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Alt 19-07-2007, 20:49   #706
Starlight
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Teurer Urlaub in Deutschland

Wenn die New York Times über Heidelberg berichtet, dann meist über amerikanische Touristen, die über das Kopfsteinpflaster schlendern, die Geranien vor den Fenstern bewundern und das Schloss fotografieren. Nicht so in dieser Woche – da liest sich der Report aus der Pfalz ganz anders.

Die Times berichtet vom Ehepaar Kingsley aus Virginia, das zur Zeit in Deutschland urlaubt und nicht nur angesichts der Architektur und Sehenswürdigkeiten aus dem Staunen nicht mehr rauskommt. Viel mehr als Schlösser, Rhein und Fachwerk sind es die Preise, die Michael Kingsley und seine Frau in Erstaunen versetzen. Der gegenüber dem Euro rapide fallende Dollar macht Urlaub in Deutschland für Amerikaner so teuer wie nie zuvor.

Auf´s Fotografieren verzichten die Kingsleys, nachdem sie ihren Kamera-Akku samt Aufladegerät bei einem Zwischenstopp in London im Hotel vergessen haben. Ein Ersatzgerät kostet zuhause knapp 100 Dollar, in Heidelberg muss man umgerechnet 143 Dollar berappen – ein satter Aufschlag.

Den Urlaub lässt man sich wohlgemerkt nicht vermiesen. „Dann muss ich halt ein paar Jahre länger arbeiten, um diesen Trip zu bezahlen“, scherzt der 59-jährige Michael Kingsley.

Der Familie Kroft aus Kalifornien scheint hingegen das Lachen vergangen zu sein. Dass man im Hotel für eine Cola 4 Euro und damit satte 5,52 Dollar bezahlen muss, hat den Urlaubern die Stimmung getrübt. (Dass allerdings Getränke an der Hotelbar ohnehin stets überteuert sind, hätte man wissen können.)

Dramatische Auswirkungen auf den Tourismus nach Deutschland haben die währungsbedingten Preisanstiege (noch) nicht. „Amerikaner, die in Deutschland Urlaub machen, sind überdurchschnittlich gebildet und verfügen über höhere Einkommen“, zitiert die Times das German National Tourist Board. Sprich: Wer erst einmal in Europa urlaubt, kann sich ein paar Prozent mehr auch noch leisten. Als Massenziel wird der alte Kontinent aber immer uninteressanter.

Zudem lassen sich zwei Trends nicht leugnen: Amerikanische Urlauber mögen Deutschland (und andere Euro-Staaten) zwar nicht meiden, kürzen aber ihre Aufenthalte. Und sie geben weniger Geld für Essen außerhalb der fest gebuchten Reisepakete, für Konsumartikel und Souvenirs aus. Einige Branchen, allen voran Restaurants und Einzelhandel, spüren also schon die Folgen des globalökonomischen Wertewandels.

Das ist umso beruhigender als Experten auf beiden Seiten des Atlantiks damit rechnen, dass der Dollar gegenüber dem Euro sein Tief noch nicht erreicht hat. Ausflüge zum Oktoberfest und nach Neuschwanstein dürften also für Amerikaner in naher Zukunft noch teurer werden.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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