Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 04-08-2003, 10:32   #293
Stefano
TBB Family
 
Benutzerbild von Stefano
 
Registriert seit: Aug 2000
Ort: Hessen
Beiträge: 8.195
Lightbulb

hola,

"Wir hatten Angst"-Warum den Eintracht-Profis in München der Punch fehlte

Ervin Skela hat sich um die Lenden ein Handtuch gewickelt, seine Füße stecken in Badelatschen; die Augen des kleinen Spielmachers von Eintracht Frankfurt sind weit aufgerissen, er reckt den Hals, erhascht einen Blick ins Innere des Heiligtums, aus dem Uli Hoeneß mit raumgreifenden Schritten stürmt. Skela lächelt den Bayern-Manager höflich an, nickt fast schüchtern, wie ein kleiner Bub, der den Helden mal ganz nah sein darf. Dann, endlich, kommt Michael Ballack aus der Kabine, drückt dem Albaner sein schweißnasses Jersey in die Hand, die beiden drücken sich, geben sich die Fünf. "Ihr schafft das", raunt Ballack. Skela reckt den Daumen in die Luft, tippelt dann drei Meter zurück in die gegenüberliegenden Kabine, die an diesem heißen Abend für die verwirrten Fußballer der Eintracht reserviert ist.

Es ist dies eine Szene mit Symbolcharakter. Das nackte Ergebnis, 1:3, verdeutlicht die Fußballwelten, die Bayern München und Eintracht Frankfurt trennen, nur unzulänglich. Hier die bajuwarischen Männer von Welt, breitschultrig, groß, erhaben; da die hessischen Kicker aus der Provinz, in Ehrfurcht erstarrt, die für 90 und ein paar Minuten mal in eine andere Galaxie eintauchen durften. In eine, in der sie vorerst nicht zu Hause sein werden, in der aber schon der Besuch etwas ganz Besonderes ist. Als die Bayern-Spieler vor der Partie auf den Rasen getrabt sind, da haben die Eintracht-Recken, bereits beim Dehnen auf dem Feld, die Köpfe gedreht und jede Bewegung der Münchner Stars staunend, mit offenen Mündern, verfolgt. "Wir sind einfach nur froh, hier spielen zu dürfen", sagt Torwart Oka Nikolov.

Bei Ervin Skela hat die Ehrerbietung eine Dreiviertelstunde nach dem Abpfiff des ungleichen Duells noch immer nicht nachgelassen: "Es sah vielleicht so aus, als ob wir nicht in die Zweikämpfe gegangen sind, aber die Bayern sind so schnell, das ist doch Wahnsinn." Zé Roberto, sagt Skela, sei so flink auf den Beinen, "dass man es nicht mal schafft, ihn zu foulen". Ähnlich sieht es Alexander Schur, dem die Folgen eines Magen-Darm-Virus eine kalkweiße Gesichtsfarbe und ein unschönes Brechgefühl bescherten. Der rustikale Mittelfeldmann stellt ernüchtert fest: "Wir waren zu langsam. Da ist es schwer, überhaupt in die Nähe der Bayern zu kommen". "Lehrgeld", sagt Schur, "Lehrgeld." Gleichwohl: Ganz andere Teams kämen im Olympiastadion noch unter die Räder, und Nikolov pflichtet bei: "Wir wussten, dass wir nicht allzu hoch gewinnen werden." Wen man auch fragte aus der Ansammlung der ängstlichen Neulinge, ob Ervin Skela, Oka Nikolov, Du-Ri Cha, Alex Schur oder Jens Keller, ein Prädikat fiel immer: "Weltklasse!" Den Kontrahenten erhöhen, um die eigene Leistung zu beschönigen - auch eine Möglichkeit.

Bei aller Ehrfurcht ärgerten sich die Frankfurter allerdings doch am meisten über sich selbst, vor allen Dingen über den kollektiven Tiefschlaf in Halbzeit eins. "Wir haben mehr Respekt gezeigt, als wir mussten", sagt der nach der Pause eingewechselte und stark aufspielende Mehmet Dragusha. Kapitän Jens Keller versucht sich gar an einer Wortschöpfung für die vornehme Zurückhaltung aus dem Hessenland: "Respektsabstand". Auch Du-Ri Cha, gleichermaßen bemüht wie matt, hat fehlende Courage als Hauptdefizit ausgemacht: "Wir waren nicht mutig genug, wir hatten Angst vor dem Gegner."

Spielführer Keller wird trotzdem richtig fuchsig, wenn er auf das Fracksausen der Eintracht angesprochen wird: "Wer gedacht hat, wir kommen raus und spielen die Bayern an die Wand, der hat doch keine Ahnung von Fußball." Der Abwehrchef, bisweilen selbst nach Orientierung suchend, verweist auf die zweite Halbzeit, "auf die wir stolz sein können". Stolz? "Stolz, jawohl." Die Mannschaft müsse diesen "Mut mitnehmen, dann brauchen wir uns nicht zu verstecken". Aus den zweiten 45 Minuten, findet auch Cha, müsse das Team Selbstvertrauen ziehen.

Ein paar Spiele, glaubt Oka Nikolov, "brauchen wir, um uns an das Tempo in der Bundesliga zu gewöhnen." Weshalb Schur von sich und den Kollegen ein aggressiveres Zweikampfverhalten einfordert: "Wir müssen uns leidenschaftlicher in die Duelle werfen."
Ervin Skela kündigt schon mal eine andere Eintracht gegen Bayer Leverkusen an. Am Sonntag, befindet der kreative Kopf, müssten sie punkten, denn: "Jedes Spiel ist ein Endspiel." Eines haben sie bereits verloren.
q: e-hp
__________________
Ciao Stefano

Ich wurde nicht gefragt...ob ich geboren werden wollte...
Ich werde nicht gefragt...ob ich sterben will...
also lasst mich LEBEN...wie ich es will...!
Stefano ist offline   Mit Zitat antworten