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Alt 16-05-2007, 20:27   #669
Starlight
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Allianz-Tochter heuert Greenspan an

Je nachdem wie öffentlich sich Alan Greenspan zu seinem neuen Arbeitgeber bekennen will, könnte vor dem Haus des ehemaligen Notenbank-Chefs bald die deutsche Flagge wehen. Mehr als ein Jahr nach seinem Abschied von der Fed hat Greenspan in seiner neuen Karriere als volkswirtschaftlicher Berater den ersten Kunden gewonnen: Pimco, eine auf Bonds spezialisierte Investmentbank und Tochter der Allianz AG.

Mit dieser Paarung hat sich ein „Dream Team“ der Zins-Experten zusammengefunden. Greenspan, der nach einer gleichnamigen Biographie als „The Maestro“ bekannt ist, hat wie kein Zweiter Einblick in das Innenleben der Notenbank und damit der amerikanischen Zinspolitik. „Bond King“ William Gross und die übrigen Experten von Pimco gelten als die treffsichersten Fed-Beobachter und Zins-Analysten in den USA.

Pimco, das Akronym steht für die Pacific Investment Management Co., verwaltet 680 Milliarden Dollar, die zu 95 Prozent in festverzinslichen Wertpapieren angelegt sind. Vorzeige-Fond des Hauses ist der Total Return Fund, in dem 104 Milliarden Dollar angelegt sind und der in den letzten zehn Jahren eine jährliche Rendite von 6,9 Prozent aufweist und damit 97 Prozent der vergleichbaren Fonds schlägt.

Dass der Total Return Fond zuletzt ins Straucheln geraten ist und für das laufende Jahr im unteren Fünftel der Branche liegt, dürfte den Verwalter Gross nicht vom Sockel stürzen – zumal er künftig mit Greenspan den einen Mann im Team hat, der ihn an Zinsexpertise noch übertrifft.

Greenspan und Pimco sollen, so der Vertrag nach Informationen des Wall Street Journal, in regelmäßigem Kontakt stehen. Einmal im Quartal wird Greenspan zur Pimco-Strategiesitzung ins Hauptquartier nach Newport Beach in Kalifornien reisen. Darüber hinaus schaltet er sich zweimal wöchentlich per Email oder Telefonkonerenz zu.

Direkten Konkurrenten von Pimco wird Greenspan nicht mehr zur Verfügung stehen, wenngleich sich der ehemalige Fed-Chef zusichern ließ, weiterhin für andere Kunden Reden halten zu dürfen. Die fallen ihm immer leichter. Mehr als ein Jahr nach Ende seiner Amtszeit sehen Greenspan und die Medien genügend Abstand, um nicht jede Aussage als direkten Indikator für die künftige Zinspolitik zu werden.

In den ersten Monaten als Fed-Ruheständler hatte sich Greenspan schwer getan, irgendwelche Anfragen zu beantworten, ohne den Bond- und Aktienmarkt massiv zu bewegen. Zuletzt hat sich die Situation etwas beruhigt, und bei Pimco dürfte Greenspan kaum Gefahr laufen, fehlinterpretiert zu werden, zumal die meisten seiner Gespräche vertraulich und firmenintern gehalten werden dürften.

Umso wertvoller sind Greenspans Einblicke für William Gross, der sich auch mit recht allgemeinen Aussagen zufrieden gibt. „Ich habe ihn gefragt, wo er in drei Jahren die Leitzinsen der G7-Staaten sieht“, berichtet der „Bond King“, „und er hat gesagt: höher.“ Ohne Widerspruch geht es trotzdem nicht: Gross rechnet für die nächsten zwölf Monate zunächst einmal mit fallenden Zinsen, zumindest in den USA wegen des aktuell schwachen Wirtschaftswachstums.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Meinung von Gross und Greenspan auseinandergeht. Im Gegenteil: Gross gilt eigentlich als Greenspan-Kritiker und sprach sich in der Vergangenheit häufig für die Politik von dessen Nachfoger Ben Bernanke aus.

Allerdings scheint Gross alles daran zu setzen, mit Greenspan auf eine freundlichere Ebene zu gelangen. In einem Interview mit dem Wall Street Journal gestand er, dass er als Junge einmal seine Hausaufgaben in der Badewanne erledigt habe. Eine klare Verbeugung vor Alan Greenspan, von dem lange bekannt ist, dass er wichtige Reden in der Badewanne schreibt, um seinen schmerzenden Rücken zu entlasten.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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