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Alt 27-07-2007, 20:46   #713
Starlight
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Eiszeit in New York

Es ist heiß in New York. In den Sommermonaten steht die Luft in den Hochhausschluchten, in den Bürotürmen laufen die Klimaanlagen auf Hochtouren – bis der Strom ausfällt. Die völlig veraltete Infrastruktur in der Weltstadt kollabiert regelmäßig, so dass manche Firmen zu kreativen Kühl-Maßnahmen greifen.

In zahlreichen Wolkenkratzern Manhattans hat man die Kühltechnik umgestellt – auf Eis. Das wird nachts in riesigen Stahltanks gefroren, wenn der Stromverbrauch geringer ist und auch weniger kostet. Tagsüber wird die Kaltluft, die von den gewaltigen Eisblöcken ausströmt, in Röhren durch das Gebaude geblasen, um die Büros zu kühlen.

Was in derselben Zeit von den Eisblöcken abschmilzt wird aufgefangen und in der nächsten Nacht erneut gefroren.

Zu den Vorreitern der neuen Klimaanlagentechnologie gehört die Credit Suisse. „Das neue System ist nicht nur effizient, sondern vor allem umweltfreundlich“, meint William Beck, der hauseigene Klimaingenieur des Finanzriesen. Von den Behörden bekommt Beck für seine Projekt durchweg gute Noten: In bezug auf den CO2-Ausstoß habe die Installation der Eiskühlung für New York die gleiche Wirkung als hätte man 223 Autos aus dem Verkehr gezogen oder 750 000 Hektar Wald geplanzt, so die New Yorker Energiebehörde.

Die Behörde will auch andere Unternehmen von den Vorteilen der Eiskühlung überzeugen. Ganz leicht ist das nicht, denn manche zweifeln an der nachhaltigen Kühlleistung, die gefrorenes Wasser in gigantischen Türmen haben soll. Doch die Zahlen aus dem Credit-Suisse-Versuch sind überzeugen: Bei der Bank werden ganze 176 000 Quadratmeter Bürofläche mit Eis gekühlt.

Und weitere Vorteile sprechen für die Umstellung. „Traditionelle Kühlanlagen sind anfällig für Schäden aller Art und müssen ständig repariert werden“, meint Todd Coulard von Trane Energy Services, der das System bei der Credit Suisse installiert hat. „Ein Eisblock kann nicht kaputt gehen, der kann höchstens schmelzen.“

Auch finanziell lohnt sich das Ganze: Bei der Credit Suisse ist der Stromverbrauch an heißen Tagen um 900 Kilowatt gesunken, man spart im Jahresvergleich 2,15 Millionen Kilowattstunden. Das ist eine Menge Geld, und so wundert es nicht, dass weitere Banken auf den Eis-Zug aufspringen. Morgan Stanley und Goldman Sachs haben das System einbauen lassen, weitere Unternehmen im Finanzdistrikt haben Aufträge eingereicht.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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