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Alt 27-08-2007, 20:35   #735
Starlight
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Der Kredit-Terror

Amerikanische Volkswirtschaftler haben Erschreckendes ermittelt: Die Hypothekenkrise ist eine größere Bedrohung für die amerikanische Wirtschaft als es Terrorismus und der Nahe Osten sind. Fragt sich, was das bedeutet und wer die Kredit-Terroristen und Subprime-Schurken sind.

Zunächst zu den nackten Zahlen: Von 258 Mitgliedern der National Association for Business Economics glauben nur noch 20 Prozent, dass Terrorismus die größte Bedrohung für das Wohl der amerikanischen Wirtschaft ist. Vor einem halben Jahr waren es noch 35 Prozent.

Dafür dagen nun 18 Prozent, dass von der Subprime-Krise die größte Gefahr für die Stabilität in Corporate America ausgehe, und weitere 14 Prozent sehen den wunden Punkt in der „exzessiven Verschuldung von Haushalten und Unternehmen“, was etwa in die gleiche Kerbe schlägt. Dass man langfristig mit Stabilität im Immobiliensektor rechnet, schlägt sich auf die Einschätzung der Gefahren nicht nieder, was die aktuelle Situation umso schlimmer aussehen lässt.

Über die Frage, wer denn nach der Verschiebung der Gefahren die neuen Terroristen sind, lassen sich die Volkswirte nicht aus. Sind es vielleicht die, die sich hoch verschuldet haben? Im klassischen Kreditsektor mag das ein Stück weit zutreffen. Denn für die enorme Haushaltsverschuldung istr natürlich jeder einzelne Ami verantwortlich, der seine Kreditkarten ausgemaxt hat.

Für die hohe Pro-Kopf-Verschuldung des Staates muss sich hingegen Washington rügen lassen – was indes keine Folgen haben dürfte. Im Gegenteil: Frisch zur neuen Woche hat der ehemalige New Yorker Bürgermeister und aktuelle Präsidentschaftskandidat Rudy Giuliani erneut dafür plädiert, die Steuersenkungen der Bush-Regierung beizubehalten um Wachstum anzufachen. Dass Steuersenkungen in Krisen- und Kriegszeiten nur bedingt möglich sind, scheint Giuliani nicht klar zu sein.

In bezug auf das Subprime-Schlamassel ist hingegen völlig klar, wo der Terror seinen Anfang fand: bei den Banken. Tausende von Kreditinstituten kämpfen in den USA einen harten Kampf um jeden einzelnen Hypothekenkunden. Da sich die Produkte jeweils sehr ähneln und über meist festgeschriebene Laufzeiten gehen, haben immer mehr Unternehmen in den vergangenen Jahren das Kleingedruckte abgeändert. Manche räumen ihren Schuldnern ein, weniger als den Monatszins abzuzahlen und damit die Hypothek laufend zu vergrößern. Andere gönnen mit dem Modell „2+28“ ihren Kunden zwei Jahre lang Ruhe und super-niedrige Zahlungen, um dann ab dem dritten Jahr umso härter zuzuschlagen.

Dass sich Kunden auf solche Angebote einlassen statt auf einen geregelten 30-Jahres-Kredit mit festen Raten zu pochen, ist diesen nur bedingt vorzuwerden. Die meistem Opfer der Subprime-Krise hat sich, betäubt vom Traum vom Eigenheim, schlicht über´s Ohr hauen lassen. „Mag ja sein, dass Sie die Raten zur Zeit nicht zahlen können“, hieß es nach Branchenuntersuchungen in vielen Beratungegesprächen. „Wenn Sie aber bald eine Gehaltserhöhung bekommen…“

Mit manchem Kunden mag da die Phantasie durchgegangen sein, mit dem Banker die Gier – immerhin lockt eine Prämie bei Vertragsabschluss. Wer´s zu weit getrieben hat, müsste mittlerweile eigentlich mit einer Kopf-Prämie gejagt werden.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc
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