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Alt 31-07-2007, 19:24   #715
Starlight
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Murdoch gewinnt das Wall Street Journal

Rupert Murdoch hat es geschafft: Der umstrittene Medienmogul kann das Wall Street Journal übernehmen, das Juwel des amerikanischen Finanzjournalismus. Vier Monate lang hatten sich die Erben des Verlags Dow Jones gegen eine Übernahme gewehrt, jetzt ist der Widerstand gebrochen. Knapp mehr als ein Drittel der Bancroft-Stimmen sollen für den 6 Milliarden Dollar schweren Deal stimmen – mehr als genug.

Halbseitige Boulevard-Fotos, von Beyoncé vielleicht, den Po nur mit einem Hauch von Höschen verhüllt, daneben ein provokativer Titel: „Beyonce präsentiert ihr Kapital“… so oder ähnlich sah die Horror-Vision aus, die viele Leser von einem Wall Street Journal unter Rupert Murdoch hatten. Was der Medienzar wirklich vorhat, dürfte sich nun zeigen.

Ein Deal gilt in Insider-Kreisen als sicher, entsprechend steil klettert die Aktie von Dow Jones im Dienstagshandel, wo ein Plus von 12 Prozent notiert wird. Damit steigt das Papier auf 58 Dollar und notiert nur noch knapp unter den 60 Dollar, die Rupert Murdoch geboten hat.

„Für Aktionäre ist das ein hervorragender Deal“, gestand Crawford Hill, Mitglied der Bancroft-Familie schon am Wochenende in einem offenen Brief an die Verwandtschaft. Hill erklärte zudem, dass man nun dafür zahle, sich 25 Jahre lang gar nicht um die Geschicke oder die Strategie des Verlags gekümmert zu haben. Anders als in anderen Familien – Hill beruft sich auf die Sulzbergers von der New York Times und auf Murdoch – habe man privat nicht einmal über den Verlag gesprochen.

Zudem erinnerte Hill die Verwandtschaft daran, dass Murdoch nicht unbedingt die Gefahr für das Wall Street Journal darstelle, die man zunächst sah. Dem Käufer gehe es schließlich um die Glaubwürdigkeit des Unternehmens, die er für weitere Ausflüge in den Finanznachrichtensektor braucht. Das Wall Street Journal inhaltlich zu beeinflussen würde dem Unternehmen binnen kürzester Zeit das Kapital rauben, um das es Murdoch geht.

Nun scheinen einige Bancroft-Stiftungen, die gemeinsam mehr als ein Drittel der stimmstarken B-Aktien halten, hinter dem Deal mit Murdoch zu stehen. Gemeinsam mit den ausstehenden Aktien, die von Investoren gehalten werden, ist das nach Informationen des Wall Street Journal mehr als genug, um in der Vollversammlung einen Verkauf durchzusetzen.

Zuletzt scheint es in den Verhandlungen der Familie nur noch um Details gegangen zu sein. In der Nach habe man, so Medienberichte, nur noch darüber gesprochen, wer im Falle eines Verkaufs an Murdoch die Beratungsgebühren bezahlt, die der Familie Bancroft in Rechnung gestellt werden dürften. Die hat sich, seit das 5 Milliarden Dollar schwere Übernahmeangebot eingereicht wurde, von Merrill Lynch sowie einigen renommierten Kanzleien beraten lassen. Bis zu 30 Millionen Dollar dürften dafür anfallen.

Offensichtlich sind diese Details nun geklärt, und die Bancroft-Familie gibt nach. Rupert Murdoch hat ein Ziel erreicht, das er nach eigenem Bekunden schon seit Jahren heimlich verfolgt hat. Einem TV-Sender „Fox Business“ steht nun nichts mehr im Weg. Beiträge über Beyoncé und dicke Überschriften wird man aber auch in Zukunft bei der hauseigenen Konkurrenz finden, und nicht im Wall Street Journal.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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