos budgetiert hatten, – also die wichtigste Zielgruppe überhaupt – konnten sich an die Spots erinnern. 73 Prozent scheinen auch die Botschaft verstanden zu haben, dass DaimlerChrysler das Beste aus amerikanischem Design und „german engineerind“ kombiniere. Damit schlug der selbstironische Boss andere Chrysler-Anzeigen ebenso wie die Kampagnen der Konkurrenz.

Doch die Unsicherheit darüber, ob es „Dr. Z“ auf dem Werksgelände tatsächlich gibt, macht den Entscheidern in der PR-Abteilung offensichtlich Sorgen.

Schade, eigentlich, denn Zetsche als Werbefigur war zwar „ein verrückter Zug“, wie ein Branchen-Insider sagt. Doch machte gerade das so viel mehr Spaß als den äußerst langweiligen – und erfolglosen – Bill Ford Jr. im Abendprogramm zu sehen, der ebenfalls versuchte, die Qualität seiner Wagen persönlich zu vermitteln. Es mag andererseits stimmen, was Werbe-Experte Richard Edelman sagt: „Zur Zeit sind CEOs einfach keine Rockstars.“

Das war zur Iacoccas Zeiten anders, und auch der Gründer und CEO der Fastfood-Kette Wendy´s, Dave Thomas, hatte damit nicht zu kämpfen. Der nette alte Mann war bis zu seinem Tod vor drei Jahren die einzige Werbefigur des Unternehmens, und ihn konnte nun wirklich kein Kritiker mit den Schadtaten vieler Kollegen in Corporate America in Verbindung bringen. „Dr. Z“ zwar auch nicht, doch passt der auch nicht ins Bild der schwerfälligen Automobilindustrie.

Die aktuellen Spots für DaimlerChrysler blenden Zetsche aus und befassen sich staubtrocken mit den aktuellen Sonderangeboten. Der charismatische Chef des Konzerns lenkt nun wieder im inneren der Zentrale – und lebt in den Herzen der Fans weiter.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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