16.07.2003, 09:53
Platow-Kolumne: Der Fall Intershop
Was für eine Demütigung. An dem Tag, an dem der Gründer und "Macher" von Intershop, Stephan Schambach, seinen Rücktritt bekannt gab, schoss der Kurs der Aktie rasant in die Höhe. Morgens die Mitteilung, dass Schambach den Vorstandsvorsitz mit sofortiger Wirkung an CFO Jürgen Schöttler weiter gibt, zur Börseneröffnung haussierte der einstige Highflyer dann wie in "alten Zeiten" um 30 Prozent.
Dabei fielen der Stabwechsel und das Kurs-Feuerwerk temporär, aber wohl kaum kausal zusammen. Denn erst am Tag zuvor schürte die "Welt am Sonntag" Gerüchte, wonach der Private Equity-Riese General Atlantic Partners den Einstieg plant.
Was daran wahr ist oder nicht, lassen wir mal dahingestellt. Unstrittiger ist hingegen, dass Intershop händeringend Hilfe von außen braucht, gleich wer den Vorstand lenkt. Denn das einstige Vorzeigeunternehmen vom "Aufbau Ost" pfeift aus dem letzten Loch.
Die (jüngste) Gewinnwarnung vom 2. Juli zeigt den Ernst der Lage: Bei 20 bis 25 Mio. (bislang 45 Mio.) Euro Umsatz fällt bereits auf EBITDA-Basis ein Verlust in ähnlicher Größenordnung an! Die liquiden Mittel sind nahezu aufgezehrt, der verbliebene Personalbestand von 445 wird weiter "erheblich reduziert". Ob das noch reicht, steht in den Sternen.
Was Schambach im Gegensatz zu anderen "Fallen Angels" des Neuen Marktes ehrt: Er hat in der Vergangenheit aus seiner Privatschatulle Geld nachgeschossen und ist erst (etwa im Gegensatz zu Thomas Haffa) kurz nach der Hauptversammlung zurückgetreten. Angesichts der vernichteten Anlegergelder von nahezu 11 Mrd. Euro freilich ein schwacher Trost für die Aktionäre.
Herzlichst Ihr
Platow Börsenteam
Roger Peeters ist Leiter des Börsenressorts beim 1945 gegründeten Hintergrunddienst "Der Platow Brief". Die Platow Börse erscheint 3 x die Woche mit je vier Seiten Umfang. Bestellmöglichkeiten finden Sie unter:
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Quelle: finance-online