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Alt 23-05-2007, 21:06   #674
Starlight
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Bushs Freibrief für die Öl-Multis

Die gute Nachricht zuerst: Die Lagerbestände an Öl und Benzin sind in der vergangenen Wochen gestiegen. Die schlechte Nachricht: Den Preis für Öl und Benzin senkt das nicht. Denn Amerika steht vor der Hauptreisezeit mit erhöhter Nachfrage, vor der Hurrikan-Saison mit möglicherweise sinkendem Angebot – und vor einem Veto von Präsident Bush, der Autofahrern an der Zapfsäule noch eins auswischt.

Als hätte es der amerikanische Verbraucher – und hier besonders der Autofahrer – nicht ohnehin schwer genug, gibt es jetzt noch Gegenwind aus Washington. Dort hat der mittlerweile demokratisch geführte Kongress versucht, im Angesicht steigender Preise zumindest dem organisierten Wucher einen Riegel vorzuschieben.

Laut einem Gesetzentwurf sollte es den Justizbehörden möglich gemacht werden, die Öl-Multis und Tankstellen zu verklagen und mit hohen Geld- und sogar Haftstrafen zu belangen, wenn diese künstlich und über wettbewerbswidrige Absprachen die Preise hoch halten würden.

Nach ersten Protesten der Republikaner hat der Abgeordnete Bart Stuppak aus Michigan eine Klausel eingefügt, nach der sich die Justiz nur in katastrophalen Fällen einschalten dürfe, also nachdem der Präsident in Folge eines Hurrikans den Notstand ausgerufen hätte. Diese Präzisierung resultiert aus entsprechenden Vorkommnissen vor zwei Jahren, als unmittelbar nach „Katrina“ der Benzinpreis an manchen Tankstellen um ein Vielfaches in die Höhe schoss.

Wer jetzt meint, dass ein solches legislatives Vorgehen ohnehin selbstverständlich sein sollte – zumal ja der Kongress lediglich die ohnehinzuständige Justiz stärkt und nicht etwa selbst den Richter spielen will –, der hat wieder einmal unterschätzt wie eng die Bande zwischen Washington und der Industrie sind.

Präsident George W. Bush hat sich umgehend gegen den Gesetzentwurf gewehrt und droht mit einem Veto. Allein in der Möglichkeit, dass die Justiz gegen Preistreiber vorgehen könnte, sieht das Weiße Haus „Preiskontrollen“, die über kurz oder lang die Unternehmen frustrieren und zu einem noch niedrigeren Angebot führen würden. Das wiederum würde vor allem im Falle einer Katastrophe – die Hurrikan-Saison beginnt! – dazu führen, dass viele Bürger kein Benzin kriegen würden, wenn sie es am nötigsten bräuchten.

Dieses Szenario ist natürlich ziemlich wild und an den Haaren herbeigezogen. Die Demokraten wettern gegen Bush und Konsorten. „Der amerikanische Verbraucher leidet und der Kongress muss sich einschalten“, meint der Abgeodnete aus Illinois, Bobby Rush. Doch für Bush spielt der Verbraucher nur noch eine untergeordnete Rolle. Als Wähler braucht er ihn nicht mehr, und als Finanzier taugen die Unternehmen besser – also gestalten weiter ExxonMobil und Chevron die Energiepolitik in den USA.

© Wall Street Correspondents Inc.
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