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Alt 17-05-2007, 21:17   #670
Starlight
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Die teure Lust auf Kunst

Wenn der Aktienmarkt steigt, geht es Investoren gut – wenn die Preise am Kunst-Markt steigen, scheint es den Investoren zu gut zu gehen. Zwei Kunstauktionen in dieser Woche in New York haben neue Rekordergebnisse gebracht, und es drängt sich der Verdacht auf, dass Sammler nicht mehr investieren, sondern vor allem Geld los werden wollen.

Insgesamt 63 Werke überwiegend zeitgenössischer Künslter standen beim Auktionshaus Sotheby´s zur Versteigerung – sie brachten zusammen fast 255 Millionen Dollar ein. Den größten Anteil brachte ein Bild des Amerikaners Mark Rothko. Dessen abtraktes Werk „White Center (Yellow, Pink and Lavender on Rose)” ging für 72,84 Millionen Dollar an einen anonymen Käufer. Der zahlte damit mehr als dreimal so viel wie zuletzt für den teuersten Rothko gezahlt wurde, damals die „Homage an Matisse“.

Doch zurück zu „White Center“. Das Bild wurde 1950 gemalt, Rothko starb 1970. Damit ist das Werk nicht wirklich zeitgenössisch, was den hohen Preis umso erstaunlicher macht. Normalerweise erreichen vor allem noch lebende Künstler derartige Preise, weil zumindest ein Moment des Wertanstiegs noch ansteht – der Tod des Künstlers.

Dass „White Center“ einen derart hohen Betrag einbrachte, liegt Experten zufolge auch nicht an der Zukunft des Bildes, sondern vielmehr an dessen Vergangenheit. Das Werk war einst im Besitz von David und Peggy Rockefeller und war zuletzt in der National Gallery in Washington, im Whitney Museum of American Art in New York und dann im Pariser Musée d'Art Moderne zu sehen – unter Sammlern ist damit Prestige eingebaut.

Ähnliches gilt für die „Study from Innocent X“ von Francis Bacon, die den Rekordpreis für diesen Künstler von 27,5 auf 52,68 Mio. Dollar hochtrieb, und für einen Warhol, der zur gleichen Zeit bei Christie´s versteigert wurde.

Der Siebdruck „Green Car Crash“, den der Popart-Künstler 1963 geschaffen hat, ging für 71,7 Millionen Dollar an einen ebenfalls anonymen Bieter, der damit mehr als das Doppelte des Schätzwertes bezahlte. Auch hier zum Vergleich der bisherige Warhol-Rekord: Der Druck „Blue Mao“ hatte im vergangenen November 17,4 Millionen Dollar gebracht.

Warum die Preise für moderne Kunst in der letzten Zeit derart dramatisch gestiegen sind, liegt für Jim Ellis von der BusinessWeek auf der Hand. „Die Superreichen haben heute derart viel Geld, dass sie es anders nicht mehr ausgeben können. Man kann eben nur soundsoviele Häuser haben.“ Bilder hingegen konzentrieren zig Millionen auf ein paar Quadratzentimeter – da geht richtig Geld raus, wenn eine Villa oder ein Loft in Manhattan dekoriert wird.

Völlig nebensächlich ist dabei der Investment-Aspekt: Wenn die Super-Reichen ihre Vermögen weiter steigen sehen, dann könnten die Millionen-Bilder über die Jahre zwar noch teurer werden. Spielt aber der Markt nicht mit, dürfte es den Sammlern auch egal sein – es ging ja von vorneherein darum Geld loszuwerden, und nicht Geld zu vermehren.

Und ein hübsches Auffangnetz gibt es auch: Sollte ein Gemälde nicht im Wert steigen, lässt es sich posthum immer noch an ein Museum verschenken, was den Superreichen dann in den Stand des Mäzen erheben würde – eines der begehrtesten Statussymbole in Amerika.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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